- Deutscher Titel: Rapid Assault - Entscheidung im Atlantik
- Original-Titel: Rapid Assault
- Regie: Fred Olen Ray (als Sherman Scott)
- Land: USA
- Jahr: 1997
- Darsteller:
Tim Abell (James Decker), Jeff Rector (Phillips), Lisa Mazzetti (Angela Strichman), Don Scribner (Lars Rynark), Ricky Worth (Talia), Arthur Roberts (Capt. O’Reilly), Richard Gabai (C.O. Carter), Steve Barkett (Capt. Xavier), Harrison Ray (Marko), Susan Fronsoe (Julie Decker), John Maynard (Admiral Harriman), Hoke Howell (Dr. Strichman), Ted Monte (Pennington)
Vorwort
Wieder einmal bedroht ein garstiger Terrorist die Welt – der fiese Lars Rynark hat sich vom genialen Wissenschaftler Dr. Strichman einen neuen biologischen Superkampfstoff basteln lassen, „gegen den Ebola wie ein harmloser Heuschnupfen“ wirkt. Fünfzig Milliarden Dollar hätte er gern, ansonsten würde er einen Behälter mit dem hochansteckenden Megavirus sprengen und genüsslich von seiner Unterwasserbasis aus zukucken, wie die gesamte Tier-, Pflanzen- und Menschenwelt hops geht. This we cannot have! Also schicken die USA ihren besten Mann in den Kampf – SEAL James Decker vom Marinegeheimdienst, der mit einem neu zugeteilten Partner namens Phillips das Unterseelabor infiltrieren, den Kampfstoff unschädlich und Rynark optimalerweise ausschalten soll. Weil Rynark seinen submarinen Hideout nicht wirklich, eh, *geheim* hält, bereitet das trotz des von Rynark gesetzten knappen 4-Stunden-Ultimatums keine größeren Probleme. Allerdings hat der schüftige Schuft das Menschen-Ex bereits in einem Tiefseegraben deponiert und mit Fernzünder versehen. Nachdem Decker und Phillips eher beiläufig die von Rynark aus eher nichtigen Gründen entführte Tochter des Wissenschaftlers befreien (der Virus-Kreateur musste nach erfolgreicher Vorführung des Teufelszeugs bereits zwangsweise den Löffel werfen), klaut Decker ein Mini-U-Boot und versucht damit den Virencontainer zu bergen. Indes spielt Rynarks privates, von den Russen gekauftes U-Boot, von dem er schon spaßeshalber, um zu zeigen, dass er nicht blufft, eine Tomahawk-Rakete auf New York abgefeuert hat, Räuber und Gendarm mit dem amerikanischen Atom-U-Boot, das im Falle von Deckers Versagen Rynarks Basis in die nächste Welt bomben soll, außerdem erweist sich Phillips als schändlicher Verräter. Da das geklaute Mini-U-Boot einen Defekt aufweiset, gelingt es Decker nicht, mit dem Virus zum „guten“ U-Boot durchzudringen, sondern muss notgedrungen in Rynarks Labor zurückkehren, wo er und der Kampfstoff geradewegs in die nicht gerade zum Willkommensgruß geöffneten Arme von Rynark und Phillips laufen. Die Zeit wird knapp, denn gelingt es Decker nicht rechtzeitig Vollzug zu melden, lautet der unmissverständliche Befehl an die U-Boot-Crew, das Labor mit Nuklearwaffen zu vernichten…
Inhalt
Und schon wieder mal ein billiger Actionhobel aus dem Royal-Oaks-Umfeld (auch wenn „offiziell“ eine Klitsche namens „Palm Entertainment“ die Häme einstecken muss), bekanntlich dem Label, das Jimbo Wynorski für Filme reserviert hat, die den Qualitätsanspruch einer typischen Phoenician-Produktion nicht erfüllen. Am Steuer sitzt auch nicht zum ersten Mal Fred Olen Ray, der sich für diesen Streifen zur Abwechslung nicht, wie sonst bei seinen Auftrags-Action-Arbeiten, als Ed Raymond, sondern als Sherman Scott (ein Name, den Ray üblicherweise für Drehbuchautorentätigkeit verwendet) kreditieren ließ. Das eigentliche Script bzw. das, was wir in Ermangelung einer echten Geschichte dafür halten sollen, „erdachte“ Sean O’Bannon, der für Ray u.a. schon „Masseuse 2“, „Invisible Mom 2“, „Mom, Can I Keep Her?“ oder Final Examination zu Papier brachte – ein Erfolgsgarant also, geradezu, und, wie aus seinem Ouevre klar zu entnehmen ist, ein prädestinierter Spezialist für raffiniertes Erzählkino von immensem Spannungsgehalt (sollte ein Leser im vorigen Satz Ironie gefunden haben, darf er sie behalten).
Klartext – wir haben’s mit einer ganz besonderen Primitiv-Plotte zu tun, die Versatzstücke aus „The Rock“, „Stirb langsam“ (wahlweise „Alarmstufe Rot“) und dem ein oder anderen James-Bond-Film aneinanderreiht, ohne sich auch nur zu bemühen, eine eigene Identität zu finden. Wozu auch? Wer schon, bevor er die erste Zeile seines Scripts zu Papier bringt, weiß, dass sein stolzes Werk ohne große Fanfaren um mitten in der Nacht auf einem US-Kabelsender verklappt wird, wird höchstwahrscheinlich nicht beabsichtigen, Shakespeare Konkurrenz zu machen. Viel lustloser geht’s kaum – die „Vorgeschichte“, wonach Decker und Rynark alte Intimfeinde sind, wird in einer völlig undurchschaubaren Prolog-Sequenz (in der wir als Zuschauer schlicht keinen Plan haben, wer was warum macht und dass der ein oder andere Geselle, der hier auftaucht, noch mal wichtig werden wird), abgespult, alle Plotentwicklungen kommen wie nach Fahrplan, von echten Charakteren kann nicht die Rede sein (mal wieder so ’ne rein hypothetische Scherzfrage – ich habe mir eine weibliche Figur ausgedacht, nennen wir sie mal „Angela Strichman“ – und da der Film von 1997 ist, bin ich mal so frei, hier keine Beziehung zu Kommissar Strichmann zu vermuten -, Tochter eines Wissenschaftlers, aber ansonsten wohl ein Mensch wie du und ich. Die fängt nun mitten im Film an – nachdem sie sich hanebüchen einfach hat entführen lassen – Terroristen zu killen, als hätte sie ihren Lebtag nichts anderes gemacht. Wäre es vielleicht zu viel verlangt gewesen, diesbezügliche Fähigkeiten mal kurz zu etablieren? Wegen der Glaubwürdigekeit und so? Ja? Dachte ich mir…). Die Dialoge sind ausnahmslos grauenhaft – no fun to be found (obwohl meine Lieblings-Line schon ein ziemlicher Brüller ist – als Rynark auf seinem Monitor ein blinkendes Signal bemerkt – den einbrechenden Decker, of course -, sagt er ungelogen: „Wir haben ein blinkendes Signal auf dem Schirm!“). Aus dem einzigen Einfall, den ich in meinem jugendlichen Leichtsinn „Idee“ nennen würde (note: nicht notwendigenfalls „gute“ oder „originelle“ Idee), nämlich, dass Rynarks Chef-Killer Talia und Marko relativ verblüfft feststellen müssen, dass es ihrem Oberhaupt nicht wirklich um’s Geld, sondern schlicht um’s Ausleben lange aufgestauter Rachegefühle geht, und das nicht so ganz toll finden, macht das Script nichts – der Punkt wird aufgebracht, dreißig Sekunden lang thematisiert und ist dann vergessen.
Wie schon des öfteren gesagt, ich weiß es, bei einem Streifen wie diesen, der mit einem Budget von acht Paar Schnürsenkeln und Andrew Stevens‘ Kreditkarte (Wynorski hielt sich produzentenmäßig zurück und lässt sich nur – unter seinem Pseudonym Noble Henry – für das Casting [und ich wette, speziell für das der DarstellerINNEN] verantwortlich machen) erwartet man keine durchdachten Plotten, sondern nur ein paar halbwegs plausible Verbindungsszenen zwischen den shoot-outs und der eingekauften stock footage; denn natürlich ist’s auch bei „Rapid Assault“ so, dass alle effect shots aus anderen Filmen stammen (ich glaube, dass ich die Unterwasserbasis und das Mini-U-Boot ziemlich eindeutig dem Corman-produzierten „Lords of the Deep“, selbst nur ein billiges „The Abyss“-Rip-off, zuordnen kann [wenn Sparfuchs Corman den Kram nicht selbst schon anderweitig geklaut hat]; bei den U-Boot-Szenen bin ich mir nicht ganz sicher, aber normalerweise ist „Jagd auf Roter Oktober“ da *immer* der richtige Ansprechpartner). Die „eigenen“ Production Values des Films sind ausgesprochen lachhaft – in guter alter Space Mutiny-Tradition wurden sämtliche Interiors der Unterwasserstation in einer x-beliebigen Fabrikhalle gedreht (gemauerte Wände und sauber asphaltierte Böden überall, aber wenigstens hält keiner die Kamera auf ein Oberlicht), wissenschaftliche Fakten wie Wasserdruck werden ignoriert, wenn’s dem Fortgang der Sache dienlich ist (es ist also nach Filmlogik kein Problem, in 300 Meter Tiefe im Taucheranzug aus einem U-Boot auszusteigen und zur Station zu schwimmen), die eigenen Effekte sind schauderhaft (ein enttarnter Agente wird von den Bösen gefoltert, in dem man ihm einen Elektroschocker an den Körper hält und die elektrischen Entladungen werden mit possierlicher CGI gelöst), ganz speziell die gefühlt 30 Minuten lang formatfüllend verwendeten „computer displays“, die selbst 1997 schon mindestens 15 Jahre out-of-date wirken mussten, aber ein Effekt hat’s mir schon angetan – die geradezu hinreißend debile Sequenz, in der dem Empire State Building die Nadel on top abgeschossen wird. MUSS man gesehen haben. Klarer Fall, dass auch die Kommandobrücken der jeweiligen U-Boote ungefähr so realistisch wirken wie meine Chancen auf den Grimme-Preis (nicht jede Schalttafel mit ein paar bunten Blinklichtern und einem Stuhl davor wird automatisch eine glaubhafte U-Boot-Zentrale) – und dass die Goons der Rynark-Truppe mit Helmen rumlaufen, die wie übriggebliebene Requisiten vom „Spaceballs“-Dreh aussehen, macht die Sache insgesamt nicht überzeugender.
Jedenfalls ist mir klar, warum Freddie Ray für diesen Film nicht sein übliches Ed-Raymond-Pseudonym verwendete, denn das verbindet man, wenn auch nicht unbedingt mit großem Kino, zumindest mit solide heruntergekurbelter B-Ware, die nicht inspiriert sein mag, aber im Großen und Ganzen normalerweise handwerklich sauber gearbeitet ist (man vergleiche z.B. bei Air Rage). „Rapid Assault“ tendiert aber eindeutig schon in die nun wirklich völlig unterprivilegierte Ramschactionabteilung, in der sich Genossen wie J. Christian Ingvordsen („Airboss“, Strike Zone) es sich häuslich eingerichtet haben – die Sorte Film, in der gar nichts mehr passt; hier gibt’s kein Pacing, keinen echten Rhythmus, ein völliges Unverständnis für den Aufbau einer „Spannungsszene“ oder die Choreographie eines Zweikampfs (speziell die Szenen, in denen sich’s Ricky Worth und Lisa Mazzetti besorgen, sind von eher trüber Kampfgestaltung, was Kameraführung und Editing begeht). Rein grundsätzlich bedient sich „Rapid Assault“ zwar eines flotten Tempos, aber da jeglicher übergreifender Spannungsbogen fehlt, wird die Sache trotz zahlreicher Shoot-outs und Zweikämpfe ziemlich ermüdend.
Härtetechnisch ist der Streifen wenig bemerkenswert, die Shoot-outs sind recht unblutig und auch die Faustkämpfe sind nicht der Rede wert (beinhalten allerdings einen der lachhafteren Genickbrüche der letzten Zeit), allerdings ist sich Ray nicht zu schade, eine Schmoddersequenz einzubauen (bei der „Demonstration“ der Virus-Wirkungsweise). Die größte Überraschung ist allerdings, dass die beteiligten Damen tatsächlich durch die Bank die Möpse in der Bluse behalten. Damit musste man nicht rechnen…
Musikalisch betätigen sich einmal mehr die Gebrüder Wurst mit einem Reigen bunter Melodeien aus ihrem umfangreichen Archiv – da kommt einem so manches Theme schon wie fünfmal gehört vor, und das dürfte dann, eingedenk des typischen Royal Oaks-/Phoenician-Umgangs mit schon mal vorhandenen Scores, auch so hinkommen…
Aber wenigstens dient „Rapid Assault“ als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für ein paar alte Ray-Spezls… In der Hauptrolle amtiert Tim Abell, der zweifellos einer der „gesichtslosesten“ leading men im Billig-B-Action-Bereich ist; vom Charisma eines David Bradley (und das ist, für die nicht ganz so Namensfesten, eine der nichtssagendsten Nulpen im Business) kann er nur träumen und ist als Elite-SEAL nur knapp glaubwürdiger als meine Wenigkeit. Ray-Fans kennen ihn als einen der Bösewichter aus Attack of the 60 Foot Centerfold, außerdem aus „Fugitive Rage“, „Masseuse“ oder „Hybrid“. Für Wynorski spielte er in „Gargoyle“ oder „Curse of the Komodo“, außerdem war er in der unterklassigen Actionserie „Soldier of Fortune, Inc.“ am Start. Den verräterischen Phillips mimt Jeff Rector (Danger Zone III, „Scarecrow Gone Wild“) eindruckslos, das optische Beiwerk gibt Liza Mazzetti („Too Much Sex“), hübsch anzusehen, und – Casting Director Noble Henry! – oberweitentechnisch nicht benachteiligt. Auf Seiten der Bösen reüssiert Don Scribner (bekannt und beliebt als Zed aus Slave Girls from Beyond Infinity, außerdem „Maximum Revenge“ und „Friend of the Family II“), dem jegliche vorhandene Ausstrahlung seit dem fröhlichen „Most Dangerous Game“-Remake chirurgisch entfernt worden zu sein scheint – dafür sieht er mittlerweile aus wie eine Sparausgabe von Tom Selleck und hat einen der lächerlichsten Filmtode zu sterben. Harrison Ray („Dinosaur Valley Girls“) und Ricky Worth (anderweitig nicht auffällig geworden) sind seine physisch imposante, aber kaum einprägsame Killerbrigade.
In Nebenrollen tummelt sich allerhand Ray-Entourage. Richard Gabai (Dinosaur Island) hat einen relativ großen Part als 1. Offizier des US-U-Boots, Steve Barkett (Dark Universe) bekommt als Captain des Rynark-U-Boots ebenfalls einiges an Screentime. Ted Monte („Attack of the 60-Foot Centerfold“, „Submerged“, Venomous) darf sich erschießen lassen, der jüngst verstorbene Robert Quarry (“Count Yorga, Vampire”, „Haunting Fear“, “Cyclone”, “Spirits”, Inner Sanctum II) schaut ebenso für einen kurzen Gastauftritt als Uniformträger vorbei wie Carl Lamb („Bikini Hoe-Down“, „Invisible Dad“) und Tom Ferguson („Dark Universe“, „Biohazard II“, „Jack-O“). Susan Fronsoe („Biohazard II“) spielt Abells Ehefrau, Hoke Howell („Slaughter’s Big Rip-Off“, „Mörderspinnen“, „Humanoids from the Deep“) blamiert sich als virenerschaffender Wissenschaftler, John Maynard („Dark Universe“, „Biohazard II“) ist in einem Film voller Fehlbesetzungen als Admiral Harriman die vermutlich größte.
Kein einziger der Beteiligten befleißigt sich einer messbaren schauspielerischen Leistung, die Bandbreite reicht von „müht sich, aber kann nix“ über „könnte vielleicht, hat keinen Bock“ bis „hat keinen Plan, was er hier eigentlich soll“ (was leider besonders für die Altmimen wie Quarry und Howell gilt).
Bildqualität: e-m-s bringt den Streifen in mittelprächtigem 4:3-Vollbild. Die Bildqualität ist aufgrund des höchst unterschiedlichen Quellmaterials (Stock Footage lässt grüßen) nicht einheitlich, im neu gedrehten Material passabel, speziell die „Lords of the Deep“-Footage hat aber schon bessere Zeiten erlebt (schärfe- und kontrasttechnisch). Die Kompression sorgt bei einigen bewegungsintensiven Szenen doch für Nachzieher.
Tonqualität: Deutscher Ton wird in Dolby 2.0 und 5.1 mitgeliefert, englischer Ton in Dolby 2.0, dazu gibt’s deutsche Untertitel plus deutsche Untertitel für Hörgeschädigte (chapeau, in der Preisklasse). Die Synchro ist mittelmäßig ausgefallen, der Soundmix erträglich.
Extras: Trailer, Trailershow sowie Filmografien für Abell, Rector, Scribner und Ray.
Fazit: Bäh. Ich nehme Fred Olen Ray bekanntlich wenig krumm und selbst aus seinen Wynorski-produzierten stock-footage-Action-„Epen“ destilliere ich noch meistens etwas Unterhaltungswert, aber „Rapid Assault“ ist einfach … schlecht. Fürchterliche production values, lächerliche Effekte, bestenfalls unterdurchschnittliche „Action“ und, shudder, Anti-Schauspiel in unterschiedlichster Ausprägung. Das kann man sich leider nicht mal mehr lustig saufen und kaum an einem Stück ertragen, nicht mal das Wiedersehen mit vielen alten Bekannten aus der Ray’schen Stammtruppe kann mich mit diesem Heuler versöhnen. Da bleibe ich dann doch lieber bei Air Rage…
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(c) 2009 Dr. Acula