Pirates of the Caribbean – Fluch der Karibik 2

 
  • Deutscher Titel: Pirates of the Caribbean - Fluch der Karibik 2
  • Original-Titel: Pirates of the Caribbean: Dead Man's Chest
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  • Regie: Gore Verbinski
  • Land: USA
  • Jahr: 2006
  • Darsteller:

    Johnny Depp (Jack Sparrow), Orlando Bloom (Will Turner), Keira Knightley (Elizabeth Swann), Jack Davenport (Commodore Norrington), Bill Nighy (Davy Jones), Jonathan Pryce (Gouverneur Weatherby Swann), Stellan Skarsgard (Stiefelriemen Bill), Tom Hollander (Lord Cutler Beckett), Naomie Harris (Tia Dalma)


Vorwort

Will und Elizabeth wollen grad heiraten, als Lord Beckett von der Ostindischen Handelsgesellschaft spielverderbenderweise hereinplatzt: Auf die beiden (sowie auf den abwesenden Commodore Norrington) ist ein Haftbefehl ausgesetzt, weil die genannten dazumal Jack Sparrow zur Flucht verholfen haben. Das Urteil: Die Todesstrafe. Doch Beckett macht mit Will einen Deal: Beschafft ihm dieser den Kompass von Sparrow, wird der Vollzug des Richterspruchs ausgesetzt. Um Elizabeth zu retten, schlägt unser Held ein.

Sparrow kriegt inzwischen auf der Black Pearl Besuch von Stiefelriemen Bill (Wills Vater, ihr erinnert euch), welcher der Crew des legendären Davy Jones beigetreten ist, seitdem ihn seine alten Kameraden auf dem Grund des Meeres versenkt haben (ohne dass er dort sterben konnte, wegen des Fluchs und so). Jones, seines Zeichens Kapitän des Fliegenden Holländers, lässt durch unseren Stiefelriemen ausrichten, dass er gedenkt, alte Schulden einzutreiben, namentlich Sparrows Seele.
Da kommt diesem Will grad recht: Sparrow zeigt sich gewillt, ihm den Kompass zu überlassen, dafür muss der ihm helfen, einen Schlüssel und die dazugehörige Schatztruhe zu finden: Die Schatztruhe, in der sich Davy Jones Herz befindet…

Elizabeth schafft es inzwischen, mit der Hilfe ihres Vaters aus den Fängen Lord Becketts zu fliehen, und auch der ehemalige Commodore Norrington wirft sich in den Reigen, hat er doch noch ein Hühnchen mit Sparrow zu rupfen…


Inhalt

Es fällt auf, dass dieser Film im Grunde nur das Schema des ersten Teils variiert, geht es doch auch hier um ein verfluchtes Schiff und einen verfluchten Captain, dem sich unsere Protagonisten entgegenstellen müssen. Soll mir aber recht sein, denn während „The Curse of the Black Pearl“ zwar ganz nett war, es dem Streifen aber heftig an Biss fehlte, hat man bei „Dead Man’s Chest“ aus der gleichen Grundidee einen merklich besseren Streifen gemacht.

Die Handlung ist ein ganzes Stück komplexer (schon weil mehr Parteien beteiligt sind) und es passiert einfach mehr (wobei man durchaus monieren kann, dass beispielsweise die Episode um die Kannibaleninsel nicht wirklich viel zur Story beiträgt – aber was soll’s, Frohsinn bringt sie dennoch), so dass der zweite Teil zwar einige Minuten länger ist, aber dennoch um einiges rasanter wirkt als der im Vergleich um so behäbigere Vorgänger. (Und dabei ist die Geschichte mit diesem Streifen dank offenem Ende noch gar nicht zu Ende.)
Es hilft da sicher auch, dass Pathos und Romantik auf ein Minimum reduziert wurden. (Und grad der Romantik-Part wird durch die Spannung, die sich durch die Dreiecksbeziehung von Will, Elizabeth und Jack ergibt, ein ganzes Stück interessanter.) Gore Verbinski („The Ring“) hat sich hier wortwörtlich selbst übertroffen, natürlich mit Hilfe der Drehbuchautoren Ted Elliott und Rerry Rossio („Godzilla“, „The Mask of Zorro“), die allerdings die eine oder andere Fragwürdigkeit im Plot hätten ausmerzen dürfen, mehr noch als im Vorgänger. (Wieso zum Beispiel behält Jones sein Herz nicht einfach bei sich oder erledigt Jack gleich, statt ihm erst Bill zu schicken – und ihn so auch noch vorzuwarnen?) Die ganz grosse Wirrnis kommt dann aber mit dem letzten Teil…

Zurückgefahren wurde auch der eher altbackene Humor (selbst die aus dem letzten Teil herübergeretteten Comic-Reliefes haben weniger, äh, Comic-Relief-Mässiges zu tun), so dass die Gags eher nebenher laufen, dafür umso besser wirken. (Bis hin zu den Anspielungen auf den Vorgänger: „Versteck den Rum!“, muahahaha!) Wobei auch hier leider nicht jeder Witz sitzt und mir noch ein wenige mehr Ernsthaftigkeit recht gewesen wäre.
Dennoch: Der Film ist düsterer (und brutaler, siehe beispielsweise die augenaushackenden Krähen), vor allem dank Davy Jones sowie seiner Crew von Seezombies und dem beeindruckenden Fliegenden Holländer (bei dem es mit dem Fliegen zwar nicht so weit her ist – dafür geht das Teil öfters mal auf Tauchstation). Hier ein Kompliment an Bill Nighy („Gaston Leroux’s The Phantom of the Opera“, „Underworld“), der aus dem verfluchten Kapitän einen vorbildlich bösen und mitleidslosen Bösewicht mit hübschen Anflügen von Overacting macht (aber auch tragische Anklänge hat).

Aber auch die Guten kriegen einen gewissen Zynismus mit: Orlando Bloom („The Lord of the Rings“) als Will und Keira Knightley („Bend It Like Beckham“) als Elizabeth sind nicht mehr einfach nur die herzensguten, grundsätzlich positiven Helden, sondern können auch ein gewisses Mass an Besessenheit (Will, der sowohl seine Elizabeth als auch seinen Vater um jeden Preis befreien möchte) oder gar Verschlagenheit (das gilt überraschenderweise vor allem für Elizabeth) an den Tag legen. Und die erwähnte Spannung zwischen den beiden wegen Elizabeths Gefühle für Jack (was nur auf den ersten Blick unglaubwürdig und abgeschmackt erscheint!) machen die Sache, wie gesagt, weitaus interessanter als im ersten Teil.

Apropos: Johnny Depp („From Hell“) liefert erneut eine tolle Show ab und ist wiederum eine sehr ambivalente Figur, die zwischen egoistischer Feigheit, verachtenswertem Verrat und selbstlosem Heldenmut hin und her pendelt. Und schliesslich kommt noch Jack Davenport („Coupling“) als Norrington hinzu, der inzwischen ein gebrochener Mann ist und nur noch dafür lebt, die büssen zu lassen, die an seinem Unglück schuld sind. Alles in allem eine spannende, für Popcornkino dieser Art erstaunliche Figurenkonstellation und Charakterentwicklung. (Grad im Vergleich zum ersten Teil fällt auf, wie ausdifferenziert das Ganze hier ist.)

Oh, erwähnen möchte ich noch Naomie Harris („28 Days Later“, „Miami Vice“) als Tia Dalma, die Wahrsagerin. Die ist vielleicht ein wenig zu jung für die Rolle, hat aber was geradezu Hypnotisches. (Allein der Akzent… *schwärm*) Tom Hollander („Gosford Park“) ist als Beckett ein hübsch arroganter „Zweitbösewicht“ und Jonathan Pryce („Brazil“) hat auch wieder seinen kleinen Auftritt (zudem nicht mehr nur als Clown wie im letzten Teil). Als Wills Vater tritt Stellan Skarsgard („Insomnia“, „Good Will Hunting“, „Deep Blue Sea“, „Exorcist: The Beginning“, resp. “Dominion”) auf.

Die Spezialeffekte sind wiederum erste Sahne und die Motion-Capture-Kreaturen vom Fliegenden Holländern ein gutes Stück überzeugender und realistischer gerendert als die Skelette aus „The Curse of the Black Pearl“. Ein besonderes Schmankerl ist natürlich der Riesenkrake (seit „Deep Rising“ gab’s kein ähnlich cooles Gewürm mehr), den Davy Jones auf seine Opfer hetzt und der wie in den alten Geschichten ganze Schiffe versenkt. Ein wunderbarer Anblick.
Dazu Segelschiffe, die sich verfolgen und sich mit Kanonen Saures geben, Shootouts mit der Handfeuerwaffe, Duelle mit dem Schwert – die Action kann sich sehen lassen (ist zum Teil aber auch etwas zu sehr over the top). Auch auf die gewaltige Ausstattung sowie auf die wunderschönen Drehorte auf den Bahamas muss man nicht verzichten.

Bei der Filmmusik hat Hans Zimmer („The Lion King“, „Gladiator“, „Hannibal“, „Batman Begins“ und “The Dark Knight“) das Zepter von Klaus Badelt übernommen und der Mucke noch zusätzlichen Drive verpasst. Ich liebe es besonders, wenn die Orgel zum Einsatz kommt – ganz grosses Kino!

Der Cliffhanger ist nicht von schlechten Eltern und hat auch eine handfeste Überraschung parat. Wunderbar! Selbst das kleine Nachspiel nach dem Abspann ist besser als beim Vorgänger… Das einzige echte Problem des Streifens ist schlussendlich, dass er nicht für sich alleine stehen kann, sondern erst mit dem dritten Teil abgeschlossen wird. Und der ist bekanntlich konsequent in die Hose gegangen.

Die Einzel-DVD geht völlig in Ordnung, wenn man nicht auf tonnenweise Bonusmaterial versessen ist. Hauptsache, der Streifen ist in anständiger Qualität drauf.

„Dead Man’s Chest“ bietet im Vergleich zu „The Curse of the Black Pearl“ wenig Neuerungen, übertrifft ihn aber in jeder Hinsicht und ist Popcornkino vom Allerfeinsten, auch wenn er von mir aus noch ein klein wenig erwachsener (und in sich selbst abgeschlossen) hätte sein dürfen.

4/5
(c) 2009 Gregor Schenker


mm
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