Route 666

 
  • Deutscher Titel: Route 666
  • Original-Titel: Route 666
  •  
  • Regie: William Wesley
  • Land: USA/Kanada
  • Jahr: 2001
  • Darsteller:

    Lou Diamond Phillips (Jack La Roca), Lori Petty (Stephanie), Steven Williams (Rabbit), Dale Midkiff (PT), L.Q. Jones (Sheriff Galloway), Sven-Ole Thorsen, Dick Miller


Vorwort

Ein Team dem Zeugenschutzprogramm zugeteilter US-Marshals spürt in einer gottverlassenen Spelunke irgendwo in der Wüste von Arizona den abgängigen Mafia-Kronzeugen Rabbit auf, um ihn pünktlich zu seiner Aussage in Los Angeles abzuliefern. Das gestaltet sich schon deshalb nicht so einfach, weil die in dieser Hinsicht eher humorlose Mafia einen Profi-Killer auf Rabbit angesetzt hat. Um so wenig Zeit auf der Straße wie möglich zu verbringen, beschließt Ober-Agent Jack, eine Abkürzung über die geschlossene Route 666 zu nehmen, einen Ableger der Route 66, der nach einem Unfall mit einem Sträflings-Baukommando gesperrt wurde. Das hätten Marshals und ihr dieser Idee eh nicht sehr aufgeschlossen gegenüberstehender Zeuge besser gelassen, denn die Route 666 wird von den Zombie-Geistern der damals getöteten Sträflinge bespukt – die Schlimmsten der Schlimmsten der Schlimmsten der 60er-Jahre-Verbrecher, und einer davon ist Jacks Vater!


Inhalt

Es wundert mich eigentlich, dass die Filmemacher dieser Welt SO LANG brauchten, um auf den mehr als nur offensichtlichen Kniff, aus der legendären Route 66 die Route 666 zu machen, zu kommen – mehr als eine hingeworfene Nebensatzbemerkung in „Natural Born Killers“ könnte ich jetzt aus dem Stegreif in der Hinsicht nicht zitieren. Es wäre natürlich schön gewesen, wenn man aus dieser Idee dann auch ’nen originellen Film gestrickt hätte. Das ist „Route 666“ dann allerdings doch nicht geworden.

Der zweite Spielfilm von William Wesley, der dem geneigten Horrorpublikum 1988 „Scarecrows“ (hierzulande als „Paratroopers“ bekannt) bescherte, ist nämlich leider nur die Hälfte eines guten Films, und dummerweise ist die gute Hälfte noch dazu die erste, in der’s nicht wirklich um die titelgebende „Route 666“ geht. Formal ähnelt „Route 666“ dem Tarantino-/Rodriguez-Klassiker „From Dusk Till Dawn“ – die erste Filmhälfte spielt sich als hippes Action-/Gangster-/Cop-Roadmovie, die zweite Hälfte präsentiert dann übernatürlichen Horror. Das klappte bei „From Dusk Till Dawn“ hervorragend, weil’s auch dramaturgische exzellent serviert und die Trennung der beiden Story-Hälften konsequent durchgezogen wurde. Nun ist William Wesley kein Robert Rodriguez und seine Co-Autoren Scott Fivelson und Thomas Weber (letzterer wird übrigens als „Writer“ für die „2003 World Stunt Awards“ kreditiert. Eh. Was bitte gibt’s da zu schreiben?) sind keine Quentin Tarantinos. In der ersten, Roadmovie-/Action-Hälfte funktioniert’s noch ziemlich gut – die Eröffnungsszene (mit Gaststar bzw. Cameo-Absolvent Dick Miller) kann man auch als Hommage an „Natural Born Killers“ verstehen, danach gibt’s einen gar nicht mal so schlechten Shoot-out mit den Mafia-Killern (angeführt von C-Movie-Paradebösbube Sven-Ole Thorsen, bekannt aus „Abraxas – Guardian of the Universe“) und eine Fülle pointierter, witziger und quotabler Dialoge, nicht auf dem Niveau eines Tarantino, aber zumindest in dessen Fahrwasser. Das ist kurzweilig, gut fotografiert, wird von gut aufgelegten Darstellern portraitiert, das passt.
Bis die Zombies auftauchen. Ich bin sicherlich der letzte, der was gegen Zombies hat, aber, äh, uninspirierter als in „Route 666“ geht’s kaum – sowohl, was die Backstory der Untoten angeht, die Inkonsistenz der Regeln, innerhalb derer sie handeln können (eigentlich können sie die Straße nicht verlassen, aber dann auch wieder überall dort auftauchen, wo Beton ist? Versteh ich nicht), als auch die Einfallslosigkeit des Zombie-Make-ups, das mich schon fast an Jess-Franco-Filme erinnert. Leider verabschieden sich mit dem ersten Zombie-Auftritt auch die guten Dialoge, dafür begrüßen wir die Klischees – der Film funktioniert von da an nur, weil das Team der US-Marshals sich gegenseitig an Inkompetenz und schlichter Blödheit überbietet, Jack darf eine spiritistische Erfahrung mit einem indianischen Schamanen machen, und natürlich haben wir auch noch den fiesen Redneck-Sheriff, dessen Handlungsweisen (trotz einer nachgeschobenen Erklärung) keinen Sinn ergeben.

Trotz des starken Nachlassens in der zweiten, horrorlastigen Hälfte, kloppe ich den Film nicht in die Tonne, was an einigen formalen, stilistischen Aspekten liegt. Der Streifen IST exzellent fotografiert und setzt die monumentale Landschaft des Joshua Tree National Park hervorragend ins Bild – ich seh diese Art Naturkulisse halt immer wieder gern. Die Optik an sich ist edel und auf Hochglanz getrimmt, für die Actionszenen bedient sich Wesley sogar des „James Ryan“-erprobten DV-Looks, was sie ein wenig hektisch wirken lässt; übrigens ist „Route 666“ schon deshalb für’s Horrorgenre außergewöhnlich, als es ein komplett bei Tageslicht spielender Film ist. Das Tempo wird von Wesley, bis auf die völlig unnötige Episode mit Jack und dem Schamanen (da wollte man wohl auch wieder auf Teufel komm raus „Natural Born Killers“ zitieren; das Stone-Opus wird übrigens auch im Filmdialog referiert). Überwältigende visuelle Effekte sind dank des niedrigen Budgets von knapp über 2 Mio. $ nicht zu erwarten, aber es reicht für einige pfiffige Einstellungen. Exzellent ist übrigens der hervorragend auf Landschaft und Story abgestimmte Score von Terry Plumeri, der bis dato eigentlich nicht mit kompositorischen Großtaten auf sich aufmerksam gemacht hatte (er beschallte u.a. „Red Eagle“, „Manchmal kommen sie wieder“, „Death Wish V“ oder „Black Sea Raid“); erinnert mich ein bisschen an sanft modernisierte Ry-Cooder-Klänge.

Festzuhalten ist selbstverständlich, dass der Film in der hier vorliegenden Fassung völlig unblutig bleibt. Da dem für eine SPIO/JK-Freigabe vorgesehenen Film seitens der Juristenkommission ebenjene verweigert wurde, schnitt der Verleiher sämtliche Gore-Passagen (und da gibt’s wohl etliche) aus dem Streifen und sicherte sich so eine FSK-18-Freigabe. Muss man nicht gut finden, kann man auch nicht gut finden. Der Film überlebt diese Kannibalisierung allerdings besser als erwartet und funktioniert so vielleicht sogar besser als Äquivalent eines „Spukhaus-Films on the road“ denn als rohe Schlachtplatte.

Der gut zusammengestellte Cast erweist sich als recht lebhaft. Lou Diamond Phillips („Bats“, „Pentagramm“, „La Bamba“), einst Hollywood-New-Hopeful, mittlerweile aber hauptsächlich im B-Film-Bereich tätig, agiert sympathisch wie eh und je und hat mit „Tank Girl“ Lori Petty einen angemessen aufgedrehten Sidekick (ein paar gute Szenen mehr für sie hätten aber nicht geschadet). Steven Williams („Akte X“, „21 Jump Street“) gibt Rabbit launig als überdrehte Mischung aus Fred Williamson und Samuel L. Jackson, Dale Midkiff („Time Trax“) hat im dickschädeligen US-Marshal-Trottel PT eine dankbare Rolle. Als Redneck-Sheriff agiert Peckinpah-Veteran L.Q. Jones („The Wild Bunch“, „Pat Garrett jagt Billy the Kid“).

Bildqualität: Kinowelt hat den vermutlichen Ärger über die verweigerte Freigabe der Uncut-Fassung wenigstens nicht am Konsumenten ausgelassen. Der 2.35:1-Widescreen-Transfer (anamorph) ist makellos und wunderschön. Ausgezeichnete Detail- und Tiefenschärfe, schöne Farben, völlig frei von Verunreinigungen oder Bilddefekten. In Sachen Kontrast wird der Streifen vor keine großen Aufgaben gestellt, die Kompression arbeitet klaglos.

Tonqualität: Der Streifen wird wahlweise in deutschem oder englischen Dolby 5.1-Surround vorgelegt. Ich habe mich für die O-Ton-Fassung (mit optionalen deutschen Dubtitles) entschieden. Dieser Audiotrack ist kristallklar, aber insgesamt auf der Dialogseite etwas leise. Die Musik kommt hervorragend rüber, die Soundeffekte könnten auch etwas knalliger kommen. Insgesamt ein sehr reiner Audiotrack, dem etwas mehr Power nicht schaden würde.

Extras: Außer dem Originaltrailer leider gar nichs.

Fazit: „Route 666“ ist als Mischung aus actionlastigem Roadmovie und Zombie-Horror insgesamt als eher mißglückt einzustufen, ist aber trotzdem recht kurzweilig geraten, was dem gut aufgelegten Ensemble und einer optisch ambitionierten Regie zu verdanken ist. Besser wär’s aber vermutlich gewesen, man hätte sich auf die vorhandenen Stärken (ein guter Cast, Schreiberlinge, die durchaus pointierte Zeilen schreiben können, gut fotografierte Action) verlassen und nicht zwanghaft den Zombie-Aspekt noch ins Spiel gebracht. Der nämlich ist banal-einfallslos und trägt dazu bei, dass der Film sich in der zweiten Hälfte in seinen eigenen Script-Untiefen verheddert und die positiven Ansätze der Auftaktphase übertüncht werden. Trotzdem würde mich noch interessieren, was unsereins an Gore verpasst hat… Die DVD von Kinowelt ist besonders im Bildbereich überzeugend, aber mau ausgestattet.

3/5
(c) 2005 Dr. Acula


mm
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