Red Hill

 
  • Deutscher Titel: Red Hill
  • Original-Titel: Red Hill
  •  
  • Regie: Patrick Hughes
  • Land: Australien
  • Jahr: 2010
  • Darsteller:

    Ryan Kwanten (Shane Cooper), Steve Bisley (Old Bill), Tommy Lewis (Jimmy Conway), Claire van der Boom (Alice Cooper), Christopher Davis (Slim), Kevin Harrington (Barlow), Richard Sutherland (Manning), Ken Radley (Earl), John Brumpton (Rex), Cliff Ellen (Gleason), Jim Daly (Ted)


Vorwort

Der Polizist Shane Cooper hat sich seiner hochschwangeren Frau Alice (Alice Cooper!11) wegen aus der großen Stadt in das absolut hinterletzte Provinzkaff, das nämliche Red Hill, versetzen lassen. Red Hill ist ein sterbender Ort – nur noch 120 Menschen leben dort, und die letzten Geschäfte verschwinden langsam, aber sicher – spätestens, wenn die Gegend in ein Naturschutzgebiet umgewandelt wird, ist man bei den hartgesottenen Landeiern einig, ist der Ofen endgültig aus. Dafür sollte es aber wenigstens ruhig sein, hofft Shane, der sich bei seinem neuen Boss und Sheriff „Old Bill“ gleich mal sehr beliebt macht, indem er ohne Dienstwaffe (die liegt irgendwo in einem Umzugskarten vergraben) erscheint. Klar, dass der Neue erst mal die undankbaren Aufgaben zugeteilt bekommt, z.B. nachzukucken, wer oder was das Pferd eines am Ende der Welt vor sich hin farmenden Farmers ausgeweidet hat – und weil Streifenwagen rar gesät sind, darf der Stadtmensch das sogar mit dem Dienstklepper erledigen… Pferdekiller sind aber nicht das größte Problem, das sich der Red Hill’schen Police Force an diesem schönen Abend stellt – Jimmy Conway, ein verurteilter Mörder, ist aus dem Hochsicherheitsgefängnis aufgebrochen und Old Bill, der ihn einst hinter Gitter gebracht hat, ist sich völlig sicher, dass der Aborigene-Stämmige finsterste Rache im Sinn hat.

Old Bill, der selbstredend schnell eine bis an die Zähne bewaffnete Bürgerwehr organisiert hat, lässt Shane sicherheitshalber die Route bewachen, die Jimmy am wenigsten wahrscheinlich benutzen wird – und es selbstverständlich gerade deswegen tut. Da Shane sich auch reichlich dusslig anstellt, landet er – immerhin in einem Stück – ohne fahr- oder reitbaren Untersatz oder Waffe im Flußbett und muss sich zu Fuß nach Red Hill durchschlagen. Dort macht Jimmy indes längst ein Riesenfaß auf und sich eine spezielle Freude damit, schön langsam, einer nach dem anderen, Polizisten und Männer von Red Hill abzumurksen. Da ist jemand wirklich stinke-stinkesauer – ob Old Bill und seine Freunde vielleicht ein Geheimnis zu verbergen haben?


Inhalt

Und da dachte ich schon, ich könnte dieses Jahr meine FFF-Australien-Quote nicht erfüllen… zwar waren vier Aussie-Filme im Programm, aber drei („The Loved Ones“, „The Reef“ und „The Nothing Men“) sprachen mich nun wirklich gar nicht an – juxigerweise war es mit „Red Hill“ ausgerechnet ein Film, der als Down-Under-Neo-Western annonciert wurde (und Western ist nun bekanntermaßen nicht mein Leib- und Magengenre), der mich irgendwie auf einer Bauchebene ansprach (und davon überzeugte, das parallel programmierte Martial-Arts-Epos „14 Blades“ gepflegt zu ignorieren).

Patrick Hughes, der mit „Red Hill“ seinen ersten abendfüllenden Spielfilm als Writer/Director vorlegt (wenn ich es richtig in Erinnerung habe, debütierte der Film auf der Berlinale und war daher für den „Fresh Blood“-Award nicht zugelassen), gelingt es tatsächlich, den Streifen grundsätzlich als klassischen Western, nur eben verlegt ins 21. Jahrhundert nach Australien, aufzubauen. Red Hill selbst ist ein völlig typisches Wildwest-Kaff, bestehend aus einer Main Street, den „gesellschaftlichen“ Einrichtungen (Restaurant, Polizeistation etc.) drum herum und abgelegenen Farmen, und der Plot selbst (ausgebrochener Verbrecher kehrt in seinen Heimatort zurück, um blutige Rache an denen zu nehmen, die ihn in den Knast gebracht haben), ist ein absolutes Western-Klischee (ein dermaßen großes Klischee, dass schon „High Noon“ anno 1955 damit für Hollywood-Verhältnisse subversiven Schabernack treiben konnte). Garniert mit ein paar nicht sonderlich originellen, aber solide geschriebenen Hauptcharakteren (der unsichere Jungbulle, der für den Job nicht wirklich geeignet erscheint, weil er sich eine ganze Menge „screw-ups“ leistet, aber dann über sich hinauswachsen muss; der grantige alte Sheriff) und einer ausgesprochen testosteronhaltigen Inszenierung (auch wenn es das Billing nicht vermuten lässt, Alice Cooper, Shanes Eheweib, hat, wenn ich mich recht entsinne, genau zwei Szenen und ist weniger wichtige Figur denn reine Motivation für den Protagonisten) ergibt das einen ziemlich kurzweiligen Actionthriller, der sich zudem noch eine Freude damit macht, den Zuschauer ’ne solide halbe Stunde lang ziemlich auf’s Glatteis zu führen, wohin er will und auf welche Weise er das will – das allerdings ist leider nicht seine beste Idee.

„Red Hill“ startet nämlich, wie sich das durchaus gehört, relativ slow, verbringt viel Zeit mit der Etablierung sener Hauptfigur und des Settings (eben z.B der wirtschaftlichen Trostlosigkeit der Gemeinde – ein Punkt, der für den Streifen keine echte „Bedeutung“ hat, außer, dass es auch hier Berührungspunkte zu diversen Western, die in Städtchen, deren Stern nach Abklingen des Goldrausches o.ä. im Sinken begriffen ist, bestehen, und allenfalls in Weiterdenkung des Finales noch als Art vom Zuschauer selbst zu erarbeitende Coda dient) und tut dann so, als würde er sich in Richtung Tierhorror orientieren, ehe dann doch die eigentliche Geschichte des zurückkehrenden Mörders ausgebreitet wird. Ich habe prinzipiell nichts dagegen, wenn ein Script erst mal eine falsche Spur legt, Hughes allerdings treibt das Spiel auf die Spitze, indem er im späteren Filmverlauf auf die Tierhorrorkiste noch zweimal zurückkommt, ohne dass diese Szenen auch nur die geringste Relevanz für die Story hätten (sicherheitshalber mal SPOILER-Warnung: der Film postuliert die Existenz eines umherstromernden Panthers, der vor dem Schlussakt dann tatsächlich auftaucht und eine von Jimmy Conway produzierte Leiche zwecks spätem Abendessen abschleppt, und als Epilog vor der Abspanneinblendung über das Landschaftspanorama stieren darf). Die Szenen tragen, wie gesagt, nichts zum Film bei, stören ihn allerdings auch nicht dramatisch, sie wirken eben nur völlig deplaziert und bescheren dem Zuschauer den ein oder anderen WTF-Moment, den ein ansonsten ziemlich seriöser und durchaus packender Film weder braucht noch verdient.

Sobald die eigentliche Story ins Rollen kommt, entwickelt sich „Red Hill“ zu einem reichlich harten Kanten Actionholz, in dem Jimmy Conway von Hughes schon fast zu einem direkt aus dem letzten „Friday“- oder „Halloween“-Teil herüberstolzierten unstoppable-larger-than-life-Horror-Killer stilisiert wird (dass der Streifen sich erstens auf die Ereignisse eines Tages beschränkt und zweitens, was die „interessanten“ Sachen angeht, beinahe komplett bei Dunkelheit spielt, verschärft erstens das Tempo und verstärkt zweitens das gewisse Horror-Feeling), was in der internen Filmlogik durchaus Sinn ergibt, da Conway letztlich – die große Plot-Überraschung ist bei weitem nicht so spektakulär, wie Hughes sich das vielleicht erhofft hatte (oder ist jemand tatsächlich schockiert, dass – SPOILER – Conway unschuldig hinter Gitter wanderte und Old Bill und seine Posse sowohl für den Jimmy angehängten Mord als auch für die dessen Einknastelung verantwortlich waren?) als Vertreter der grimmigen E.C-Comic-Moral, wonach jeden Verbrecher seine gerechte Strafe ereilt, fungiert.

Der Schwachpunkt dieses Story-Konstrukts ist dann ausgerechnet der Protagonist Shane, der weitestgehend nur Beobachter sein kann und ist (und daher, damit der Film nicht zu früh endet, öfters mal durch eine strategisch eingesetzte Bewusstlosigkeit o.ä. aus dem Rennen genommen werden muss), dessen Beteiligung sich letztlich darin erschöpft, dass er (ausgesprochen awfully convenient) das Geheimnis löst (SPOILER: einer der damaligen Täter erhängt sich und hat praktischerweise zuvor ein ausführliches Geständnis niedergelegt, über das Shane im richtigen Moment stolpern kann) und die finale Konfrontation Jimmy Conway-Old Bill (die sich übrigens mit ein paar drolligen continuity-Fehlern ein wenig unglaubwürdig macht… man achte auf den Zustand des brennenden Heuschobers hinter Old Bill in Nahaufnahmen und Totalen) „stört“. Shane ist also weniger aktiver Held denn passiver Repräsentant des Zuschauers, der mit dem gleichen Wissensstand wie dieser hantiert; ein durchaus praktikables Mittel, aber eines, das in „Red Hill“ nicht optimal eingesetzt wirkt.

Filmisch ist „Red Hill“ durchaus gut anzusehen – von den erwähnten continuity-Goofs abgesehen. Die Kameraarbeit von Tim Hudson (für den „Red Hill“ auch das erste „große“ Projekt darstellt) ist überwiegend superb und fängt sowohl in den daylight-Shotsdas Gefühl der Weite, Einsamkeit und Abgeschiedenheit des australischen Outbacks als auch in den Nachtaufnahmen die Unheimlichkeit und „übermenschliche“ Präsenz des Killers blendend ein. Nach dem gemächlichen Auftakt zieht Hughes die Temposchraube mit dem zweiten Akt ordentlich an, lässt den Charakteren (und dem Zuschauer) aber immer wieder eine kleine Verschnaufpause zwischen den body-count-intensiven Shoot-outs. Die Actionsequenzen selbst sind fein und, obwohl Conway ausschließlich per Kugel tötet, recht variabel – von stalk’n’slash-Sequenz über Autostunt, großflächigen Bleiaustausch quer über die Straße bis hin zur „förmlichen“ Exekution hat Conway die ganze Bandbreite der Lebensverkürzung durch Feuerwaffen auf dem Kasten und Hughes hält, trotz der wie erwähnt nicht gar so überraschenden Enthüllung, relativ lange offen, zumindest für einige von Conways Opfern Sympathie empfinden zu können. Der Spaß ist auch ordentlich ruppig – kein Splatter-Gemetzel, aber knackig hart und doch noch m.E. FSK-16-tauglich. Der CGI-animierte Panther könnte deutlich überzeugender sein…

Der Score von Dmitri Golovko zitiert korrektermaßen gerne mal die minimalistischen Neo-Western-Klänge eines Ry Cooder.

Entweder ist es ein gelungener Casting-Coup oder ein Fall von glücklichem Timing, jedenfalls hat Patrick Hughes als leading man einen, der gerade auf dem Sprung in Hollywoods A-Liste steht – Ryan Kwanten rockt derzeit die Fernsehschirme in „True Blood“ und ist Star genug, um in Animationsfilmen wie „Die Legende der Wächter“ allein mit seiner Stimme Geld zu verdienen; Genre-Freunde kennen ihn aus „Dead Silence“. Kwanten ist mir insgesamt vielleicht etwas zu farblos (allerdings ist die Rolle, wie ich schon darlegte, relativ undankbar), müht sich aber redlich; gegen den alten australischen Haudegen Steve Bisley (immerhin Goose im ersten, originalen „Mad Max“ und in Deutschland sicher auch durch die populäre Krimiserie „Water Rats – Die Hafencops“ bekannt) und den international unbekannten Tommy Lewis hat er keine Chance. Bisley und Lewis (letzterer in einer Rolle, die, wenn ich mich richtig erinnere, genau eine einzig Zeile Dialog hat) stilisieren ihr Duell zu einer archetypischen Schlacht von Gut gegen Böse und überzeugen durch geradezu phänomenale Screenpräsenz.

Für Nebendarsteller bleibt da wenig Platz: Claire van der Boom schleift in zwei Szenen ihren Schwangerschaftsbauch herum (ob echt oder nicht wage ich nicht zu beurteilen. Mir kam’s aber übertrieben vor) und hat nicht wirklich Gelegenheit, Eindruck zu schinden. Christopher Davis, Kevin Harrington, Richard Sutherland & Co. bieten den üblichen „bunten“ Background mehr oder weniger hinterwäldlerischer Landeier, die mit Vorliebe via ihrer Schießgewehre diskutieren; Sutherland ist vielleicht derjenige von ihnen, der sich – auch dank einer etwas exaltierteren Rolle – ein wenig heraushebt.

Fazit: Ein durchaus patenter Neo-Western, der das Genre der modernisierten Pferdeoper mit reinrassigen 80er-Action- und Horror-Elementen verquickt und durchaus Drive, Tempo und Spannung entwickelt. Leichte Schwächen im Drehbuch (die unnötigen Tierhorror-Remineszenzen, der wenig überraschende „Twist“ und eine ziemlich schwache Hauptfigur) lassen mich von einer uneingeschränkten Empfehlung absehen, aber es steckt viel Gutes in „Red Hill“ – hartes Männerkino mit sehenswerten Widersachern. Gute drei Filmrollen mit Tendenz zur vierten.

3/5
(c) 2010 Dr. Acula


mm
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