- Deutscher Titel: Sahara
- Original-Titel: Sahara
- Regie: Andrew V. McLaglen
- Land: USA
- Jahr: 1983
- Darsteller:
Brooke Shields (Dale Gordon), Lambert Wilson (Jaffar), Horst Buchholz (von Glessing), John Rhys-Davies (Rasoul), Ronald Lacy (Beg), Cliff Potts (String), Perry Lang (Andy), John Mills (Cambridge), Steve Forrest (Gordon)
Vorwort
Man schreibt das Jahr 1927 – Sportwagenkonstrukteur Gordon hat einen rassigen Rennwagen, eine hübsche und hinterm Volant hochtalentierte Tochter und zur Krönung des Ganzen einen riesengroßen Eimer Schulden. Ein Investor müsste her, doch der millionenschwere Mr. Chase wünscht sich, bevor er horrende Summen in ein womöglich zweifelhaftes Unternehmen pumpt, einen Leistungsbeweis der Kalesche – es möge doch, bitteschön, die Sahara-Wüsten-Rallye, eine Off-Road-Veranstaltung in der marokkanischen Wüste (also quasi „Hidalgo“ mit Reifen) gewinnen. Blöderweise verunglückt Mr. Gordon bei Testfahrten schwer und ringt seiner Tochter Dale auf dem Sterbebett das Versprechen ab, das Rennen zu gewinnen.
Nur sind die Rennveranstalter konservative alte Knochen, die der Überzeugung nachhängen, Frauen gehörten allerbestestenfalls in die Küche und eigentlich in den Harem – Weibsvolk ist nicht zugelassen. Dale tarnt sich deswegen als Mann (zum Glück ist Brooke Shields eher… flach) und trickst so Rennleitung und Konkurrenz, hauptamtlich den teutschen Mercedes-Piloten von Glessing, aus. Doch einfach so’n bisschen durch die Dünen rödeln ist nicht – zwei in langer Tradition verfeindete Araberstämme halten den Zeitpunkt für gekommen, ihre grundsätzlichen Differenzen terminal durch einen amtlichen Krieg zu klären. D.h. bei den „Charabs“ wäre hauptsächlich Kriegsminister Rasoul dafür, dem fiesen Beg und seinen Getreuen die Lebenslichter auszublasen, dieweil sein Neffe und Stammeschef Jaffar einen vergleichsweise besonnenen Standpunkt einnimmt.
Obwohl vor den kriegerischen Aktivitäten gewarnt, brettern Dale und von Glessing in die umkämpfte Zone (während der Rest der Fahrer lieber eine langwierige Umfahrung nimmt). Dale, weil sie natürlich gewinnen will, von Glessing, weil er zwar auch gewinnen will, nebenher aber noch ein lukratives Geschäft abschließen will. Dieweil Dale und ihre Mechaniker nämlich von Jaffars Stamm gefangengenommen werden und Rasoul die hübsche Amerikanerin als attraktiven Neuzugang in seiner Sklavinnenriege betrachtet, liefert von Glessing dem bösen Beg ein identisches Exemplar seines Rennwagens an, garniert mit einer Panzerung und einem MG als Kriegswagen ausgerüstet…
Indes kommt es, wie es kommen muss – in blanker Verachtung aller Stammestraditionen verguckt sich Jaffar in die ungläubige Ausländerin und auch wenn die nach wie vor gern das Rennen gewinnen will, kann sie sich dem Charme des stattlichen Wüstensohns nicht entziehen. Doch da ist immer noch der mit der deutschen Wunderwaffe ausgerüstete Beg, der den Charabs fürchterlich gern den Garaus machen möchte…
Inhalt
Cannon. Obschon uns, die wir in den 80ern groß geworden sind, primär als zuverlässiger Lieferant testosterongeschwängerter Actiongülle vertraut, war das Studio nie ein reiner Action-Produzent. Ganz im Gegenteil, besonders Menachem Golan, stets darauf bedacht, von der Konkurrenz als seriöser Filmemacher gesehen zu werden, achtete auf ein breites Portfolio und ließ auch nie einen Zweifel daran, dass er die billigen, aber kassenträchtigen Norris- oder Bronson-Reißer hauptsächlich zur Quersubventionierung seiner ihm am Herzen liegenden anspruchsvollen Arthouse-Filme (wie „Hannah’s War“ oder die obszön teure und nicht minder obszön gefloppte Zeffirelli-„Othello“-Adaption) heranzog.
Irgendwo zwischen der geistig schlichten, dafür aber unterhaltsamen (und erfolgreichen) Actionware und dem Kunstkintopp versuchte Golan auch mainstreamtaugliche Abenteuerfilme für die ganze Familie zu lancieren – am bekanntesten sicherlich die Quatermain-Filme mit Richard Chamberlain, oder eben „Sahara“, ein Vehikel für Brooke Shields, die seit ihrem Nackedei-Auftritt im Überraschungssuperhit „Die blaue Lagune“ mehr oder weniger erfolgreich (und zunehmend verzweifelt) versuchte, sich im seriösen Fach zu etablieren (ein Unterfangen, das ihr wenigstens noch *etwas* nachhaltiger gelang als ihrem Lagunenkumpel Christopher Atkins). Golan organisierte ein für Studio-Verhältnisse sehr üppiges 25-Millionen-Dollar-Budget (zum Vergleich: Death Wish II, das Bronson wieder auf Spur brachte, kostete gerade mal 2 Millionen…) und heuerte zunächst „King Kong“-Regisseur John Guillermin an. Der wurde aber schnell gefeuert und durch Andrew W. McLaglen ersetzt. McLaglen hatte zuvor u.a. „Mitchell“, „Steiner – Das Eiserne Kreuz 2. Teil“, „Sprengkommando Atlanik“ und – natürlich – den einflussreichen „Die Wildgänse kommen“, Begründer des Söldnerfilmgenres, inszeniert und ist daher unschwer als Mann fürs Grobe zu klassifizieren… und da haben wir schon die Krux eines Films, der eine beschwingte romantische Abenteuergeschichte erzählen möchte. Nun gibt es zweifellos Regisseure, die auf eine Sorte Film festgelegt sind und doch liebend gerne etwas ganz anders machen möchten (wir erinnern uns an Wes Craven und sein Leib- und Magenprojekt „Music of the Heart“, das er erst durch einen Freifahrtschein nach dem Megaerfolg von „Scream“ realisieren konnte), aber McLaglen kommt mir ehrlich gesagt nicht so wie der Typ vor, der nach einem Tag am Set mit Lee Marvin davon träumt, eine Liebeskomödie zu drehen…
McLaglen bekommt aber auch nicht sehr viel Unterstützung vom Drehbuch des Cannon-Hofschreiberlings James R. Silke, das sich wirklich völlig uneins ist, welches Genre es nun primär bedienen möchte. Könnte man beim bloßen Set-up noch an eine sandige Variante des Blake-Edwards-Classics „Das große Rennen rund um die Welt“ denken, bleiben davon im Endeffekt lediglich „bookends“ – das Rennen ist lediglich in der Anfangsphase und in den letzten fünf Minuten wichtig und wenn nicht Brooke Shields im Fünf-Minuten-Takt daran erinnern würde, ein Rennen gewinnen zu wollen und ungefähr alle 20-25 Minuten mal auf einen anderen Rennteilnehmer (for comedic hijinx purposes, zumeist) geschnitten würde (maximal 20-30 Sekunden lang), wir als Zuschauer würden geschwind vergessen, was eigentlich die Prämisse des Films mal war. Nun gut, dann vielleicht doch eine komödiantische clash-of-the-cultures-Romanze, in der die amerikanische Außenseiterin sich irgendwie mit den Stammesgebräuchen der barbarischen Araber vertraut machen muss, um das Herz ihres Omar-Sharif-Verschnitts zu gewinnen (ersatzweise eben umgekehrt)? Ja, das steckt da sicherlich irgendwo drin, scheitert aber an zwei wesentlichen Punkten – weder Brooke Shields noch Lambert Wilson sind in der Lage, die romantische Anziehungskraft, die zwischen ihren Charakteren bestehen soll, glaubhaft zu verkörpern und, wie befürchtet, McLaglen fehlt einfach das Talent für’s „Leichte“, um auch mal eine romantische Szene (wie das eigentlich unkaputtbare Motiv der Liebenden-unter’m-Wasserfall) wirklich romantisch zu gestalten. Was sich letztlich durchsetzt, ist für einen Film mit PG-Rating erstaunlich knackige (und stellenweise recht explizite) Äktschn und ein Bodycount, der sich hinter den Chuck-Norris-Eskapaden des Studios nicht wirklich verstecken muss. Es ist natürlich Spekulation, wenn man vermutet, dass durch McLaglens Engagement der Action-Anteil hochgefahren wurde, aber ganz unbegründet ist ein solcher Verdacht sicher nicht; immerhin stellt der Streifen gleich mit der Eröffnungssequenz, in der Beg ein Rudel Nomaden genüsslich abballert, als sei das ein Re-Enactment von Leise weht der Wind des Todes klar, wohin der Wüstenfuchs (und das ist ausnahmsweise mal nicht Rommel…) spurtet.
Speaking of Nomaden – dass unter Umständen nachträglich noch ordentlich die Schere angesetzt wurde, darf man vermuten, alldieweil der einzige Überlebende des Massakers sich in Filmverlauf ohne gesteigerte Motivation (und ohne eine einzige Dialogsilbe) an Dales Fersen heftet, ohne dass er innerhalb der Story eine gesteigerte Rolle spielen würde. Das riecht für mich irgendwie danach, als wäre ein kompletter Subplot auf dem Boden des Schneideraums liegengeblieben. Naja, im Zweifelsfalle hätte das den Film eh nur aufgehalten und bei der groben Holzschnittartigkeit der Charaktere (exemplarisch sei Rasoul genannt, dessen kompletten character arc man noch *während* seiner ersten Dialogszene mit Jaffar vorherahnen kann) werden dem Zuschauer da vermutlich auch keine Gemmen der Drehbuchkunst entgangen sein.
Es bleibt, sich an kleinen und großen Schlampigkeiten zu delektieren – zu den kleinen gehört die notorisch falschrum auf den Mercedes von Glessings geklebte Deutschlandfahne (Herr Buchholz, kann man sowas nicht mal korrigieren, wenn man schon am Set rumhängt?), zu den großen das monströse Plothole um den „Geschlechtswechsel“ Dales. Dale tarnt sich also als Mann, um am Rennen teilnehmen zu können – und sie hat praktisch gerade mal die Startlinie überquert, als sie ihre Tarnung aufgibt! Würde sich die Rennleitung an ihre Regeln erinnern (bzw. der Herr Drehbuchautor), was hinderte sie daran, Dale sofort zu disqualifizieren? Dass diese „Victor/Victoria“-Nummer im Film vielleicht fünf Minuten ausmacht, ist sie offiziell pointless und hätte getrost in einer Drehbuchrevision gestrichen werden können – es ist nicht so, als würde „Sahara“ auch nur versuchen, wenigstens einen Gag daraus zu ziehen…
Das soll jetzt aber nicht heißen, das alles schlecht wäre – das Genremischmasch mag seinerzeit das Kinopublikum vor den Kopf gestoßen haben, heutzutage erinnert es etwas an die Bollywood-Blockbuster-Herangehensweise, in der ja auch unbekümmert vermeintlich inkompatible Genres wie knüppelharte Action, schmalziges Liebesdrama und Slapstick-Humor zusammmengerührt werden (in der Tat fehlt „Sahara“ eigentlich nur die ein oder andere Musical-Einlage zum vorweggenommenen Bollywood-Rip-off). Abgesehen von einem merklichem Durchhänger im zweiten Akt, in dem die Story mehr oder weniger händeringend versucht, die Romanze von Jaffar und Dale hinzubiegen, inszeniert McLaglen die Chose recht flott und ist vor allem – wen wundert’s – in den Actionszenen in seinem Element, aber auch die zwei „großen“ Rennszenen sind recht fetzig (und mit neu gebauten, aber sehr authentisch wirkenden „vintage cars“ – wobei sich Alfa Romeo sicher dafür bedanken wird, dass ihre Schleudern als notorisch unzuverlässige Schrotthaufen auf vier Rädern dargestellt werden. Well, casting for life, sagt man da wohl, hähä). Im Showdown, wenn Jaffar seine Herzensdame aus Begs pumagefülltem Kerker befreien muss, kommt sogar mal etwas Indiana-Jones-Feeling auf.
Die Kameraarbeit ist okay – nicht so telemoviemäßig wie bei den Quatermains, aber auch noch ein gutes Stück entfernt vom angestrebten „epic adventure“; und was dem Film generell fehlt, ist ein wenig Ironie, wie’s Spielberg und Lucas mit „Jäger des verlorenen Schatzes“ vorgemacht hatten. „Sahara“ ist da noch ganz klassisch mit designierten comic-relief-Segmenten, die mit der „Hauptstory“ wenig bis nichts zu tun haben. Auf der Haben-Seite verbucht „Sahara“ einen Score von Altmeister Ennio Morricone, und der ist nun mal, auch wenn er, wie hier, sicherlich höchstens mit 70 % seiner schöpferischen Kraft amtiert, der Konkurrenz noch meilenweit voraus. Dass der Streifen ungelogen Leichenberge auftürmt und dabei hin und wieder sogar graphisch-blutig wird, verwundert, wie erwähnt.
Das Darstellerensemble ist für eine 25-Mio-Dollar-Produktion vergleichsweise zurückhaltend besetzt (was wohl bedeutet, dass ein Großteil der Kohle tatsächlich *in den Film* investiert wurde. Da könnte er dann doch etwas besser aussehen). Brooke Shields führt die Besetzungliste natürlich an und obwohl sie freilich ein echtes Schnucki ist, kommt sie doch in regelmäßigen Abständen an die Grenzen ihres damaligen darstellerischen Vermögens. Sie gibt aber in der in Amerika spielenden Sequenz einen passablen „flapper“ ab.
Ihren romantischen Widerpart mimt Lambert Wilson, der juxigerweise im 2005er-Sahara nach Clive Cussler auch eine tragende Rolle spielte. Wilson, der 1987 auch mal Probeaufnahmen als James Bond für „The Living Daylights“ absolvierte, müht sich um das erwähnte junger-Omar-Sharif-Flair, wirkt aber ziemlich emotionslos – und echte chemistry mit Shields kann er auch nicht aufbauen. Der unverwüstlich John Rhys-Davies verschleißt sich einmal mehr in einer für ihn typischen Rolle. Es muss wirklich in den 80ern ein Gesetz in Kraft gewesen sein, dass unter Androhung der Todesstrafe vorschrieb, Rhys-Davies in JEDEM Abenteuerfilm als Scheich/Beduine/Sultan o.ä. zu besetzen. Horst Buchholz, der sich in den 80ern immer wieder mal bemühte, in größeren amerikanischen Produktionen Fuß zu fassen (so z.B. auch in „Die Asse der stählernen Adler“, einer Art Prä-„Expendables “ mit Flügeln), ist erfreulicherweise, obwohl nominell auf der Schurkenseite zu verorten, kein Cartoon-Stechschritt-Kaiser-Wilhelm-Pickelhauben-Teutone und hat ein paar der witzigeren Szenen. Der Camp- und Trash-erfahrene Ronald Lacey (Prison Dancing, „Mad Mission 4“, „Buckaroo Banzai“, „Red Sonja“) tauscht im „brownface“ seine Würde gegen einen Gagenscheck, der britische Veteran John Mills („Dschungel der 1000 Gefahren“, „Tote schlafen besser“, „Zulu Dawn“) reibt sich in einer auch recht nichtssagenden Rolle als Jaffars britischer Diener/Sklave auch nicht gerade auf. Der 50er/60er-Western- und Krimistar Steve Forrest absolviert als Shields Film-Papa einen besseren Cameo.
Bildqualität: Das mir bislang völlig unbekannte Label Breu Media hat sich die Lizenz für den hiesigen HD-Release gesichert. Für mittlerweile recht schmales Geld bekommt der Kunde einen ordentlichen, abe nicht spektakulären 2.35:1-Transfer. Schöne Farben, ordentlicher Kontrast und befriedigende Schärfewerte.
Tonqualität: Deutsche Synchro und englischer O-Ton in Dolby 2.0 – adäquat, aber wie auch das Bild nichts, was High-End-Equipment vor anspruchsvolle Aufgaben stellen würde. Untertitel gibt’s leider nicht.
Extras: Nur eine Bildergalerie.
Fazit: Auch wenn „Sahara“ mit seinem wüsten (hähä) Genremischmasch ein wenig konfus wirkt und weder Script noch darstellerische Leistungen Bäume ausreißen, kann ich nicht umhin, dem Gesamtpaket einen soliden Unterhaltungswert zu bescheinigen. Ja, die schwerhändige Romanze im Mittelpart nimmt unnötigerweise viel Tempo heraus, ja, Brooke Shields geht ab und zu das Talent aus, und ja, Lambert Wilson meint offensichtlich, dass seine „looks“ alles sagen, was es zu sagen gibt und er sich dann ja wohl nicht noch mit Schauspielerei aufhalten müsse, aber irgendwie ergibt das Gesamtpaket mehr als die Summe der einzelnen Teile. Kann sein, dass ein wenig Cannon-Nostalgie bei mir mit reinspielt, aber ich hab ein Herz für charmant Verunglücktes und dass „Sahara“ schon aufgrund des Grundkonflikts „harter Actionhund als Regisseur“ und „leichtgewichtiges, altmodisches Abenteuer, das mindestens 20 Jahre zu spät dran ist“ nichts anderes als scheitern konnte, liegt auf der Hand. Das macht den Film letztlich zwar zu nicht mehr als einer kuriosen Fußnote der Cannon-Historie, aber lässt man sich darauf ein, zu einer unterhaltsamen…
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