Poolhall Junkies

 
  • Deutscher Titel: Poolhall Junkes
  • Original-Titel: Poolhall Junkies
  • Alternative Titel: Stickmen |
  • Regie: Mars Callahan
  • Land: USA
  • Jahr: 2002
  • Darsteller:

    Mars Callahan (Johnny Doyle), Michael Rosenbaum (Danny Doyle), Chazz Palmintieri (Joe), Rod Steiger (Nick), Alison Eastwood (Tara), Christopher Walken (Mike), Glenn Plummer (Chico), Ernie Reyes jr. (Tang), Rick Schroder (Brad)


Vorwort

Johnny Doyle ist ein riesiges Pool-Billard-Talent, sogar so talentiert, dass er, obwohl ohne jegliche Turniererfahrung und grad erst dem Teeniealter entwachsen, zur Pro-Tour eingeladen wird. Sein Mentor Joe, der seine Pfründe davonschwimmen sieht, verheimlicht Johnny allerdings das Profi-Angebot und tingelt lieber mit ihm durch die Spielhallen, um arglose Hobbyspieler auszunehmen. Satte fünfzehn Jahre später und immer noch in zwielichtigen Spelunken leichtgläubige Möchtegern-Spieler abzockend, erfährt Johnny, wie übel ihm mitgespielt wurde. Verständlich, dass er eher übellaunig reagiert und durch ein getürktes Spiel dafür sorgt, dass Joe mächtig vermöbelt wird. Der anschließende Versuch, seiner Freundin Tara zuliebe in ein bürgerliches Leben einzusteigen, ist aufgrund der Tatsache, dass er ausser Billard spielen schlicht nix kann, mehr oder weniger von Anfang an zum Scheitern verurteilt; und als er versucht, seine Spielerfähigkeiten wenigstens gewinnbringend für Tara einzusetzen, um ihr einen Job als Anwältin zu verschaffen, ist das dem Mädel auch nicht recht – sie setzt ihn vor die Tür. Zu allem Überfluss mag sich Joe auch nicht so einfach unterbuttern lassen und sinnt nach Rache – zunächst mal bricht er Johnny die Hand, dann setzt er den Profi-Spieler Brad auf Johnnys nicht untalentierten, aber natürlich überforderten Bruder Danny an. Joes Plan geht auf und der Boden ist bereitet für ein dramatisches Duell am grünen Filz…


Inhalt

Billardfilme haben nicht zuletzt dank „Die Farbe des Geldes“, dem legendären Paul-Newman-Drama, einen festen Platz in der Filmhistorie, aber als zeitgemäßes Thema für das 21. Jahrhundert hätte ich Pool nun nicht unbedingt betrachtet (wenn schon, dann eher Snooker, das sich ja langsam zur Trendsportart mausert). Mars Callahan (von seiner lieben Mutti auf den Namen Gregory Martin getauft), der sich im Umfeld des professionellen Gamblings offenbar recht wohl fühlt (sein Regiedebüt „Zigs“ war auch dort angesiedelt), der hier in Personalunion den Co-Autor, Regisseur und Hauptdarsteller gibt, wagt sich an eine vorsichtige Modernisierung des etwas angestaubten Subgenres.

Das äußert sich dann darin, dass er die „Hauptstory“ zwar durchaus traditionsbewusst im halbseidenen Millieu der zweit- bis drittklassigen Spielhöllen ansiedelt und mit einem ordentlichen Schuss Gangsterdrama verbindet (Johnnnys „Manager“ Joe ist einer, der Probleme gern auf die robuste Art und Weise löst), auf der anderen Seite aber auch nicht vergisst, genügend zitierfähige „coole“ Dialoge in bester „Slackers“-Manier einzubauen (und die haben’s teilweise wirklich in sich). Das fügt sich nicht immer schlüssig zusammen, sorgt aber für ausreichend Kurzweil, um dem Film über seine vorhandenen dramaturgischen Längen hinwegzuhelfen. Mars Callahan, selbst dem Vernehmen nach ein nicht unfähiger Billardspieler, verfasste das Script mit Co-Autor Chris Corso (der übrigens eine kleine Rolle in „Roller Blade Warriors: Taken by Force“, einem Sequel der unsterblichen Trash-Granate „Roller Blade“, spielte und ansonsten keine größeren filmischen Ruhmestaten zu verzeichnen hat), ebenfalls einem kapablen Spieler, nach eigenen Erfahrungen und Erlebnissen (gerüchtehalber trafen Corso und Callahan sich, als sie in einer Billardspelunke versuchten, sich gegenseitig über den Tisch zu ziehen). Von der eigentlichen Storyline her verspricht der Film keinerlei Überraschungen – es rollt alles so dahin, wie man es sich nach Kenntnis der Grundprämisse vorstellt (der Covertext der deutschen DVD liegt übrigens leicht daneben und behauptet mehr an Spannung, als der Film halten kann) – es ist ein nicht immer ausgewogener Mix aus Drama, Komödie und Thriller, dem vor allem in seinen dramatischen Momenten doch gern mal die Puste ausgeht.

Als Regisseur zieht sich Callahan nicht schlecht aus der Affäre, ohne Wunderdinge vollbringen zu können (und vermutlich zu wollen). Das Tempo des Films ist eher mäßig, die guten Dialoge helfen, wie gesagt, über Hänger in der Story hinweg, die Inszenierung größtenteils konventionell, wobei schon auffällt, dass Callahan sich allergrößte Mühe gab, seine Co-Stars nicht zu groß wirken zu lassen, if you catch my drift; die besten Szenen muss er notgedrungen (siehe ein paar Absätze weiter unten) allerdings den Kollegen überlassen. Sportfreunde interessiert vermutlich, wie Callahan die Billardszenen gestaltet – schließlich sind die ein Herzstück des Films und seiner gesamten Dramaturgie. Ich war zunächst darauf vorbereitet, dass hier, angesichst der mittlerweile bestehenden technischen Möglichkeiten, viel digital getrickst werden würde; schließlich macht es die CGI-Technik möglich, dass Schauspieler, die ihr ganzes Leben lang kein Queue in der Hand gehalten haben, Trickshots „spielen“ zu lassen, bei denen gestande Profis blaß würden. Doch weit gefehlt – obwohl der Film ein ganzes Panoptikum an dem Durchschnittsspieler Angstschweiß auf die Stirn treibenden Stößen auffährt, sind sämtliche Shots „live“ gespielt, ohne Zuhilfenahme digitaler Hexereien (Christopher Walken gelang ein besonders komplizierter Stoss sogar beim ersten Anlauf, der als „warm-up“ eigentlich gar nicht mitgefilmt werden sollte; nur aufgrund Walkens Einwand, dass er den Stoss vielleicht beim ersten Mal und dann nie wieder hinbekommen würde, liess Callahan die Kameras mitlaufen), wobei der bekannte Billardprofi Mike Massey sozusagen den Löwenanteil der „Stunts“ übernahm (und dafür auch eine kleine Rolle spielen durfte). Schade ist allerdings, dass Callahan in den Spiel-Montagen gewisse Einstellungen und Shots mehrfach benutzt.

In den Billardszenen lässt Callahan dann auch gelegentlich leichte Anflüge von Style erkennen, wobei die dort inflationär eingesetzten Zeitlupen- und Zeitrafferaufnahmen im Endeffekt mehr nerven als das Spiel dynamischer gestalten.

Der Cast, den Callahan für sein Unterfangen gewinnen konnte, ist recht eindrucksvoll. Alt-Mime Rod Steiger agiert in seinem letzten Film mit sichtlicher Spielfreude als Johnnys väterlicher Freund, Chazz Palmintieri („The Usual Suspects“, „Mulholland Falls“) spielt den unsympathisch fiesen Joe mit allem ihm zu Verfügung stehenden Gusto (und füre inen schmierigen Möchtegern-Mafiosi gibt’s kaum ’ne bessere Besetzung als den guten Chazz), Ex-Kinderstar Rick Schroder („Der kleine Lord“) erweist sich ebenfalls treffend als aalglatter Sport-Rivale. „Smallvilles“ Lex Luthor Michael Rosenbaum hat in seiner Rolle als Johnnys kleiner Bruder Danny ebenfalls ordentlich Spaß und überträgt den auf den Zuschauer, Alison Eastwood, Tochter des großen Clint, macht aus ihrer nicht sonderlich dankbaren (da recht zickigen) Rolle der Tara das bestmögliche. Einen amüsanten Kurzauftritt (bzw. derer zwei) absolviert Glenn Plummer („Speed“, „Speed 2“, „Showgirls“). Zu Christopher Walken muss man eh nicht viel sagen, ausser, dass die Rolle für ihn relativ anspruchslos ist und er keine besonderen Exaltiertheiten zelebrieren kann (einen schönen durchgeknallten Monolog darf er allerdings sprechen). Könnte also darstellerisch alles tippi-toppi-wunderbar sein, wenn da nicht noch der Hauptdarsteller wäre. Klar, für Mars Callahan war der Film ein persönliches Ego-Projekt (wie oben angesprochen), das ändert halt aber leider nichts daran, dass er bestenfalls ein durchschnittlicher Schauspieler und keinesfalls in der Lage ist, einen Film als „Star“ zu stemmen – das tat er auch vorher nie (kleine Rollen in „Highway to Hell“ und „Kalifornia“ sind seine größten Ruhmestaten); es fehlt ihm schlicht und ergreifend an Präsenz und Charisma, er schafft es nie, den Zuschauer mit sich identifizieren zu lassen. Man bleibt emotional eher unbeteiligt, wenn der (darstellerisch) blasse Callahan seine Probleme durchleidet und hauptsächlich seiner Schmalztolle das Acting überlässt. Mit einem wirklich charismatischen Hauptdarsteller wäre „Poolhall Junkies“ gleich noch eine ganze Klasse einprägsamer.

Übrigens lohnt es sich, für eine witzige „Bonusszene“ den Nachspann durchlaufen zu lassen (ich weiß, wirs ind hier in Cineastenkreisen und unter uns und wir tun nie was anderes, aber vielleicht liest ja auch der gemeine Pöbel mit, der im Kino auch immer beim ersten Anzeichen eines Buchstabens auf der Leinwand ins Foyer rennt).

Bildqualität: „Poolhall Junkies“ wird uns von Ascot Elite ans Herz gelegt, wobei neuerdings mcOne den Vertrieb der Ascot-Scheiben übernommen hat (wollen wir mal hoffen, dass sich das auch im Verkaufspreis niederschlägt, denn die Produkte von Ascot waren bisher weniger für überragende Qualität denn für überhöhte Preise bekannt und berüchtigt). Bildtransfermäßig erfreut uns ein brauchbarer anamorpher 2.35:1-Widescreen-Transfer, nicht von allervollendetster Güte, aber (wenn man sich von Elite für Teuer Geld TM auf den Markt gebrachten Graupen wie „House“ erinnert) annehmbar. Der Transfer könnte in den Disziplinen Schärfe, Griesligkeit und Kontrast verbessert werden, ohne aber sonderlich negativ aufzufallen. Das erledigt dafür die lausige Kompression mit etlichen Nachziehern, was zu einer empfindlichen Abwertung führt.

Tonqualität: Drei Tonspuren stehen zur Verfügung, deutscher Ton kann wahlweise in Dolby 5.1 und 2.0 genossen werden, der (bei Ascot Elite nicht verwunderbarerweise) nicht untertitelte englischsprachige O-Ton in Dolby 2.0 (die Originalversion ist stimmungsbedingt, „dank“ einer recht sterilen und lieblosen deutschen Synchro, allemal vorzuziehen). Sämtliche Tonspuren sind kein Wunder der Dynamik und der Anlagen-Auslastung, aber akzeptabel (mehr eben aber auch nicht).

Extras: Immerhin, und das ist bei Ascot Elite nicht selbstverständlich, hat sich der Kommentartrack von Mars Callahan und Chris Corso, auf die Scheibe verirrt. Der ist zwar ausgesprochen dröge geraten (nach 20 Minuten mit diesen beiden Langweilern hab ich’s nicht mehr ausgehalten), aber der gute Wille zählt ja. Ansonsten gibt’s noch ’ne Trailershow.

Fazit: „Poolhall Junkies“ wird dem Genre „Billardfilme“ sicher keine Legionen neuer Fans bescheren – zwar müht sich Mars Callahan um ein zeitgemäßes Update des Stoffes mit quotablen und erheiternden Dialogen, aber insgesamt bietet der Film zu wenig Neues, zu wenig Aufregendes; „Die Farbe des Geldes“ hat zum Thema wohl doch schon alles gesagt, was zu sagen war. Addiert man dazu noch das Missverhältnis zwischen gut aufgelegten Nebendarstellern und farblos-uncharismatischem „Star“, so wird aus dem Film keine Vollgurke, aber zumindest auch kein richtiger Burner. Mein persönlicher Tipp wäre gewesen, das Script einem fähigen, dynamischeren Regisseur und einem charismatischen Star zur Verfügung zu stellen, aber das liess Callahans Ego sichtlich nicht zu. Sollte es tatsächlich Leute geben, die ausgehungert nach einem Billardfilm suchen, weil sie „Die Farbe des Geldes“ schon auswendig können, kann und will ich nicht wirklich abraten – wirklich übel ist „Poolhall Junkies“ nicht, nur halt ziemlich … durchschnittlich. Die Riege der Nebendarsteller (Steiger/Palmintieri/Walken/Plummer/Schroder) hätte allerdings besseres verdient als „Durchschnitt“. Durchschnitt ist übrigens auch das passende Wort zur DVD-Umsetzung.

2/5
(c) 2005 Dr. Acula


mm
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