Russian Roulette

 
  • Deutscher Titel: Russian Roulette
  • Original-Titel: Russian Roulette
  • Alternative Titel: Die Verschwörung |
  • Regie: Louis Lombardo
  • Land: Kanada/Großbritannien
  • Jahr: 1975
  • Darsteller:

    George Segal (Timothy Shaver), Cristina Raines (Bogna), Bo Brundin (Oberst Vostick), Denholm Elliott (Commander Petapiece), Gordon Jackson (Hardison), Peter Donat (Insp. Peter McDermott), Richard Romanus (Raymond Ragulin), Nigel Stock (Ferguson), Louise Fletcher (Midge)


Vorwort

Aufregung in Kanada – der sowjetische Staatschef Kosygin hat sich zu einem Besuch angesagt. Der KGB fürchtet Ärger durch den Dissidenten, Menschenrechtler und allgemeinen Unruhestifter Henke, weshalb der kanadische Geheimdienst, um den kommunistischen Kollegen eine Freude zu bereiten, den suspendierten Mountie Shaver anheuert, Henke unbürokratisch für ein paar Tage aus dem Verkehr zu ziehen. Widerwillig nimmt Shaver den Auftrag an, nur um festzustellen, dass ihm bereits jemand zuvorgekommen ist. Shaver verrät seinen Auftraggebern davon erst mal nichts, sondern versucht, auf eigene Faust den Vermißten aufzuspüren, und gerät dabei auf die Spur einer großangelegten Intrige. Es stellt sich heraus, dass Henke ein CIA-Agent ist und wer immer jetzt seiner habhaft ist, ein Attentat auf Kosygin plant, um es den Amerikanern in die Schuhe zu schieben…


Inhalt

Und wieder einmal findet sich ein schon recht angestaubter Agententhriller, heute mal zur Abwechslung aus den lustigen 70er Jahren, auf den Wühltischen dieser Republik in Silberscheibenform wieder. „Russian Roulette“ stammt aus der Werkstatt des berüchtigten britischen Titanoflopproduzenten Lord Lew „Low“ Grade (auf dessen Konto u.a. die desaströse Clive-Cussler-Verfilmung „Hebt die Titanic!“ geht) und wurde vom langjährigen Robert-Altman-Cutter Louis Lombardo debütierenderweise inszeniert.

Bei „Russian Roulette“ handelt es sich um die von Stanley Mann („Conan der Zerstörer“, „Omen II“) und Arnold Margolin (Bruder von Stuart Margolin und hauptamtlicher Sitcom-Autor, u.a. „The Mary Tyler Moore Show“) verbrochene Adaption eines mir unbekannten Romans von Tom Ardis und inhaltlich um einen recht klassischen (man könnte auch „generischen“ sagen) Cold-War-Thriller, der Geist und Esprit seiner Entstehungsdekade atmet – natürlich muss (Spoiler ahoi) der Oberrusse weg, weil er sich für Frieden und Abrüstung einsetzt. Problematisch an der Plotte ist, dass der Stoff vermutlich in Schriftform deutlich besser kommt als in der Filmfassung, denn das Script entwickelt sich schon ziemlich zäh. Bis die Story in die Strümpfe kommt bzw. man sich als Zuschauer einigermaßen einen Reim drauf machen kann, vergeht schon eine Weile, und in dieser langwierigen Auftaktphase geizt der Film dann auch noch an Action bzw. wirklich kinematischen Momenten (er verschenkt da sicher auch Möglichkeiten – in einer Sequenz z.B. benutzt Shaver eine Seilbahn, und da erwartet, nein, verlangt der Zuschauer doch eine packende Actionszene, die dieses Fortbewegungsmittel ermöglicht. Aber nö, trotz eines potentiell gehaltvollen Setups dient die Seilbahn letztlich doch nur dazu, dass der Held den Berg rauf und danach wieder runterfährt. Böh). Mangelnde Action und nicht immer ganz schlüssige Storyentwicklung kompensiert der Film in dieser Phase aber durch einen recht launigen Humor der sprücheklopfenden Sorte (was aber mit ziemlicher Sicherheit der Synchronisation geschuldet sein dürfte. Die IMDB listet den Film ausschließlich als „Drama“).

Ein kleines Manko des Scripts ist es auch, dass der Held erstaunlich lange nicht durchblickt – selbst, wenn man als Zuschauer (okay, mit einem kleinen, gemeinen Wissensvorsprung) sich erarbeitet hat, worauf der Film hinaus will, braucht Shaver noch ein hübsches Weilchen, bis er das Puzzle zusammengesetzt hat. Dann aber legt der Streifen richtig los – das gut fünfundzwanzigminütige Finale ist wirklich sehenswert (inklusive durchaus memorablem Showdown auf dem Schrägdach eines vierzehnstöckigen Hotels) und überraschend rasant und modern montiert und inszeniert (während der Rest des Films, getreu dem, was man von einer kanadisch-britischen Co-Produktion erwarten kann, gepflegte TV-Biederkeit ausstrahlt), das wird dann sogar richtiggehend spannend. Dass das Tempo des Films insgesamt, vom Finale abgesehen, also eher ein gemächliches ist, dürfte weniger an Lombardos Fähigkeiten als Regisseur liegen (obwohl er erst zwölf Jahre später seinen zweiten und letzten Film inszenieren durfte, „PK and the Kid“), sondern am Script und einem sicher nicht gerade umwerfend hohen Budget. Lombardo beweist durchaus ein Auge für interessante Locations, nur wird daraus insgeamt zu wenig gemacht.

Der Cast ist nicht uninteressant – George Segal („Achterbahn“) mimt den Mountie, der wider Willen in eine politische Intrige verweickelt wird, angemessen – nicht als James-Bond-mäßigen Helden, sondern als einen eher kantigen Typen. Segal, der seine Stärken normalerweise vielleicht eher im komödiantischen Bereich hat, zieht sich ausgesprochen achtbar aus der Affäre, aber eine etwas prägnanterer Akteur hätte der Rolle nicht geschadet. Cristina Raines, geplagt mit der unnötigen, aber wohl vorgeschriebenen weiblichen Hauptrolle, hat nichts weiter zu tun. Sie spielte u.a. im Ridley-Scott-Frühwerk „Die Duellisten“ und in der gefloppten US-Soap „Flamingo Road“. Den bösen Schurken spielt der schwedische Akteur Bo Brundin, der wie einige andere Darsteller in diesem Film auch in anderen Lew-Grade-Produktionen wie „Hebt die Titanic!“, der erfolgreichen 70er-TV-Mini-Serie „Reich und arm“ und in der Katastrophen-Gurke „Meteor“ agierte, überraschungsfrei und klischeehaft. Spaß macht die Performance von Denholm Elliott, einem breiten Publikum als Indiana Jones‘ alter Freund Marcus Brody geläufig, als hyperaktiv-nervöser Geheimdienstler, der Shaver anheuert. In den kleineren Rollen gibt’s einige interessante Akteure zu entdecken. Shavers Polizistenfreund Ferguson mimt der renommierte englische TV-Mime Gordon Jackson, dessen Namen man vielleicht nicht unbedingt sofort zuordnen kann, das Gesicht aber aus Serien wie „Das Haus am Eaton Place“ oder Filmen wie „Der Schrecken der Medusas“ sicher kennt. Als Shavers Intimfeind Inspektor McDermott stellt sich Peter Donat vor, einer jüngeren Generation als Mulders Vater aus „Akte X“ oder Oberschuft Sahmbi aus „Time Trax“ bekannt. Für Louise Fletcher stellte die Mini-Rolle der Midge den direkten Filmauftritt vor ihrer Oscar-prämierten Vorstellung in „Einer flog über das Kuckucksnest“ dar.
Bildqualität: Ich bin weiterhin erstaunt – die Veröffentlichungen von Magic Video/Power Station (aus dem Lizenzstamm von Carlton Distribution) sind weiterhin qualitativ mindestens zwei Klassen hochwertiger als die Konkurrenz von Best & Co. Auch bei „Russian Roulette“ bekommen wir einen Vollbildtransfer (okay, das ist nun nicht gerade monumental) von ansehnlicher Güte. Der Print wirkt zwar insgesamt etwas matt, weist aber für die VÖ-Liga gutklassige Schärfe- und Kontrastwerte auf und kann auch von der Kompression her durchaus überzeugen (nicht ins Bockshorn jagen lassen – in den ersten Minuten sieht das Bild nicht wirklich gut aus – nicht auszuschließen, dass der Vorspann von einer anderen, qualitativ schlechteren Quelle gemastered wurde. Das gibt sich nach kurzer Zeit). Erst im letzten Filmdrittel stellen sich einige wenige, aber insgesamt nicht weiter störende Laufstreifen und Verschmutzungen ein. Für eine Wühltisch-DVD ist das aber hochanständig.

Tonqualität: Der ausschließlich gelieferte deutsche Dolby-2.0-Ton reißt keine Bäume auf, reizt aber auch nicht zum Herumtrampeln auf den Lautsprechern. Ein hörbares, aber noch nicht wirklich störendes Grundrauschen ist zu verzeichnen, die Musik klingt manchmal etwas dumpf, die Sprachqualität ist dafür recht gut. Liegt insgesamt im Rahmen des zu Erwartenden bei einer Budget-Veröffentlichung.

Extras: Keine.

Fazit: „Russian Roulette“ erweist sich als etwas altbackener, aber nicht völlig uninteressanter Kalter-Krieg-Thriller. Langsam im Setup, offensichtlich von der Synchronisation etwas ins Komödiantische gezogen, mit einem durchaus einfallsreichen und memorablen Showdown – nichts, wofür man seinem Schöpfer auf Knien danken müsste, es gesehen haben zu dürfen, aber ein insgesamt relativ schmerzloser Weg, sich 85 Minuten um die Ohren zu schlagen. Ein wenig mehr Tempo in der ersten Filmhälfte und ein etwas charismatischerer Hauptdarsteller hätten dem Film sicher noch zum Vorteil gereicht, aber wer auf diese Art Thrill steht und nicht pausenlos Action braucht, kommt sicher auf seine Kosten. Für eine Wühltisch-DVD ist die Veröffentlichung von Magic Video/Power Station in Ordnung.

3/5
(c) 2004 Dr. Acula


mm
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