Sadako 3D

 
  • Deutscher Titel: Sadako 3D - Ring Originals
  • Original-Titel: Sadako 3D
  •  
  • Regie: Tsutomu Hanabusa
  • Land: Japan
  • Jahr: 2012
  • Darsteller:

    Satomi Ishihara (Akane Ayukawa), Koji Seto (Takanori Ando), Yusuke Yamamoto (Kiyoshi Kashiwada), Ai Hasimoto (Sadako), et al.


Vorwort

Eine rätselhafte Selbstmordwelle überzieht Japan – und damit einher geht der neueste Trend bei den smartphone- und Internet-süchtigen Jugendlichen: ein „verfluchter Videoclip“, der den ursprünglichen, die Welle auslösenden Suizid zeigt und der jeden, der ihn ansieht, zum umgehenden Freitod bewegt. Das wollen natürlich alle Kids sehen…. so auch Noriko, die Schülerin des Mädchenlyzeums, die sogar während einer Examensarbeit nicht die Finger vom Handy und der Suchmaschine lassen kann.

Noch am gleichen Abend scheint Noriko erfolgreich zu sein – jedenfalls stürzt sie sich mit dem Handy in der Hand aus dem Fenster (ohne sich die Mühe zu machen, selbiges vorher noch zu öffnen). Ihre Lehrerin Akane, selbst wegen unerklärlicher psychokinetischer Fähigkeiten im Teeniealter gemobbt worden, jetzt aber glücklich mit ihrem Freund Takanori liiert, ist am Boden zerstört und gesellt sich zu denen, die nach dem Schreckensvideo fahnden. Dieweil die Polizeidetektive Kaiso und Nakamura aus beruflichen Gründen – und letztlich nicht aus Überzeugung, sondern dem Bedürfnis, *jeder* Spur nachzugehen – nach dem Video Ausschau halten und Norikos Freundin Lisa nunmehr ebenfalls obsessiv nach dem Clip sucht, versucht Akane zu ergründen, *was* genau Noriko umgebracht hat.
Lisa findet den Clip – oder findet das Video Lisa? Jedenfalls scheint das Video jemanden zu suchen – und Lisa ist es nicht, sondern die in rettender Absicht eingreifende Akane.

Auch die Cops finden Puzzlestücke – der ursprüngliche Suizident war ein populärer Online-Künstler namens Kashiwada, der, nachdem er mit Plagiatsvorwürfen gedisst wurde, Rache schwor – und die „Wiedererweckung der S.“ ankündigte…


Inhalt

Man hätte denken können, das „Ringu“-Franchise wäre nach vier japanischen und zwei amerikanischen Filmen nun auch eingetütet, aber der aktuelle Trend, alles, was irgendwie scary ist, auf 3D zu prügeln, macht auch vor den Söhnen und Töchtern Nippons nicht halt, die für das Reimagebootquel „Sadako“ nun auch die 3D-Kamera angeworfen haben (ich schicke voran: ich sah eine flache Screenerkopie, etwaige Aussagen meinerseits zu den 3D-Effekten stehen also unter dem caveat, dass ich diese nicht wie intendiert räumlich sah) – ich bemühe mich übrigens, halbwegs spoilerfrei zu arbeiten, aber ein-zwei Dinge muss ich ansprechen, die man als Spoiler sehen kann.

Nun, eins ist zumindest mal richtig – das Update der „Ringu“-Story ins Internet-Zeitalter ist längst überfällig. Wer die japanischen Filme sah, weiß, dass das Herumhantieren mit VHS-Kassetten schon bei der Uraufführung des ersten Films ziemlich anachronistisch wirkte. Wenn sich ein visueller Todesfluch verbreiten soll, welche bessere Möglichkeit gäbe es, als den Kram auf YouTube einzustellen und dann genüsslich abzuwarten, was passiert? Allerdings wirft der modus operandi, wie ihn sich die Autoren … vorstellen, ein paar logistische Probleme auf. Die 7-Tages-Frist des Original-„Ring“ gab den Opfern zumindest Gelegenheit, über das Video zu sprechen und so die Gerüchteküche überhaupt in Gang zu setzen (von der Weitergabe des Fluchs, von der in „Sadako“ nicht die Rede ist, ganz zu schweigen). In „Sadako“ tritt der Tod unmittelbar während oder direkt nach der Betrachtung des Videos ein – da der Clip aber pflichtschuldigst nach Abdudelung verschwindet, stellt sich die Frage, wie das Video überhaupt zum gesuchten Phänomen werden konnte (der Film postuliert, dass der ursprüngliche Live-Feed Kashiwadas von genau fünf Personen verfolgt wurde. Das lässt nicht nur die These, dass es sich bei ihm um einen populären Online-Künstler handelte, ziemlich unglaubwürdig aussehen, sondern lässt wirklich erstaunlich offen, wie der den Clip umgebende „buzz“ entstehen konnte).
Überhaupt ist die Umwidmung des Sadako-Fluchs von „mysteriösem Tod“ zu „Selbstmord“ schon insofern bemerkenswert, als hier ein gesellschaftliches Problem Japans (die enorm hohe Selbstmordrate) angerissen, aber die Ursache bequem auf einen externen Faktor (das böse Internet, letztlich) geschoben und die eigentlichen Probleme (die Rigidität der japanischen Gesellschaft, den enormen Leistungsdruck und die weit verbreiteten Zukunftsängste) ausgeblendet wird. Aber lassen wir das mal beiseite…
Langes Haar ist dir gegebeeeeen….

„Sadako“ nimmt sich einerseits recht viel Zeit, die Bedrohung des „verfluchten Clips“ aufzubauen, setzt alllerdings andererseits voraus, dass man mit der Ring-Mythologie vertraut ist. Die komplette Backstory, die man Sadako angedeihen lässt: paranormal begabtes Mädchen, wird gemobbt, bringt Leute um, wird in Brunnen geworfen, Ende. Kombiniert damit, dass man Akane als „positives“ Gegenstück zu Sadako aufbaut, ergibt sich weniger das Feeling einer „Ring“-Fortsetzung/-Umarbeitung als vielmehr eine gewisse „Carrie“-Stimmung. In der Tat ist so ziemlich der zentrale Punkt des Films, dass alle wesentlichen Hauptfiguren Mobbing-/Bullying-Opfer sind/waren. Das passt zwar einigermaßen zur Aussage von „Ring 0“, allerdings scheint mir „Sadako“ nicht in der „Nakata-Continuity“ des Franchise verhaftet zu sein (Sadakos Backstory scheint sich mit dem Brunnenwurf erschöpft zu haben, auf den Video-Fluch wird in keiner Sekunde eingegangen und die Geographie/Architektur des Brunnens bzw. seiner Umgebung passt nicht zu dem, was wir aus der „klassischen“ Trilogie kennen).

Gut, das Abschneiden alter Zöpfe ist nicht immer das Schlechteste und konfus genug ist der „Ring“-Kanon allemal (mit den Büchern von Keiji Suzuki hat das ja alles eh seit dem gestrauchelten „Rasen“ nichts mehr zu tun), aber „Sadako“ bietet nicht wirklich eine interessante Ersatz-Mythologie an. Die Motivation der „Bösen“ ist schwammig – warum Kashiwada Sadako wieder auf die Menschheit los lassen will (sie soll in seinem Sinne ALLE Menschen eliminieren. ’n bisschen drastisch dafür, dass sein Problem Online-Diss wegen vermeintlicher Airbrush-Plagiate ist), wird nicht wirklich deutlich, und Sadako… hm, aus der wirklich *anderen* Präsenz, die wahllos – und mit undurchschaubaren, unerklärlichen Mitteln – tötet (und ihren Opfern mit der möglichen Weitergabe des Fluchs ein „out“ gibt), wird dadurch, dass man ihr ein klar definiertes Ziel aufgegeben hat, zu einer vergleichsweise banalen, beliebigen Horrorschreckgestalt – das ist mehr Freddy Krueger als die unheimliche, geheimnisvolle Figur der klassischen Trilogie (dazu passt auch, dass der neue Clip wesentlich weniger verstörend-irritierend ist als der aus den Nakata-Filmen). Beinahe schon folgerichtig entwickelt sich „Sadako“ im Finale zu *dem*, was man den Originalen nie vorwerfen konnte – zu FX-orientiertem Creature Feature.

Was auch daran liegen kann, dass „Sadako“ sich kaum mal die Mühe gibt, seinen Zuschauer zu erschrecken. Wer Nakatas „Ring“ gesehen hat, wird sich an eine Szene ganz speziell erinnern – es ist die Szene, die praktisch die gesamte Reihe definierte und die, wenn man nicht darauf vorbereitet war, *wirkte* (jeder, der was anderes behauptet, ist einer dieser selbsternannten Obergurus, die so tun, als würden sie bei einem real ausgeweideten Menschen bestenfalls darüber diskutieren, wie fake die Effekte sind, aber vermutlich in Ohnmacht fallen, wenn sie jemandem einen Angelhaken aus dem Finger puhlen müssten). Dummerweise weiß Regisseur/Autor Hanabusa (bislang international nicht aufgefallen) genau, *welche* Szene das war und setzt sie bzw. Varianten thereof in „Sadako“ inflationär ein – irgendwann mal macht das dann nicht mal mehr Spaß, zumal ein anderer Versuch, die Stimmung des Originals einzufangen, unfreiwillig selbstparodistisch wirkt (ich war bis zum Ende der Szene der festen Überzeugung, sie sei nicht ernst gemeint) und für einen anderen praktischen Effekt ein derart… mieser Dummy eingesetzt wird, dass ich das auch nur noch in einem komödiantisch gemeinten Film akzeptieren würde (und dort nicht).

Aber, hey, es ist ein 3D-Film und wer von 3D-Horrorfilmen erwartet, sie würden die feine, subtile Klinge schwingen, glaubt auch an den Weltuntergang in drei Tagen (ich schreibe dies am 18.12.12), ersatzweise daran, dass wieder drei Tage später ein rotbekutteter Fettsack Geschenke verteilt. Natürlich setzt „Sadako“ auf in-your-face-3D-FX. Blöderweise scheint „Sadako“ kein üppiges Budget gehabt zu haben, denn, leider, die CGI, die für die 3D-Trixereien verwendet werden, sind überwiegend schäbig. Besonders der „splitterndes-Glas“-Effekt, in den sich Hanabusa ganz speziell verliebt hat, sieht in keiner Sekunde anders aus als ein schwacher CG-Effekt (ich verweise allerdings auf obigen Disclaimer, dass ich den Film in 2D begutachtete). Auch die, hmpfhmpf, Monster (Monster in einem Ring-Film! Seufz) können weder in ihrer CG- noch in ihrer practical-FX-Form überzeugen.

Dabei hat der Film durchaus einige stimmungsvolle Sequenzen zu bieten (ein japanischer Regisseur ganz ohne Gespür für visuelle Ästhetik? Wäre kaum vorstellbar), einige der Locations sind grandios, aber es will sich alles nicht recht zu einem befriedigenden Ganzen zusammensetzen. Immerhin – Hanabusas Streifen nimmt, insbesondere im direkten Vergleich zu den Nakata-Filmen, recht schnell Fahrt auf. Muss er aber auch, da er wesentlich weniger Wert auf das Mystery denn auf die daraus zu schöpfenden FX ist. Splattrig ist der ganze Spaß aber kaum – Hanabusa setzt auf Schocks (meistens vergeblich) und jump scares (da hat er immerhin ein-zwei effektive). Der Score ist okay.

Die Schauspieler hat Hanabusa größtenteils aus dem japanischen Fernsehen rekrutiert, dem internationalen Publikum dürfte kaum jemand bekannt vorkommen. Koji Seto darf sich immerhin „Kamen Rider“ nennen (er spielte in der 2009er-Inkarnation), hat hier aber eine recht undankbare Rolle als Akanes Boyfriend. Akane selbst wird von Satomi Ishihara akzeptabel verkörpert – nicht nur, weil sie nett anzusehen ist. Ihr Problem ist, dass ihr Charakter, gerade im „Ringu“-Kontext, ein sehr passiver, weinerlicher ist, und ich es immer recht schwierig finde, Figuren, die sich von jedem herumschubsen und beeindrucken lassen, als Protagonisten ernst zu nehmen (weil der notwendige character turn im Showdown dann unglaubwürdig wirkt).
Yusuke Yamamoto spielt mir den Kashiwada zu sehr als visual-kei-Hipster, Ai Hasimoto fehlt für die Sadako einfach diese gewisse überirdische, unnatürliche Präsenz.

Mir lag zum Review ein 2D-DVD-Screener auf japanisch mit englischen Untertiteln vor, zur deutschen Sprachfassung kann ich also nichts beitragen.

Fazit: Ich war schon einigermaßen gespannt, wie man ein doch bewusst auf Subtilität und unterschwelligen Grusel getrimmtes Franchise wie „Ringu“ in das Fahrwasser der modernen 3D-Horrorfilme versetzen kann. Die Antwort ist beinahe erwartungsgemäß: eher gar nicht. Für einen radikal auf Optik/FX-Gewitter getrimmten Horrorfilm ist die Grundmythologie der Reihe weitestgehend ungeeignet. Man kann nun behaupten, da der J-Horror-Geistermädchenfilm sich spätestens mit dem ölfzigsten „The Grudge“-Sequel überlebt habe, könne eine Besinnung auf visuellen, direkt die berühmte „frisson“ bedienenden Horror für das japanische Genrekino nur positiv sein und hat damit möglicherweise sogar recht, nur sollte man das dann lieber mit einem neuen Stoff probieren und nicht krampfhaft die FX-Keule über ein Thema ziehen, dass es *so* nicht hergibt. „Sadako“ fehlt die Intellektualität der Nakata-Filme, hat aber auch nicht den Punch eines ehrlichen Splatterfilms. Und, das ist vielleicht das ärgste Verbrechen, es entzaubert Sadako und macht sie zu einem gewöhnlichen Serienhorrorschurken. „Sadako“ mag nicht langweilig sein, aber ein guter Film… nee.

2/5

(c) 2012 Dr. Acula


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