Piraten

 
  • Deutscher Titel: Piraten
  • Original-Titel: Pirates
  •  
  • Regie: Roman Polanski
  • Land: Frankreich/Tunesien
  • Jahr: 1986
  • Darsteller:

    Walter Matthau (Captain Red), Chris Campion (Frosch), Charlotte Lewis (Dolores), Damain Thomas (Don Alfonso), Ferdy Mayne (Linares), Roy Kinnear (Holländer)


Vorwort

Der gefürchtete Piratenkapitän Thomas Bartholomew Red, als Captain Red der Schrecken der spanischen Seefahrer, hat nicht gerade eine Glückssträhne – so hockt er auf einem Floß und sieht sich aus purem Kohldampf schon veranlasst, seinen einzigen Gefährten, den jungen Franzosen „Frosch“ auf hoher See zu verspeisen. Doch die kannibalistischen Aktivitäten können aufgeschoben werden, in letzter Sekunde taucht eine spanische Galeone auf, auf die sich die beiden Freibeuter retten können. Doch auch eine flugs ausgedachte falsche Identität kann nicht verhindern, dass Red und „Frosch“ an Bord der „Neptun“ schwer schuften müssen, aber Red hat ein Ziel vor Augen – die „Neptun“ transportiert nicht nur die Gouverneurs-Nichte Dolores, sondern auch einen güldenen Azteken-Thron und beides möchte sich der Seeräuber gern unter den Nagel reissen. Dafür muss er erst einmal eine Meuterei vom Zaun brechen, die tatsächlich zum Erfolg führt, allerdings nur temporär, denn im angelaufenen Piratenschlupfwinkel gelingt dem spanischen Offizier Don Alfonso der Gegenschlag und Reds Reichtum ist wie gewonnen, so zerronnen. Aber noch hat Red ein As im Ärmel, denn Dolores ist immer noch in seinem Gewahrsam. Mit List, Tücke und nicht zuletzt aufgrund der sich entwickelnden Romanze zwischen „Frosch“ und Dolores gelingt es Red in Maracaibo, sich den Thron erneut anzueignen, doch wieder spielt ihm das Schicksal einen Streich und läßt ihn und „Frosch“ im Kerker landen – und zu allem Überfluss soll Dolores auch noch ausgerechnet Don Alfonso ehelichen. Da herrscht Handlungsbedarf…


Inhalt

„Piraten“ war über Jahre hinweg ein Wunschprojekt von Roman Polanski, das immer wieder an der Finanzierung scheiterte und erst 1986, zwölf Jahre nachdem der Regisseur sich erstmals mit dem Thema befasste, das Licht der Leinwände dieser Welt erblickte und dort – wenig überraschend – gnadenlos Schiffbruch erlitt, um im Jargon zu bleiben. Piratenfilme waren eben, seit die Italiener in den 60ern ihre Korsaren in Rente geschickt hatten, so ziemlich das outeste, was man sich vorstellen konnte (Geena Davis erging es mit ihrem Pet-Projekt „Die Piratenbraut“ ein Jahrzehnt später genauso und erst jetzt scheint das Genre mit „Pirates of the Caribbean“ ein Comeback zu erleben). Im Ouevre eines Meisters vom Renomee Polanskis mag „Piraten“ auf den ersten Blick sowieso ein wenig deplaziert wirken, sind doch meist seine Thriller wie „Chinatown“ oder „Frantic“ oder seine kunstvollen Horror-Streifen wie „Ekel“ oder „Rosemarys Baby“ die Titel, die einem zuerst einfallen – eine Seeräuber-Komödie muss man da nicht unbedingt erwarten, doch da gibt’s ja noch den „Tanz der Vampire“ und ich schätze, ein Film von diesem Schlag muss Polanski vorgeschwebt haben, als er sich dem „Piraten“-Projekt widmete – die komödiantische, augenzwinkernde Aufarbeitung eines Genres, ohne sich der Materie dabei respektlos zuzuwenden. Was bei „Tanz der Vampire“ allerdings hervorragend funktionierte, scheitert bei „Piraten“ schon im Ansatz und das grosse Problem liegt dabei, mögen Kritiker mich jetzt auch steinigen, in Polanskis Dramaturgie. „Piraten“ kommt einfach nicht in die Pötte – obwohl der Film alle Zutaten für ein zünftiges Swashbuckler-Abenteuer beisammen hat und mit einer geradezu detailverliebten überaus aufwendigen Ausstattung brilliert, entwickelt sich die Story einfach nicht. Die Prota- und Antagonisten nehmen sich in schöner Regelmässigkeit gegenseitig gefangen, brechen wieder aus, dann wieder von vorn. Für eine Komödie hat der Film trotz eines gut aufgelegten Walter Matthau in der Hauptrolle einfach zu wenig treffende Gags – Polanski verlässt sich etwas zu sehr darauf, dass der in typischer Manier grantelnde Matthau alleine witzig genug ist (man möge sich vorstellen, wie der von Polanski ursprünglich mal angedachte Jack Nicholson hier baden gegangen wäre), aber Matthau ist halt einfach auf sich allein gestellt – seine Co-Akteure können ihm nicht das Wasser reichen, Damian Thomas als Don Alfonso fehlt das Charisma für den klassischen Schurken, der Franzose Chris Campion bleibt als Matthaus Sidekick einfach zu blass. Und bei allem sichtlichen Spass, den Matthau auslebt, hat er halt einfach kein Script zur Verfügung, dass seine spezifische Komik nutzen würde, er hat schlicht keine guten Gags. Lediglich, wenn Charlotte Lewis („Auf der Suche nach dem Goldenen Kind“) auf den Plan tritt, hellt sich der Bildschirm kurz auf, aber das sind vermutlich eher optische als schauspielerische Glanzpunkte. In Nebenrollen verschleissen sich bekannte Gesichter wie Ferdy Mayne, Roy Kinnear (der vielleicht noch den witzigesten Auftritt hat) und Ian Dury. Ein weiteres grosses Manko sind die für einen Piratenfilm unerlässlichen Action-Szenen: erst mal sind’s schlicht und ergreifend zu wenige und die sind auch noch wenig aufregend inszeniert – anstelle raffinierter Degenduelle spielt sich das mehr auf dem Niveau unkoordinierten Schwertgefuchtels ab und eine richtig knackige Seeschlacht fehlt dem Genrefreund dann doch fürs Gemüt. So lässt einen „Piraten“ letztendlich ziemlich kalt, der Film macht zwar schon deutlich, wo sein erkleckliches Budget von 30 Mio. Dollar geblieben ist (und wo eine exzessive Geldverschwendung ihr Antlitz hebt, kann Italo-Filmmogul Dino DeLaurentiis nicht weit sein, tatsächlich brachte er die unabhängig entstandene Produktion letztendlich in die Kinos), aber rechtes „Involvement“ will nicht aufkommen. Alles plätschert irgendwie so dahin, hangelt sich mühselig von Lacher zu Lacher und Action-Szene zu Action-Szene. Da ist „Die Piratenbraut“ doch ein paar Handelsklassen flotter und mitreissender inszeniert. Polanski fehlt ersichtlich ein wenig die Hand für grosskalibriges Spektakel – bei „Tanz der Vampire“ war das nicht nötig, da die Gruselkomödie doch vom Aufwand her eine ganze Nummer kleiner ausfiel, „Piraten“ allerdings bleibt langatmig. Dazu kommt noch, dass die von mir unter die Lupe genommene Concorde-DVD entgegen der Coverangabe mitnichten die ungekürzte 113-Minuten-Fassung enthält, sondern eine auf ca. 95 Minuten zusammengeschnippelte Fassung (nach meinen Erkenntnissen wohl entsprechend der früheren Kinofassung), der u.a. ein erklecklicher Teil des Showdowns fehlt (ist sogar ersichtlich, da die Disc entgegen der Waschzettelangabe nicht zwölf, sondern nur elf Chapter enthält und das elfte gerade mal zwei Minuten andauert), und auch zwischendurch sind immer wieder Schnitte zu bemerken. Mir ist nicht bekannt, ob das ein generelles Problem ist oder Concorde einfach in einer Auflage geschlampt hat, auf jeden Fall ist das, wenn’s nicht ein Versehen war, ein ziemlicher Fall von Mogelpackung, den ich einem renommierten Label wie Concorde nicht zugetraut hätte. Wenn’s also möglich ist, würde ich vor dem Erwerb der DVD versuchen zu ergründen, ob auf der jeweiligen Disc die vollständige Fassung des Films drauf ist oder doch nur die Cut-Version (laut OFDB soll die deutsche DVD ungekürzt sein, also ist das möglicherweise doch nur ein Fehler der mir vorliegenden Disc).

Bildqualität: Der 2.35:1-Widescreen-Transfer ist Concorde allerdings bestens gelungen, muss man neidlos anerkennen – die Farbenpracht des Films lässt sich nahezu störungsfrei und in bester Qualität geniessen. Dunkle Szenen verfügen über ausreichenden Kontrast, die Farben sind kräftig und lebensecht, das Bild gestochen scharf. Auf der Minusseite ist nur ein ziemlich heftiger Freeze beim Layerwechsel zu vermelden.

Tonqualität: Neben der englischen Originalspur in Dolby Digital 2.0, die aber vergleichsweise ramponiert und verrauscht wirkt, gibt’s natürlich deutschen Ton, wie gewohnt wahlweise in DD 5.1 oder 2.0. Der 5.1-Mix ist exzellent, wobei ich einmal besonders die hervorragend abgestimmten Soundeffekte herausheben möchte.

Ausstattung: Da hätte ich mir dann vielleicht doch etwas mehr gewünscht. Neben dem deutschen und amerikanischen Kinotrailer gibt’s eine schön gestaltete Fotogalerie (da könnte sich Madison mal abkucken, wie man so was professionell macht) sowie Starbiographien und Produktionsnotizen auf Texttafeln, die allerdings haarscharf an der Unleserklichkeitsgrenze vorbeischrammen (entweder das, oder ich brauche schon wieder ein neues Nasenfahrrad). Eine deutsche Untertitelspur (auch bei englischem Ton ausblendbar) ist erfreulicherweise vorhanden. Dazu gibt’s Trailer auf weitere Concorde-Titel und einen DVD-ROM-Part.

Fazit: Hm, letztendlich kann ich eigentlich kein endgültiges Urteil abgeben, da die mir vorliegende Disc möglicherweise nicht identisch ist mit denen, die später in den Handel gelangten – zum Kauf der DVD in dieser Form kann ich ganz bestimmt nicht raten. Andererseits ist das ganze eigentlich gar nicht so tragisch, da der Film selbst wahrhaftig kein Highlight in der Filmographie von Roman Polanski (und auch nicht in der von Walter Matthau) darstellt – letztendlich pendelt „Piraten“ zwischen unlustiger Komödie und aktionslosem Abenteuer. Abgesehen von der bemerkenswert detaillerten Ausstattung fallen mir zum Film selbst wenig Positiva ein – da seh ich mir doch lieber Geena Davis als „Piratenbraut“ an, der Film ist witziger und rasanter als dieser Polanski-Flop.

2/5
(c) 2003 Dr. Acula


mm
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