- Deutscher Titel: Redwing - Flucht vor den schwarzen Droiden
- Original-Titel: Starship
- Alternative Titel: 2084 | Lorca and the Outlaws |
- Regie: Roger Christian
- Land: Australien/Großbritannien
- Jahr: 1984
- Darsteller:
John Tarrant (Lorca), Donogh Rees (Abbie), Ralph Cottrill (Jowitt), Hugh Keays-Byrne (Danny), Deep Roy (Kid), Cassandra Webb (Susie)
Vorwort
Auf dem Planeten Ordessa existiert eine Bergbau-Kolonie der Menschheit. Aufgrund der miesen Arbeitsbedingungen herrscht Unfriede unter den Bergleuten, und eine kleine Widerstandsbewegung, angeführt von den Teenagern Lorca und Abbie, schürt das Feuer ordentlich an. Kein Wunder, dass die Regierung den Militärpolizisten Captain Jowitt und eine Horde der gefürchteten „schwarzen Droiden“ als ausführende Schergen nach Ordessa schickt, um die marxistische Revolution im Keim zu ersticken.
Jowitts Droiden gehen mit äußerster Härte vor, schießen den sich anbahnenden Aufstand zusammen und verhängen anschließend den Ausnahmezustand. Wer sich auf den Straßen rumtreibt, kann auf Sicht erschossen werden. Beim Versuch, ein Rudel Kinder in Sicherheit zu bringen, werden Lorca und Abbie getrennt. Lorca versucht mit dem Nissan-4000-Co-Piloten-Androiden Kid seine Mutter zu finden, doch kann er nur noch zukucken, wie sie an einer Straßensperre von den Droiden erschossen wird. Da der Rückweg in die Siedlung abgeschnitten ist, bleibt ihm und dem Roboter nur, sich zum einstmals abgestürzten Raumschiff seines Vaters in der Wüste durchzuschlagen und zu kucken, ob das, oder wenigstens sein Shuttle, flottgemacht werden kann, um zur Erde abzuhauen.
Während Lorca in der Einsamkeit der Wüste an seinem Schiff bastelt und feststellt, dass ihm die nötige Power (=Energie) für einen Start fehlt und mit Kid heimlich in die Stadt schleicht, um an Batterien ranzukommen, versucht Jowitt, die Kolonie auf Vordermann zu bringen. Allerdings sehen seine Vorgesetzten das relativ engstirnig – sie haben bereits ein Raumschiff mit 600 auf Minenarbeit programmierten Robotern auf den Weg gebracht, die die menschlichen Arbeiter ersetzen sollen. Und was die angeht… nun, niemand legt gesteigerten Wert darauf, dass die zur Erde zurückkehren. Jowitt möge doch bitte ein kleines Massaker unter Freunden anrichten.
Diese Nachricht wird allerdings von Rebellin Susie und Kid, die sich zufällig getroffen haben, als Kid in die Hände einer Droidenpatrouille fiel, aufgeschnappt. Sie informieren Abbie, die mittlerweile die alleinige Führung der Widerstandsgruppe übernommen hat und auf Lorca nicht mehr wirklich gut zu sprechen ist, seit der sich so mirnix-dirnix einfach abgesetzt hat. Man muss sich notgedrungen wieder zusammenraufen. Jowitt hat mittlerweile Danny, einen fiesen Kollaborateur, auf Lorca und Kid angesetzt.
Unsere Rebellen stoßen aber zufällig auf ein Raumschiff, das in der Kolonie rumliegt – die „Redwing“, das Shuttle von Lorcas Vater, das vor 20 Jahren versiegelt wurde, weil seine komplette Besatzung an einer unbekannten Krankheit eingegangen ist. Der Plan: die Redwing flottmachen und gleichzeitig Vorbereitungen treffen, das anfliegende Militärraumschiff bei der Landung in die Luft zu jagen…
Inhalt
Die 80er waren eine gute Zeit für Mid-Budget-SciFi. Nach dem Megaerfolg von „Star Wars“ und Konsorten waren die Studios willig, SF-Stoffe zu greenlighten, an denen sich noch zehn Jahre vorher niemand freiwillig die Finger verbrannt hätte. Es war die Zeit der „Eispiraten“, der „Spacehunter“, „Solarfighters“ und „Jared-Syns“, und auch die der „Redwings“. Nichts davon verdiente sich Klassikeranspruch für die Ewigkeit, aber wer damals aufwuchs, bekam ne ordentliche Portion Science-Fiction-Remmidemmi auch noch im Kino und mit zumindest vernünftigen Darstellern und halbwegs ordentlichen Budgets geboten.
„Redwing – Flucht vor den schwarzen Droiden“, international unter einem ganzen Strauß von Titeln vermarktet („Starship“, „2084“, „Lorca and the Outlaws“), war ein Produkt der aufstrebenden australischen Filmproduktion, die in der Folge von „Mad Max“ und „Road Warrior“ bemerkt hatte, dass man, produzierte man international interessante Themen, tatsächlich auch internationale Erfolge feiern konnte. Als Autor/Regisseur wurde Roger Christian verpflichtet, der durch seine Zusammenarbeit mit George Lucas an der Original-Star-Wars-Trilogie die nötige SF-Expertise mitbringen sollte (Christian hatte als Set Decorator bei Lucas angefangen und arbeitete sich bis zum Assistant Director hoch) – allerdings ist Roger Christian auch der Mann, der die Ober-Total-Mega-Scientology-Gurke „Battlefield Earth“ inszenieren würde. Da darf man dann schon mal Angst bekommen…
In Sachen Story überschlugen sich Christian und sein Co-Writer Matthew Jacobs (Schreiberling des „Doctor Who“-TV-Films mit Paul McGann) nicht gerade kreativ – totalitäre Militär-Regierung gegen freiheitsliebende Rebellen, das ist nun wirklich nichts bahnbrechend Neues. Man kann natürlich sagen, das ist bewährt, erprobt und kaum kaputt zu machen, aber Christian und Jacobs gelingt es von Meisterhand, praktisch alles falsch zu machen, was man selbst bei so einer einfachen Story falsch machen kann.
Zwar ist „Redwing“ durchaus technisch kompetent, bietet ein gerüttelt Maß an Action und solidem Stuntwork und auch die spärlich eingesetzten Visual FX halten durchaus den Mid-80er-Vergleich aus, aber, was hilft’s, wenn einem die Charaktere, pardon my french, komplett am Arsch vorbeigehen? Wir lernen niemanden wirklich kennen, weder bei Gutens (Abbie und Lorca) noch bei Bösheimers (Jowitt), ihre Motivationen sind behauptet, ihre Beziehungen untereinander völlig unterdefiniert – und die zentrale Figur des Films ist erschreckenderweise am Ende Roboterzwerg Kid, der auf der Hitliste von nervenden Roboterfiguren nur ganz knapp hinter Buck Rogers‘ Twiki einsortiert werden muss…
Nun wirt uns Christian direkt in die Action, wofür ich prinzipiell immer verbunden bin (die erste Szene ist das Niederschießen einer von Abbie angeführten Arbeiterdemonstration), aber er holt das „Vorstellen“ der Figuren nie nach – alle Charaktere bleiben bloße Schablonen, die gewisse Rollen, die sie nach Scriptwriting 101 erfüllen müssen, verkörpern, ohne dass wir als Zuschauer jemals einen echten Grund dafür geliefert bekommen, warum wir mit ihnen mitfiebern (oder sie wenigstens hassen) sollen. Große Emotionale Szenen (TM) verfehlen ihre Wirkung, weil sie nicht vorbereitet werden (wenn Lorcas Mutter erschossen wird, sollte uns das theoretisch mitnehmen, tut’s aber nicht, weil wir die Frau nie zu vor gesehen haben und literally zwei Sekunden zuvor erfahren haben, dass sie überhaupt *existiert*), Zeitabläufe werden nie deutlich (alle Figuren verhalten sich so, als wären zwischen Lorcas Flucht in die Wüste und seine Rückkehr mindestens Jahre vergangen, wenn’s doch eigentlich logisch nur ein paar Tage gewesen sein können) und trotz Crash-Boom-Bang-Action stellt sich nie ein wirklicher „sense of urgency“ ein.
Dazu ist „Redwing“ auch visuell „unappealling“ – klar, Bergbaukolonie, das erspart dem geneigten SF-Filmemacher viel Geld, weil man in einer maroden Fabrik und in den schönsten Steinbrüchen Westaustraliens filmen kann, ohne sich viel Mühe um futuristische Gadgets und Sets zu machen, aber es macht den Film wahlweise sehr langweilig (Exteriors) bzw. düster (Interiors).
Bemerkenswert ist zumindest die musikalische Untermalung, die von Genesis-Tastenakrobat Tony Banks verantwortet wurde. Banks entscheidet sich für einen sehr leisen, fast schon minimalistischen Score, der darauf setzt, unauffällig die Stimmung des Films zu unterstützen, ohne sich in den Vordergrund zu drängen. Die musikalischen Pointen setzen zwei Cameos als „Hologrammvideos“ von Peter Gabriel (!) und Toyah mit sehr interessanten Stücken Avantgarde-Pops.
Schauspielerisch werden mal wieder eher dünne Bretter gebohrt. Bekanntester Name im Cast ist „Mad Max“-Regular Hugh Keays-Byrne als Baddy Danny, als Zwergroboter Kid verbirgt sich unter der Maske Deep Roy („Charlie und die Schokoladenfabrik“). Hauptdarsteller John Tarrant, neunzehn Lenze jung, ist sowas wie die charismafreie Sparausgabe von Merritt Butrick, der nie glaubhaft machen kann, dass eine ganze Bewegung ihm nachlaufen könnte. Er fand sein Glück in der australischen Soap „A Country Practice“. Auch Donogh Rees (Abbie) stellt eindruckslos klar, dass Hauptrollen nichts für sie ist. Man fand sie noch ein paar Mal in kleinen Parts in neuseeländisch produzierten TV-Serien (auch „Hercules“ und „Xena“), einer ihrer größten Gigs ist das voice-acting für „Power Rangers“-Monster Necrolai. Was immer die Miete bezahlt… Ralph Cottrill, der auch nicht gerade in die Ruhmeshalle exaltierter Schurkendarsteller aufgenommen werden wird, ist auch in „Wo die grünen Ameisen träumen“, „The Lighthorse Man“ oder „Die Kettenreaktion“ zu sehen.
Die DVD-Fassung in der Paragon-„Große Science Fiction Collection“-Box ist akzeptable, aber auch nicht mehr.
Der Film selbst… naja… wenn ich schon australische SF abseits von „Mad Max“ auswählen müsste, ich landete noch eher bei „Time Guardian – Wächter der Zukunft“, der auch nicht ganz gelungen ist, aber noch mehr Unterhaltung bietet als der recht trübe „Redwing“, der zwar ungefähr ahnt, was das Publikum sehen will, aber keine Ahnung davon hat, wie das umzusetzen wäre…
(c) 2017 Dr. Acula
BOMBEN-Skala: 6
BIER-Skala: 4
Review verfasst am: 29.06.2017