Resident Evil: Damnation

 
  • Deutscher Titel: Resident Evil: Damnation
  • Original-Titel: Resident Evil: Damnation
  • Alternative Titel: Biohazard: Damnation |
  • Regie: Makoto Kayima
  • Land: Japan
  • Jahr: 2012
  • Darsteller:

    (motion capture/engl. voice): Kevin Dorman/Matthew Mercer (Leon S. Kennedy), Jolene Anderson/Courtenay Taylor (Ada Wong), David Earnest/Dave Wittenberg (Alexander „Sascha“ Kozachenko, „Buddy“), Melinda Lee/Wendee Lee (Svetlana Belikova), Val Tasso (JD), Kirk Thornton/Robin Sachs (Ivan „Ataman“ Judanovich)


Vorwort

Leon S. Kennedy ist mal wieder im Einsatz und ausnahmsweise hat Umbrella damit nichts zu tun (in der Tat ist „Damnation“ der erste Release im gesamten Franchise, in dem das Wort „Umbrella“ nicht mal als englische Vokabel für „Regenschirm“ verwendet wird) – in der „Ostslawischen Republik“, einem der zahlreichen Möchtegern-Nachfolgestaaten der Sowjetunion, tobt ein Bürgerkrieg zwischen Regierungstruppen und einer bunten Bande Separatisten. Wäre normalerweise nicht Leons Spezialgebiet, gäbe es nicht Gerüchte, auf Rebellenseite wären „Monster“ in die Kämpfe verwickelt – was man seitens Leons Vorgesetzten zwanglos mit „bioorganischen Waffen“ übersetzt. Aber noch bevor Leon seinen Kontaktmann treffen kann, blasen die Amerikaner zum spontanen taktischen Rückzug und verlassen fluchtartig das Land. Leon weigert sich, den Einsatz abzubrechen und fällt prompt in die Hände der Rebellen, die, wie er feststellt, tatsächlich mit „B.O.W.s“ arbeiten. Wie kömmts?

Das fragt sich auch die ostslawische Präsidentin Svetlana Belikova und hat sich extra dafür eine Expertin einfliegen lassen. Ada Wong ist allerdings mehr, als Svetlana eingekauft hat – und vor allem nicht die legale Repräsentantin der BSAA. Doch immerhin verrät Ada, dass es in der Tat eine Möglichkeit gibt, B.O.W.s, bisher ob ihrer Unkontrollierbarkeit eher kriegsuntauglich eingeschätzt, für Kampfzwecke zu verwenden – Grundlage hierfür ist ein Parasit namens „Las Plagas“ (siehe „Resident Evil 4“), mit dessen Hilfe es möglich ist, „Master/Slave“-Beziehungen zwischen Trägern des dominanten und des herkömmlichen Parasitentyps herzustellen.

Diese nutzt z.B. auch Rebellenführer Sascha, einstmals unpolitischer Lehrer, der erst nach einem Angriff auf seine Schule, die von der Regierung als Hort terroristischer Umtriebe eingestuft und zerstört wurde (wobei auch seine Verlobte ins Gras biss), radikalisiert wurde und nun einen Generalangriff auf den Präsidentenpalast plant. Leon kann ihn nicht von dem Vorhaben abbringen, also infiltiert er den Palast lieber selbst. Dort macht er zwei überraschende Entdeckungen: erstens Ada Wong (der er offensichtlich irgendwann mal zwischen zwei Spielen, äh, „näher“ gekommen ist), die selbstredend ein eigenes Spiel spielt, und zweitens eine großangelegte Plaga-Kultivierungsstation, letztere errichtet von der verschlagenen Präsidentin, die die Rebellion (wegen reicher Ölvorkommen auf deren Gebiet) endgültig auslöschen will. Da kann Sascha mit seinen B.O.W.s rummetzeln wie er will, um aus der Sache halbwegs am Stück wieder rauszukommen, muss er sich wohl oder übel mit Leon zusammentun…


Inhalt

Der clevere Leser hat’s gemerkt – wir sind mal wieder in dem Paralleluniversum, in dem wir die „Resident Evil“-Live-Action-Filme mit Millaschnucki geflissentlich als nichtexistent betrachten und nur die Games (und den Vorgänger-CGI-Film Resident Evil: Degeneration) als kanonisch ansehen. Was wiederum für mich insofern schlecht ist, als ich immer noch kein einziges Resident-Evil-Spiel gespielt habe (was sich auch vermutlich nicht ändern wird).

Aber schon „Degeneration“ hielt einen Nicht-Gamer als „stand-alone“-Film passabel bei der Stange, ergo war ich ganz guter Dinge, dass auch „Damnation“, naja, nicht unbedingt Sinn ergeben (und so ganz durchschaut, wer eigentlich genau warum was macht und sich was davon verspricht, ist mir auch nach meiner üblichen Post-Film-Recherche nicht so ganz klar), aber den geneigten Exklusiv-FIlmkonsumenten nicht total im Regen stehen lassen würde. War dann auch so (auch wenn einiges an Eigenheiten der diversen Creatures erst durch das Bonusmaterial verständlich wurden).

Das außergewöhnlich clevere Konzept des Films nach Aussage von Regisseur Kamiya und Drehbuchautor Suga (Casshern, „Devil May Cry 4“, „Ghost in the Shell – Stand Alone Complex 2nd GIG“): Leon „durch die Hölle“ schicken. Hatte zwar bislang nicht den Eindruck, seine früheren Abenteuer wären gemütliche Sonntagsspaziergänge im Park gewesen, aber die Herren von Capcom und Sony müssen es ja eigentlich besser wissen. Zumindest verdient sich „Damnation“ einige Originalitätspreise – von Raccoon City ist weit und breit nichts zu sehen, wir befinden uns statt dessen im postsozialistischen Osteuropa aus dem Bilderbuch (und von dem BOW-Einsatz muss man ja keine großen geistigen Sprünge zu den Befürchtungen machen, in den GUS-Nachfolgestaaten würde Schabernack mit übriggebliebenen Sowjet-Nukes getrieben, die seit den frühen 90ern ja immer wieder aufkommen) – ein Osteuropa, das übrigens gut getroffen ist (auch wenn man anmerken könnte, dass man dann gleich Nu Image einen Live-Action-Film in Bulgarien hätte drehen lassen können), Umbrella ist ein Non-Faktor und sogar der T-Virus kommt nur ganz am Rande und über Bande gespielt vor (Präsidentin Svetlana hat einige neuartige Tyrants am Start, und das sind ja T-Virus-Mutanten).

Anstatt also neue Bösartigkeiten aus dem Haus mit dem Regenschirm zu postulieren, versuchen sich Filmemacher an ein paar tiefschürfenden Aussagen zum Thema „des einen Terrorist ist des anderen Freiheitskämpfer“, an denen sich gerade japanische Filmstrategen auch schon mal verhoben haben (gelle, Herr Fukusaku jr.?). Nun, wenigstens ist’s dieses Mal nicht gleich das volle „Taliban sind voll okay“-Programm, sondern allgemeinere Betrachtungen, die sich natürlich trotzdem auf aktuelle Begebenheiten umrechnen lassen – in diesem Falle die Paranoia, die hinter jedem Busch Terroristen wittert und beim Versuch, diese hypothetischen Terroristen zu bekämpfen, durch den angerichteten Kollateralschaden erst Terroristen züchtet und der sicherlich eine Berechtigung als Diskussionsgrundlage hat. Suga und Koyima versuchen über diesen Ansatz eine emotionale Tiefe in ihre Plotte zu bringen – Sascha ist der durch Unrecht zum Unrecht Getriebene, sein Kumpel JD eigentlich völlig unpolitisch (um nicht zu sagen, Fan des American Way of Life), der sich aber den Rebellen angeschlossen hat, schlicht, weil alle seine Freunde auch dabei sind und er sonst keinen Lebensinhalt hat (aus seinem Tod zur Filmmitte versucht „Damnation“ einen großen emotionalen Moment zu setzen, was vielleicht sogar funktioniert hätte, wäre JD bis dahin etwas mehr gewesen als der dringend notwendige odious-comic-relief-Charakter). Wie gesagt, das sind durchaus diskussionswürdige Punkte (insbesondere in Verbindung mit der Tatsache, dass es – ich hätte ja SPOILER gesagt, wenn ich’s nicht oben schon nonchalant ausgeplaudert hätte – auch in diesem Film am Ende des Tages schlicht und ergreifend um’s Öl geht), andererseits – das „Resident Evil“-Franchise ist, auch wenn man mal die völlig plotbefreiten Realfilme ausklammert, jetzt nicht unbedingt das ideale Medium für Imperialismuskritik, weil letzten Endes halt die Zeit fehlt, tiefer in die Materie einzusteigen.

Ja, ich weiß, jetzt macht ein Unterhaltungsfilm mal etwas „anspruchsvolles“ und dann ist es mir auch wieder nicht recht. Ich bin schwer zufriedenzustellen. Aber sei’s drum – es ist ein ganz reizvolles Sujet, weil Leon als Stellvertreter für den Zuschauer ebenfalls lange nicht weiß, was eigentlich Sache ist, wem er trauen kann (eigentlich keinem) und sich nur auf sein Bauchgefühl verlassen darf. Ab und an muss ihm sogar Ada Wong den Hintern retten, dieweil die ihre eigene Agenda verfolgt (für den Non-Gamer ist’s natürlich bedauerlich, dass der Ada-Wong-Subplot, so wie ich das verstehe, direkt in die Story für „Resident Evil 6“, das im Nachspann angetrailert wird, spielt und daher im Film unaufgelöst bleibt. So ist das halt mit crossmedialen Franchises). Die Story vermeidet, wie erwähnt, die simple „Umbrella=böse“-Formel – dafür nehme ich dann auch in Kauf, dass ich ehrlich gesagt nicht völlig durchstiegen habe, wie und vor allem warum die böse Slawenpräsidentin tut, was sie so tut. Im Endeffekt ist die Story, wie sich das bei einem RE-CG-Film gehört, auch nur Mittel zum Zweck, um die verschiedenen Action-set-pieces miteinander zu verbinden.

Und das tut sie in ausreichendem Maße… die Actionszenen sind rasant und packend, egal, ob das nun ein vergleichsweise „zahmer“ Kung-fu-Kampf von Svetlana und Ada ist, fröhliches Kreaturen-Zerballern oder großflächige Zerstörungen beim Kampf mit den Tyrants – es ist solide splattrig-eklig (im FSK-16-Rahmen), das creature design ist schick (die „Licker“, blinde „hundeartige“ Viecher mit offenliegenden Gehirnen, die praktisch nur aus Muskeln und Sehnen bestehen, stechen besonders heraus; überhaupt erfreut, dass die Japaner sich dieses Mal etwas zurückgehalten haben und kein überkandideltes Boss-Monster wie in „Degeneration“ eingebaut haben. Natürlich gibt’s Tentakel, das ist schließlich ein japanischer Film), die virtuellen Sets und Kulissen oft richtiggehend spektakulär und auch die Charakter-Animation kann sich sehen lassen. Ja, speziell bei den weiblichen Charakteren grüßt das uncanny valley immer noch dezent, aber bei manchen Figuren muss man echt überlegen, ob das wirklich CG ist (btw, da „Damnation“ ursprünglich als 3D-Film geplant wurde, gibt’s einige für die plastische Darstellung typische in-your-face-Einstellungen).

Kayima hält das Tempo sehr hoch – das geht freilich zu Lasten der apostrophierten Charakterszenen, die sich weniger schlüssig aus dem Narrativ ergeben denn vielmehr nach Checklisten-„zehn Minuten rum, jetzt müssen wir mal wieder Emotionen reinbringen“-Prinzip eingefügt wirken. Kritisieren darf und muss man zumindest in der englischen Sprachfassung die Dialoge – so wie ich meine Animes kenne, kleben die englischen Lines eng am japanischen Script und, bei aller Freundschaft, so reden Leute nicht, schon gar nicht in Extremsituationen, das ist umständlich, gedrechselt und gekünstelt, but, as said before, das kommt halt daher, weil sich japanischer Sprachausdruck nicht 1:1 auf Englisch oder Deutsch übertragen lässt, Übersetzer es aber immer wieder probieren…

Ein Lob verdienen sich die Actionszenen noch dafür, dass sie zwar rasant gestaltet sind, aber nicht unübersichtlich – wenn man heutzutage in einem Äktschnfuim die Action tatsächlich *sehen* darf und sie nicht nur in einem Feuerwerk aus achthundert Quadrillionen Kameraeinstellungen und Schnitten erahnen kann, ist das eine lobende Erwähnung alle Mal wert, ebenso wie der durchaus packende Score und die ziemlich gute Rocknummer im Abspann.

Die voice actors leisten – ich verbürge mich, wie gesagt, nur für die englischsprachige Variante – unter Berücksichtigung der oft gestelzten Dialoge Achtbares. „Leon“ Matt Mercer spricht die Figur auch in der englischen Version von „Resident Evil 6“, ansonsten ist er auch in den „Gears of War“-, „Halo-“ und „Dead Or Alive“-Franchises tätig, spricht aber auch für Animes wie „Naruto“ oder „Fate/Zero“ und darf im neuesten animierten Marvel-Abenteuer „Iron Man: Rise of Technovore“ Tony Stark spielen. Dort, allerdings als „additional voices“ ist auch „Sacha“ Dave Wittenberg tätig, dessen Organ man auch in „Naruto“, „Yuma & Stitch“, der „Spaceballs“-Trickserie oder „Mass Effect“ hören kann (auf Englisch, versteht sich). Wendee Lees zartes Stimmchen ist ebenfalls in „Naruto“ zu vernehmen, ihr umfangreiches weiteres Resumé umfasst Gassenhauer wie „Digimon“, „Cowboy Bebop“, „Vampire Hunter D“ oder „Power Rangers“, dazu natürlich auch sprichwörtlich hunderte Videospieleinsätze. Val „JD“ Tasso, einziger voice actor, der hier auch sein eigener motion capture-artist ist, filmt auch selbst, macht voice acting, verdingt sich als stand-in bei Großproduktionen und taucht hin und wieder in Bit Parts in Serien auf. Courtenay Taylor ist ebenfalls eine Videospiel-Veteranin, hatte aber auch eine kleine Rolle als Polizistin in Rubber.

Bei den motion-capture-Performern ragt Kevin Dorman heraus, der diesen Job nicht nur in „Real Steel“ oder „Die Legende von Beowulf“ besorgte, sondern in „Avatar“ sogar erkennbar vor der Kamera auftauchte.

Bildqualität: Bei einem aktuellen CG-Film auf BluRay muss man zu dem Thema ja eigentlich nix sagen. Technisch perfekter 1.78:1-Transfer, der keine Wünsche offen lässt.

Tonqualität: An Tonspuren bietet sich die Auswahl zwischen Deutsch, Englisch und Italienisch, jeweils in DTS-HD. Untertitel werden in allen wesentlichen europäischen Idiomen mitgeliefert.

Extras: Als Bonusmaterial findet sich eine kleine „in-character“-Featurette über die diversen Monster und Kreaturen und ein ziemlich ausführliches making-of (japanisch/englisch mit Untertiteln).

Fazit: Ich mochte ja schon „Degeneration“ ganz gerne, aber „Damnation“ ist vielleicht noch ’n Eckchen besser, weil er als stand-alone-Film besser funktioniert – es braucht eigentlich keine Resident-Evil-Grundkenntnisse (gut, ungefähr zu wissen, wer Leon Kennedy und Ada Wong ist, ist kein Nachteil, aber da ihre Beziehungskiste nur angedeutet wird und offensichtlich mehr ein Gutzi an die Hardcore-Fans darstellt als dramaturgisch relevant ist, kann man da leicht mit einem „die kennen sich halt von früher“ drüber hinweggehen) – wenn da nicht das Problem wäre, dass ein wesentlicher Subplot erst im nächsten Spiel der Serie aufgelöst wird. Da die Hauptzielgruppe des Streifens fraglos aber die der Gamer ist (schließlich sind die CG-Filme canon), ist das wohl eine eher hypothetische Frage (ich bin vermutlich einer der wenigen, der sich die CG-Teile reinzieht, ohne die Spiele zu kennen). Sei’s drum – es ist so oder so ein rasanter, splattriger und unterhaltsamer Actionhorrorfilm; von mir aus können Capcom und Sony auf dem Level weitermachen.

4/5
(c) 2013 Dr. Acula


mm
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