Purple Storm – Ein tödlicher Auftrag

 
  • Deutscher Titel: Purple Storm - Ein tödlicher Auftrag
  • Original-Titel: Zi yu feng bao
  • Alternative Titel: Purple Storm | Anti Terror Force |
  • Regie: Teddy Chan
  • Land: Hongkong
  • Jahr: 1999
  • Darsteller:

    Daniel Wu (Todd Nguyen), Kwok-Leung Gan (Soong), Emil Chau (Ma Li), Josie Ho (Guan Ai), Joan Chen (Shirley Kwan), Theresa Lee (Cheryl), Patrick Tam (O.B.), Jianxin Huang (Liu), Michael Tong (Mike), Moses Chan (Rock), Mike Abbott


Vorwort

1979 – nach der Niederlage der Roten Khmer wird eine Handvoll junger Männer von den Khmer in die Welt hinaus geschickt, um neue Technologien zu erlernen, damit zu gegebener Zeit die Revolution erfolgreicher wiederholt werden kann. Unter ihnen und mit ganz besonderem Erfolgswunsch gesegnet – ein gewisser Soong.

1998 – eine Gruppe nordkoreanischer Terroristen überfällt vor der Küste Hongkongs ein Schiff und liefert sich ein erbittertes Feuergefecht mit der Anti-Terror-Einheit Hongkongs. Einer der Terroristen wird schwer verletzt in die Obhut der Spezialeinheit unter dem Kommando von Ma Lap gebracht.

Der Schlimmfinger ist schnell als ein gewisser Todd und ganz besonderer Vertrauensmann von Soong identifiziert. Wenn Soong sich in diesen Breiten herumtreibt, kann das nichts Gutes bedeuten, doch aus Todd ist nichts herauszuholen. Der gute Bursche leidet nach der Kopfverletzung, die er sich im Kampf zugegezogen hat, unter einer Amnesie. Ma hofft, mit Hilfe der Psychologin Shirley Kwan verwertbare Informationen aus Todds Brägen zu extrahieren, doch dieser Versuch muss abgebrochen werden – Soong fordert ultimativ die die Rückgabe seines Ziehsohns und verleiht dieser kleinen Bitte dezent durch das ein oder andere Bombenattentat Nachdruck. Ma verfällt auf einen tollkühnen Plan – anstatt Todds Gedächtnis wiederherzustellen, soll Shirley ihm schnell eine neue Identität als Undercover-Agent einpflanzen. So könnte Todd Soongs Organisation re-infiltrieren und den bösen Terroristen ggf. eigenhändig ausschalten, so alles andere scheitert.

Todd schluckt die Story erst mal, doch die „Übergabe“ scheitert und Todd verfällt in eine Sinnkrise. Als es Soong gelingt, Todd doch noch in seine Gewalt zu bringen, kann der seinen Chef und Ziehvater zunächst von seiner Loyalität überzeugen. Doch innerlich ist Todd zerrissen – seine echten Erinnerungen kommen wieder an die Oberfläche und nun wird der arme Kerl zwischen dem Wunsch, seinem Idol gegenüber weiterhin loyal zu sein und dem neu eingepflanzten Verlangen nach Gerechtigkeit zerrieben.

Ma hat indes über eine Diskette, die man Todd abnehmen konnte, herausgefunden, dass Soong den großflächigen Einsatz einer tödlichen Biowaffe, genannt „Purple Storm“, plant. Das „wann“ und „wo“ ist unklar, jedoch ist eines sicher – Soong will sehr sehr bald zuschlagen…


Inhalt

Und wieder ein kleines Überraschungsei aus der Jackie-Chan-SD-Blu-Ray-Box. Für Film Nr. 12 fiel dem Publisher dann nicht mal mehr ein Film mit Jackie-Cameo in die Hände, bei „Purple Storm“, dem man mit „Anti Terror Force“ wenigstens einen halbwegs passenden neuen Titel verpasst hat, muss es genügen, dass Jackie Chan als „Presenter“ fungiert. Dafür ist es der bislang erste Film auf der Disc, für den immerhin ein Widescreen-Transfer aufgetrieben wurde.

Dahinter verbirgt sich aber ein ganz patenter Thriller, inszeniert von Teddy Chan (der als nächstes Projekt dann „Accidental Spy“ mit dem Maestro selbst in Angriff nehmen durfte) und in der Hauptrolle mit Daniel Wu, damals noch Newcomer, heute einer der wenigen internationalen Top-Stars, die das HK-Kino noch aufweisen kann (u.a. zu sehen in „The Man with the Iron Fists“, „Europa Report“, der wohlgelittenen US-Serie „Into the Badlands“ und im anstehenden „Tomb Raider“-Reboot). Ebenfalls mit dabei: Sänger und TV-Persönlichkeit Emil Chau und Hollywood-Star Joan Chen („Twin Peaks“).

Nun ist es eine Binsenweisheit, dass der HK-Film in den 90ern und allerspätestens mit der Wiedervereinigung mit der VR China ziemlich den Bach runterging. Die HK-Regisseure konnten jetzt zwar mit großen Budgets arbeiten, aber Experimente waren nicht mehr gefragt, sondern Linientreue, und was nicht durch politische Vorgaben ruiniert wurde, verhunzten die Regisseure und Produzenten gern durch die Etablierung von pretty-boy-and-girl-model-Gesichtern als Stars, ohne darauf zu achten, ob die dafür auch nur die geringste Befähigung haben, und den inflationären Gebrauch von (mauen) CGI und hysterisch-hirnlosen Wire-Fu-Orgien. Binnen weniger Jahre war aus einer blühenden, eigenständigen und einflussreichen Filmindustrie ein kreatives Ödland geworden, das sich darauf beschränkte, internationales Blockbusterkino (mäßig) zu imitieren oder die Machthaber in Peking zu bespaßen.

Insofern muss man für jeden Film aus dieser Epoche dankbar sein, der versucht, ein bisschen mehr als Stangenware zu sein. „Purple Storm“ könnte letztlich zwar auch ein „Hollywood“-Film sein, aber er ist zumindest noch mit einer gewissen Eigenständigkeit ausgestattet. Schon allein die Grundstory ist recht originell – mit den Folgen des Terrorregimes der Roten Khmer in Kambodscha beschäftigen sich nicht wahnsinnig viele Filme, und wenn, dann doch auf eher schwermütige Weise („The Killing Fields“). Im Unterhaltungsfilmbereich kommt das Thema selten vor, und wirkt deswegen ziemlich frisch. Soong ist ein ideologisch überzeugter Khmer, aber auch einer, der begriffen hat, dass der Steinzeit-Kommunismusansatz Pol Pots am Ende des Tages ein Eigentor war, weil seine Feinde ihn einfach technologisch überrennen konnten. Soongs Methoden mögen modernisiert sein, doch das Ziel ist letztlich das gleiche – die Auslöschung von allem, was seiner Vision einer glorreichen, friedlichen Zukunft im Weg steht. Todd ist seit frühester Kindheit mit dieser Vision aufgewachsen, als Shirley Kwan ihm – eigentlich nur als List – vermittelt, dass es einen anderen Weg gibt, entbrennt ein für Verhältnisse von HK-Actionthrill-Kino „tiefer“ innerer Konflikt in ihm. Psychologische Studien sind, zugegeben, auch zu seinen besten Zeiten nie die Stärke des HK-Kinos gewesen, aber ich respektiere Chans Ansatz, den Hauptkonflikt des Films auf eine Vater-Sohn-Ebene zu hieven (wobei nie ganz klar ist, ob Todd ein biologischer Sohn Soongs ist – was zeitlich etwas knäpplich wäre – oder das eher auf einer metaphorischen, aber durchaus intimen Ebene gemeint ist). Und auch wenn es oft ein wenig holzschnittartig wirkt, wenn HK-Filmer sich auf die psychologische Ebene begeben, so gelingen Chan einige durchaus eindrucksvolle Szenen (so z.B. als Todd einer von Ma rekrutierten Polizistin, die als seine vermeintliche Ex-Freundin ausgegeben wird, sein Herz ausschüttet und die junge Frau davon völlig überfordert wird).

Aber schlussendlich ist es ein Hongkong-Film, und das bedeutet, dass Probleme nicht durch Gesprächstherapie gelöst werden, sondern durch Zweikampf und Shoot-outs. Der Streifen ist kein durchgehendes Action-Feuerwerk, aber wenn er sich dafür entscheidet, die Oktanzahl etwas hochzuschrauben, ist das nicht von schlechten Eltern (insbesondere die zwei großen Bombenexplosionen sind schon ’ne Hausnummer). Es gibt einiges an knackigen Stunts – der Showdown ist beinahe schon die „schwächste“ Actionszene.

Schauspielerisch liefert Emil Chau die wohl beste Performance, Wu ist noch in der „Probier“-Phase und neigt gelegentlich zum Overacting (was in HK nun aber auch nicht selten ist), Kwok-Leung Gan könnte als Schurke etwas von Wus Willen zur Übertreibung brauchen. Joan Chen liefert in ungewohnter Umgebung – „normalerweise“ ist sie ja der Exotiktupfen im Cast – eine gute Leistung als Polizeipsychologin, der durchaus klar ist, dass das, was sie tut, aus ärztlicher Sicht nicht richtig ist.

Abschließend gesagt – kein perfekter Film, aber so gut, wie es das HK-Kino 1999 wohl hinbekommen konnte. Wer sich vom Post-New-Wave-HK-Film mit Grausen abgewandt hat, findet hier einen kleinen Lichtblick…

3/5

(c) 2017 Dr. Acula


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