River of Death – Fluss des Grauens

 
  • Deutscher Titel: River of Death - Fluss des Grauens
  • Original-Titel: River of Death
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  • Regie: Steve Carver
  • Land: USA/Südafrika
  • Jahr: 1989
  • Darsteller:

    Michael Dudikoff (John Hamilton), Robert Vaughn (Dr. Wolfgang Manteuffel), Donald Pleasence (Heinrich Spaatz), Herbert Lom (Colonel Diaz), L.Q. Jones (Hiller), Sarah Maur Thorp (Anna Blakesly), Cynthia Erland (Maria), Ian Yule (Long John Silver), Rufus Swart (Pare), Foziah Davidson (Dalia), Victor Melleney (Doc Blakesly),


Vorwort

Ostfront, April 1945, der Russe steht vor der Tür. Auch vor der eines KZs, in dem der „nennt mich nicht verrückt“ Wissenschaftler Dr. Wolfgang „Wolfie“ Manteuffel grausige biologische Experimente an den Insassen durchführt. Die Experimente sind so grausam, dass sogar dem Lagerkommandanten das Eichelkraut vom Lorbeerkranz fällt und er ultimativ die Einstellung der Arbeit befiehlt. Wolfies Antwort ist ein präziser Kopfschuss, den des Hauptmanns verstecktes Töchterlein entsetzt mit ansehen muss. Gleich darauf erscheint Manteuffels Förderer Oberst Spaatz und bringt die frohe Kunde von der anstehenden totalen Niederlage. Die ist für Spaatz aber kein Beinbruch und muss auch etwaigen Welteroberungsplänen, die Wolfies Arbeit ermöglichen soll, nicht im Wege stehen. Spaatz hat sich nämlich allerhand an Raubkunst unter den Nagel gerissen und plant, sich mit dieser, Manteuffel und seiner Arbeit nach Südamerika abzusetzen und dort mit dem Reibach vom Kunstverkauf die Experimente weiterzufinanzieren. Guter Plan, findet Manteuffel, und so wird wenig später von Wilhelmshaven aus die Flucht ergriffen. Wolfie hat aber noch einen Optimierungsansatz für den Plan gefunden – eigentlich *braucht* er Spaatz ja nicht zwingend… also schießt er ihn nieder und verschwindet in den Sonnenuntergang.

So zwanzig-fünfundzwanzig Jahre später führt Abenteurer John Hamilton eine kleine Reisegruppe in den Amazonas-Dschungel. Dr. Blakesly und seine Tochter sind auf der Spur einer geheimnisvollen Seuche, die die zurückgezogen lebenden Indiostämme dezimiert. Die Eingeborenen vermuten den Ursprung der Krankheit im Gebiet eines von einem besonders wilden Stamm bewohnten Gebiet. Die Expedition macht sich auf den Weg und wird prompt von weißgepinselten Kalkleisten gefangen genommen. Hamilton organisiert eine rasche Flucht, doch der Doktor wird erst von einem Pfeil, dann von einem Gewehr erschossen und Tochter Anna von den Wilden wieder eingekäscht. Hamilton stiert einem erstaunlich arisch wirkenden Gewehrträger ins Auge und stürzt sich in den nächstbesten Fluss, in der Gewissheit, alleine nichts gegen die verstärkten Primitivlinge ausrichten zu können.

In der Zivilisation wird seine Geschichte, auf einen unbekannten Stamm und vermutlich die „verlorene Stadt“, eine legendäre Siedlung im tiefsten Dschungel, gestoßen zu sein, unterschiedlich aufgenommen. Colonel Diaz, lokaler Obrigkeitsvertreter, hält von der Story recht wenig und wenn was dran sein sollte, gehört alles, was dort entdeckt werden könnte, sowieso dem Staat und der ist er. Hamiltons krimineller Kumpel Hiller ist auch nur unter Protest bereit, unserem Johnnyboy Ausrüstung für eine Rettungsexpedition zu verkaufen, bringt ihn aber in Kontakt mit dem Amateur-Anthropologen Carl Berner – der für unsere Begriffe Heinrich Spaatz reichlich ähnlich sieht -, der gerne in den Dschungel reisen möchte, um dort unspezifiziert herumzuforschen. Hamilton ist skeptisch, aber als er von Para und Dalia, zwei Nazijäger auf der Suche nach dem verschwundenen Dr. Manteuffel, aufgesucht wird, fallen die Puzzlestücke schnell zusammen – drei Parteien mit unterschiedlichen Interessen, aber ungefähr dem gleichen Ziel, das riecht nach einer gut ausgerüsteten Expedition. Diaz kann den Trip nicht verhindern, schickt aber einen „Regierungswissenschaftler“ namens Serrano mit.

Die bunt gemischte Reisegesellschaft wird zunächst von ihrem Hubschrauberpiloten aufs Kreuz gelegt und mit einem Bruchteil der Ausrüstung zurückgelassen. Kaum haben sich die Gestrandeten sortiert, werden sie von Flusspiraten angegriffen. Die Attacke kann zurückgeschlagen werden, aber Hamilton weiß, dass das Problem endgültig gelöst werden muss, bevor man sicheren Fußes in den eigentlichen Busch vordringen kann. Es gelingt der Gruppe, das Hauptquartier der Piraten zu vernichten und deren morschen Kahn als Fortbewegungsmittel zu erbeuten. Wenig später wird die Expedition von feindseligen Indios angegriffen, die die weißen Teufel gerne ihren blutrünstigen Göttern opfern würde. Die Rettung kommt aus unerwarteter Richtung – Colonel Diaz bringt Truppen mit, aber auch unerfreulichere Überraschungen. Er arbeitet längst mit Dr. Manteuffel zusammen, dessen Experimente, eine Killerseuche zu schaffen, die nur minderwertige Rassen tötet, in der „verlorenen Stadt“ deutliche Fortschritte gemacht haben…


Inhalt

Eli Roth, der sonst nicht viel richtiges sagt (oder tut), bemerkte in der (leider eher missglückten) Doku „Electric Boogaloo“, „wenn man das Cannon-Logo sah, wusste man, es wird AWESOME.“ Das ist vielleicht etwas hochgegriffen, aber wer in den 80ern aufgewachsen ist, hat das Cannon-Logo ohne Zweifel lieb gewonnen und mit Chuck Norris, Charles Bronson, Franco Nero, Sho Kosugi oder eben Michael Dudikoff manch schöne, zumindest aber unterhaltsame Stunden verbracht. Cannon-Filme waren, mal abgesehen von den Prestige-Projekten, die Menachem Golan für’s eigene Ego produzierte (wie den sauteuren und saugefloppten „Othello“ von Zefirelli), keine Kunst, sondern kalkulierte Kommerzprodukte, darauf abgestimmt, mit minimalem finanziellen Aufwand maximalen Profit zu generieren. Man kann diese rein auf finanzielles Kalkül getrimmte Art des Filmemachens verurteilen, wird jedoch nicht umhin können, Golan und seinen langjährigen Partner Yoram Globus trotzdem als im positiven Sinne Filmverrückte bezeichnen zu müssen. Ihre Praktiken waren manchmal fragwürdig und ein gesunder Schuss Größenwahn war sowieso im Spiel, aber Figuren wie die beiden crazy Hebrews fehlen der Filmlandschaft heutzutage, für meinen Geschmack.

Einer, mit dem sie nicht immer fair umgingen, den sie aber immerhin zu einer respektablen Größe im B-Bereich gemacht haben, ist Michael Dudikoff – dem wurden immer GROSSE Filme mit RICHTIGEM Budget versprochen, aber am Ende war’s dann doch meist wieder ein „American Ninja“-Sequel… Was aber nicht heißt, dass Golan und Globus nicht versuchten, Dudikoff außerhalb seiner „comfort zone“ als B-Body eine Chance zu geben. Michael war zwar nicht die erste Wahl für „River of Death“ – das war Christopher Walken, und es existiert zumindest auch Promo-Material, das Robert „Schinkenbrötchen“ Ginty in der Hauptrolle zeigt, aber ein Abenteuerfilm nach einer Vorlage des Bestsellerautoren Alistair MacLean („Die Kanonen von Navarone“, „Die Bäreninsel in der Arktis“, „Eisstation Zebra“), einem bewährten Lieferanten für großformatigen Leinwand-Thrill, ist schon ’ne andere Nummer als Ringelpiez mit bunten Ninjas.

Als Regisseur wurde Steve Carver verpflichtet, der wie so viele bei Roger Corman in die Lehre gegangen war (und dort z.B. Co-Regisseur von „The Arena“ war) und zweimal Chuck Norris vor der Linse hatte – in „Der Gigant“ und dem von vielen als Norris‘ bester Film bezeichneten „McQuade, der Wolf“ – also einer, der durchaus weiß, wie’s geht. Wie bei Cannon nicht unüblich, gestaltete sich die Produktion recht chaotisch. Das Drehbuch, so wie es Carver vorgelegt wurde, war, wie er sich diplomatisch ausdrückt, „nicht schlecht, aber auch nicht gut“ – die Story von der Jagd nach verschwundenen Nazis in Südamerika war Carver etwas zu lasch, zu wenig aktuell, weswegen Andrew Deutsch mit einem Rewrite beauftragt wurde, und die nach Carvers Ansicht zeitgemäßen Aspekte um die biologische Waffe, die Manteuffel kreiiert, und die von der grassierenden AIDS-Epidemie inspiriert wurde, einfügte. Beabsichtigt war zunächst, in Brasilien zu drehen, doch waren die dortigen Behörden unwillig, Cannon die notwendigen Genehmigungen für das Abfackeln von Urwald und ähnliche pyromanische Scherzchen zu erteilen. Auf Vorschlag von Harry Alan Towers wurde die Produktion dann nach Südafrika verlegt, wo Avi Lerner (später Nu Image) die Fäden zog. Regisseur Carver musste zwar eine Strafzahlung leisten, weil die amerikanische Regisseursgewerkschaft Südafrika aufgrund des Apartheidregimes eigentlich boykottierte, der Film war ihm aber wichtiger. Auch in Südafrika war’s nicht einfach, den Film zu produzieren, weil einfach die notwendige Infrastruktur fehlte und die Mittel sowieso beschränkt waren – Carver erinnert sich, dass er sich Nazi-Uniformen von örtlichen Neonazi-Gruppen ausleihen musste (dafür, erinnert er sich weiter, waren die Uniformen aber hundertprozentig authentisch), und immer wieder Interessen und Forderungen der verschiedenen Gruppen (weiße Afrikaaner und schwarze Stammesangehörige) jonglieren musste. Am Ende ging dann auch das Geld amtlich aus, so dass nur ein Drittel des geplanten Showdowns gefilmt werden konnte.

Ist das Endresultat vergossennes Blut, Schweiß und Tränen denn wert? Hm, jein. Klarer Fall, „River of Death“ ist nicht gerade „Heart of Darkness“ und auf der anderen Seite aber auch nicht „Indiana Jones“, d.h. der Film überzeugt weder als Abenteuer-Drama noch als Action-Abenteuer so richtig. Mag an den Umständen liegen, an der Tatsache, dass Dudikoff sicher nicht die Idealbesetzung für die Hauptrolle ist, oder am unausgegorenen Drehbuch, das sich nie ganz einig ist, welche Richtung es nun einzuschlagen gedenkt, vielleicht auch an Carvers eher uninspirierter Regie (wobei man verstehen kann, dass er vermutlich mehr damit beschäftigt war, die Produktion an und für sich am Laufen zu halten, als sich wirklich um die künstlerischen Meriten des Films kümmern zu können, denn es gibt sicher schwächere Regisseure im Cannon-Stall), jedenfalls reißt „River of Death“ trotz der unterschiedlichen Genre-Zutaten nie wirklich mit, hat nie wirklich den zupackenden Zug. Alles ist ein wenig arg episodisch aneinandergreiht, ohne wirklich schlüssig ineinanderzugreifen – die Flußpiraten-Episode z.B. hat mit dem Restfilm eigentlich gar nichts zu tun; außerdem gerät Hamiltons eigentliches Vorhaben, Anna Blakesley zu retten, ebenso in Vergessenheit wie das Gedöns um die Seuche, mit dem die eigentliche Handlung aufmacht. Anna wird mit einer kurzen Szene kurz vor dem Showdown abgefrühstückt, und dass die Seuche und Manteuffels Experimente miteinander zut un haben, fällt dem Film ebenso praktisch fünf Minuten vor Toresschluss wieder ein. Auch die Nazijäger, die in MacLeans Vorlage wohl eine größere Rolle gespielt haben müssen, sind unnütze Randfiguren, ohne die der Film auch nicht schlechter zurecht kommen würde.

Gelegentlich ist der Film unübersichtlich geschnitten, sowohl im Detail als auch im größeren Gesamtzusammenhang, da scheinen manchmal verbindende Elemente zu fehlen (bei Cannon kann man auch nicht sicher sein, ob zugunsten von vermeintlich mehr Action wichtige handlungstragende Elemente auf dem Schneideraumboden liegen blieben). Die Kameraführung ist in Ordnung, und die Naturaufnahmen sind nahezu unkaputtbar. Überhaupt funktioniert der Film am besten, wenn er sich weniger als ernsthafter Spannungsfilm versteht, sondern in den Momenten, in dem er einfach knallige Exploitation sein darf – wenn die weißgepinselten Eingeborenen angreifen oder Nazis in ihrer Dschungelstadt Schindluder treiben. Dann, wenn also tüchtig übertrieben auf die Kacke gehauen wird, macht’s auch Spaß. Dummerweise will „River of Death“ augenscheinlich mehr sein als nur ein Rumpel- und Radaufilm – dazu trägt auch ein noir’scher voice-over bei, den Michael Dudikoff unmöglich noch gelangweilter hätte runternuscheln können – das gibt Harrison Fords mutwillig genervt eingesprochenem „Blade Runner“-voice-over quite a run for its money.

Klar ist auch, dass der Film etwas mehr Tempo hätte vertragen dürfen – seine Action- und Adventure-Szenen haben keinen rechten sense of urgency, da hätte man sicher auch etwas über den Schnitt regeln können und den ganzen Film verlustfrei auf 90 Minuten eindampfen können, es hätte dem Gesamtgeschehen zum Vorteil gereicht. Der Score von Sasha Matson („Lobster Man from Mars“, „Bloodfist“) ist sich auch nicht ganz einig, ob er klassischer Abenteuerscore sein soll oder doch eher experimentiell-minimalistisch-düdelfrööpend.

Der Cast ist recht eklektisch, für Cannon wenig verwunderlich. Dudikoff selbst gibt sich redlich Mühe, aber es ist nicht wirklich *sein* Part, dafür ist die Rolle zu wenig physisch. Dudikoff ist sympathisch wie eh und je, wirkt aber manchmal etwas überfordert (und wie Carver sich erinnert, war er vom Veteranen-Ensemble, das ihn umgab, etwas eingeschüchtert). Donald Pleasance („Halloween“), Robert Vaughn („Solo für O.N.K.E.L.“, „Superman III“) und Herbert Lom („Pink Panther“, „Hexen bis aufs Blut gequält“) gehen die Sache mit professioneller Routine an – da und dort würde man sich wünschen, einer von ihnen (oder alle drei) würden etwas mehr aus sich herausgehen, den overacting-Modus anschmeißen, den sie ja alle exzellent beherrschen, aber keiner von ihnen hat Lust, diese Extra-10-Prozent zu geben, sondern gibt sich damit zufrieden, für den vermutlich nicht üppigen Gagenscheck (und die ebenso vermutlich nicht unbedingt luxuriöse Unterbringung) einen adäquaten Gegenwert abzuliefern. Das Overacten übernimmt zumindest teilweise L.Q. Jones („The Wild Bunch“, „Casino“ und Regisseur von „A Boy and his Dog“). Cynthia Erland („Savage Harbour“) in ihrer einzigen bemerkenswerten Filmrolle und Sarah Maur Thorp („Death on Safari“) sind dabei, weil Filme ganz ohne Frauenrollen offenbar nicht gehen, gebraucht hätte es sie nicht. Als einer der Nazi-Jäger gibt sich Rufus Swart, besser bekannt als Erster Offizier der „Southern Star“ in „Space Mutiny“ die Ehre. In einer kleinen Rolle ist auch Vorzeige-Soldat und -Stuntman Ian Yule („Die Wildgänse kommen“, und hier zuletzt in „Guerilla Force“ gewürdigt) als Hubschrauberpilot zu sehen.

88 Films hat den Film in Großbritannien auf Blu-Ray aufgelegt. Das digitale Remaster ist bildschön (1.85:1), der englische Ton (LCPM) brauchbar. Als Bonus gibt’s ein ausführliches Video-Interview mit Steve Carver (52 min).

Berühmte letzte Worte: „River of Death“ verdient dafür Anerkennung, dass er ein bisschen mehr sein will als der typische billige Cannon-Dudikoff-Actionfetzer. Von Anerkennung allein kann der Mensch aber nicht leben – die Umsetzung ist nicht gerade perfekt. Der Streifen hat genug Momente, die Spaß bringen oder zumindest gut genug gelungen sind, um zu unterhalten, aber er hat auch einige Macken und Durchhänger. Die schwierigen Produktionsbedingungen erklären zwar manchen Makel, entschuldigen allerdings halt auch nicht alles. Dudikoff-Fans, die ihr Idol mal etwas außerhalb des üblichen Rahmens sehen wollen, sollten allerdings mal reinschauen, und wer Fan von Pleasence, Lom oder Vaughn ist, dürfte auch nicht unbefriedigt bleiben. Es bleibt allerdings der Nachgeschmack, dass man aus dem Stoff einen erheblich besseren, spannenderen Film hätte machen können. So ist es immerhin solide Durchschnittskost.

(c) 2017 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 6

BIER-Skala: 5


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