Sadomaster

 
  • Deutscher Titel: Sadomaster
  • Original-Titel: Sadomaster
  •  
  • Regie: German Magarinos, Fernando Giangiacomo
  • Land: Argentinien
  • Jahr: 2005
  • Darsteller:

    Ezequel Hansen (Noriega), Nicolas Fontana (Sadomaster), Leandro De la Torre (El Lumpen), Francisco Pérez Laguna (Mauricio Beccar Varela), Martin Villagra (Padre Santiago), Kato (Tanganryu) und ein paar andere Nassbirnen


Vorwort

Argentinien in der nahen Zukunft des Jahres 2009: Senator Mauricio Beccar Varela bewirbt sich um den Posten des Präsidenten (oder eines Gouverneurs, mirdochegal) und kann sich aufgrund seiner Null-Toleranz-Maxime im Kampf gegen die grassierende Gewalt- und Terrorwelle im Lande gute Chancen ausrechnen.

Was die Bevölkerung nicht weiß: Varela ist für die grassierende Gewalt- und Terrorwelle überhaupt erst verantwortlich! Denn in seinem Auftrag metzeln, vergewaltigen und verstümmeln sich verschiedene aggressionsorientierte Übeltäter durchs Land:

Der rechtsextreme Noriega und sein degenerierter Schlägertrupp
Der augenklappentragende Japaner Tanganryu und seine Nazi-Ninjas (ihre Kampfkünste sind … unbeschreiblich)
Die furchtbare She-Fuhrer, ihres Zeichens die Tochter von Joseph Mengele und die Urheberin ganz schlimmer Taten (was genau sie macht? Keine Ahnung)

Nachdem Noriega und seine Mannen einen geistig Behinderten zu Tode gefoltert haben, verspachtelt ein zufällig dahergelaufener Besoffski im Alkoholrausch dessen Hirn. Die Folge: Der Säufer hört im Kopf die Stimme des Behinderten und diese Stimme treibt ihn dazu, die nichtsnutzigen Mörder zu verfolgen und zu töten. Also geht der Besoffski in den nächsten Pornoshop, killt dessen Besitzer, klaut eine Sadomaso-Maske nebst eines schicken Lack-&-Leder-Mantels, besorgt sich von irgendwoher eine Flinte und mopst ein Motorrad.
Solchermaßen ausgerüstet läuft der Sadomaster (?) beschaulich Amok und verteilt unter Varelas Spießgesellen gemeine Schläge, brutale Knochenbrüche und ganz miese Verstümmelungen …


Inhalt

Was argentinische Independentfetzer angeht, haben wir hier auf Badmovies.de nur schlechte Erfahrungen gemacht – aber das soll uns nicht von irgendwas abhalten. Sadomaster kommt also auch aus Evita-Land, genauer gesagt aus der Produktion von Germán Magariños’ Gorevision Films, die seit 2001 in schöner Regelmäßigkeit Low-Budget-Exploitation-Horrorstreifen wie „Cannabis Holocaust: Mutant Hell“, „LSD Frankenstein“ oder „Un Gazador de Zombis“ auf die Welt bringt (Hochkultur, nichts als Hochkultur). Magariños und Gorevision Films haben sich über die Zeit einiges an internationaler Aufmerksamkeit erworben und eine gewisse Anhängerschaft erarbeitet, das Lichtspiel „Goreinvasion“ sackte gar den von Troma verliehenen Dogpile award ein (Magariños führt eh Lloyd Kaufman als einen seiner Einflüsse auf).

„Sadomaster“ erinnert denn auch den Billig-Ausschuss, den Kaufmans urige Klitsche mitunter vertreibt, wie den grützigen Redneck Zombies – mehr noch aber an unterirdischen Amateur-Gorespasten-Schlotz aus deutschen Landen à la Schnaas oder Taubert – allerdings aufgepeppt mit einer gesunden (?) Dosis Politik und Anleihen an das klassische Exploitation-Kino.

Um das näher zu erläutern und damit ihr eine Ahnung davon kriegt, wie „Sadomaster“ sich anfühlt, beschreibe ich euch die „Schlüsselszene“ des Films, den oben erwähnten Mord an dem Mongoloiden nämlich:
Es beginnt mit einem geistig behinderten Fettmops mit Kleiner-Junge-Mütze, der zu relaxter Musik an einer Rose riecht, vor sich hin sabbert und einen auf „ignöööh!“ macht (die „Darstellung“ ist auf „Komik“ ausgelegt und nicht weit entfernt von Bubi aus Psychokill). Noriega und seine beiden Schläger schnappen ihn sich. Der Chefterrorist: „Es würde mich nicht wundern, wenn er [nicht nur behindert, sondern] auch Jude, Kommunist und ein Homosexueller wäre.“
Also verprügeln sie den unglückseligen Mongoloid, während Richard Wagners „Der fliegende Holländer“ von der Tonspur plärrt (wieso muss ich ausgerechnet an „A Clockwork Orange“ denken?). Schließlich zwingt Noriega den geistig Zurückgebliebenen zum Oralsex (was explizit auf Kamera festgehalten wird – keine Angst, es ist bloß ein Gummidildo). Nachdem er zufrieden ist („Best blowjob ever“), lässt er den Gehandicapten erschießen.
Die Szene ist damit nicht zu Ende: Das Opfer lebt noch, also schlitzt Noriega dessen Bauch auf und fickt die Wunde (jetzt nicht mehr zu Wagner, sondern zu Death Metal), während seine rechte Hand, El Lumpen, dem Behinderten auf den Hintern klatscht (man denke an „Deliverance“). Schließlich reißt El Lumpen dem Andersbegabten die Gedärme raus und wird derselbe nochmal erschossen.
(Es folgt die Szene mit dem hirnfressenden Besoffski.)

Soweit, so Pansen. An anderer Stelle vertreibt sich Varela die Zeit beim Stuhlgang damit, einen (uns unbekannten) Typen zu erschießen, foltern Noriegas Männern einen Rabbi zu Tode oder pisst der Chefterrorist auf ein schwarzes Baby (es ist bloß eine Puppe) – was der Sadomaster unterbindet, indem er ihm den Schwanz ausreißt. Man sieht: Der ganze „Film“ ist nicht mehr als eine Aneinanderreihung von möchtegern-provokanten Geschmacklosigkeiten, pubertären Possen, idiotischem Pansen-Humor und miserabel getrickstem Gekröse, nur rudimentär von einer Story zusammengehalten. Besagte Story (hüstel) ist nicht halb so stringent, wie meine Inhaltszusammenfassung weiter oben womöglich vermuten lässt, sondern mäandert sinnbefreit zwischen den Episoden hin und her, wobei insbesondere das ständige Auftauchen neuer Figuren neuen Kanonenfutters nervt. (Highlight ist der Nebenplot um einen Pferdeschwanzträger, der den Behindi-Mord beobachtet und versucht, das den Behörden zu melden. Denkt man eine ganze Weile, das sei der Protagonist, wird man bald eines Besseren belehrt – der Kerl wird vor Anbruch des letzten Viertels umgebracht, womit der Nebenstrang hat keinerlei gesteigerte Bedeutung für die „Handlung“ hat.)

Politisches Gewissen (für Arme)

Apropos pubertäre Possen: Wenn Noriega den Andersbegabten als Juden, Kommunisten und Homo verdächtigt, scheint damit sein Wahn von einer „Neuen Weltordnung“ durch, für deren Errichtung solche Elemente eben auszumerzen sind – das bindet er jedem auf die Nase, der es hören will (oder nicht hören will). Der Film ist durchzogen von solchen politischen Seitenhieben und Nazi-Anspielungen (der argentinische Hintergrund bietet sich dafür an), bis hin zu Varela, der aber tatsächlich kein überzeugter Hitlerjünger, sondern ein reiner Machtmensch ist und die ideologische Verblendung seiner Komplizen bloß für seine Zwecke ausnutzt (wobei zum Ende hin auch Noriega als falscher Nazi entlarvt wird: „Ich mach das bloß, um meine Familie zu ernähren! Ich komme aus Panama! Ich geb einen Scheiß auf die arische Rasse!“).
Eher eklig-dämlich wird das, wenn man es in Bezug zum Vorspann setzt, für den Magariños und Co. (unter anderem) Bilder von den Anschlägen aufs World Trade Center verwursten. Ächz. Eher halbschlau ist auch die leise Kirchenkritik (ein verblendeter Pfarrer verteidigt den Staat gegenüber dem Pferdeschwanzträger) oder die unsubtile filmische Selbstreflexion (eine Nachrichtensprecherin lässt sich über gewaltverherrlichende Medien aus, bevor sie im Programm „Natural Born Killers“ ankündigt. Sooo clever, schnarch).

Man darf das allerdings nicht zu ernst nehmen: Magariños und Co. dürfte es weniger um eine politische Aussage gegangen sein als darum, den Troma-Streifen und den klassischen Nazisploitationfilmen die Referenz zu erweisen. Hitler und Sex (gerne pervers). Und hundsmiserabel choreographierte Ninja-Faustkämpfe.
Letztlich ist „Sadomaster“ nicht mehr als Folgendes: Irgendwelche nervige Typen bringen irgendwelche nervige Typen mittels ultrastrunziger Splattereffekte um. Juhui! Ob da nebenbei irgendwer irgendwelche oberflächlichen politischen Kommentare absondert, ist völlig irrelevant (aber nichtsdestotrotz doof und idiotisch und überhaupt).

Übrigens, was nervige Typen angelangt: Ich spar es mir (und euch), näher auf die „Schauspieler“ einzugehen, weil es in diesem Film sowieso nur zwei Arten davon gibt: Knallchargen und Ziegelsteine. Beides gleichermaßen nervtötend und miserabel. (Ist zum Glück nicht so, als wären diese Dumpfmuffe woanders als in Gorevision-films-Produktionen aufgetreten. Und es versteht sich von selbst, dass die Hälfte der Namen nicht zuordenbar ist.)
Eine Erwähnung wert ist einzig die Darstellerin des She-Fuhrers: Dem Anschein nach haben Magariños und Co. eine verwirrte alte Oma in eine SS-Uniform gesteckt und ihr gesagt, sie solle den rechten Arm heben. Sehr stilvoll. (Fun Fact am Rande: Im zweiten von genau zwei Auftritten telefoniert She-Fuhrer mit Varela, wobei sie vor einer roten Gardine sitzt und ihre Sätze rückwärts vom Band laufen. Richtig erkannt: eine „Twin Peaks“-Anspielung.)

Als seien narratologisches Armutszeugnis, Idiotenhumor, politische Plattheiten und miese Laiendarsteller nicht schlimm genug, kommt noch die unterirdische filmische Machart hinzu. Ach Gott, die filmische Machart … „Sadomaster“ ist typischer shot-on-shiteo-Mist (wie der Cinema Snob so was redegewandt bezeichnet), die x-te unnötige Videobandverschleuderung, ein Verbrechen wider die Optik. Ohne jeden Sinn für Bildkomposition (oder Überbeleuchtung) filmen Magariños und seine Komplizen mit einem Billig-Camcorder aus dem argentinischen Lidl-Äquivalent auf Zufallsbasis in der Gegend herum; der Schnitt ist dann chaotisch, undurchdacht und voller Anschlussfehler. „Schön“ sind auch die „visuellen Effekte“, soll heißen, aufkopierte Explosionen und Mündungsfeuer, die nicht nur außerordentlich billig wirken, sondern in der Nachbearbeitung auch immer wieder in einzelnen Einstellungen vergessen wurden. Ganz zu schweigen von den kotzüblen Videoeffekt-POV-Shots aus der Perspektive des Sadomasters.

Besonders grauslich ist der Ton: Das Surren der Kamera ist durchgehend ein treuer Begleiter des geplagten Zuschauer-Ohrs und offensichtlich stellte das Schneideprogramm nicht mehr als zwei Tonspuren zur Verfügung, denn immer wenn ein Soundeffekt (d.h. die stets gleichen ranzigen Prügel- oder Schuss-Geräusche aus irgendeinem Computerspiel) benötigt wird, stoppt jeweils die Musik. Tonausfälle und vergessene Geräuscheffekte sind an der Tagesordnung.

Apropos Musik: Neben der Wagner-Schändung (der „Fliegende Holländer“ wird gleich mehrfach für Prügelszenen herangezogen) und etwas spanischer Schlagermucke (Nino Bravos Anwälte bedanken sich) wird die Tonspur beherrscht von nervigem Death Metal und den über alle Massen beschissenen Originalkompositionen von Eduardo Carliglino (Gorevision-films-Regular) und Peter John Ross (weitherum unterwegs in der englischsprachigen Independent-Szene). Auch der musikalische Gesamteindruck erinnert also stark an Taubert und Co.

Und zu schlechter Letzt: Weil „Sadomaster“ der übliche billige Homevideo-Mist ist, begeht er folgerichtig die oberste Todsünde allen billigen Homevideo-Mists: Zeitschinderei. Jede einzelne Szene wird eeewig ausgewalzt (insbesondere dort, so es splattert, der Sadomaster auf seinem Töff durch die Strassen fährt oder irgendwer durch die Gegend watscht – sehr kinematisch), es ist nicht zu ertragen. Nebenplots ohne Bedeutung (alles mit dem Pferdeschwanzträger) und zahlreiche Rückblenden strecken die Laufzeit weiter – so dass sich der Film trotz seiner 65 Minuten zieht, zieht und nochmals zieht. Auf den Grund der Hölle mit diesem strunzlangweiligen Sondermüll.

Fazit

Auch dieser Argentinien-Export ist billig hingerotzten Mist, in den offensichtlich keiner der Beteiligten so was Abseitiges wie Mühe oder Überlegung hineininvestiert hat. Mit viel Wohlwollen kann man einen satirischen Unterton herbeireden, aber auch angesichts dessen besteht „Sadomaster“ am Ende des Tages vor allem aus billigem, selbstweckhaftem Rumgegore, ist filmtechnisch grauenhaft schlecht zusammengestümpert und nervt mit seinem Deppenhumor. Und langweilig wie Sau ist das Machwerk auch noch.
Es ist immer wieder erschütternd, wie sehr sich hirn- und talentlosen Gorespasten auf der ganzen Welt jeglichem Leistungsprinzip und jeglicher filmerischen Selbstachtung entziehen – und dafür auch noch Anerkennung von irgendwelchen enthirnten Gorespasten erhalten, solang es splattert. Eine infame Verhöhnung von Verstand und Kultur. Für diesen Film gibt es nur ein Urteil:

– siehe nebenstehend –

Die Flitzekacke wurde übrigens dieses Jahr mit Sadomaster Locura General fortgesetzt. *den Glauben an die Menschheit verlier*

(c) 2011 Gregor Schenker


mm
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