- Deutscher Titel: Reaper - Der Killer
- Original-Titel: Reaper
- Regie: John Bradshaw
- Land: Kanada
- Jahr: 1998
- Darsteller:
Chris Sarandon (Luke Sinclair), Catherine Mary Stewart (Sonya Lehrmann), Vlasta Vrana (Sheriff Norris), Joanna Noyes (Wilma), Rob Pinnock (Deputy Hoppe), Gillian Ferrabee (Gillian Sinclair), James Bradford (Dr. Goulding), Isabelle Cyr (Finoula)
Vorwort
Auch ein Bestsellerautor hat’s schwer – Luke Sinclair, auflagenstarker Schreiberling drastischer Serienkillerthriller, hat zwar eine nette Familie und ein gut gefülltes Bankkonto, sieht sich aber Anfeindungen von christlichen und feministischen Lobbygruppen ausgesetzt und leidet zudem unter akuter Schreibblockade, was insofern peinlich ist, als er den Viertelmillionendollarvorschuss für sein neuestes Werk bereits dankend entgegengenommen hat. Was schon viele Film-Schriftsteller versucht und noch die wenigstens erfolgreich abgeschlossen haben, probiert auch Luke – sich zwecks Ruhe, Frieden und ruhiger Schreibatmosphäre in der Provinz von allen störenden Einflüssen abzuschotten. Dumm ist nur eins – kaum hat er sein Motelzimmer bezogen, wird im Wald schon die nackte Leiche einer jungen Frau gefunden, garniert mit der zu Mordart und -tatort passenden Seite aus seinem Bestseller „Reaper“. Für den an schlichten Zusammenhängen stark interessierten Dorfsheriff Norris wandert Sinclair deswegen postwendend auf die Pole Position der kurzen Verdächtigenliste. Die hinzugerufene Spezialistin Sonya Lehrmann zweifelt an der einfachen Theorie und sieht Sinclair aufgrund seiner herausragenden Fähigkeit, sich in die Denke eines Serienkillers hineinzufühlen, eher als Ermittlungshelfer, doch als eine zweite Leiche, erneut originalgetreu nach einem Vorbild aus „Reaper“ hingemordet, aufgefunden wird, und sie zudem erfährt, dass Luke ein trockengelegter Alki mit einer Historie der suffbedingten Gewalttätigkeit ist, gerät ihre Unschuldsvermutung empfindlich ins Wanken…
Inhalt
Serienkillerthriller, der 2895. Ich glaube, mittlerweile ist dieses Genre so oft breitgetreten und ausgewalzt worden, von mal mehr, mal weniger begabten Regisseuren umgesetzt worden, dass es selbst Alfred Hitchcock persönlich schwer fallen würde, einer solchen Plotte neue Aspekte abgewinnen zu können. Nichtsdestoweniger legt uns das Budget-DVD-Label UAP den auch bereits mehrfach im Free-TV (dann aber stets leicht gekürzt) gelaufenen kanadischen Versuch „Reaper“ von Regisseur John Bradshaw (der u.a. den deutsch produzierten Thriller „2013 – Mord im Blitzlicht“ mit Thomas Heinze auf dem Kerbholz hat) ans Herz.
Das Genre an sich hat sich ja in den letzten Jahren einer recht strikten Zweiteilung unterzogen – neben den plakativen effektbeladenen Reißern, die sich dem reinrassigen Horror mindestens angenähert, wenn nicht längst in ihm aufgegangen sind, stehen die Filme unspektakulärerer Machart, die sich, vielleicht aus aus reinen Budget-Gründen, weniger an den blutigen Mordtaten an sich delektieren denn versuchen, das Thema einerseits eben nicht so gewalttätig, dafür aber auf die psychologische Tour aufzuziehen. „Reaper“ gehört eindeutig in die zweitgenannte Kategorie, die, wenn sie so richtig vor die Hunde geht, von mir dann gern despektierlich in die Schublade „Hausfrauenthriller“ geworfen wird. Erfreulicherweise nimmt „Reaper“ davon Abstand, ausschließlich für eine Klientel genießbar zu sein, die ansonsten Rosamunde Pilcher und maximal Mary Higgins Clark konsumiert.
Auch wenn die Story keine Originalitätspreise gewinnt, so vermag sie doch über die komplette Laufzeit hin, okay, „zu fesseln“ wäre jetzt auch wieder übertrieben, aber zumindest des Zuschauers Interesse zu erhalten, obwohl oder gerade weil, was ja im modernen Serienkillerfilm schon fast wieder wohltuend „frisch“ ist, die Story sich sehr geradlinig präsentiert. Die Zahl der Verdächtigen ist mit „überschaubar“ wohlwollend umschrieben, die Charaktere triefen nicht vor Kreativität, die wenigen ausgelegten falschen Fährten werden nicht gerade tiefschürfend verfolgt, und die vorgeschriebenen zwei-drei Twists und Turns erschüttern nicht fundamental die Grundfesten von Logik und Glaubwürdigkeit, sondern entwickeln sich recht, eh, „entspannt“ und schlüssig. Die zentrale Frage des Scripts liegt denn auch bei der Frage „war’s Luke und war er’s nicht“, wobei die Schreiberlinge Matt Dorff (hauptamtlicher Fernsehautor, der u.a. den von Tony Randel produzierten deutschen TV-Schmu „Babyhandel Berlin“ erdachte) und Vincent Monton (auch der mit einer deutschen TV-Leiche im Keller: das Sat.1-Possenspiel „Die Millenium- Katastrophe – Computer-Crash 2000“ mit Kaleun Jürgen Prochnow, Gudrun Landgrebe und „Q“ Desmond Llewelyn ist von ihm; hauptamtliche Meriten verdiente er sich allerdings als Kameramann) bis weit ins Finale hinein beide Optionen glaubhaft offen lassen. Insgesamt keine sensationelle Plotte, aber vernünftig geschrieben, ohne größere Plotholes oder Kopfpatsch-Momente.
Dem passt sich Bradshaws Regiestil an – okay, wir wissen alle mittlerweile, dass man kanadischen Filmen, speziell, wenn sie nicht mit einem nennenswerten Budget gesegnet sind, ihre Herkunft beinahe IMMER ansieht, und dieser hier macht keine Ausnahme (von den Locations her stört’s nicht, alldieweil die Landschaften von New Brunswick denen von Maine, die sie doublen sollen, nicht gerade diametral entgegengesetzt ausfallen) – es ist der typische „I-can’t-exactly-put-my-finger-on-it-but-it’s-just-almost-like-a-real-movie“-Look, der sich irgendwo zwischen TV-Produktion und „richtigem“ Kino ansiedelt. Bradshaws Inzenierung ist uninspiriert-routiniert – spektakuläre Bilder, eindrucksvolle Visuals wird man in „Reaper“ vergeblich versuchen, der passabel gelöste Einbau einiger s/w-Flashbacks aus den Abgründen von Lukes Seele ist das einzige Zugeständnis an den modernen Serienkiller-„Style“. Eine Abwechslung zu den meisten Genrekameraden stellt sicher auch dar, dass der Streifen größtenteils am hellichten Tag spielt und daher einen etwas „wärmeren“ Eindruck hinterlässt als die meisten „kalten“, dunklen Konkurrenzprodukte. Das Tempo bewegt sich im gemäßigten Bereich – auf der Sitzkante wird man nicht herumrutschen, aber die Spannungsschraube wird im Filmverlauf schon merklich angezogen.
Explizite Härten werden vermieden – einzig ein recht knackiger Einschuss ist an greibaren „FX“ festzuhalten, die Mordtaten selbst bleiben off-screen und ihre Ergebnisse werden auch nur schüchtern angedeutet – schon eine relativ „strenge“ FSK 16.
Das große Plus an „Reaper“ ist das gut aufgelegte Darstellerensemble, allen voran Chris Sarandon als geplagter Autor. Der Ex-Ehemann von Susan Sarandon, der als vielseitiger Charakterdarsteller geschätzt wird (bekannt z.B. aus „Die Braut des Prinzen“ und „Bordello of Blood“; O-Ton-Fuzzis wissen seine Leistung als Jack Skellington in sämtlichen Inkarnationen von Tim Burtons „Nightmare before Christmas“ zu schätzen) bietet hier eine ausgezeichnete Vorstellung in allen Nuancen ab. Kaum schwächer: Catherine Mary Stewart, einstiges 80er-B-Movie-Starlet („The Last Starfighter“, „Nightflyers“) als die zweifelnde Expertin, die sich neben den Fakten des Falles auch mit den Vorurteilen des Provinzsheriffs, kompetent verkörpert von Vlasta Vrana („Highlander III“, „Scanners II“), herumschlagen muss – an Likeability hat sie nichts eingebüsst. In Nebenrollen finden sich Joanna Noyes („Pin“) und Gillian Ferrabee („Hämoglobin“).
Bildqualität: UAP präsentiert den Film im wohl intendierten Vollbildformat in für den Grabbeltischpreis ausgezeichneter Qualität. Gute Farben, voll zufriedenstellende Schärfewerte, passabler Kontrast (wobei der nicht auf die große Probe gestellt wird) und unauffällige Kompression. Geht doch also auch in dieser Preisklasse, warum nicht öfter?
Tonqualität: Satte drei Tonspuren drängt uns UAP auf, jedoch nur Varianten der deutschen Synchronfassung, die man sich wahlweise in Dolby 5.1, 2.0 oder einem unspezifierten „Dolby Digital“ (wird von meiner Untersuchungssoftware als 5-Kanal-Dolby identifiziert) auf die Lauschlappen pusten kann. Kein sensationeller Audiotrack zum Nachbarn-aus-dem-Schlaf-schrecken, aber zweckmäßig.
Extras: Staun, sogar Bonusmaterial verirt sich auf die Scheibe – eine Bildergalerie sowie Filmographien für die wesentlichen Beteiligten, dazu eine Trailershow und ein „Überblick“ des UAP-Gesamtprogramms in Form einer tonunterlegten Cover-Galerie.
Fazit: „Reaper – Der Killer“ kann und will das Serienkillergenre nicht neu erfinden; dafür ist der Streifen zu unspektakulär und zu wenig originell. Aufgrund seiner routinierten Machart, dem soliden Spannungsaufbau, der schlüssigen Story und der mehr als nur akzeptablen Darsteller steht der Streifen aber deutlich über den von mir schon angesprochenen „Hausfrauenthrillern“ Marke „Dead on Sight“. Nichts, wonach man gezielt Ausschau halten müsste, aber wer auf dem Grabbeltisch (oder per amazon-Link) ein paar Euro verjuxen will, erhält grundsolide, vielleicht manchen etwas zu altbackene, trotzdem aber gut verdauliche Thrillerkost für den flockigen Konsum „nebenher“.
3/5
(c) 2005 Dr. Acula