Platoon Leader

 
  • Deutscher Titel: Platoon Leader
  • Original-Titel: Platoon Leader
  •  
  • Regie: Aaron Norris
  • Land: USA
  • Jahr: 1988
  • Darsteller:

    Michael Dudikoff (Lt. Frank Knight), Robert F. Lyons (Sgt. Michael McNamara), Michael DeLorenzo (Raymond Bacera), Jesse Dabson (Parker), Rick Fitts (Sgt. Robert Hayes), Tony Pierce (Shultz), Daniel Demorest (Duffy), Brian Libby (Sgt. Roach), Michael Rider (Pike), William Smith (Major Flynn)


Vorwort

Lt. Jeff Knight wird frisch von der Westpoint-Offiziersakademie an die Front in Vietnam gekarrt, wo er einen kleinen Zug übernehmen soll, der ein vietnamesisches Bauerndorf vor dem Vietcong schützen soll – das Kaff ist der letzte Flecken in der Region, der noch nicht von den Kommunisten übernommen wurde und daher vielleicht nicht strategisch, aber propagandistisch wichtig ist. Allerdings ist der Stützpunkt chronisch unterbesetzt und –ausgerüstet, und pure Begeisterung schlägt dem Grünschnabel ohne jegliche praktische Kampferfahrung seitens seines Trupps nicht entgegen. Die harten Sergeants McNamara, Roach und Hayes freuen sich geradezu ein drittes Nasenloch, wieder einen Frischling bemuttern zu dürfen, und auch das Fußvolk tritt Knight nicht unbedingt mit dem gebotenen Respekt entgegen.

Zwar versucht Knight sich durch die persönliche Teilnahme an den Dschungelpatrouillen bei seinen Männern beliebt zu machen, aber das hilft halt auch nur bedingt weiter, wenn sich – wie hier – herausstellt, dass das, was man auf der Kaderschmiede gelernt hat, im praktischen Einsatz eher so mittelgut funktioniert. Knight trifft einige fiese Fehlentscheidungen, die einen Zug in Gefahr bringen und sinkt auf der Beliebtheitsskala seiner Männer ungefähr auf den Level von Fußpilz und Gonorrhöe. Die dritte Fehlentscheidung innerhalb kurzer Zeit scheint das Experiment Knight zu beenden – der Lieutenant latscht in eine Vietcong-Sprengfalle und katapultiert sich auf direktem Weg ins Feldlazarett. Sowohl Sergeants als auch einfache Soldaten sind davon überzeugt – das ist das letzte, was man an der Front von Lt. Knight gesehen hat, aber der renitente Jungoffizier belehrt sie eines Besseren und taucht nach seiner Genesung zur weiterhin überschaubaren Wiedersehensfreude seiner Untergebenen wieder im Camp auf.

Aber wenigstens hat Knight durch seinen Lazarettaufenthalt etwas gelernt – es lohnt sich durchaus, auf die Erfahrungen seiner Truppe zu hören, auch wenn die im Dienstgrad unter ihm steht. Ein riskanter Überraschungsangriff auf eine vorrückende Vietcong-Offensive bringt ihm sowohl unter den Männern als auch bei seinen Vorgesetzten Respekt ein, allerdings verliert er bei der Aktion seinen Funker Parker, den einzigen im Tross, der ihm einigermaßen vorurteilsfrei entgegengetreten war. Die Stimmung hebt sich auch nicht dadurch, dass Soldat Bacera, der sich als Knights Intimfeind gerierte, während einer Patrouillenmission eine fatale Überdosis setzt.

Immerhin kann Knight durchsetzen, dass er endlich Verstärkung bekommt – was im Camp eintrudelt, ist sicher nicht die Elite der US Army, insbesondere nicht der Freiwillige Pike, der sich „Schlächter“ nennen lässt und aufs legale Töten scharf ist, aber man nimmt, was man kriegt.

Trotz Knights kleinem Erfolg ist die Vietcong-Offensive nach wie vor nicht zurückgeschlagen, eine konzertierte Aktion der US-Streitkräfte soll Charlie in die Flucht schlagen. Knight hat mittlerweile seine Lektion gelernt und erkennt rasch, dass der von den Vorgesetzten vorgelegte Angriffsplan von völlig falschen Voraussetzungen angeht. Es gelingt ihm tatsächlich, den Plan ändern zu lassen, aber auch damit ist der Erfolg noch nicht garantiert. Der US-Angriff läuft weitgehend ins Leere, dafür greift der Vietcong das entblößte Dorf an


Inhalt

Cannon! Michael Dudikoff! Da weiß man eigentlich, was man erwarten darf, und wird von „Platoon Leader“ dann doch ein wenig eines besseren belehrt. Die 80er waren zwar die Zeit, in der Hollywood fürdermeist bestrebt war, nachträglich noch den Vietnam-Krieg zu gewinnen (woran Cannon mit der „Missing in Action“-Trilogie eifrig mitschraubte), aber es entwickelte sich auch die Gegenbewegung, die sich bemühte, der Glorifikation von Krieg und Gewalt und die Mär vom Einzelkämpfer, der, losgelöst von den lästigen Klammern der Befehlskette, im Alleingang jeden übriggebliebenen Vietcong abmurksen kann, einen Realitätsschock zu verpassen – „Platoon“, „Geboren am 4. Juli“, „Die Verdammten des Krieges“, „Full Metal Jacket“, alles Filme, die trotz ihrer anti-heroischen Ausrichtung gut Kasse machten. Und an dem Kuchen wollte Cannon nun auch mitverdienen…

Nun, das sollte kein großes Problem darstellen – einen Kriegsfilm in einen Antikriegsfilm umzuschreiben (sofern es so etwas wie „Antikriegsfilme“ überhaupt geben kann – darüber streiten die Scholaren ja gern), ist leicht getan, muss man doch zwischen die Schlachtenszenen nur ein paar kritische Dialoge kneten und den Gore-Anteil hochfahren („seht ihr, SO brutal ist der Krieg wirklich!).

Cannon legte die Produktion vertrauensvoll in die Hände ihres aktuellen Produktionspartners, der englischen Produzentenlegende Harry Alan Towers, sicherlich nicht zuletzt wegen dessen guter Kontakte nach Südafrika, wo billig filmen war und sich sicherlich auch ein Eckchen Urwald finden lassen würde, das halbwegs glaubhaft Vietnam darstellen konnte. Für Michael Dudikoff muss die Möglichkeit, einen Film zu drehen, der nicht als Martial-Arts-Actionfilm konzipiert war, sondern ihm auch die Möglichkeit gab, sich schauspielerisch-dramatisch weiterzuentwickeln, reizvoll gewesen sein.

Das Drehbuch entstand nach dem autobiographischen Roman von James R. McDonough, der seine eigenen Erfahrungen als Lieutenant im Vietnam-Krieg aufarbeitete. Towers übernahm unter seinem Autorenpseudonym Peter Welbeck der die Adaption des Romans der Einfachheit halber selbst, die Ausarbeitung in Drehbuchform unternahmen Rick Marx (der seine Geld überwiegend als Autor im Pornobereich verdiente, im „seriösen“ Fach schrieb er u.a. „Fire on Fire – Das Frauencamp auf der Todesinsel“ und „Der Geächtete von Gor“), Andrew Deutsch („Delta Force 3“, „River of Death“) und David L. Walker. Die Regie ging an Aaron Norris – zugegeben als Chucks Bruder und Spezialist für unterbelichtete Remmidemmifilme GENAU der richtige, um einen differenzierten Kriegsfilm mit kritischen Untertönen zu realisieren (sollte man einen der Norris-Brüder mal sezieren, wird man vermutlich eh nur Innereien in Stars’n’Stripes-Farben vorfinden).

Wir wissen nun aus jahrelanger Erfahrung, dass Towers nun nicht gerade der größte Autor der Welt ist (warum sollte es auch hier anders sein als bei seinen Produktionsmethoden? Wenn man etwas „half-assen“ kann, damit durchkommt und dafür mehr vom Budget in die eigenen Taschen rasseln lassen kann, warum sollte man es nicht tun?), aber „Platoon Leader“ gehört sicherlich zur besseren Hälfte seines Outputs. Man wird sicher nicht behaupten können, dass Towers und seine Schreibknechte eine einzige originelle eigene Idee in seiner Geschichte verbraten hat, aber auch das Zusammenbauen von Tropes und Klischees (die, wie wir uns immer wieder erinnern, ja deshalb Klischees werden, weil sie grundsätzlich funktionieren) in ein einigermaßen schlüssiges Script ist, wenn schon keine Kunst, dann zumindest goldenes Handwerk.

Interessant ist zumindest einmal, dass die meisten (Anti-)Kriegsfilme ja das gemeine Frontschwein, dass es sich nicht aussuchen kann, in den Mittelpunkt stellen, während wir hier einen Karriere-Soldaten als Protagonisten haben, der sich bewusst für die militärische Laufbahn entschieden hat – seiner Ansicht nach durch die Offiziersschule auf alle Eventualitäten vorbereitet, aber zunächst völlig überfordert damit, sich an die reale Situation anzupassen und zu akzeptieren, dass seine Männer zwar weniger Lametta an der Uniform tragen mögen, aber schon ein Weilchen an der Front sind, Erfahrungen gesammelt haben und im Großen und Ganzen besser Bescheid wissen, wie, warum und wohin der Hase namens Charlie läuft, was man tun, und was man besser lassen sollte; dagegen Knights formalistische Vorstellungen von Ordnungs, Disziplin und Kriegsführung im Praxistest ein ums andere Mal vesagen. Erst nachdem ihn seine eigene Ignoranz fast umgebracht hat, ist Knight bereit, sich auf die Ratschläge seiner Untergebenen einzulassen, weil der Krieg eben nicht „nach Vorschrift“ läuft, schon gar nicht, wenn der Gegner mit, naja, unkonventionellen Methoden arbeitet.

Eine weitere zumindest bemerkenswerte Facette des Scripts ist, dass es praktisch komplett auf nicht-militärischen Background der Charaktere verzichtet. Normalerweise sind die diversen familiären oder ethnischen Hintergründe der Figuren ein recht beliebtes und probates Mittel, um ein wenig „human drama“ in die Kriegsspielerei zu bringen, „Platoon Leader“ verzichtet völlig darauf. Weder Knight (bei dem man zumindest spekulieren kann, dass er, having been in Westpoint, aus eher besserem Hause stammt, und dessen Männer wenigstens vermuten, dass er verheiratet ist), noch die Sergeants noch das gemeine Fußvolk werden in „ziviler“ Form definiert (einzig der später eingewechselte Pike darf behaupten, dass er sich freiwillig gemeldet habe, um einer Mordanklage aus dem Weg zu gehen). Towers‘ Script reduziert sie auf schieres Menschenmaterial (wie es nicht zuletzt alle Generäle dieser Welt auch immer wieder tun) und auf das, was der Krieg aus ihnen gemacht hat. Das ist in der Form schon wieder recht konsequent.

Was man nicht erwarten darf, ist eine differenzierte Darstellung des Vietcong. Die sind hier einmal mehr eine amorphe Masse anonymer Schattengestalten, die heimtückisch aus dem Hinterhalt angreifen oder durch schiere Masse ihre amerikanischen Gegner zu überrollen versuchen. Die tatsächlich vorhandenen kritischen Aspekte beziehen sich primär auf die simple brutale Grausamkeit des Krieges, der, wie die frühere deutsche Tagline behauptete, „keine Helden kennt“, das klägliche Verrecken der armen Säue an der Front, und die Inkompetenz der Armeeführung, personifiziert durch Knights anfängliche persona, ohne jegliche Feld- und/oder Kommandoerfahrung, plötzlich einen Trupp führen zu müssen, die Verleugnung der realen Umstände; Schattenseiten wie der Drogenkonsum unter den Soldaten oder die Verrohung (Roach gehört zu den Ohr-Abschneidern) eigentlich mal ganz anständiger Kerle. Das ist sicher alles nicht auf dem Level von Oliver Stone oder Brian de Palma, aber mehr, als man von einem Cannon-Film erwarten durfte, zur Heldenverehrung oder zum eifrigen Flaggewedel-Onanieren taugt „Platoon Leader“ tatsächlich nur bedingt.

Die Regiearbeit von Aaron Norris („Delta Force 2“, „Hitman“, „Top Dog“) reißt keine Bäume der Innovation aus, ist aber brauchbar. Die episodische Struktur des Scripts hält das Tempo verhältnismäßig hoch; die Dschungelsequenzen sind recht atmosphärisch, der Anteil reinrassiger Action-Ballerszenen verhältnismäßig gering. Norris lässt dem Script tatsächlich Zeit zur Entfaltung und räumt fast jedem Charakter mindestens eine gute Szene ein. In der großen Schlachtenszene im dritten Akt wird dann auch der pyrotechnische Budenzauber aufgefahren (und ein amtlicher Bodycount aufgetürmt), den wir von einem Aaron-Norris-Film erwarten. Für eine Produktion, die sicherlich nicht von sonderlich dicken Scheckbüchern profitieren konnte (ich verweise einmal mehr auf Harry Alan Towers Reputation…) sieht das Ganze auch vom betriebenen Aufwand her ordentlich aus. Südafrika hat zwar ab und zu ein kleines Problem damit, nach Vietnam auszusehen, aber das zentrale Set des Army-Camps am Arsch der Welt sieht auf seine matschig-eklige Weise gut aus.

In der oben erwähnten Tradition des Antikriegsfilms sind die Effekte verhältnismäßig ruppig und realistisch, FSK 16 geht aber in Ordnung. Den Score besorgt, wie bei Dudikoff-Cannon-Filmen beinahe Voraussetzung, einmal mehr George S. Clinton, der hier seinen bewährten Stil mit den zu erwartenden Militaria-Klängen aufpeppt.

Michael Dudikoff, ein bekannter Sympathieträger, darf hier tatsächlich ein wenig schauspielern – man wird ihm nicht unbedingt Oscars nachwerfen, aber er macht sich in seinen dramatischeren Szenen ganz manierlich.

Der supporting cast ist solide – Robert F. Lyons („Ripperman – Das Grauen hört nie auf“, „American Eagle – Merchants of War II“, „Murphys Gesetz“) ist als Sergeant McNamara passabel, Michael De Lorenzo („Überleben!“, „Eine Frage der Ehre“, „Fame“) als Bacera ebenso brauchbar wie Jesse Dabson („Alienator“, „Death Wish 4“) als Parker. Rick Fitts („Hanoi Hilton“, „Banzai Runner“) darf die Große Dramatische Szene spielen (als sein Sgt. Haley die Leiche einer vom Vietcong exekutierten jungen Frau, für die er sich verantwortlich fühlte, betrauert), Brian Libby („Pentagramm – Die Macht des Bösen“, „Die Verurteilten“, „The Green Mile“ – ein Favorit von Frank Darabont) hat als Sgt. Roach nicht arg viel zu tun. Eine Gastrolle spielt Hartarsch-Veteran William Smith als Knights Mentor.

Die DVD von Infopictures ist leider nicht der Rede wert – ein ziemlich schlamperter 4:3-Vollbildtransfer, bei dem sich auch niemand die Mühe gemacht hat, das Quellmaterial, was immer es auch gewesen sein mag, mal digital etwas zu entstauben. Schade, der Film hätte durchaus besseres verdient. Der Ton (Dolby Digital 2.0) ist bestenfalls durchschnittlich. Immerhin ist die Scheibe ungeschnitten. Als Extras gibt’s nur eine Trailershow. Das hässliche neue Artwork lässt sich erfreulicherweise per Wendecover auf das Original-Video-Motiv umdrehen.

Sicher kann „Platoon Leader“ im Vergleich zu heftigeren, realistischeren Antikriegsfilmen in Nam wie den oben bereits genannten oder „Hamburger Hill“ nur verlieren. Betrachtet man den Streifen aber im Kontext der üblichen billigen Cannon-Klopper, ist er dann aber doch eine kleine positive Überraschung. Dudikoff darf seine acting muscles flexen, das Script ist verhältnismäßig gut und Aaron Norris hält seine Tendenz, sich auf „USA! USA!“-Rufe einen abzurubbeln, gut im Griff. Das macht insgesamt einen ganz ansprechenden kleinen Film aus, der auch mit drei Dekaden Alter auf dem Buckel noch recht gut funktioniert. Eine anständige HD-Fassung wäre wünschenswert.

© 2019 Dr. Acula
 


BOMBEN-Skala: 3

BIER-Skala: 7


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