Revolte im Frauengefängnis

 
  • Deutscher Titel: Revolte im Frauengefängnis
  • Original-Titel: Prigione di donne
  • Alternative Titel: Riot in a Women's Prison | Women's Prison |
  • Regie: Brunello Rondi
  • Land: Italien
  • Jahr: 1974
  • Darsteller:

    Martine (Martine Brochard)
    Marilù Tolo
    Erna Schürer
    Katia Christine
    Cristina Galbó
    Aliza Adar


Vorwort

Jaja, ich hör´ Euch klagen, schon wieder ein Frauenknastfilm. Es ist halt einfach ein Sujet, über das man(n) sich immer wieder trefflich amüsieren kann – und ist man dann obendies noch Trashfan, kann man mit dem durchschnittlichen WIP-Fetzer ja nicht so viel falsch machen.

Neulich lief mir auf ebay mal wieder ein bislang unbekanntes Exemplar dieser Gattung über´n Weg. Ich bin ja immer aufgeschlossen und ersteigerte kurzerhand. Und so polterte mir dann wenig später ein nicht mehr ganz taufrisches, aber grösstenteils noch ansehbares Cassettchen von „Zenit Videö, offensichtlich ein Ableger von VPS für Streifen, die selbst dieser Anbieter nicht mehr guten Gewissens in seinem Normalprogramm unterbringen konnte (und dabei hat VPS so wirklich einigen Schotter unters Volk gebracht), entgegen.

Wie kaum anders zu erwarten, haben wir´s heute mal wieder mit einem Italo-Vertreter des Genres zu tun, allerdings mit einem recht frühen Vertreter der altkontinentalen Schule aus dem Jahre 1974, einer Zeit, in der Jess Franco sich an das Thema herantastete und im fernen Kanada gerade die bekannteste KZ-Direktorin aller Zeiten, Ilsa, ihren ersten Leinwandauftritt absolvierte.

Verantwortlich für Prigione di donne, was selbst Nichtromaniker recht mühelos simpel als „Frauengefängnis“ übersetzen können, ist mit Brunello Rondi ein Regisseur, der von sich behaupten kann, mit Antonioni (Zabriskie Point)und, vor allem, als „Berater“ mit Fedrico Fellini bei dessen cineastischen Meisterwerken La Dolce Vita und 8 1/2 zusammengearbeitet zu haben – gebt´s zu, diese Namen erwartet man nicht unbedingt in einem WIP-Film-Review. Auf die „filmhistorische Bedeutung“ des vorliegenden Krachers gehe ich in der Analyse sicher noch weiter ein, also spanne ich Euch jetzt nicht weiter auf die Folter und schildere erst mal, was sich so abspielt…


Inhalt

Nachdem man den ersten Schock über die (immer wieder im weiteren Filmverlauf eingefiedelte) Titelmusik, die sich wie ein schräger Mix aus dem „Harry Lime Theme“ aus dem Third Man und Wiener Walzer auf Ukulele gespielt anhört, verdaut hat, bekommen wir es mit dem ersten heftigen Anfall von artistic intention zu tun, denn wir bekommen eine Art Parallelmontage serviert. Während einerseits unsere Heldin Martine in einen typischen italienischen Frauenknast eingeliefert wird und die beiden ihr zugeteilten Wärterinnen pflichtbewusst die vaginale und anale Untersuchung des new fish übernehmen (und milde Enttäuschung zur Schau tragen, dass sie nix finden – übrigens überraschend explizit gestaltet, ein Wunder, dass das in der DF drin blieb), erhalten wir quasi gleichzeitig die backstory, wie Martine in den Schlamassel hineingeraten ist.

Ihres Zeichens französische Archäologiestudentin inspiziert sie mit ihrer Freundin Nathalie ein paar altrömische Ruinen in der italienischen Pampa, nur um in eben diesen auf einen Eimer klischeehaftester Hippies zu stossen, die selbstredend Gras rauchen und schlimmere Drogen verwenden und abwechselnd von Buddhas Himmelreich und Begegnungen mit Jesus Christus himself fantasieren. Während Nathalie als anständiges Mädchen sich von den asozialen Elementen fernhält, fühlt sich Martine zu einem auf schwerem Trip befindlichen Hippie hingezogen (der für sie „krank“ aussieht und dem sie helfen möchte???). Just in dieser Sekunde entscheiden sich die italienischen Ordnungskräfte für eine Razzia. Ein Hippiegirl ist geistesgegenwärtig genug, ein Heroinbriefchen in Martins Manteltasche zu deponieren. Martine wird umgehend festgenommen, ebenso das Hippiemädel und ein paar andere Typen, während Nathalie sich als echte Freundin in der Not erweist und erfolgreich Fersengeld gibt.

Martines Unschuldsbeteuerungen wird, wie sich´s gehört, kein Glauben geschenkt und ihr Pflichtverteidiger ist sogar der ungeheuer aufbauenden Ansicht, dass Martine, ändert sie ihre Geschichte nicht in etwas glaubwürdigeres, auf jeden Fall verurteilt werden wird. Martine wird daher ins Untersuchungsgefängnis transportiert, womit wir wieder auf Anfang bzw. beim Thema wären.

Die Zellengenossinen unserer französischen Freundin sind das übliche Assortment: Susanna ist die örtliche Queen Bee, die den Neuankömmling gleich mal Bescheid stösst („runter von dem Hocker!“) und klar macht, dass sie von „französischen Ärschen“ nix hält, weil eben eine solche französische Arschträgerin ihren Göttergatten beglückt habe, wegen einer entsprechenden Kontermassnahme im Knast sei und seit schlappen 10 Monaten auf ihren Prozess warte. Numero Due ist die obligatorische Durchgeknallte namens Gianna, berufsmässige Engelmacherin und eben drum inhaftiert. Dritte im Bunde ist die attraktive Gracia, die sich als „politische Gefangene“ in diesem Knast absolut fehl am Platze fühlt. Ihr Vergehen: sie hatte gegen die Regierung demonstriert (man mag darin ein politisches Statement sehen).

Angesichts der von den Knastologinnen vermittelten Erkenntnis, dass nur einmal in der Woche geduscht werden darf und es sonst nur kaltes Wasser gibt, halten sich die Schnuckis recht pfleglich und sind gut geschminkt. Dann ist auch schon Hofgang angesagt, der allerdings in einen Hoftanz ausartet, denn ein Plattenspieler dudelt irgendeine italienische Volksweise und der ganze Haufen Insassinen gerät ins fröhliche Tarantellaschwofen (das Bemühen um einen gewissen, hüstel, Realismus sei vermerkt: die Knastbesatzung setzt sich nicht ausschliesslich aus hübschen twentysomethings zusammen, sondern es gibt auch eine Batterie älterer Schabracken und Omas), beaufsichtigt von zwei Pinguinen, äh, Nonnen (! Bin ich hier in Sister Act 3?). Susanna erfüllt die notwendigen Klischees und springt Martine zur Seite, als die ein oder andere Mitgefangene zudringlich wird. Gracia tanzt nicht mit, weil die anderen Frauen „vor ihr Angst hätten“, weil sie eben eine „Politische“ sei. Mitten unter den Gefangenen spottet Martine das Hippiemädchen, aber die ist faaaar out und gibt vor, sich an Martine nu absolut überhaupt nicht erinnern zu können (Martine bräuchte ihre Zeugenaussage, um beweisen zu können, dass das gefundene Heroin nicht ihres ist).

Zur allgemeinen Freude wird dann Mutter Ursula, die neue Gefängnisdirektorin, vorgestellt. Yep, this place is ran by penguins! Ich hab ja schon von Klosterschulen gehört, aber Klostergefängnisse?? Ich kenn den italienischen Strafvollzug in den 70ern nun nicht wirklich aus eigener Anschauung, aber die Vorstellung eines nonnendirigierten Knasts ist eher … gewöhnungsbedürftig. Ja, und die Nonnen wissen auch, wie man ein Fass aufmacht, zur Feier des Tages gibt´s „Wermut, Wein und Kuchen für alle“. Hurra! Gracia versucht noch kurz, mit Hilfe der dicken Mutter Brigitta („Santa Brigitta! Ich trage den Namen einer Heiligen!“) das Thema ihrer Einkerkerung anzureissen, blitzt aber ab. Vor das Saufgelage hat der liebe Gott aber bekanntlich das Gebet gesetzt und so wird die ganze Gefangenenblase in die Gefängniskapelle gescheucht. „Wer nicht lateinisch kann, soll so mitbeten,“ wünscht sich Mutter Oberin. Martine verweigert das Gemurmel: „Ich bin evangelisch.“ Susanna fällt unangenehm mit einer recht freien Textinterpretation des Ave Maria auf, die hübsche Isabelle, ehedem Nachtclubtänzerin, bekommt von Gianna eine Kakerlake geschenkt (?) und Gracia lässt sich ausgesprochen unintelligenterweise beim Rauchen erwischen – das macht man jetzt aber im Gottesdienst nun wirklich nicht! Da sie der Entwendung des Glimmstengels ernsthaften Widerstand entgegensetzt, sich ungerecht behandelt fühlt und wild um sich schlägt, verdonnert Mutter Ursula die Gefangene „auf die Pritsche!“ („NEEEIIN! Nicht auf die Pritsche,“ fleht Gracia – hätt´ sie sich mal früher überlegen müssen). Die „Pritsche“ ist ein recht einfaches Bondage-Möbel, nämlich ein Brett mit den gemeinhin üblichen Riemen und Schlaufen zur Fixierung der darauf liegenden Person. Fieserweise soll die Behandlung mehrere Tage dauern (netterweise darf Gracia ihre Klamotten – aus naheliegenden Gründen – gegen einen an notwendiger Stelle offenen Kittel austauschen), damit sie nicht verhungert, legt man ihr ein Stück Brot neben den Kopf, von dem sie nagen kann. Nett.

Ihre Kolleginnen zerbrechen sich den Kopf darüber, warum man Gracia so böse behandelt. Susanna schiebt es auf die schlichte Tatsache des „Politischen“ (angesichts des gesellschaftlichen Klimas in Italien back then dürfte Gracia schlicht eine „linke Socke“ sein), während Gianna theoretisiert, dass es mehr daran liege, dass niemand vom weltlichen Wachpersonal sie „rumgekriegt“ habe. Togal, it´s shower time.

Nudity galore unter der Dusche, beaufsichtigt von einem knapp zwanzigjährigen Jungpinguin mit Gerte (warum dieser Job nicht eher einem Mitglied des Wachpersonals zufällt, ist anyone´s guess). Susanna und Martine reiben sich gegenseitig ein, aber Pingu geht dazwischen und verkündet die „Nicht anfassen“-Regel, die aber scheinbar nur für Susanna und Martine gilt, denn die anderen Maidis betatschen sich nach Herzenslust. Und ein Girl geht völlig aus sich raus und masturbiert mit einem Stück Seife, dass sich die Balken biegen und die übrigen Mädel in spontanen Applaus ausbrechen. Nach erreichtem Höhepunkt quält das Girl allerdings die Gewissensnot und sie fällt dem Jungpingu vor die Füsse: „Bestrafen sie mich!“ (Sitten wie im alten Rom…).

Des Nächtens wird auf dem Gang geschrieen – einer Gefangene, der man nach einer illegalen Abtreibung weitere medizinische Behandlung verweigert hat, geht´s dreckig, sie wird auf die Krankenstation gebracht. Das Am-Spiess-Geplärre macht unbegreiflicherweise Martine geil, denn jetzt greift sie in der heimischen Zelle zu selbstbefriedigenden Massnahmen.

Irgendwann später, im Speisesaal, wo selbstredend vor dem Mampf das Tischgebet kommt. Gracia wird zurückgebracht, gibt sich zunächst schweigsam, um dann aber Schwung in die Bude zu bringen – sie wirft eine Maus, mit der sie sich angefreundet hat, unters Volk (oder zumindest ein halbwgs felliges Requisit) mit gar hilariösen Folgen, denn naturellement geraten 80 % der Gefangenen in helle Panik (sind halt doch Frauen, gelle). Im Zuge des ausbrechenden Chaos landet die arme Maus im Suppentopf. Mutter Ursula entert grummelnd ob der Ausschweifungen (Susanna und Gracia legen eine kesse Sohle auf den Tisch) das Areal und begehrt Aufklärung (und zwar nicht über Blumen und Bienen). Susanna beschwert sich clevererweise über den Schweinefrass und bringt Ursula so dazu, die Maus-Suppe zu allgemeinen Lachkrämpfen der Gefangenen zu probieren.

Beim nächsten Hofgang macht sich Susanna einen Spass daraus, einen angeblich sadistischen Wärter (wie es sie in jedem Knast bekanntlich gibt) zu ärgern – sie präsentiert sich bzw. ihre Möpse in einer Showeinlage und der Wärter, pardon my french, holt sich dazu unter der Uniformhose einen runter („Warum quälst du ihn so?“ fragt Martine ihre Freundin – ich weiss nicht, wie´s euch geht, ich kenn Quälenderes…). Die Tatsache, dass der Herr Wärter sich einen Satz Uniform versaut (spüre ich einen leichten Masturbations-Fetisch bei Herrn Rondi?), führt wieder zu viel Freude unter den Gefangenen und einer spontanen Strip-Einlage von Isabella. Kaum ist sie allerdings nude, bricht sie heulend zusammen und muss von Martine getröstet werden (?). Die Mitgefangenen fordern einen sofortigen Catfight von Martine und Isabelle, werden aber abschlägig beschieden.

Neben zahllosen Gelegenheiten für sexuelle Spielchen und Tanzeinlagen beschert das Freizeitprogramm der mediterranen Strafanstalt seinen Insassinen auch einen Kinoabend. Die Pinguine haben allerdings die Filmauswahl in der Hand und so dürfen die Mädels eine Art Reise- oder Forschungsdokumentation über die Südsee o.ä. betrachten. Der Anblick von Ozean und Weite führt erst zu Begeisterung im Publikum, nach zweimaligem Nachdenken allerdings zu offener Feindseligkeit. „Ich will unter Menschen leben,“ brüllt Susanna und als Zellenkumpanin wäre ich jetzt echt beleidigt. Die eh schon brisante Stimmung wird durch die Nachricht, dass die Frau auf der Krankenstation dank nicht herbeigeholter ärztlicher Hilfe den Löffel gereicht hat, nicht verbessert, nö, im Gegentum, jetzt bricht ein amtlicher Aufstand los (jaja, „there´s a riot goin´ on in cellblock no. 9“). Während die Wärterinnen, da ordentlich outnumbered, nach Erhalt einer Tracht Prügel das Weite suchen, geht´s den Pinguinen, und ganz speziell dem Jung-Pinguin sprichwörtlich an die Wäsche. Die Gottesbraut wird nackt ausgezogen, verspottet und nach einem kurzen Spiessrutenlaufe heulend in den Pingu-Stall geschickt. Der Aufstand tobt durch den ganzen Knast, Martine nutzt die Aufregung, um sich dem wiederentdeckten Hippiegirl zu widmen, sie in eine Zelle zu schubsen, um dort ein Geständnis aus ihr rauszuprügeln. Susanna, Gianna und Gracia stürmen das Verwaltungsbüro und verbrennen die Akten (in dem Irrglauben, damit ihre kriminelle Vergangenheit auslöschen zu können). Gracia ruft aus purem Jux & Tollerei beim Premierminister an. In der Haupthalle des Knasts brennt ein Freudenfeuer, die Insassinen tanzen (what else) wie bei einer Walpurgisnacht drum rum und Martine bricht in schallendes Gelächter aus.

Gut, den Knast haben die Schnuckis nunmehr mehr oder minder unter Kontrolle, aber „FREIHEIT“, wie sie laut über die Gänge brüllen, sieht nun doch noch etwas anders aus. Gracia, als politische Agitatorin zuständig für die Denkarbeit, beordert die Rebellinen aufs Dach, denn vor den Toren stehen sicherlich schon die „Reformer“, um die Aufständischen zu unterstützen. Tja, die Linke war immer schon etwas naiv… (bevor jemand dumm fragt: ich bin links…). Immerhin scheint sich der Aufstand schon soweit rumgesprochen zu haben, dass auf dem Gebäudedach gegenüber ein Fernsehteam postiert ist und filmt, was sich im Knast so zuträgt. Die Miezen brüllen ihre Forderungen („wir verhandeln nur mit dem Premierminister“), aber die Staatsmacht schlägt zurück. Eine Kompanie Ordnungshüter stürmt das Gefängnis und eine mehrminüte Prügelorgie schliesst sich an. Die Aufständischen wehren sich verbissen und mit Händen & Füssen, aber die Ordnungsmacht gewinnt die Oberhand. Gracia greift zum letzten Mittel, klettert eine auf eine Kuppel und droht, sich hinunterzustürzen, wenn sich die Bullen nicht zurückziehen. Tun sie selbstredend nicht und nach ein wenig Hin und Her poltert Gracia (bzw. ein nicht wirklich überzeugender Dummy thereof) gen Betonboden und klatscht hin. Die Mammas der Gefängnisbesatzung leisten sofortige südländische Trauerarbeit.

Diverse Gefangene, als Rädelsführerinnen der Palastrevolte ausgemacht, werden in ein anderes Gefängnis verlegt, u.a. Susanna, Martine, Gianna, Isabella und ein paar andere Girlies (eins davon, weil sie im Zuge der Revolte einen Polizisten entleibt hat). Susanna plagen dark forebodings und klammert sich an die vermeintliche, jedoch tatsächlich schon reichlich erkaltete Liebe ihres Gemahls. Der neue Knast entpuppt sich ganz gemäss Susannas Erwartungen als Inselfestung, ebenfalls unter der Fuchtel von Nonnen. Mit dem Spass isses hier vorbei, hier ist Arbeit angesagt und so dürfen unsere Freundinnen Kofferanhänger oder sowas ähnliches zusammenkleben. Die Grupo um Susanna wird eines Tages beim Hofgang, mehr so was wie ein „Zinnengang“ angewidert Zeuge, wie der Gefängisdirektor (hm, also was nu, Nonnen oder Weltliche?) seinen Foxterrier Diabolo verhätschelt, fotografiert & abschmatzt. Susanna fasst den Plan, den Köter in den Hundehimmel zu befördern.

Tierfreunde erst beim nächsten Absatz weiterlesen bitte. Martine plagen zwar Gewissensbisse ob der beabsichtigten Tat, aber Susanna duldet keine Rückzieher. Getarnt als freiwilliges Toilettenputzkommando geht´s ans Werk. Irgendwoher haben die Mädels ein Seil improvisiert und eine Schlinge gefertigt, letztere dekoriert mit ein paar saftigen Fleischstückchen. Die Schlinge wird aus dem Klofenster geworfen und der Wauwau ist natürlich dämlich genug, beim Verspeisen der Leckerlis seinen Kopf in die Schlinge zu stecken. Martine und Susanna ziehen an und so baumelt der Hund bald vor sich hin (unappetitlicherweise hat man diese Szenen mit einem echten Hund gedreht – zwar wurde der arme Tierstatist wohl nicht wirklich gehängt, aber gewürgt ganz sicher…).

Erstaunlicherweise hat dieser tiermordende Vorfall für niemanden Konsequenzen, bzw. er wird nie wieder erwähnt (wobei es doch auch nur des Zusammenzählens von 2 +2 bedürfte, um aus den Tatsachen „Hund hängt am Klofenster“ und „Freiwillige putzen die Toiletten“ die Täterinnen zu ermitteln… zumindest für denkende Individuen). Die Zeit vergeht und besonders Gianna und Martine plagt ein kombinierter Knast- und Inselkoller. Susanna hat was gegen schlechte Stimmung in der Zelle und stellt fest, dass man ja wohl trotz Einknastelung auf einem Eiland Spass haben könne und ruft eine sofortige Orgie aus. Sprich: für die nächsten Minuten schieben sich diverse weibliche Körper in verschiedenen Stadien der Entkleidung übereinander, „künstlerisch“ verwoben mit Aufnahmen der malerischen Brandung.

More time passes (vermutlich) by, unsere Gefangenen kleben wieder ihre Aufhänger, da klingelt die Gefängnisglocke und jede Insassin weiss, das ist das Zeichen, dass eine der ihren freigelassen wird. Gianna macht sich Hoffnungen, aber irgendwie spürt Martine, dass das Signal sie betrifft. Und so ist es auch. „Mangels hinreichendem Tatverdacht“, wie uns freundlicherweise vom Narrator erzählt wird, darf die Französin sich auf die Heimreise machen. „Vergiss uns nicht,“ bittet Susanna die Freundin, nachdem die Mitgefangenen zunächst nicht wirklich emotional überwältigt sind. Während des Fusswegs auf dem (natürlich malerischen) Pfad zur Fähre, die sie in die Zivilisation zurückbringen wird, durchlebt sie noch ein paar Flashbacks, besonders zu Gracia und ihrer Demise, und dann ist der Film auch schon aus.
Bewertung

S chon aufgrund seines Entstehungsdatums und seiner Eigenschaft als recht früher Vertreter des Italo-WIP-Sleaze drängen sich Vergleiche mit dem frühen US-WIP-Sleazer Woman_in_Cages förmlich auf. Das Genre „Frauengefängnis“ ist vielleicht nicht ganz so alt wie der Gedanke des belichteten Filmmaterials selbst, aber doch zumindest bis in die 30er Jahre zurückverfolgbar – bis Anfang der 70er – mit wenigen Ausreissern – spielte sich das Knasttreiben aber in den eher züchtigen Regionen des puren Dramas ab, ehe der allgemeine Trend zu mehr Sex und Gewalt in B-Filmen zum logischen Schluss kam, das Optimum müsse dann wohl Sex und Gewalt in einem Frauenknast sein.

Es ist ganz interessant zu beobachten, welche unterschiedlichen Entwicklungen der US-WIP-Film und sein europäisches Widerpart nahmen. Die Amerikaner langten mit Woman in Cages gleich voll hin – Exploitation pur, ein Sleaze-Faktor, den der amerikanische Frauenknastfilm nie wieder erreichte, trotz aller Bemühungen von Cirio H. Santiago. Kein Streifen war derart nasty wie dieser erste „grosse“ Klassiker des Genres. Nach Woman in Cages wurde der Sleaze- und Exploitation-Gehalt peu-a-peu heruntergefahren, die US-Producer versuchten, mehr Action und gelegentlich Humor in ihren Plotten unterzubringen. Die Europäer gingen eindeutig den umgekehrten Weg. Ein Film wie Prigio di donne macht das deutlich – in Brunello Rondis Streifen steht, trotz erster Exploitation-Eskapaden, noch der Realismus im Vordergrund. Die Charaktere erfüllen zwar die etablierten Klischees, aber sind nicht überzeichnet, keine eindimensionalen Cartoon-Figuren, sondern vergleichsweise glaubhafte Gestalten. Bis zu einem gewissen Grad funktioniert Prigio di donne sogar als Politfilm bzw. Kritik am italienischen Justizsystem und verteilt deutliche Seitenhiebe bezüglich grundlosem Festhalten in Untersuchungshaft, offenkundiger Schikanierung von linksgerichteten Politaktivisten und auf eigenen Vorteil bedachten Justiz-Dienern wie dem schmierigen Pflichtverteidiger. Auch das brutale Niederknüppeln des Aufstands kann man durchaus als Parabel auf gesellschaftliche Zustände ansehen.

Zwar kommt auch dieser Film nicht ohne einige Standards aus dem WIP-Filmbaukasten aus – die obligatorische Duschszene darf nicht fehlen, ebensowenig lesbische Sexualencounter und Foltermethoden, doch hier verkommen sie (noch) nicht (vollständig) zum Selbstzweck – so ist z.B. die anfängliche Untersuchung, die Martine über sich ergehen lassen muss, zwar recht explizit, aber absolut unvoyeuristisch gestaltet. Man stelle sich vor, wie ein Joe D´Amato eine solche Szene realisiert hätte. Bei Brunello Rondi ist sie eher … unangenehm.

Interessant auch, dass die hiesige Interpretation der „Heldin“ sich deutlich von den später gängigen Konventionen unterscheidet. Martine ist weniger aktiv Betroffene als mehr passive Beobachterin der Ereignisse, um´s in Abwandlung des DSF-Slogans zu sagen, „nur dabei statt mittendrin“.

Man verstehe mich nicht falsch – ich hab´ keineswegs vor, Prigione di donne in den Rang eines klassischen politischen Anti-Establishment-Triumph umzuwandeln, es ist nach wie vor ein Exploitation-Film, allerdings ein offensichtlich engagierter und ganz bestimmt sehr ernsthafter Vertreter seines Fachs. Hält man sich dann vor Augen, wie besonders der italienische WIP-Film in der Folgezeit seine Konzentration praktisch nur noch auf ständige Erhöhung des Sleaze- und Nastiness-Faktors richtete (mit den zweifelhaften Höhepunkten von Joe D´Amato im Rahmen der Black-Emmanuelle-Serie, für die ironischerweise auch Rondi ein Kapital ablieferte: Emmanuelle in Egypt), ist das fast schon ein Ritterschlag.

Gut, das sagt natürlich ein wenig über die Intention des Streifens aus, aber noch nicht viel über Umsetzung, Können der Beteiligten und Unterhaltungswert. Der Reihe nach… ganz massiv krankt Prigione di donne an einem Strukturproblem. Das grosse Set Piece, das Highlight, die Klimax, die grosse Revolte, passiert einfach zu früh im Film. Es gereicht dem Film zum grossen Nachteil, dass er sich nach diesem eigentlich klassischen Showdown noch über 20 Minuten dahinschleppt, in denen nichts wesentliches für die Handlung passiert (ausser dem unappetitlichen Hundemord) und man als Zuschauer eigentlich nur noch darauf wartet, wie die Story halbwegs rund zu Ende gebracht wird (erfreulich allerdings, dass das „Happy End“ diesmal nicht konstruiert daher kommt wie in 99,7 % der Genre-Genossen des Streifens, sondern sicherlich lapidar, dafür aber nachvollziehbar mit der schlichten Freilassung der Heldin begründet wird). Bis zu diesem Bruch funktioniert der Streifen auf einer reinen Tempo-Ebene recht gut, das Schlussdrittel gerät aber zu einer mehr als nur zähen Angelegenheit. Ansonsten ist das Script für Genreverhältnisse nicht übel (wenngleich ich immer noch nicht drüber hinweg bin, dass Pinguine ein Gefängnis führen). Künstlerische Finessen, die man ob der Kumpanenliste des Regisseurs vermuten möchte, sucht man bis auf wenige Ausreisser (die Doppelmontage zu Beginn und die weichgezeichnete Liebesszene gen Ende) vergebens, Rondi mag zwar ein alter Kumpel von Fellini gewesen sein, aber (gottseidank?) kein gelehriger Schüler. Technisch gesehen hat der Streifen allerdings keine offenkundigen Schwächen, abgesehen von dem ein oder anderen billig wirkenden Set und einer nervigen musikalischen Untermalung (des Hauskomponisten von Antonioni, I leave that up to you).

Schauspielerisch wird für italienische Verhältnisse fast schon überdurchschnittliches geboten. Martine Brochard zieht sich ganz gut aus der Affäre, ihre Co-Stars (die wiedermal unübersichtliche Credit-Situation hindert mich an genauerer Zuordnung), allesamt durch die harte Schule der üblichen Sandalenfilme und Italowestern gegangen erweisen sich als routiniert genug, um ihre Rollengestalten auch ohne übertriebenen Background über die Zeit zu retten.

Und der Exploitation-Faktor nun selbst? Tja, sicher kein Vergleich zu späteren Auswüchsen des Genres, aber wir haben: jede Menge Nudity, verschiedene Szenen der Demütigung, eine Bondage-Szene und eine grosse lesbische Liebesszene (plus der erwähnte ermordete Köter). Für uns schundgestählte Bewohner des 21. Jahrhunderts ist da sicherlich nichts bahn- oder tabubrechend Spektakuläres dabei, aber es passiert genug, um auch den genreerfahrenen Vielseher wenn nicht wirklich zu unterhalten (dafür ist das Treiben zu ernsthaft), aber doch zumindest bei der Stange zu halten. Ähnlich wie im ´76er-US-TV-Film Nightmare_in_Badham_County, wenngleich weniger gelungen, versucht Prigione di donne ein eigentlich der eher klassisch-dramatischen Interpretation des Frauengefängnisfilms „verbundenes“ Script durch die Exploitation-Passagen zu unterstreichen.

Prigione di donne ist, das hat sich sicherlich aus den bisherigen Ausführungen ergeben, nicht die Sleaze-Granate für die angeheiterte Herrenrunde, weil, wie mehrfach gesagt, der Film von einer steten Ernsthaftigkeit durchzogen ist (als hätten die Produzenten und Regisseur Rondi tatsächlich geglaubt, sie würden ein echtes politisches Statement setzen), dennoch sollten WIP-Sammler den Streifen auf ihre Einkaufsliste setzen: weniger aus Gründen enormen Exploitationwerts, sondern aufgrund seines „filmhistorischen“ Kontexts innerhalb des Genres, denn es ist ein rares Beispiel dafür, dass die Italiener doch durchaus einen weniger sleazigen Frauenknastfilm als die Yankees runterkurbeln konnten – eine „Fähigkeit“, die ihnen allerdings sehr schnell wieder abgehen sollte (yikes, das waren gleich zwei Zweideutigkeiten in einem Satz… mannomann).

Sammler: Auch wenn im Internet Laufzeiten von bis zu 95 Minuten angegeben werden, die mit 83 Minuten angegebene deutsche Fassung ist nach italienischen Internet-Ressourcen, und die sollten es eigentlich wissen, uncut. Wer also eines der Zenit-Videos erwischt, braucht nicht auf teure Kopien aus USA auszuweichen, denn eine aktuelle autorisierte Videoveröffentlichung des Streifens gibt es derzeit nicht.

(c) 2004 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 6

BIER-Skala: 5


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