Push

 
  • Deutscher Titel: Push
  • Original-Titel: Push
  •  
  • Regie: Paul McGuigan
  • Land: USA/Kanada/Großbritannien
  • Jahr: 2009
  • Darsteller:

    Chris Evans (Nick Gant), Dakota Fanning (Cassie Holmes), Camille Belle (Kira Hollis), Djimon Hounsou (Henry Carver), Corey Stoll (Agent Mack), Scott Michael Campbell (Agent Holden), Hal Yamanouchi (Pop Father), Xialo Lu (Pop Girl), Maggie Stiff (Teresa Stowe), Cliff Curtis (Hook Waters), Ming-Na (Emily Hu), Nate Mooney (Pinky Stein)


Vorwort

Seit dem Zweiten Weltkrieg experimentieren alle Regierungen der Welt an parapsychisch Begabten und versuchen, deren Gaben waffentauglich zu machen. Da gibt es u.a. „Mover“ (Telekineten), „Sniffer“ (die durch Berührung oder Beschnüffeln von Gegenständen deren Vergangenheit „lesen“ können), „Pusher“ (die ihren „Opfern“ falsche Erinnerungen einpflanzen und ihnen suggestive Kommandos geben können), „Watcher“ (die können die Zukunft vorhersagen usw.). Bei den Yankees ist für die Bearbeitung der paranormal Ausgestatteten die „Division“ zuständig, und die hat u.a. Nicks Papa auf dem Gewissen. Nick selbst, ein „Mover“, befindet sich permanent auf der Flucht vor der Division – momentan hält er sich in Hongkong versteckt. Dort wird er von der vierzehnjährigen Cassie, einer „Watcherin“, aufgespürt, die ihn rekrutieren will, um eine andere Frau, die einen Koffer, der die ganze Division hochgehen lassen könnte, bei sich trägt. Nick will davon nicht wirklich etwas wissen, aber er ist längst in die Ereignisse hineingezogen worden – und als sich herausstellt, dass die geheimnisvolle Unbekannte niemand anderes ist als seine Ex Kira („Pusher“), die von der Division gefangen und in den dortigen Labors als erste Begabte ein pharmakologisches Tuning überlebt hat, ist’s eh um ihn geschehen. In dem bewussten Koffer, von dem Kira, die sich ihr Gedächtnis hat löschen lassen, nichts mehr weiß, befindet sich das Upgrade-Serum der Division – die ist in Form von Henry Carver, Meister-„Pusher“, der auch Nicks Vater eigenhändig gekillt hat, natürlich hochgradig interessiert an der Wiederaneingung des Serums; so aber auch eine einheimische paranormal begabte Gangsterbande, die eine eigene „Watcherin“ auf die Sache abgestellt hat. Fatal für Nick und die seinen – Cassie sieht, egal, welche Pläne sie auch fassen, ihren Tod voraus…


Inhalt

– generelle SPOILER-Warnung –

Der Doc ist, wie mittlerweile hinlänglich bekannt sein dürfte, ein altes Freibiergsicht, und wenn’s irgendwo einen Film für umme zu betrachten gibt, ist er dabei. Die schon traditionelle Gratisvorstellung des FFF präsentierte dieses Jahr „Push“, der mit seinem Budget von 38 Mio. $ im Selbstverständnis Hollywoods heutzutage schon als Low-Budget-Unternehmung durchgeht, im US-Kino knapp 30 Mio. $ wieder einspielte und hierzulande direkt auf DVD (und Blu-Ray) in die Regale gestapelt wird.

Ich will mich heute, da noch einige Reviews mehr warten, kurz fassen – hätte ich Geld für „Push“ bezahlt, ich wäre gelinde verärgert gewesen. Was David Bourla (Autor der Tibor-Takacs-„Nostradamus“-Verfilmung und Regisseur einiger „Thumb“-Filmchen) hier zusammengesponnen hat, ist ein völlig uninspirierter Aufguss von Motiven aus „X-Men“, „Jumper“, Next, „Heroes“, heruntergerechnet auf den lowest common denominator, überraschungsfrei aneinandergereiht und ohne jegliche eigene Identität. Klischee reiht sich an Klischee, die Charaktere sind einfach aus dem Baukasten entnommen (widerspenstiger Held, altkluge Kindfrau, undurchsichtige Geliebte, schräg-lustiger Sidekick, erzböser Schurke und sein noch erzböserer Chief Henchmen), so uninspiriert, so un-*interessiert* an der eigenen Geschichte zusammengestöpselt, dass sich „Push“ praktisch wie sein eigenes SciFi-Channel-Movie-of-the-Week-Rip-off, nur mit etwas besseren production values, spielt. In der ganzen Plotte steckt keine einzige eigenständige, originelle oder wenigstens nicht schon zehnmal dagewesene Idee (und der im Programmheft angesprochene „Trainspotting“-Vergleich [???] zieht maximal dahingehend, dass der Streifen, weil in den Elendsvierteln Hongkongs angesiedelt, einen etwas versiffteren Look als der gemeine Durchschnittshochglanzblockbuster aufweist. Tolle Wurst). Alles entwickelt sich streng nach Fahrplan, jeder Plottwist, jede ach-so-überraschende Wendung wird antelegrafiert (Ihr glaubt doch nicht ehrlich, dass mit dem Plot Device der „Pusher“ nicht mindestens einer der Protagonisten umgedreht und/oder verwirrt werden soll?), nicht alles (besonders Nicks genialer Plan, sich dem Zugriff der feindlichen „Watcher“ zu entziehen) ist wirklich logisch, echtes character development wird kaum betrieben, emotional bleibt der Streifen flacher als eine unbelegte Pizza, und dass in der vagen Hoffnung, aus dem Stoff noch ein Franchise zu zimmern, nicht alle Fragen beantwortet werden, sondern klar auf ein Sequel hingearbeitet wird, macht das ganze Prozedere dann auch dramaturgisch zu einem eher unbefriedigenden Gesamterlebnis. Die Dialoge mühen sich um den ein oder anderen pfiffigen one-liner, meistens mit eher mäßigem Erfolg, ansonsten wird das übliche Geblubber aus tausendmal gehörten Allgemeinplätzen wieder einmal abgespult.

Auch dem schottischen Regisseur Paul McGuigan, jüngst mit „Lucky Number Slevin“ positiv aufgefallen, gelingt es nicht, dem Film eine eigene Handschrift zu verleihen – ganz im Gegenteil, er versucht es sich irgendwo in der Schnittmenge aus Michael Mann (düstere Großstadtpanoramen) und Michael Bay (hektische Actionszenen, in denen mit bloßem Auge nicht zu erkennen ist, was vor sich geht) mit Anleihen beim HK-Kino (wenn die Plotte schon dort spielt) bequem zu machen und setzt sich damit auf einen großen, feuchten Schwamm. Genauso identitätslos wie das Script eiert McGuigan durch seine Inszenierung, greift sich hier ein Versatzstück, zitiert dort mal einen anderen Blockbuster, und ergibt sich in den langatmigen, nicht wirklich aufklärenden, erhellenden oder charaktererweiternden Passagen zwischen den (spärlichen) Actionszenen kampflos der Belanglosigkeit. Dem passt sich auch die professionelle, aber unambitionierte Kameraarbeit seines Stamm-D.O.P. Peter Sova (der auch „Donnie Brasco“ oder „Good Morning, Vietnam“ fotografierte und jetzt nicht gerade meine erste Wahl für einen adrenalinhaltigen Actionfilm wäre, nahtlos an (und, wie schon angedeutet, wenn ich noch einen Film, der NICHT von Michael Bay ist, sehe, in dem eine Zweikampfszene daraus besteht, dass die Kamera hysterisch um zwei ineinander verschmolzene Farbkleckse herumfliegt, besteht ernsthafte Gefahr eines Amoklaufs. Speziell, wenn man eh schon Kopfschmerzen hat, macht das nicht wirklich Spaß – und schon gar nicht in Reihe 5).

Die FX sind passabel – großartig revolutionär neue, nie gesehene Sachen fallen weder dem VFX- noch dem Stuntteam ein. Die Telekinese-FX sind digital adäquat, aber eben auch ohne jedes Bemühen um Innovation hingewerkelt, die weiteren „Mutantenfähigkeiten“ brauchen kein FX-Gewitter (und sich schwarz verfärbende Pupillen sind jetzt auch nicht gerade eine völlig neue Idee, wenn’s um Gedankenbeeinflussung geht). Einzig der Showdown (in den obersten Etagen einer Wolkenkratzer-Baustelle) bringt ein wenig Frohsinn, da Stuntmen und FX-Leute hier mal ein wenig von der Leine gelassen werden, aber ähnlichen Kram vollbrachte Jackie Chan ohne Computerunterstützung schon vor 20 Jahren. Die FSK-16-Freigabe rechtfertigt sich aus einem ziemlich üppigen, aber un-graphischen Bodycount.

Zu den Darstellern: Chris Evans („Cellular“, „Fantastic Four“, „TMNT“) bleibt weiterhin den Beweis schuldig, mehr als ein nur halbwegs sympathisches pretty boy face zu sein, seine dramaturgische Bandbreite ist begrenzt. An Dakota Fanning habe ich mich zumindest schon bei „Taken“ ausgiebig sattgesehen – altkluge Kindfrauen sind zugegeben ein Klischee, das bei mir schon per se Räude und Krätze auslöst, und ich bekenne auch freimütig, dass ich bislang keinen Bedarf hatte, die Fanning als „auf zwölfjährige Kindernutte“ aufgebretzelt sehen zu müssen. Liebe Dakota, in deinem Alter hatte Drew Barrymore schon ein paar Drogentherapien und -entzüge hinter sich, und war trotzdem ’ne bessere Schauspielerin. Camille Belle („10.000 BC“) drängt sich mit einer ebenfalls nur treudoof alle Klischees herunterbietenden Darstellung auch nicht für Academy-Award-Weihen auf, Djimon Hounsou („“Blood Diamond“, „Eragon“, „The Island“) belässt es bei einer unmotivierten Samuel-L.-Jackson-Gedächtnisvorstellung, bei der man erst wieder sieht, was man am Original hat. Xiaolu Li („Blood Brothers“) sorgt mit Ming-Na („Stargate Universe“, „Prom Night“) für den Hauch fernöstlicher Exotik, Cliff Curtis („10.000 BC“, „Die Hard 4.0“, „Whale Rider“) fährt in einer tragenden Nebenrolle noch mit am Besten.

Fazit: Wer an seine Filmkost keinen anderen Anspruch stellt, als dass in regelmäßigen Abständen irgendwas zu Klump geschlagen wird, explodiert oder sonstwie kaputt gemacht wird, und auf überschätzte Feinheiten wie Originalität, cleveres Script und gute schauspielerische Leistungen keinen Wert legt, wird mit „Push“ auch zufrieden sein. Jeder aber, für den spannende Filmunterhaltung aber mehr bedeutet als das unkritische Wiederkäuen von lieblos aneinandergesetzten Versatzstücken aus größeren, motivierter gearbeiteten Blockbustern, der sollte „Push“ allenfalls bei einer Free-TV-Ausstrahlung einer persönlichen Inaugenscheinnahme unterziehen. Geld sollte man für derart uninspirierten Kappes jedenfalls nicht locker machen.

2/5
(c) 2009 Dr. Acula


mm
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