Planet der Vampire

 
  • Deutscher Titel: Planet der Vampire
  • Original-Titel: Terrore nello spazio
  • Alternative Titel: Planet of the Vampires |
  • Regie: Mario Bava
  • Land: Italien/Spanien
  • Jahr: 1965
  • Darsteller:

    Barry Sullivan (Captain Mark Markary), Norma Bengall (Sanya), Angel Arada (Wess Wescant), Evi Marandi (Tiona), Stelio Candelli (Brad), Franco Andrei (Bert), Fernando Villena (Dr. Karan), Mario Morales (Eldon), Ivan Rassimov (Carter), Massimo Righi (Captain Sallas), Alberto Cevenini (Toby Markary)


Vorwort

Die Raumschiffe Argo und Galliot untersuchen mysteriöse Emissionen, die von einem nicht minder mysteriösen, da von einem scheinbar undurchdringlichen Nebel, an dem sich alle Sensoren der Schiffe die elektronischen Zähne ausbeißen, umgebenen Planeten ausgehen. Die bange Frage, die die Herzen der Besatzungen bewegt – handelt es sich um Signale natürlichen, vulgo zufälligen Ursprungs oder hat hier eine bislang unbekannte außerirdische Zivilisation ihre Finger im Spiel?

Beim Versuch, auf dem Planeten zu landen, gerät die Galliot außer Kontrolle, und die Funkverbindung zwischen den Schiffen bricht ab. Auf der Argo kann man sich nicht lange darüber den Kopf zerbrechen, denn eine enorme Gravitationskraft zieht auch die Argo auf den Planeten zu. Mit 40 g beschleunigt die Argo auf die seltsame Welt zu – einzig der tapfere Captain Mark Markary bleibt bei Bewusstsein und versucht, das Schiff mit den manuellen Kontrollen wieder unter seine Fuchtel zu zwingen. Doch so plötzlich die unbekannte Macht aufgetreten war, so plötzlich lässt sie die Argo auch wieder frei. Sanft landet das Schiff und der Captain wundert sich. Z.B. darüber, warum seine Crew, sobald sie wieder aus der Bewusstlosigkeit erwacht ist, aufeinander und auf ihn los geht! Mit Müh, Not und ein paar gepflegten Maulschellen gelingt es Markary, seine Besatzung wieder zur Räson zu bringen. Die Betroffenen können sich an ihre Gewaltausbrüche nicht erinnern – hier ist ganz ohne Zweifel irgendetwas sehr sehr seltsames im Busch.

Die Galliot ist nicht weit weg gelandet – eine Exkursion zum Schwesterschiff ergibt, dass deren Crew, zu der auch des Markarys jüngerer Bruder gehört, leider nicht das Glück hatte, einen Alphakerl wie Markary an Bord zu haben. Mark und seine Getreuen finden nur Leichen; die Crew, zumindest soweit vorhanden, hat sich gegenseitig umgebracht. Aber ein paar Leute fehlen… Die Argo-Crew begräbt die Opfer und stellt zudem fest, dass der Galliot ein elementar wichtiges Bauteil unrettbar kaputtgeschlagen wurde: der Meteorabweiser, ohne den ein Start in den Weltraum glatter Selbstmord wäre.

Auch die Argo kann momentan nicht starten, Ingenieur Wess arbeitet fieberhaft an der Wiederherstellung der Flugfähigkeit des Schiffes, denn das der Planet nicht zum längeren Verweil einlädt, ist allgemein unstreitig. Es kommt noch schlimmer – Besatzungsmitglieder der Argo verschwinden spurlos, Crewmitglied Tiona sieht lebende Tote und bei einer Überprüfung der Galliot-Gräber ergibt sich tatsächlich, dass diese leer sind! Als Ausgleich für die vermissten Argo-Leute tauchen plötzlich zwei Überlebende der Galliot, darunter ihr Captain, auf. Die Herrschaften verhalten sich allerdings recht merkwürdig, insbesondere, als sie versuchen, den Meteorabweiser der Argo abzumontieren.

Ob des renitenten Widerstands der Argo-Mannschaft sieht sich die ominöse Macht im Hintergrund veranlasst, sich zu outen – hier ist eine körperlose außerirdische Lebensform am Werk, deren natürlicher Lebensraum, der hiesige Planet, unter dem körperlosen Hintern kaputt geht. Die Herrschaften würden daher gerne die Heimat der Menschen erobern, und da sie in der Lage sind, die Körper von Menschen zu übernehmen (bei Toten einfacher, weil die keinen Widerstand leisten), könnte das glatt gelingen. Können Mark und die Seinen verhindern, dass die Aliens ihren Plan in die Tat umsetzen können?
 


Inhalt

Mario Bava. Da schnalzt der Freund des italienischen Kintopps genießerisch mit der Zunge. Des Meisters Leib- und Magengenre ist zweifellos der Giallo, was natürlich nicht heißt, dass er sich nicht auch an anderen Genres versucht hätten. Schließlich war auch Bava den Gesetzmäßigkeiten der Branche unterworfen, die da besagen, dass ein Regisseur sich seine Projekte nicht immer aussuchen, sondern manchmal bestenfalls hoffen kann, auch einer schnöden Auftragsarbeit seinen persönlichen Stempel so weit aufzudrücken, dass er in Zukunft mehr Mitspracherecht hat.
 
Bava gelang dies bereits 1961 mit „Vampire gegen Herakles“, nominell nicht mehr als ein serienmäßiger Sandalenfilm, wie ihn Cinecitta in den frühen 60ern im Wochentakt auf den Markt schmiss, den Bava aber mit seinen einzigartigen Talenten auf dem Gebiet der Farbgebung und Bildkomposition veredelte und darüber hinaus eine Prise Horror-Imagery unterbrachte. Das Ergebnis ist ein Genre-Klassiker, der auch und gerade heute noch zu den Höhepunkten des Sandalenfilms gerechnet wird. Ein Jahrspäter durfte Bava dann an einen Science-fiction-Stoff. Samuel Arkoffs AIP, die immer hungrige amerikanische B-Klitsche, die stets Material brauchte, mit dem sie ihre Doppelvorführungen füttern konnte, sah sich verstärkt nach internationalen Kooperationen um; neben der fruchtbaren Zusammenarbeit mit den britischen Hammer-Studios richtete sich der AIP-Blick auch nach Italien, das mit dem für AIP nicht zu unterschätzenden Vorteil wuchern konnte, dass dort billig produziert werden konnte.-

Eigentlich heißt es, Eulen nach Athen (bzw. Wölfe nach Rom) zu tragen, wenn man heute noch etwas über „Planet der Vampire“ erzählen will, denn – wie praktisch die gesamte Genrefilmfreundfront sich einig ist -, der Streifen ist ein Klassiker, gilt als Einfluss und Vorbild für so ziemlich jeden SF-Horror-Hybriden, der im Nachgang gedreht wurde und speziell als Vorstufe zu „Alien“. Ich muss zugeben, dass sich mir beim Zusehen der Eindruck nicht unbedingt aufdrängte, aber wenn man mal drüber nachdenkt – „Raumschiff wird durch ein Signal auf einen unheimlichen Planeten gelockt, findet dort ein abgestürztes außerirdisches Raumschiff samt den Überresten seiner Mannschaft und wird dann von einer fiesen Alien-Lebensform aufs Korn genommen“… ja, das klingt doch ziemlich nach „Alien“ (auch wenn Dan O’Bannon behauptet, „Planet der Vampire“ vor seinem Alien-Schrieb nicht gesehen zu haben).

Aber eigentlich ist der „Planet der Vampire“ kein ausgeprägtes Stück technologisch geprägter Hard SciFi, sondern ein Gothic-Grusler (etwas, was Bava erwiesenermaßen auch konnte und zu diesem Zeitpunkt unter Beweis gestellt hatte), der zufällig nicht in einem spinnverwobenen Spukschloss stattfindet, sondern an Bord zweier Raumschiffe auf einem fremden Planeten. Letztlich tut das Setting für die Story, übrigens u.a. verfaßt von Ib „Alarm im Weltall“ Melchior, der mit einigen italienischen Bundesgenossen, darunter Bava selbst, eine SF-Story von Renato Pestriniero (den man nun wirklich nicht kennen muss), adaptierte, nichts weiter zur Sache – ob die körperlosen Monster nun Aliens, Vampire, Dämonen oder anderweitiges okkultes Kroppzeuch sind, ist mehr oder minder bedeutungslos. Bava geht es auch erkennbar nicht um die Geschichte an sich und / oder eine schlüssige, technologisch stimmige Utopie. Der Technobabble, den das Script seinen Protagonisten in den Mund legt, lässt jeden Star-Trek-Föderationsingenieur, der Kummer gewohnt ist, in eine embryonale Stellung verfallen, das wenige an Technik, das „wichtig“ für den Plot ist (z.B. eben der Meteor-Abweiser) sind schlichte MacGuffins, Elemente, die irgendwie vorhanden sein müssen, damit die Raumschiffbesatzung nicht beim ersten Anzeichen einer Bedrohung den Nachbrenner reinhaut, startet und im Vorgriff auf eine gewisse Ripley den Planeten vom Orbit aus bombardiert, um sicher zu sein, sondern an Ort und Stelle festgehalten wird.

Ob irgendwas von der Tech praktischen Nutzwert hat oder das Design auch nur annähernd Sinn für ein Raumschiff ergeben würde (memo: tut’s nicht), das ist Bava wurscht. Eine Raumschiffsbrücke von den Ausmaßen einer mittleren Turnhalle (für drei-vier dort tätige Crewmitglieder), Korridore, durch die man Panzer fahren könnte, nichts atmet den Geist echter Funktionalität, sondern dient Bava nur als Mittel zum Zweck, um mit dem Raum als solchen zu spielen (man kann sich mal dezent amüsieren, wenn Bava in eine der Kabinen der Besatzung reinlinst und die für zwei Mann von den Ausmaßen einer Telefonzelle ist, dieweil man draußen auf den Gängen des Schiffs wahrscheinlich einen 18-Loch-Golfplatz anlegen könnte, an dem Donald Trump seine Freude hätte).

Von echten Charakterisierungen kann man nicht reden – die Figuren sind bestenfalls vage definiert (was auch den ganzen, eh, „mythologischen“ Unterbau angeht, aber wenigstens der muss recht diffus bleiben, damit das Twistende funktioniert); außer Captain Markary, der quasi der Supermann unter den Astronauten ist, obwohl er aussieht, als wäre er reif für die Altersrente, darf als einziger einen Fitzelchen von Charaktermoment haben ob seines von den Alien kontrollierten Bruders. Die beiden Frauen an Bord, Sanya und Tiona, sind praktisch nur an der Haarfarbe zu unterscheiden, und der Rest der Crew, abgesehen von Wess und dem erstaunlich unnützen und nur absoluten Dummfug daherschwätzenden Bordarzts Dr. Karan, sind eh austauschbare Gesellen. Das Kostümdesign der Uniformen mit den bis zu den Ohren hochstehenden Krägen tut auch nicht viel dafür, dass man die Charaktere auf Anhieb auseinander halten kann…

Und doch – es ist alles komplett egal, denn Mario Bava gelingt das, wovon ein Lucio Fulci Zeit seines Lebens nur träumen konnte. Er baut einen Film komplett, total, hundertprozentig auf der Atmosphäre auf und hat damit Erfolg. „Planet der Vampire“ ersäuft in Atmosphäre. Bava kann hier – durch das Setting bedingt – nicht mit seinen ansonsten immer gern gesehenen Farbspielereien aufwarten, doch dafür schwelgt er in Nebel, Düsternis und der stets außerhalb des Bildausschnitts zu lauern scheinenden unbekannten und unsichtbaren Bedrohung. Da mögen die Kulissen des fremden Planeten noch so campy aussehen wie in einer schwächeren Star-Trek-Folge, es macht nichts, es fügt sich alles zu einem wohligen Schauergefühl zusammen, das bereits funktioniert, bevor Bava die Katze aus dem Sack lässt bzw. seine untoten Außerirdischen erstmals auftreten lässt (an der Stelle muss mal gesagt werden, dass der Titel relativ sinnfrei ist – „vampirisch“ ist an den Aliens exaktemento nichts, „Planet der Körperfresser“ wäre schon näher dran).

Ich halte mich ja für einen „story guy“ – wenn’s um Qualitätsfilm geht, ist eines meiner Hauptargumente immer noch ein gutes Drehbuch, reine Optik-Porno a la „Sucker Punch“ wird von mir möglicherweise Respekt für die visuelle Gestaltung ernten, aber kaum auf meiner Favoritenliste landen, von selbstherrlichem Stylegewichse Marke Cattet/Forzani ganz zu schweigen. Wenn’s einem Film dann wirklich mal gelingt, mich nur über die gestalterische Ebene, hier also Zusammenspiel von Design, Kostüm, Stimmung und Atmosphäre zu packen, dann ist das ein ganz besonders denkwürdiges und hervorzuhebendes Ereignis, und bei „Planet der Vampire“ stehen die Sterne mal in der dafür richtigen Konstellation (auch der Score von Gino Marinuzzi [„Kommissar X: Drei gelbe Katzen] trägt sein Scherflein dazu bei). Bava braucht in diesem Falle keinen graphischen Horror – der Schrecken speist sich aus der unheilvollen Gesamtstimmung und, sobald die Bedrohung mal ausgesprochen ist, aus der Furcht vor dem Verlust der Identität. Da kann man auch locker drüber hinwegsehen, dass die Weltraumeffekte eher symbolischer Natur sind (wobei die Italiener noch zwanzig Jahre später bewiesen, dass sie’s auch schlechter können).

Auch die darstellerischen Leistungen treten hinter das Gesamtkonzept „dark and moody“ zurück. Barry Sullivan, der obligatorische US-Name-Actor, der sich in den 40ern als zuverlässiger tough-guy-Charakter etabliert hatte und in den 50ern ein gern gesehener Gast im US-Fernsehen war, gehörte eigentlich nicht zu denen, die sich in Europa ein Zubrot verdienten – „Planet der Vampire“ markiert seinen einzigen nennenswerten Ausflug über den großen Teich. Möglich, dass Sullivan hauptsächlich seines „alten“ Images wegen verpflichtet wurde, denn mit 50 (und nicht gerade jünger aussehend, ähm), ist er schon schwer als dieser körperlich und geistig allen anderen überlegene Charakter zu kaufen. Aber, wie gesagt, das macht eigentlich nicht viel, da Charaktere die Sache des Films nicht sind. Die Brasilianerin Norma Bengell („Der Mann von Toledo“) und die Griechin Evi Marandi („Goldface – Der phantastische Supermann“) sind dafür da, in den eng geschnittenen Uniformen eine gute Figur zu machen und erledigen das vorzüglich. Angel Aranda („Der Koloss von Rhodos“, „Die Grausamen“), Stelio Candelli („Dämonen 2“, „Rush 2“, „Das Foltercamp der Liebeshexen“) und Fernando Villena („Perversion“, „Die geheimnisvolle Insel“) runden das Ensemble ab, und in einer kleinen Rolle stellt sich der spätere „Schweinefilm“((c) Hahn/Jensen)-Veteran Ivan Rassimov („Drei Augen für den Satan“, „Mondo Cannibale 2“, „Kampf um die 5. Galaxis“) erstmals einem größeren Publikum vor.

Mir lag die MGM-Midnite-Movies-US-DVD vor. Die ist mittlerweile etwas betagt und daher technisch nicht mehr auf der Höhe (4:3-Letterbox) und kommt ohne Extras außer einem Trailer aus.

Aber vielleicht würde hier ein 4K-Transfer, der die Low-Budget-Herkunft des Films, die billigen Effekte und Kulissen deutlicher in den Vordergrund rückt, auch nur schaden; bei reinen Camp-Trash-Filmen mag das ja nicht schaden, wenn man in einem neuen Deluxe-Print die Fäden sieht, an denen die Modelle hängen, aber bei einem Film, der sich ausschließlich über Stimmung und Atmosphäre definiert, kann das unter Umständen das Todesurteil für einen Film sein. Und das hat „Planet der Vampire“ als einer der zweifellos großen Klassiker und ein Meisterwerk von Mario Bava nicht verdient.

© 2019 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 5

BIER-Skala: 8


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