- Deutscher Titel: Planet der Affen
- Original-Titel: Planet of the Apes
- Regie: Tim Burton
- Land: USA
- Jahr: 2001
- Darsteller:
Captain Leo Davidson (Mark Wahlberg)
General Thade (Tim Roth)
Ari (Helena Bonham Carter)
Attar (Michael Clarke Duncan)
Limbo (Paul Giamatti)
Daena (Estella Warren)
Krull (Cary-Hiroyuki Takawa)
Senator Sandar (David Warner)
Karubi (Kris Kristofferson)
Senator Nado (Glenn Shadix)
Vorwort
Irgendwie liebe ich diese grandios danebengegangenen Megaproduktionen. Gerade das Tim Burton-Remake (pardon: „Re-Imagining“) von Planet of the Apes liefert dank gigantischem Merchandising und Werbe-Feldzug genug Material um das Ganze gebührend und ausführlich zu dokumentieren. Die Originalfilme sind trotz stetig sinkender Qualität und Budget bei jedem Sequel nach wie vor Kult und fest in der Scifi-Nerd-Popkultur verankert. Der erste Teil von 1968 mit Charlton Heston, Roddy McDowall und Kim Hunter ist trotz heutzutage etwas naiven Sozialkritik ein echter Klassiker der mit damals revolutionären Make-Up FX und einer packenden Story aufwarten konnte. Nicht ohne Grund nennen viele Make-Up Spezialisten die POTA-Serie als Hauptgrund für ihren Einstieg ins Business. Grössen wie Stan Winston haben sogar noch aktiv an Battle for the Planet of the Apes und der äusserst kurzlebigen TV-Serie mitgearbeitet und ihre ersten Sporen verdient. Interessant hierbei ist, daß Winston für das Remake wieder herangezogen wurde, um mit seiner Crew Test-Makeups herzustellen. Man wollte wohl schauen, wie glaubwürdig man heutzutage die Affen-Masken hinbekommen würde. Aus unbekannten Gründen ging der Auftrag jedoch schlussendlich an Rick Baker, der schon mit Produktionen wie GREYSTOKE oder dem MIGHTY JOE YOUNG-Remake die Expertise seiner Cinovation-Crew unter Beweis stellte.
Die Entstehungsgeschichte des Remakes ist sehr lang und ging durch enorm viele Wandlungen und Mutationen. Es waren viele namhafte Regisseure und mögliche Schauspieler beteiligt, u.a. James Cameron,der seinen Freund Arnold Schwarzenegger in der Chalton Heston-Rolle einsetzen wollte. Weitere mögliche Regisseure waren Michael Bay, Roland Emmerich und Oliver Stone. All diese Ansätze und verschiedenen Script-Versuche haben allerdings 20th Century Fox nicht wirklich überzeugen können. Sie wollten die alte POTA-Reihe wieder zu einer veritablen Blockbuster-Serie machen. Schlussendlich entschied man sich für Tim Burton,der bereits mit grösseren Blockbustern wie BATMAN und BATMAN RETURNS Erfolge feiern konnte, und bewies, daß er seine Underground-Konzepte durchaus in erfolgreiche Grossprojekte einbringen konnte. Sein Engagement wurde von allen Seiten mit Begeisterung aufgenommen,schien er doch der ideale Kandidat für die absurde SciFi-Vision einer auf den Kopf gestellten Welt zu sein. Burton machte in Interviews klar, daß er nicht an einer direkten Fortsetzung der ursprünglichen Serie interessiert war, und einen kompletten Neubeginn mit neuem Setting und Figuren wagen wollte.
Inhalt
Im Jahre 2029 befindet sich die Forschungsstation USAF Oberon in einem Orbit um den Saturn und erforscht eine dort entdeckte Anomalie, die wie ein Cluster von nicht näher erklärten Energiewirbeln erscheint. Man schickt mittels einer Raumkapsel einen speziell trainierten (und genetisch modifizierten) Schimpansen in die Anomalie, wo dieser prompt verschwindet. Captain Leo Davidson (Mark Wahlberg) fliegt unauthorisiert in einer weiteren Kaspel hinterher und wird ebenfalls von der Anomalie erfasst. Er findet sich im Orbit eines unbekannten Planeten mit mehreren Monden wieder und stürzt auf diesen ab. Er überlebt den Absturz und landet in einem Sumpfgebiet. Er rettet sich aus der brennenden Kapsel, und versucht sich erstmal zu orientieren. Er gerät mitten in eine Affen-Treibjagd auf primitive Menschen, und wird gefangengenommen. Davidson wird zu einer Affenstadt (im Script und den Comics wird diese „Derkein“ genannt) gebracht, und von dem Oran-Utan und Sklavenhändler Limbo (Paul Giamatti) an die Schimpansen-Dame Ari verkauft.
Nach einigem Hin-und Her befreit sich Leo aus der Gefangenschaft und flieht zusammen mit Deana (Estella Warren) und ein paar weiteren Menschen aus der Affenstadt. Ari und ihr Diener Krull (Cary Hiroyuki Tagawa) fangen sie ab, und begleiten sie nach kurzer Diskussion zur den Affen heiligen Stätte Calima.Dorthin verfolgt sie der Affengeneral Thade und seine Truppen, wo es zu einer grösseren Schlacht zwischen primitiven Menschen und der Armee kommt. Es stellt sich heraus, daß es sich bei den heilligen Ruinen um die abgestürzte USAF Oberon handelt,die hier vor tausenden von Jahren aufschlug. Davidson wird klar, daß er nicht nur im Raum sondern auch in der Zeit gereist ist. Nach dem Ende der Schlacht taucht urplötzlich die Kapsel mit dem Schimpansen vom Anfang des Films wieder auf, und landet vor den Ruinen. Thade versucht zu verhindern, daß die Affen und Menschen die Wahrheit über ihre Herkunft herausfinden (seine Familie kennt den Sachverhalt wohl schon seit mehreren Generationen) und versucht Leo und Perikles (der Schimpanse) umzubringen. Er wird jedoch von Attar, der den Betrug ebenfalls durchschaut hat, in der Brücke des Schiffes eingesperrt. (Was dann mit ihm passiert ist unklar,er bleibt wohl erstmal dort eingekerkert). Leo verabschiedet sich von seinen neugewonnenen Freunden, und versucht trotz allem mit der Kapsel nach Hause zurückzukehren. Was er allerdings auf der Erde findet, hätte er sich wohl in seinen schlimmsten Alpträumen nicht ausdenken können…
Burtons Planet of the Apes-Remake erscheint zunächst wie ein recht gelungenes Big Budget-Adventure, das mit grossartiger Ausstattung,brillianten Masken und State-of the Art FX aufwarten kann, aber zum grössten Teil reiner Oberflächenreiz bleibt. Der Planet der Affen scheint nur aus einem Stadtstaat zu bestehen und nicht aus einem global bevölkerten Gebilde. Man hört zwar was von entfernten Provinzen,aber das wird nicht näher beleuchtet. Wenn man eine derartig grosse Armee unterhält,dann darf man davon ausgehen, daß es regelmässig Konflikte mit anderen (Affen-)-Nationen gibt. Ich kann nicht glauben, daß man das alles nur für ein paar zerlumpte Menschen aufgezogen hat. Auch hier wieder werden Spuren einer komplexer und grossartiger angelegten Welt deutlich,die irgendwann zwischen Produktions-Meetings, Budget-Kürzungen und entnervten Regisseuren verloren gegangen sind.
Auf schauspielerischer Ebene ist der Film sehr ungleichmässig gewichtet, die Darsteller der Affencharaktere sind sehr gut gewählt und verstehen es Emotionen selbst durch Tonnen von Latex und Makeup eindrucksvoll zu vermitteln. Hervorzuheben sind hier natürlich Tim Roth als bösartiger General Thade und Helena Bonham Carter als fortschrittlich denkende Schimpansen-Dame Ari. Roth ist fast unkenntlich als unablässig agressiver Schimpanse, und durch die eindrucksvolle Rick Baker-Maske und die Bewegungs-Choreographie von Cirque du Soleil-Veteran Terry Notary wirkt er sehr einschüchternd und als ob er einem jeden Moment den Arm aus dem Gelenk reissen wollte. Leider erfahren wir nicht viel über Thades Motivationen, er wird einfach als böser Faschist charakterisiert,der die Menschen grösstenteils wegen ihres Geruchs und ihrer Fremdartigkeit wegen ausrotten will. Das ist ein wenig schwach, und hätte ein wenig mehr Hintergrundinfo gebraucht. So bleibt Thade ein eher eindimensionaler Bösewicht,von dem man nicht viel mehr weiss,als das er auf Ari scharf ist, Menschen hasst und Befehlshaber der Primaten-Armee ist.
Ari (Helena Bonham Carter) dagegen wird etwas vielschichtiger angelegt, sie wird als typischer Burton-Aussenseiter präsentiert, die sich gegen alle Konventionen wehrt und selbst die Grundfesten ihrer eigenen Zivilisation in Frage stellt. Sie ist ohne Zweifel das Zentrum des Films und kann mit emotionalen Schauspielüberzeugen. Seltsam ist allerdings das Design von Aris Make-Up, Tim Burton wollte laut Auskunft von Rick Baker, daß sie für das Publikum sexuell attraktiv und sympathisch wirkt. Was diese Design-Entscheidung allerdings bewirkt hat, ist das ungute Gefühl beim Zuschauer, daß man sich für eine (obwohl evolutionstechnisch weiterentwickelte) Schimpansen-Dame erwärmen kann. Irgendwo ist das allerdings ein typischer Burton-Moment,wo man sich fragt, was sich der Künstler dabei bloss gedacht hat. So ähnlich fühlte man sich bei dem SadoMaso-Aufzug von Michelle Pfeiffer in BATMAN RETURNS, der eine ähnliche Kontroverse auslöste. Burton wollte sogar allem Anschein nach noch weiter gehen und eine Romanze zwischen Ari und Leo Davidson inszenieren.
Die leitende Etage bei 20th Century FOX ist daraufhin wohl ziemlich ausgeflippt und ordnete strikt an, nicht nur diese Szene (die offenbar niegedreht wurde), sondern auch so gut wie alle Szenen zu entfernen die eine aufkeimende Romanze zwischen den beiden zeigt. Das führt manchmal zu recht eigenartigen Alternativ-Einstellungen, wie z.B. die Szene,wo Ari Leo ihre frische von Thade verabreichte Brandnarbe zeigt. Leo reagiert unverständlich kalt, obwohl Ari gerade für ihn eine Verstümmelung riskiert hat. Das riecht nach eiligen Reshoots, die viele dieser Szenen wohl ersetzen sollten. Obwohl es natürlich verständlich ist, daß 20th Century FOX bei einem 100 Mil. $-Epos keine Negativ-Schlagzeilen gebrauchen konnte, hätte man sich doch etwas sorgfältigere Reparatur-Massnahmen gewünscht. Was bleibt, ist ein Eindruck eines Filmes,der in relativ hastiger Art und Weise zusammengeschustert wurde. Alle Elemente für einen erfolgreichen Film waren vorhanden: Rick Bakers Makeup-FX, Tolles Setdesign (das leider oft eben wie…ein Studio-Set aussah), einige gute Schauspieler, und ein barbarischer (für ihn recht untypischer) Danny Elfman-Soundtrack. Der Film wirkt durch das rasende Tempo, die offenbar fehlende ausreichende Vorbereitung und die inhaltlichen logischen Fehler des Scripts nicht wirklich wie ein „echter“ Tim Burton-Film.
Damit kommen wir schon zu den Schwachpunkten des Films. Die menschlichen Charaktere wie Leo Davidson (Wahlberg), Daena, oder der völlig verschwendete Kris Kristofferson als Karubi haben dialog-mässig so gut wie nichts zu tun. Kristoffersons Figur hat allein als Bauernopfer herzuhalten, und um Thades Grausamkeit zu dokumentieren. Eine verpasste Chance für Charakter-Momente sondergleichen. Sehr schade. Überhaupt wird deutlich, daß Tim Burton sich nur für die Affencharaktere interessiert, hier kann er zeigen was er kreativ draufhat, die Menschen wie Leo Davidson sind ihm schlicht zu langweilig und uninteressant, so scheint es. Das liegt sicherlich auch z.B. an Wahlberg, der hier nichts von der Präsenz von ehemals Charlton Heston besitzt. Er wirkt wie ein Nebendarsteller oder ein Stand-In, und nicht wie ein „Leading Man“. Er versucht nur, möglichst schnell vom Planeten zu verschwinden, da blitzt kein bisschen Abenteuerlust oder Emotion durch. Ewig der gleiche Gesichtsausdruck, immer das demonstrativ zur Schau gestellte Desinteresse an seiner Umgebung, sehr schwach. Da wirkt Aris Kommentar (sinngemäss) „Du bist sehr sensibel..“ fast unfreiwillig komisch.
Sicher, es gibt immer wieder einige Momente wo Burtons Sinn für Absurditäten und seine „Weirdness“ durchblitzen, wie z.B. bei der Flucht aus der Affenstadt, wo die Protagonisten quer durch die Häuser und Schlafzimmer der Affen flüchten, und einige witzige Szenen zu sehen sind, wie der Schimpanse,der grad sein Toupet und sein Gebiss ablegt. Solche Szenen sind allerdings rar gesät, und gegen Ende degeneriert der Film in eine beinahe halbstündige schlecht inszenierte Schlacht um die abgestürzte Oberon-Station. Dort wird wieder deutlich,das Burton keine grossangelegten Action-Sequenzen inszenieren kann. Was sollten eigentlich die ständig durch die Gegend fliegenden Affen ? Kann mich nicht daran erinnern, daß Schimpansen oder Gorillas (!!!) sowas drauf hätten. Aber ok, die Primaten sind ja „evolved“, da kann man das schonmal verschmerzen *kicher* Seltsamerweise hat der Film insgesamt dennoch seinen Charme, es ist wohl das Gefühl hier einen Film zu sehen, der alle Elemente zum Erfolg hat,aber es trotzdem nicht ganz geschafft hat. Viel Reinrederei von FOX und der drohende Release-Termin, haben Burton bewogen, einen für ihn grösstenteils unbefriedigenden Film zu machen,der zum grössten Teil ohne seine sonst üblichen Trademarks auskommen muss. Man fragt sich berechtigterweise, warum FOX gerade Burton engagiert haben, wenn sie mit seiner exzentrischen Art Filme zu machen, eh nicht klar kommen ? Das es zu kreativen Kontroversen kommen würde, war ja aufgrund seiner vorherigen Werke schon vorher klar. Ein Sequel wird es wohl trotz etwa 180 Mil.$ Einspielergebnis nicht geben, Burton hat aufgrund seiner negativen Erfahrungen mit FOX dankend abgelehnt. Der einzige Weg wird wohl (wenn überhaupt!) ein kompletter „Reboot“ der Franchise sein, mit neuem Regisseur, Script, und Figuren. Oder Burton lässt sich mit einem dicken Honorarscheck überreden, das Sequel zu drehen und die unerklärten Handlungsstränge zu einem befriedigenden Ende zu führen. Ausserordentlich beknackt ist die Szene, wo Leo allein mit seiner Kapsel die Strecke Saturn-Erde anscheinend in ein paar Sekunden(!) zurücklegt. Das ist doch nur ein Erkundungsbeiboot, und kein Warp-Star Trek-Vehikel !Allein der Treibstoff-Verbrauch würde unglaublich sein, wo kommt der bitte her ? Das sind schlicht unverzeihliche Drehbuch-Schlampigkeiten,wo sich um selbst elementare wissenschaftliche Facts keinen Kopf gemacht wird. Da vermute ich ebenfalls eine zur Premiere nicht rechtzeitig fertiggewordene FX-Sequenz, die der hastigen Produktion und dem Rotstift zum Opfer gefallen ist.Apropos Ende: Das Ende von Planet of the Apes macht wenig bis gar keinen Sinn, und ist meines Erachtens nur als enormer Mindfuck gedacht, weil man glaubte das Twist-Ending aus dem ersten Teil mit der Freiheitsstatue toppen zu müssen. Aber das Ende spoiler ich mal nicht, über das „Ape Lincoln“- Ende soll sich jeder mal sein eigenes Urteil bilden. Ich finds einfach nur unlogisch. Es ist die Rede von 5 -10 verschiedenen gedrehten oder angedachten Enden gewesen, die Burton mit seinen Script-Schreibern vorbereitet hatte,aber anscheinend war wohl am wichtigsten, welches Ende am absurdesten ist, und nicht welches die Geschichte logisch zuendeführt. Besser wäre gewesen, wenn man den Film mit Leos Start an Bord seiner Kapsel beendet hätte. Das wäre ein ganz einfaches,vielleicht nicht ganz rundes Ende gewesen, das man als Cliffhanger für das Sequel verwenden könnte. Aber immer noch besser als diese Absurdität hier.
Abschliessend möchte ich sagen, daß man bei diesem Film oft merkt, daß man Grösseres und Intelligenteres im Sinn gehabt hat, als schlussendlich dabei herausgekommen ist. Allein der Aufwand der in das Make-Up und die Bewegungs-choreografie der Affen gesteckt wurde, macht deutlich, daß die Macher schon versuchten, das Original zu übertreffen. Das wird jedoch durch die vielen Drehbuch-Blödheiten, oft schlechte Dialoge und sinnlose (weil nicht zuendegeführte) Handlungselemente wie die Mensch-Affenromanze (Sick !….obwohl..höhö…) oder die ebenfalls offengelassene Erklärung für die rasante Evolution der Affen zunichte gemacht. Auch schade ist, daß der fremde Planet auf dem sich die Affen-Zivilisation befindet überhaupt nicht mit ausserirdscher Fauna und Flora bevölkert wurde, sondern eigentlich grösstenteils wie auf der guten alten Erde aussieht. Ein grossartig aussehender Film mit schlechtem Drehbuch und absurdem Ende, der jedoch durch einige nette Einfälle und stellenweise brilliante schauspielerische Leistungen auf Seiten der Affen-Darsteller trotzdem gut unterhält. Das 1968er Original übertrifft es trotz besserer technischer Umsetzung allerdings bei weitem nicht.
©2007 Xenoforge
BOMBEN-Skala: 5
BIER-Skala: 3
Review verfasst am: 01.09.2007