Rider’s Classic – 20 Years Life

 
  • Deutscher Titel: Rider's Classic - 20 Years Life
  •  
  • Land: Deutschland
  • Jahr: 2005

Vorwort

Seit 20 Jahren ist das Rider’s Café eine Lübecker Institution – aus dem Jugendtraum vom Kai-Uwe Meyer, sich einen Motorradladen zuzulegen, entwickelte sich rasch eine angeschlossene Biker-Bar, aus dem ein angesagter Live-Tempel und Szene-Treff wurde. Der Film rekapituliert die Geschichte des Clubs und beleuchtet die Veränderungen, die im Laufe der Zeit notwendig wurden, um die wirtschaftliche Basis des Clubs zu erhalten, z.B. die Öffnung zur Trance- und Goa-Szene.


Inhalt

Ich erwähnte schon öfter, dass nicht nur das Leben, sondern auch der Inhalt der Päckchen vom lieben Sponsor, sich gelegentlich als Wundertüte entpuppt. Was ich mit „Rider’s Classic“ anfangen soll, erschließt sich mir, ehrlich gesagt, auch nach kritischer Würdigung des DVD-Inhalts, noch nicht ganz, oder, anders ausgedrückt – ich weiß ehrlich nicht, wer für diese Scheibe die Zielgruppe darstellt. D.h. ich weiß es eigentlich ganz genau, nur ist die so klein, dass ich mir nicht vorstellen kann, eine kommerzielle DVD-Produktion mit allen Schikanen könnte sich dafür allen Ernstes rechnen. In Lübeck und im Umkreis der Schleswig-Holsteinschen Metropole mag das Rider’s Café ja ’ne ganz knorke Sache sein, aber ein Etablissement von überregionaler Bedeutung (sagen wir mal also sowas wie das Quasimodo in Berlin oder die Batschkapp in Frankfurt) scheint mir der Schuppen nicht zu sein, denn sonst hätte ich höchstwahrscheinlich schon mal was von dem Laden gehört (das mag egozentrisch sein, wird aber von mir mal einfach so behauptet). Um noch mal persönlich zu sprechen – auch wenn ich semi-regelmäßig lokale Clubs ähnlicher Größenordnung wie den „Hirsch“ oder das Erlanger E-Werk besuche, so richtig interessieren würden mich Dokumentationen über deren Historie nur sehr eingeschränkt.

„Rider’s Classic“ ist demzufolge hauptsächlich interessant für diejenigen, die mit dem Club persönliche Erfahrungen und Erinnerungen verbinden, und selbst diese Klientel wird sich nach zwanzig-dreißig Minuten königlich langweilen, weil der Streifen schilcht und ergreifend keine Schauwerte zu bieten hat. Die Interviewsequenzen mit Club-Chef Meyer könnten theoretisch ja ganz erhellend sein, wenn der Herr ein interessanterer Gesprächspartner wäre. So schwanken seine Äußerungen zwischen Selbstbeweihräucherung und peinlichem „äh-äh“-Gestammel Marke Stoiber. Die Statements einiger Stammgäste sind witz- und reizlos und das, was eigentlich wirklich interessant sein könnte, nämlich Mitschnitte von Auftritten und Events, fallen flach, weil fraglos aufgrund nicht vorhandener Rechte für die Musik generisches Gitarrengefrickel Marke Softcore-Soundtrack über die Bilder gelegt werden muss. Der zweitgelangweilste Off-Sprecher nach dem, der uns das Bonusmaterial von Bethmanns „Dämonenbrut“ kommentierte, trägt sein übriges dazu bei, dass sich jegliche Aufmerksamkeit, die man dem Film widmet, rasch verflüchtigt.

Lediglich drei Sektionen des Films haben denn Informations- und Unterhaltungswert, der sich auch Nicht-Insidern eröffnet: eine Sequenz über die Mittelalterrockband „Schelmisch“, die regelmäßig im Rider’s auftritt (und die wenigstens unbekannt genug sind, um tatsächlich Live-Musik präsentieren zu können), ein Interview mit dem Chef der „Waltons“, die ebenfalls oft und gern im Club spielen und einige Anekdoten über einen Gig der Leningrad Cowboys (auch hier leider ohne Original-Musik und auch ohne Statements der bekloppten Finnen). Der Rest der 93 Minuten Laufzeit wird allerdings als uninspirierte Mixtur aus Interviewsequenzen und Event-/Konzertschnippseln bestritten, wobei „heikle“ Themen oft nur am Rande angesprochen werden (es wäre nicht gänzlich uninteressant, wie die Stammkundschaft auf die aus kommerziellen Erwägungen ins Programm genommenen Techno-Partys reagiert, aber mehr als zwei-drei kurze Allgemeinplätze gibt’s dazu nicht).

Summa summarum ergibt sich das Bild einer Ego-Produktion, die von den Betreibern des Cafés auf die Beine gestellt wurde, um sich selbst ein Denkmal zu setzen. Nicht verboten, aber schlichtweg untauglich als ernstliche Dokumentation über die Entwicklung der Biker-/Clubszene und/oder der dazugehörenden Musik – staubtrocken und unspannend dargeboten, ohne interne Dramaturgie (die man ja auch bei einer Doku bewerkstelligen kann, wenn man sich Mühe gibt) und, schlicht und ergreifend, für Außenstehende ohne Reiz.

Bildqualität: Das (im Gegensatz zur Coverangabe nicht anamorphe) Bild ist in seiner Qualität schwankend, da Material aus drei Jahrzehnten, auf unterschiedlichstem, wenn auch konsequent sicher nicht besonders hochwertigem Material gedreht, zusammengewurstet wurde. Das bewegt sich halt auf dem Level einer typischen billigen TV-Produktion und reizt die technischen Möglichkeiten des Mediums schwerlich aus. Verschmutzungen und Defekte bleiben außen vor, der Kontrast ist in den neueren Aufnahmen okay, in älteren Sequenzen ausgangsmaterialbedingt schwächlich.

Tonqualität: Der Stereoton ist größtenteils zweckmäßig, in manchen Interviewsequenzen verrauscht und verknarzt und insgesamt kaum dazu angetan, eine ordentliche Heimkinoanlage auszureizen.

Bonusmaterial: Der geneigte Konsument kann per Zusatzmaterial einen virtuellen Rundgang durch das Café erledigen, Outtakes goutieren, sich den Trailer zu Gemüte führen und das Impressum studieren. Ein Lob gibt’s für die schöne Aufmachung der Digipak-Verpackung.

Fazit: Ich frage mich immer noch, wer letzten Endes außer Stammgästen, die sich vielleicht sogar in Bild und Ton auf der DVD wiederfinden, seine Freude an dieser Dokumentation haben will. Weder als, hm, kulturgeschichtlicher Abriß über die „Szene“ an sich noch als Musik-Doku gibt „Rider’s Classic“ dem breiten Publikum irgendetwas denk- oder erinnerungswürdiges mit auf den Weg. Zu empfehlen nur für Lübecker mit persönlicher Verbindung mit dem Club – und selbst für die wird’s wohl etwas zu dröge sein.

1/5
(c) 2006 Dr. Acula


mm
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