- Deutscher Titel: Daimajin - Frankensteins Monster kehrt zurück
- Original-Titel: Daimajin Ikaru
- Alternative Titel: Return of the Giant Majin | Wrath of Daimajin |
- Regie: Kenji Misumi
- Land: Japan
- Jahr: 1966
- Darsteller:
Kojiro Hongo (Lord Juro), Shijo Fujimara (Lady Sayuri), Taro Marui, Takashi Kanda, Jutaro Hojo, Riki Hashimoto (Daimajin)
Vorwort
Die japanischen Kleinstaaten Chigusa und Nagoshi sind dank eines günstig gelegenen Sees und dem auf einer Insel in selbigem residierenden Gott in uns bereits hinlänglich bekannter Steinstatuenform wohlhabend und friedlich, seine Bewohner glücklich und zufrieden. Den Nachbarn vom Mikoshiba-Clan, die das Schicksal damit gestraft hat, über eine bergige Ödlandschaft mit nur wenigen fruchtbaren Schollen zu gebieten, geht der Reichtum auf der anderen Seite der Berge verständlicherweise persönlich auf den Senkel, zumal, wer’s von der einfachen Bevölkerung auch irgendwie schaffen kann, nach Möglichkeit versucht, sich ins schöne Chigusa abzusetzen. Jedenfalls hat Lord Danjo Mikoshiba die Faxen nun endgültig dicke – da sich die befreundeten (und wohl auch miteinander nicht ganz unverwandten) Nagoshi- und Chigusa-Clans zwecks allgemeiner Festivität und gemeinsamer Götteranbetung treffen, wäre das doch ein idealer Zeitpunt, Nägel mit Köpfen zu machen und Chigusa anzugreifen.
Gesagt, getan und mit einer leichten Abwandlung des guten alten trojanischen Pferd-Tricks (hier sozusagen der japanische Reisballen) stehen den Invasoren die Palasttore offen. Lediglich Lord Juro und seinem getreuen Samurai Hayato gelingt die Flucht durch einen Geheimtunnel.
Der Angriff spricht sich natürlich schnell zur „Götterinsel“ durch und die Nagoshis eilen nach Hause, befürchten sie doch, dass Danjo, jetzt, wo er schon mal unterwegs ist, auch noch dort vorbeischauen wird. Tut er auch, aber eigentlich primär erst mal, um Juro, den er dort vermutet, aufzuspüren. Lord Nagoshi ist einer von der passiv-resistance-Sorte, wird dafür gekillt, verbietet aber vor dem Dahinscheiden den Seinen noch den Kampf (augenscheinlich weil er weiß, dass seine Samurai, vom friedlichen Leben verweichlicht, derbe sucken).
Danjo setzt einen Statthalter in Nagoshi ein, nimmt den Junior-Lord Kateshiga als Geisel und gibt, wo er schon dabei ist, den Befehl, die Götterstatue zu sprengen. Trotz der Proteste von Nagoshi-Tochter Sayuri wird dies in die Tat umgesetzt – und gelingt!
Sayuri beschließt, mit einem Getreuen auf der Götterinsel zu bleiben und um himmlischen Beistand zu flehen. Zunächst mal kommt allerdings Juro und der schmiedet gleich Pläne – wenn es ihm gelingt, Danjo aus dem Palast von Chigusa zu entführen, könnte man ja einen g’schmeidigen Austausch vornehmen. Klappt aber leider nur beinahe – und am Ende vom Tag hat Danjo seine gesamte Opposition exekutionsfertig in der Hand. Und Sayuri soll auf dem Weg in die nächste Welt voranschreiten, sie soll gleichzeitig gekreuzigt UND verbrannt werden. Da hat der Gott dann jetzt doch ein-zwei Worte mitzureden…
Inhalt
Eins ist schon mal klar – der zweite Streich aus Daeieis „Daimajin“-Trilogie ist streng genommen kein Sequel. Angesichts des recht endgültigen Schlusses des ersten Films ist es auch nicht besonders unverständlich, dass Herrn Tetsuro Yoshida, der sich erneut hinter die Schreibmaschine klemmte, kein direkter Anknüpfungspunkt für den zweiten Film einfiel und er statt dessen eben einfach eine völlig neue Geschichte, in der rein zufällig wieder eine Daimajin-Statue vorkommt, erdachte.
Allerdings ist noch was anderes klar – die Daimajin-Mythologie (oder gerade der Mangel an einer wirklich ausformulierten solchen) limitiert die Möglichkeiten, die sich einem Autoren bieten, und so ist „Return of Daimajin“ wenn schon nicht im direkten Bezug auf die handelnden Figuren und Situationen, dann aber „in spirit“ fast eine Art Remake des ersten Films. Wieder haben wir einen bösen Warlord, der friedliebende Bauern (und deren ebenso friedliebenden eigenen Fürsten) knechtet, wieder haben wir den steinernen Gott, dessen Kräfte vom Bösewicht nicht ernst genommen werden und den er zu vernichten beabsichtigt, wieder haben wir einen edlen jungen Helden, dessen aufrechter Kampf im Sinne der Gerechtigkeit (primär durch eigene Doofheit) vergeblich bleibt und Das Mädchen
Wo Samanosuke im ersten Film „nur“ sein eigenes Fürstentum versklavte, hat’s Mikoshiba gleich auf zwei Nachbarreiche abgesehen, wo Samanosuke bei aller Grausamkeit und Brutalität ein vergleichsweise zurückhaltender Schurke war, ist Mikoshiba ein schon deutlich in Richtung Cartoon-villain linsender „muwaha“-ender Klischeebösewicht, wo „Daimajin“ es zumindest möglich machte, seine religiöse Symbolik christlich zu interpretieren, lässt „Return“ dem Zuschauer da überhaupt keine Wahl mehr… Ich könnte ja beinahe noch als „Zufall“ akzeptieren, dass Yoshida Sayuri per auf einen Scheiterhaufen gepropftes Kruzifix zur Doppel-Märtyerin machen will (also quasi Jesus und Jeanne D’Arc in Personalunion) – selbst wenn sie dabei noch „ich-gebe-mein-Leben-in-deine-Hand-Gott“-Platitüden von sich geben darf -, wenn aber einen Umschnitt weiter, wenn der Daimajin *endlich* auftritt (dazu gleich noch mehr), der sich dadurch bemerkbar macht, dass er „das Meer“ (bzw. „den See“) teilt, als wäre er Charlton Heston in „Die zehn Gebote“, und weitere judaisch-christliche Ikonographie verwendet, dann ist das schon alles ein bisschen viel auf einmal, um schierer „happenstance“ zu sein.
Nicht, dass ich damit wirklich ein persönliches Problem habe (dass die „Daimajin“-Filme nun mal einen starken Hang ins spirituell-religiöse haben, ist mir in der Tat schon aufgefallen, auch wenn es auch nach meiner weiteren Recherche kein spezielles mythologisches Vorbild für den Majin gibt. Der Shintoismus kennt als „kami“ zwar durchaus übernatürliche Wesen, fasst unter dem Begriff aber vom sprichwörtlichen Waldgeist bis hin zur personifizierten Gottheit, wie wir sie hier vor uns haben, alles zusammen), aber Yoshidas Versuch, den scope zu verbreitern, alles ein bisschen größer und dramatischer zu machen, untergräbt die getragen-düstere Stimmung, die auch „Return of Daimajin“ eigentlich schon gern verbreiten würde.
Wobei – vielleicht lag’s nicht (allein) an Yoshida (obwohl die Charaktere *noch* eindimensionaler sind als im Vorgänger), sondern auch an Regisseur Kenji Misumi, denn der ist nun wirklich ein passionierter Schwertkampf-Actionfilm-Macher, der nicht nur etliche der „Zatoichi“-Filme inszenierte, sondern auch für die „Lone Wolf and Cub“-Serie verantwortlich zeichnet – kein wirklich großes Wunder, dass Misumi nicht nur ein deutlich brüskeres Pacing anschlägt (mit 79 Minuten inkl. Vorspann kratzt der Streifen wirklich am unteren Ende der „abendfüllend“-Skala), der Part bis zum aktiven Eingreifen des Daimajin wird von ihm deutlich erkennbar weniger als pathoserfülltes Drama wie der Vorgänger (auch wenn es natürlich pathoserfüllte dramatische Momente gibt, wie beim Ableben des Nagoshi-Chefs, der nach der Zufügung der tödlichen Wunde durch Danjo eine der längeren „letzte-Worte“-Abschiedsrede hält), denn als launigen Abenteuer-/Actionfilm, in dem alles etwas weniger Gravitas mit sich trägt als im so gelungen schleppend-düsteren ersten Film.
Was den Daimajin angeht, so täuschen Misumi und Yoshida einen frühen Auftritt des Grummeligen Grünen an – im ersten Film machte er sich ja bemerkbar, als die Schergen des Bösewichts die Statue zu zerstören trachteten (was dort den Finalakt einläutete), das geschieht hier schon zum Beginn des Mittelakts; doch überraschenderweise gelingt die Zerstörung – und in Konsequenz ist der Daimajin-Auftritt dann wieder „nur“ das absolute Finale (und sogar kürzer als im ersten Film) und wirkt, bis auf den inspirierten Moses-Shot, beinahe ein bisschen wie ein nachrangiger Gedanke. Auch die FX machen einen etwas weniger eleganten Eindruck (viel Rückprojektion, ein paar Perspektiv-Shots [beide Mittel kommen bei der Meeresteilung zum Einsatz, funktionierend da aber ganz gut], überschaubare Gebäude-Destruktion), auch wenn man offensichtlich ein „lifesize“-Hand-Prop gebaut hat. Ebenso ist das Monster im zweiten Film ein reines „Heldenmonster“ ohne die Ambivalenz des ersten Films (in dem es sich ja, bis „Das Mädchen
Auf der Plus-Seite gibt’s wieder einiges an hervorragender Kameraarbeit, Bild- und Farbkompositionen zum Dahinschmelzen (Sayuris Fächertanz!), eine detailversessene Ausstattung und einen ausgezeichneten Ifukube-Score. Die graphische Gewaltdarstellung wird, trotz eines reichhaltigen Bodycounts, etwas zurückgefahren.
Für mich als Nichtkenner des japanischen Samuraikinos der 60er Jahre ist die Credit-Situation ziemlich unglücklich – mehr als zwei Zuordnungen Rolle->Schauspieler hat die IMDb nicht zu bieten (den Suit-Akteur für den Majin bereits abgerechnet). Untypischerweise spielt die Hauptrolle mit Kojiro Hongo jemand, der nicht in tausendölfzig „Zatoichi“-Filmen dabei war – vielmehr dürfte sein größter Ruhmesclaim vor „Return of Daimajin“ die zweifache Darstellung des legendären japanischen Judomeisters „Sugata Sanshiro“ (dem auch ein junger Kurosawa ein filmisches Denkmal setzte) gewesen sein. In der Folge entwickelte er sich zu eine von Daeieis go-to-guys für die Gamera-Reihe; dreimal amtierte er in der Gamera-Showa-Reihe, 1995 wurde er auch für Gamera – Guardian of the Universe reaktiviert. In zwei Gangsterfilmen („Tokyo Mafia“ nebst Sequel) amtierte er etwa zur gleichen Zeit neben Riki Takeuchi.
Die weibliche Hauptrolle spielt Shiho Fujimura, die nicht dem typischen „mondgesichtigen“ Schönheitsideal klassischer japanischer Filme entspricht (was sie für Langnasen attraktiver machen dürfte). Sie legte einige längere Pausen in ihrer Karriere ein, hat aber seit Anfang der 90er wieder regelmäßige Auftritte in Film und TV, allerdings nach meinem Dafürhalten nichts, was es auch auf diese Seite des Globus geschafft hätte (mit Ausnahme einer Nebenrolle in Shinya Tsukamotos J-Horror „Gemini“, hierzulande als „Tödlicher Zwilling“ gelaufen).
Beide Leads agieren im Rahmen der begrenzten Möglichkeiten, die ihnen das Drehbuch liefert, durchaus achtbar, wobei gerade Hongo einen recht schneidigen (if erfolglosen) Helden abgibt und Fujimora die ätherisch-religiöse Priester-Prinzessin ebenfalls klaglos verkörpert.
In weiteren Rollen amtieren Taro Marui („Gamera gegen Gaos“), Takashi Kanda („Invasion of the Neptune Men“, „Prince of Space“) und Jutaro Hojo („Giant Monster Gamera“, „Gamera vs. Baragon“).
Bildqualität: Die Mill-Creek-BluRay bringt auch den zweiten Teil in einem schönen 2.35:1-Widescreen-Print auf den Fernsehschirm. Die Qualität ist leicht schwankend (besonders die Monster-Rampage am Ende fällt gegen den wunderschönen Auftakt ein wenig ab), aber für einen knapp 50 Jahre alten, nahezu vergessenen Monsterfilm mehr als nur okay (zudem für den Preis…).
Tonqualität: Auch hier japanischer O-Ton und alte amerikanische Synchronfassung (DTS-HD 2.0) mit optionalen englischen Untertiteln. Fetzt einem nicht die Ohren weg, ist aber absolut brauchbar (bezieht sich auf den O-Ton).
Extras: Auch zu diesem Film hat das BluRay-Set den Originaltrailer auf Lager. Dazu kommt, wie im Daimajin-Review bereits erwähnt, das ausführliche Videointerview mit Kameramann Fujiro Morita.
Fazit: „Return of Daimajin“ kommt aufgrund einiger lässlicher Schwächen (dem relativ uninspirierten Wiederaufguss der gleichen plot points und -devices wie im Vorgänger), der etwas weniger aufregenden Schluss-Monster-Sequenz und dem nicht ganz so gut durchgehaltenen düsteren Ton nicht an den ersten Teil heran; dafür ist der Streifen allerdings ein wenig flotter, abseits der Monster-Szenen actionreicher und der diesmal unübersehbar deutliche Griff zu christlicher Symbolik zumindest bemerkenswert. Da ich sowieso dazu raten möchte, das US-Trilogie-BluRay-Set zu kaufen, erübrigt sich eine dezidierte Kauf-oder-nicht-Empfehlung… Als Film an und für sich ist „Return of Daimajin“ nicht dieses Aha-Erlebnis wie der erste Teil, aber immer noch eine aufmerksame Betrachtung wert.
3/5
(c) 2013 Dr. Acula