- Deutscher Titel: Saint Sinner
- Original-Titel: Saint Sinner
- Regie: Joshua Butler
- Land: USA
- Jahr: 2002
- Darsteller:
Greg Serano (Tomas Alcala), Gina Ravera (Det. Rachel Dressler), Mary Mara (Munkar), Rebecca Harrell (Nakir), William B. Davis (Father Michael), Antonio Cupo (Brother Gregory), Jay Brazeau (Abbot), Simon Wong (Wade), Robin Mossley (Clark), Art Hindle (Morgan Rand), Linda Darlow (Sister Stephen)
Vorwort
1815, ein Mönchskloster im Nordwesten des amerikanischen Kontinents – Father Michael liefert für die „Reliquienkammer“ des Klosters ein neues Stück an, aber nicht zur Ausstellung, sondern nur zur sicheren Verwahrung, handelt es sich doch um ein Objekt des Bösen. Bruder Tomas, ein leichtfertiger junger Anfänger-Mönch, der sich mit dem ganzen strengen Ordensleben nicht richtig anfreunden kann, überredet seinen Ordens- und leiblichen Bruder Gregory, sich dieses seltsame Objekt doch mal heimlich anzuschauen. Es entpuppt sich als eine sonderbare Skulptur, die bei Berührung ins Enorme wächst und dem armen Gregory einen Arm abreißt, ehe es sich in zwei schrille Sukkubi verwandelt, die durch das „Rad der Zeit“, eine andere hier verwahrte okkulte Reliquie, das Weite suchen.
Nachdem Gregory ob seiner Verletzung verscheidet, ist es am ungläubigen Tomas, die gottgewollte Aufgabe zu erfüllen und mit einem speziellen Dolch, den nur ein Heiliger führen kann (und für den sich Tomas nach Einschätzung des Abts ob eines bei Berührung des Messers zugezogenem Brandmals qualifiziert hat), die Dämoninnen zu vernichten. Widerstrebend willigt Tomas ein und beamt sich durch’s Rad der Zeit direktemang in unsere Gegenwart, wo Munkar und Nakir, die Sukkubi, schon dabei sind, in der leicht zu glaubenden Tarnung als billige Nutten Männer aufzureißen und sie komplett auszusaugen. Tomas trifft zu spät am ersten Tatort ein und wird prompt von der Polizei als chronisch verdächtig verhaftet. Die verhörenden Detectives, darunter die zutiefst von der Welt menschlich und persönlich enttäuschte Rachel, glauben Tomas seine fantastische Story vom zeitreisenden Dämonenjäger eher weniger. Rachel allerdings muss umdenken, als Tomas sie von einer übernatürlich manifestitierten Riesenmade befreit – im anschließenden Kuddelmuddel geht Tomas aber sicherheitshalber stiften. Mangelndes Selbstbewusstsein in Punkto Dolchführung führen aber dazu, dass Tomas sich selbst schnell auf der Speisekarte der Dämoninnen wiederfindet und nur deshalb mit seinem armseligen Leben davon kommt, weil sich die Sukkubi den leckeren Mönch für eine besondere Gelegenheit aufheben wollen. Es gelingt ihm die Flucht, aber umgehend wird er wieder festgenommen. Dieses Mal verhilft ihm Rachel, die seiner Geschichte Glauben schenkt, zum erneuten Landgewinn. Da sich kein Mitglied des Duos für sonderlich heilig hält, verfallen sie auf den Gedanken, Schwester Stephen, Vorsteherin eines Nonnenordens, der sich in Tomas altem Kloster eingenistet hat, zu rekrutieren. Juxigerweise haben Munkar und Nakir sich die Reliquienkammer des Klosters als Versteck ausgesucht, um dort Nakirs (zumindest von Munkar) unerwünschten Nachwuchs (safer sex rult auch bei Dämonen) zur Welt zu bringen…
Inhalt
SciFi Channel Original. Nein, ich will Euch nicht gleich in die Flucht schlagen, denn im Hinblick auf „Saint Sinner“ gibt’s doch zumindest einen dezenten Anlass, auf etwas anderes als den üblichen run-of-the-mill-„Monster der Woche“-Schmonzes zu hoffen. Dieser Anlass offenbart sich gleich mit der ersten Einblendung im Vorspann: „Clive Barker presents“. Nun ist der olle Clive für sich allein kein Qualitätsgarant (und ich gehöre ja auch zu der radikalen Minderheit, die „Hellraiser“ für überbewerteten Schwachfug hält, mit dem Barker hauptsächlich seine persönlichen seltsamen Gewalt-Fetische ausleben konnte), aber gewöhnlicher Fernsehhorror ist nicht unbedingt das, womit man Barker auf Anhieb in Verbindung bringen möchte. Die Story zu „Saint Sinner“ ersann der großer Meister selbstpersönlich, das Schreiben des Drehbuchs überließ er Hans Rodionoff (einem Spezialisten für doofe DTV-Filme, er erdachte u.a. die Bücher zu „The Skulls II“, „Sucker The Vampire“ und das entsetzlich überflüssige viel-zu-spät-dranseiende Sequel „Lost Boys: The Tribe“) und Doris Egan, die immerhin zu diesem Zeitpunkt schon ein paar Scripts für „Smallville“ und James Camerons „Dark Angel“ verfasst hatte und mittlerweile als Gelegenheitsautorin und Stamm-Co-Produzentin bei „Dr. House“ tätig ist – also zumindest eine Person im Kreativteam, die theoretisch eine gute Idee von einer schlechten unterscheiden können sollte.
In ihrer endgültigen Ausformulierung unterscheidet sich die Story letztendlich doch nicht weltbewegend von einem „herkömmlichen“ Horror-Film, in dem der Held hinter Monster her ist, auch der Zeitreiseaspekt ist keine wirklich neue Idee (erfreulicherweise wird das aber vom Script auch nicht zu Tode geritten und für ach-so-humorige Situationen, in denen die Gestalten aus der Vergangenheit mit moderner Technik konfrontiert werden und Bauklötze staunen, mißbraucht. Sowohl Tomas als auch die Sukkubi kommen mit der modernen Welt recht schnell zurecht, weil sie sich auch ihrer jeweiligen Mission – Nahrungssuche bzw. Monstersuche – widmen und für derlei Nichtigkeiten keine Zeit haben; die einzigen bewusst lustigen Abhandlungen des Themas sind die Adaptionen von Fernsehwerbesprüchen, mit denen Nakir und Mankur gelegentlich ihre Ansprachen dekorieren – ohne dass es nervig wird – und eine kurze Sequenz, in der Nakir von einem potentiellen Opfer das Autofahren zu erlernen wünscht. Und hossa, das war jetzt mal wieder eine der längeren Klammerbemerkungen).
Interessanter als der Plot, der, wie sich schon aus der Inhaltsangabe entnehmen ist, nun keine Originalitätspreise gewinnt und nach den üblichen Regularien des Genres abläuft, ist, speziell in Verbindung eben mit dem Schöpfer des Ganzen, die Mythologie, der Background der Geschichte. Für Barker, den man ansonsten nicht unbedingt für den größten Freund der Kirche halten könnte (siehe Rawhead Rex exemplarisch) ist es schon bemerkenswert, wie positiv hier Glaube bewertet wird (selbst wenn man der Ansicht nachhängen kann, es wäre nicht unbedingt oder ausschließlich der Glaube an einen Gott, sondern der Glaube an sich selbst) – auch wenn es verdächtig lange dauert, bis Tomas und Rachel den zentralen „flaw“ ihrer „wir-brauchen-einen-Heiligen“-Theorie auffällt, nämlich, dass Heilige diese Ehre im Allgemeinen erst posthum verliehen bekommen und sie dann für den Kampf gegen Dämonen from the darkest pit of Hell wahrscheinlich eher nicht verwendbar sind. Schon eher Barkers Metier ist dagegen die Darstellung der blutsaugenden Sukkubenschlampen, die einmal mehr als filmgewordenes Sinnbild dafür stehen können, dass Barker Hetero-Sex für reichlich ekelhaft hält und aus einer solchen sexuellen Verbindung nichts Gutes rauskommen kann (in jedem denkbaren Wortsinne). Die Kombination dieser beiden Gesichtspunkte könnte einen fast auf die Idee bringen, „Saint Sinner“ als Lehr- und Anwerbefilm für Klosterrekrutierungsmaßnahmen zu verwenden.
Unerwartet für eine SciFi-Channel-Premiere ist das Script verhältnismäßig schlüssig (manches muss man halt einfach akzeptieren, so z.B. das „Rad der Zeit“, für das keinerlei Erklärung, nicht mal eine Andeutung einer solchen, aus dem Rektum der Autoren gezogen wird, aber man braucht halt irgendein Plot Device, um die Geschichte kostengünstiger als Gegenwarts-Story filmen zu können und sich Kohle für authentische 19. Jahrhundert-Klamotten und -Ausstattung zu sparen; auch wird der „Masterplan“ der Dämoninnen nie wirklich deutlich, ebenso bleibt sehr vage, warum die fiesen Schwestern ihre Opfer in riesige Kokons verpuppen – aber Barker war schon immer jemand, den das „warum“ weniger interessiert als das „wie“ und „was“); klar, es ist ein bisschen sehr einfach, wie Tomas aus dem Polizeigewahrsam spaziert, weil sich alles gerade um die hysterische Rachel kümmert und dass der magische Dolch unseren tapferen Mönch immer direkt zu den Sukkubi führt, ist ausgesprochen praktisch, aber es sorgt dafür, dass die Geschichte flott erzählt werden kann und kaum echte Auszeiten mit Leerlauf gefüllt werden müssen; „Saint Sinner“ ist eine dieser raren und umso löblicheren Ausnahmen von der Regel, dass TV-Filme immer auf die Werbebreaks hin inszeniert werden – hier ist der Rhythmus der Geschichte gleichmäßig (zieht allerdings zum Finale hin auch nicht deutlich an), man gönnt dem Streifen sogar ein solides wrap-up ohne Kicker-Ende.
Joshua Butler, der an abendfüllender Ware zuvor nur die SF-Klamotte „Beer Money“ und die Weihnachtsfantasyschmonzette „Prancer Returns“ inszeniert hatte, ist kein großartiger Stilist mit einer einprägsamen Handschrift, aber ein grundsolider Handwerker, und führt sehr rund, sehr flüssig Regie – es gibt keine Durchhänger, die Effekt- und Actionshots können vom set-up her überzeugen (auch wenn „Saint Sinner“ in guter schlechter Tradition des jüngeren Horrorfilms nicht wirklich versucht, dem Zuschauer *Angst* zu machen, sondern auf Schocks und/oder Ekel setzt, ergo jump scares und das, was man so schön „frisson“ nennt); eine nette Idee ist es z.B. dass die Sukkubi eines ihrer Opfer in der Gondel eines Riesenrads (und zwar bei vollem Betrieb des dazugehörigen Vergnügungsparks) aussaugen. Es überrascht mich daher schon ein wenig, dass Butler nach dem SciFi-SF-(äh)-Film „Deathlands“ fünf Jahre pausieren musste, ehe er ein neues Projekt realisieren konnte und das auch nicht mal mehr für’s TV, sondern in Form einer exklusiven Internet-Serie namens „Vlog“, die’s immerhin auf 18 Episoden brachte. Ich will nicht sagen, dass Butler Gottes Geschenk an die Regiezunft ist und man ihm dringend ein 300-Millionen-Dollar-Budget in die Hand drücken sollte, aber es gibt wahrlich eine ganze Legion untalentierterer Schwachmaten, die alle Nase lang genug Geld auftreiben, um wieder einen neuen Anschlag auf nichtsahnende Zuschauer zu verüben. Barry Donlevy gelingen an der Kamera einige nette, wenn auch nicht herausragende, aber für den Bereich direct-to-cable-TV ausgesprochen akzeptable Bilder, Christopher Lennertz Score dudelt dagegen an der Wahrnehmungsgrenze vor sich hin (d.h. es nervt nicht, aber es würde auch niemandem auffallen, wenn der Film ganz ohne Musik auskommen würde). Lennartz hat sein Handwerk übrigens bei Roger Corman gelernt und einige dessen Aufgüsse früherer Erfolgsfilme („Piranha“, „Humanoids from the Deep“) beschallt, mittlerweile liefert er Musik für „Supernatural“, Videospiele und Dünnpfiff wie „Disaster Movie“ oder „Meine Frau, die Spartaner und ich“).
Außergewöhnlich hart ist „Saint Sinner“ nicht – der deftigste Splattereffekt (der abgerissene Arm) wird quasi schon im Prolog verschossen, danach gibt’s hauptsächlich Schleim-FX und Herumpuhlen im Genickbereich der (ausschließlich) männlichen Opfer. Erst im Finale wird dann mit der „Geburt“ des Dämonennachwuchs noch mal die Gore-Keule ausgepackt, technisch dann auf eher mäßigem Niveau und insgesamt eher lächerlichen Resultat (das „Kind“ der Dämonin ist eine Art Riesen-Küchenschabe? Achdulieberscholli…). Ein paar für TV-Verhältnisse okayishe CGIs stören den Betrieb nicht wirklich, die Zeitreise selbst wird mit schlicht, aber recht effektiv mit ein paar farbgefilterten Aufnahmen des „Flugs“ durch die Epochen stilisiert.
Abstriche muss man wie üblich in solchen Fällen bei den darstellerischen Leistungen machen. Greg Serano, der bis dahin nur einige Bitparts (z.B. in „The Postman) und ansonsten unbedeutende TV-Auftritte absolvierte (aber 2005 zumindest eine wiederkehrende Rolle in der Familien-Drama-Serie „Wildfire“ abstaubte) fehlt das leading-man-Charisma und so richtig vermitteln, wieso er sich erst vom jugendlichen Bruder Leichtfuß zum von missionarisch Eifer erfüllten Dämonenjäger und von dort zum selbstproklamierten Heiligen entwickelt, kann er nicht. Aber man hat auch schon schlechtere Leistungen von bekannteren Mimen gesehen. Gina Ravera („Showgirls“, „Soul Food“ und später tragende Rollen in „The Closer“ und „ER“) ist deutlich überzeugender, hat eine sehr sympathische Ausstrahlung und macht die dramaturgische Entwicklung ihres Charakters deutlich glaubhafter. Mary Mara („K-PAX“, „Prom Night“) und Rebecca Harrell („Man of the Year“, „Sugar Creek“) haben nicht wirklich viel zu *spielen*, da man produzentenseits darauf zählt, angedeutetes Goth-Make-up (schwarzer Lippenstift! Satansbraten, I tells ya!), Zischen und generelles Übertreiben würden völlig ausreichen, und damit haben sie sogar halbwegs Recht, denn die beiden Damen scheinen durchaus Spaß zu haben. Den üblichen Gaststar-für-die-Seriengeeks gibt uns William B. Davis, der „Cigarette Smoking Man“ aus „Akte X“, der als Father Michael die ganze Geschichte erst ins Rollen bringt, in weiteren Nebenrollen finden sich Veteran Art Hindle (EnCrypt) und Linda Darlow, die Genre-Fans aus Joe Dantes 2nd-season-„Masters of Horror“-Episode „The Screwfly Solution“ kennen könnten. Gerüchte besagen übrigens, Clive Barker hätte einen Cameo-Auftritt gefilmt, das konnte ich aber nicht verifizieren. Wenn überhaupt, findet sich das in einer erweiterteten unrated-Fassung auf US-DVD.
Bildqualität: „Saint Sinner“ wird von Universal in der 6er-Horror-Box vertrieben, findet sich dabei auf Disc 2 mit Firestarter 2 – Rekindled und Hood Rat und sieht für einen Film, der sich mit viereinhalb weiteren Stunden die Disc teilen muss, passabel aus. Anamorpher 1.85:1-Transfer mit akzeptabler Schärfe und brauchbarem Kontrast, die Kompression lässt zumindest auf dem Fernsehschirm keine Wünsche offen, Störungen oder Verschmutzungen sind nicht zu verzeichnen.
Tonqualität: Die ausschließlich deutsche Synchronfassung in Dolby 2.0 könnte zwar etwas lebhaftere (und teilweise passendere) Sprecher vertragen, ist aber technisch zumindest gut genug gelungen.
Extras: Keine.
Fazit: Es bleibt dabei, die Filme, die man mit den wenigsten (oder ganz ohne) Erwartungen in Angriff nimmt, erweisen sich gerne mal als positive Überraschungen. „Saint Sinner“ ist kein Reißer, nichts, für das man seinem Herrgott auf Knien rutschend danken müsste, aber zumindest mal rundweg akzeptabler TV-Horror, der sein Publikum nicht für blöd verkauft, wenig falsch macht (bis auf das Küchenschaben-Monster im Finale wüsste ich wirklich nicht, was man als offensichtlichen Dumpfsinn klassifizieren könnte), eine flotte Gangart anschlägt und solide genug inszeniert ist, um nicht langweilen zu müssen und sich somit als netter Happen für Zwischendurch absolut eignet. Man könnte sich einen etwas charismatischeren Hauptdarsteller vorstellen können und vielleicht die ein oder andere zwingende Härte mehr, aber gerade im Feld der SciFi-Channel-Produktionen belegt „Saint Sinner“ durchaus einen der oberen Plätze. Slight recommendation.
3/5
(c) 2009 Dr. Acula