Reine Familiensache

 
  • Deutscher Titel: Reine Familiensache
  • Original-Titel: The Thing About My Folks
  •  
  • Regie: Raymond De Felitta
  • Land: USA
  • Jahr: 2005
  • Darsteller:

    Peter Falk (Sam Kleinman), Paul Reiser (Ben Kleinman), Olympia Dukakis (Muriel Kleinman), Elizabeth Perkins (Rachel Kleinman), Mackenzie Connolly (Lilly Kleinman), Lydia Jordan (Mia Kleinman), Ann Dowd (Linda), Claire Beckman (Hillary), Mimi Lieber (Bonnie)


Vorwort

Da kuckt der New Yorker Schreiberling und glückliche Familienvater Ben Kleinman doof aus der Wäsche – eines schönen Abends steht sein Papa Sam auf der Matte und verbreitet die überraschende Kunde, nach 47 Ehejahren von seinem angetrauten Weib verlassen worden zu sein. Begreiflicherweise ist Sam leicht durch den Wind. Ein hastig einberufener telefonischer Familienkriegsrat entscheidet – Bens drei Schwestern hängen sich an die Telefone und versuchen herauszufinden, wohin Mama sich abgesetzt hat, dem investigativ für untauglich befundenen Ben fällt die Aufgabe zu, den alten Herrn auf andere Gedanken zu bringen, z.B. ihn zur geplanten Besichtigung eines zum Kauf vorgesehenen Landhauses mitzunehmen. Bens Begeisterung hält sich im Rahmen, aber er wird überstimmt. In der Tat entwickelt sich die Reise zum Chaos-Trip – Sams Sturheit und Uneinsichigkeit, an Mama Muriels Verschwinden eventuell tatsächlich partiell mitschuldig zu sein, führt geradewegs in einen Autounfall. Den überstehen Vater und Sohn zwar unbeschadet, aber der Ausfall der Kalesche zwingt sich dazu, den Landaufenthalt zu verlängern. Das ist ganz gut so, denn so kann Ben seinem Vater ein-zwei Dinge über Muriel erzählen, die der nicht weiß – so sei sie Zeit ihres Lebens unglücklich gewesen, weil Sam immer nur die Arbeit im Kopf hatte, konsequenterweise wäre Sam deswegen auch ein eher lausiger Vater gewesen. Das bringt Sam auf die Idee, jetzt sofort und auf der Stelle vatertechnisch all das nachzuholen, was er bislang versäumt hatte. Das bringt Sam und Ben in allerhand kuriose Situationen, sie aber auch einander näher – und beide lernen einiges über ihre jeweiligen Ehen…


Inhalt

Glasauge Peter Falk, der ewige „Columbo“, ist endgültig im Reich der Altersrollen angekommen. Gut, auch Meisterdetektive werden nicht jünger… „Reine Familiensache“ (dessen deutscher Titel sich übrigens eher peinlich an die DeNiro/Crystal-Komödie „Reine Nervensache“ anhängt) ist so eine typische rührselig-tragikomische Hollywood-Schmonzette, wie sie so mancher verdienstvolle Alt-Mime im Spätherbst seiner Karriere zu absolvieren hat (Walter Matthaus letzte Rolle in „Aufgelegt!“ fällt mir da beispielsweise als Vergleichswert ein).

Da weiß man, was man als geneigter Zuschauer zu erwarten hat – das Hohelied auf die Ehe und Familie, gespickt mit moralisch erhobenen Zeigefingern bezüglich Liebe, Verständnis, gegenseitiger Rücksichtnahme usw. usf. Been there, done that, und nicht erst einmal. „Reine Familiensache“ bemüht sich wenigstens, wenn schon die „Message“ keine Originalitätsblumentöpfe gewinnt, um eine etwas „andere“ Herangehensweise und kommt quasi als Roadmovie daher. Das ist dann aber schon der Gipfel der Innovation – der ganze Rest ist strictly by the numbers… auf eine genuinly lustige Szene (wenn Sam einen lokalen Tunichtgut beim Pool abzockt) folgt so sicher wie das Amen in der Kirche eine mit „Anspruch“ (unmittelbar nach der Pool-Runde, bei der „Siegesfeier“, macht Ben seinem Dad heftige Vorwürfe bezüglich einer Ehe), das plätschert dann in gemächlichem Erzähltempo in diesem Rhythmus bis zum ziemlich überstürzten Finale (die Schwestern haben auf einmal die Mutter gefunden, ohne dass der Vater-Sohn-Plot wirklich aufgelöst würde), und dass zu guter Letzt ein moralinsaures Happy-End mit Träne im Knopfloch folgt, wird niemanden ernstlich überraschen.

Dass der Streifen letztlich dennoch einigermaßen funktioniert, ist nicht unbedingt der Verdienst des äußerst konventionell agierenden Regisseurs Raymond de Felitta, der sich größtenteils auf point-and-shoot-Style konzentriert und auch seinem Kameramann keine Großtaten abverlangt (abgesehen von einigen eher unnötigen Handkamera-Einlagen), sondern den teilweise recht pfiffigen und pointierten Dialogen – die erfreulicherweise sogar die deutsche Synchro überleben – aus der Feder von Co-Star und Co-Produzent Paul Reiser (auch wenn ich auf einen running-Furz-Gag durchaus hätte verzichten können) und den noch zu würdigenden darstellerischen Leistungen. Filmisch gibt sich „Reine Familiensache“ nicht besonders kinematisch, spielt sich vielmehr eher wie ein biederes TV-Movie, wobei positiv die gelungene Zusammenstellung des Soundtracks zu erwähnen wäre. Eher lässlich sind einige Flashback-Sequenzen, die Sam und Muriel in jungen Jahren zeigen und künstlich auf „alt“ getrimmt wurden.

Es liegt aber letztlich, wie schon angedeutet, an den Schauspielern, die althergebrachte Story zum Leben zu erwecken – vor allem dank eines blendend aufgelegten Peter Falk, der all seinen grantelnden Alterscharme in die Waagschale wirft (und den deutschen Distributor zur Erfindung des mir bislang unbekannten Wortes „verknittert“ veranlasst. Aber was tut man nicht alles für eine fetzige Alliteration? I can relate…). Falk verbindet eine gute Chemistry mit Paul Reiser (Stand-up-Comedian, Co-Star und Entwickler der Helen-Hunt-Sitcom „Mad About You“ und anno 1986 Alien-Futter bei James Cameron) – die Wortgefechte der beiden sind sowohl, wenn sie auf den Lacher hin konzipiert sind als auch in den dramatisch-ernsthaften Momenten große Klasse. In Nebenrollen findet sich Semi-Prominenz wie Elizabeth Perkins („Big“, „The Flintstones“) und Oscar-Preisträgerin Olympia Dukakis (ausgezeichnet 1987 für „Mondsüchtig“), wobei vor allem Dukakis in ihrer von der Screentime her relativ kleinen Rolle viel bewegt.

Bildqualität: Ich bin bekanntlich immer zufrieden, wenn eine Sunfilm-Scheibe bei mir klaglos durchläuft, aber ganz ohne Kritik kann ich den 1.85:1-anamorphen Widescreen-Transfer nicht von der Angel lassen. Während Farben, Kontrast und Kompression durchaus überzeugen können, muss ich leiche Abzüge für die Kantenschärfe vornehmen, die nicht immer ganz auf der Höhe ist. Insgesamt aber noch zufriedenstellend.

Tonqualität: Sunfilm liefert die drei Standardtonspuren – deutsche Sprachfassung in Dolby 5.1 und dts, dazu den englischen O-Ton in Dolby 5.1. Ich hab ausnahmsweise mal in beide Dolby-Tracks reingehört. Dem Filmthema angemessen sind Surround-Orgien nicht zu erwarten, aber beide Tracks sind rauschfrei und schön abgemischt, lassen auch die Filmmusik gut zur Geltung kommen. Die Sprachqualität ist in beiden Fassungen ausgezeichnet. Deutsche Untertitel werden mitgeliefert.

Extras: Über die obligate Trailershow hinaus haben sich nur der „Reine Familiensache“-Trailer sowie Biographien für Peter Falk und Paul Reiser auf die Scheibe verirrt.

Fazit: Dass mir zu diesem Film nicht wahnsinnig viel eingefallen ist, habt Ihr sicher schon bemerkt. Das liegt nicht nur daran, dass Familien-Tragikomödien nicht unbedingt „mein“ Genre sind, sondern auch, weil der Streifen insgesamt wenig bemerkenswert ist. Er gefiel mir insgesamt zwar deutlich besser als der oben in Bezug genommene „Aufgelegt!“, da er tatsächlich ein gerüttelt Maß wirklich lustiger Szenen und, wie erwähnt, ein gut aufgelegtes Hauptdarstellerduo aufzuweisen hat, aber letzlich muss ich sagen – das ist die Sorte Film, für die das Fernsehen erfunden wurde. Kann mans ich anschauen, wenn nichts interessanteres kommt, ohne sich danach tierisch grämen zu müssen, aber eben auch nicht das, was man unbedingt in gepreßter Scheibenform ins Regal stellen müsste. Dafür ist „Reine Familiensache“ eben zu belanglos – und die vertretene 08/15-Hollywood-Moral kennt man halt man schon aus einer Vielzahl ähnlich gelagerter Filme.

2,5/5
(c) 2006 Dr. Acula


mm
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