- Deutscher Titel: Phantom Commando - Die Rückkehr
- Original-Titel: Den'd
- Alternative Titel: Dead Survivor |
- Regie: Mikhail Porechenkov
- Land: Russland
- Jahr: 2008
- Darsteller:
Mikhail Porechenkov (Ivan/John), Varvara Porechenkova (Zhenya/Jenny), Aleksandra Ursuliak (Aliya), Mikhail Trukhin (Stasik), Sergej Sosnowsky (Oleg Pavlovich Filippov), Bob Schrijber (Gelda)
Vorwort
nbekannte Attentäter eliminieren peu-a-peu die ehemalige Spezialeinheit des retirierten Fallschirmjägerkommandanten Ivan (in der dt. Fassung John). Kaum hat sein alter Vorgesetzter ihn entsprechend gewarnt, wird er schon von den Böswatzen in seinem abgelegenen Haus in der sibirischen Steppe besucht und seine Tochter Zhenya (dt. Fassung: Jenny) entführt. Man, sprich die Fieslingsfraktion, hat nämlich einen Job für ihn – er soll den russlandfreundlichen Präsidenten einer ehemaligen Sowjetrepublik umnieten, damit dessen abgesetzter Vorgänger wieder die Macht ergreifen darf. Sollte Ivan sich weigern, wird es seinem ehemaligen und eigenhändig von ihm gefeuerten Einheitsmitglied Gelda ein persönliches Vergnügen sein, Jenny zu filettieren.
Der durchgeknallte Junkie Stasik setzt Ivan nebst Bewachung in ein Flugzeug, aber Ivan tötet seinen Aufpasser, springt mit dem Fallschirm ab und rekrutiert die ausgesprochen unfreiwillige Hilfe der hübschen Stewardess Aliya, um Stasik zu verfolgen und Einzelheiten über Jennys Aufenthaltsort zu ermitteln – zehn Stunden hat er Zeit, dann landet die Maschine und man wird feststellen, dass der Aufpasser ex und Ivan abwesend ist…
Aliya hält Ivan begreiflicherweise zunächst für den freundlichen steroidverseuchten Psychopathen von nebenan, aber schon bald erkennt sie, dass der Muskelprotz das Herz am rechten Fleck hat und sich in gerechtem heiligen Zorn durch die Reihen der bösen Henchmen meuchelt…
Inhalt
1985, kurz bevor Arnie endgültig den Thron der 80er-A-Listen-Stars bestieg, drehte er unter der Regie des bewährten Randalefilmers Mark L. Lester das preisgünstig hergestellte B-Movie „Commando“, hierzulande titelmäßig zu „Phantomkommando“ verschlimmbessert, und damit zufälligerweise nicht nur den zweitbesten Film des Universums, sondern auch den mit Abstand homoerotischten Film des Universums, der nicht gleich Hardcore-Gay-Porn war, und, was gerne übersehen wird, einen Film, der mehr Kohle einspielte als des Governators vorhergehendes Lichtspielwerk, ein gewisser „Terminator“. Auch wenn sich heute alle auf den Cameron-Schinken kaprizieren, „Commando“ war ein nicht wegzudiskutierendes Argument auf dem Weg zu Arnies Status als Box-Office-Champ.
„Commando“ ist, auf den Punkt gebracht, das quintessentielle 80er-Actionmovie – ein unbesiegbarer, behende one-linernder Kleiderschrank als Held, der sich unaufhaltsam durch die Reihen der bösen Buben metzelt und ihnen in Punkto Brutalität und Sadismus mindestens ebenbürtig, meistens aber überlegen ist und eine finale Destruktionsorgie hinlegt, die sich so ungefähr knapp vor dem dritten Weltkrieg einpegelt. Anders ausgedrückt – eigentlich kann man’s nicht besser machen (gut, ein paar weniger offensichtliche Goofs wären nett, aber wer wird schon Erbsen zählen).
Kein Wunder also, das Mikhail Porechenkov, ein russischer Muckibursch‘ par excellance und schauspielerisch international in Werken wie „Die neunte Kompanie“, „War Fighter“ oder „1612 – Angriff der Kreuzritter“ tätig gewesen, als erklärter „Commando“-Fan gar nicht erst versuchen wollte, das große Vorbild zu übertreffen, sondern sich mit einer schlichten „Coverversion“, sprich einem 1:1-Remake begnügte. Ich könnte also relativ unbefangen ein Review zur Schwarzenegger-Originalversion einstellen und nur ein paar Namen ändern, hätte ich denn je eins geschrieben. Porechenkov und seine schreiberischen Mitstreiter, denen natürlich nicht im Traum einfällt, Steven E. DeSouza für das Original-Script zu kreditieren, spielen wirklich nur nach, was Lester & Arnie vor 25 Jahren zelebrierten – geändert werden nur Nuancen wie die Schauplätze (anstatt der Action-Szene im Einkaufszentrum, in der John Matrix den fiesen Sully verfolgt und Stewardess Cindy in leichter Verkennung der Tatsachen dem Helden die Polente auf den Hals hetzt, wird sich hier in einem Aqua-Park gebalgt, was der russischen Ausgabe zumindest mal den Vorteil einbringt, dass wir zahlreiche Bikini-Miezen bewundern dürfen), die Dialoge sind praktisch wortwörtlich identisch (soweit ich das anhand der deutschen Synchronfassung beurteilen kann – des Russischen bin ich leider dann doch nicht mächtig), so dass jeder, der „Commando“ mal gesehen hat, zu einem beliebigen Zeitpunkt in die Neuauflage einsteigen kann und sich praktisch sofort zurecht finden wird. Kann man als angemessen-modern serviceorientiert, aber auch als ganz besonders unkreativ betrachten (zumal Porechenkov nicht mal die Gus-van-Sant-„ich-dreh-hier-aus-künstlerischen-Motiven-ein-shot-for-shot-remake“ ziehen kann).
Von den Kills an Matrix‘ ehemaligen Gefolgsleuten bis hin zum Schlussfight mit Bennett/Gelda findet beinahe jede Szene aus dem Original ihre Entsprechung (auf Anhieb würde mir nur einfallen, dass Aliya nicht wie Cindy mit einer Bazooka hantiert und Ivan/John im Finale seine Feinde nicht mit scharf geworfenen Sägeblättern shreddert) – und dass Porechenkov in der deutschen Sprachfassung noch mit Arnies Synchronstimme Thomas Danneberg parliert, tut natürlich auch nicht viel dafür, um dem Remake eine eigene Identität zu verleihen (ich hab wirklich nur noch darauf gewartet, dass Ivan in der Synchro ein „das hab ich alles schon mal erlebt…“ von sich gibt)…
Vorsichtiges Updating bzw. eher „nationales Branding“ gibt’s nur in den Pop-Culture-References – wo Alyssa Milano und Arnold Schwarzenegger noch über Rock’n’Roll und etwaige Subversivität dieser Musikrichtung diskutierten, debattieren Porechenkov samt real-life-Tochter über den Arthouse-Faktor von „Solaris“ (Tarkowski-Version. Ich gebe zu, ich musste lachen). Immerhin haben die Russen den „Mut“, das Original zumindest einmal zu referenzieren (Stasik, die Ost-Ausgabe von Sully, meint grinsend, als er davon ausgeht, Ivan würde sich ordnungsgemäß an Bord des Linienfliegers aufhalten, „Schwarzenegger wäre gesprungen“), ansonsten wird eben zwar mit dem gebotenen Enthusiasmus von Fans, aber ohne jegliche eigene Note feinsäuberlich note-by-note nachgespielt (allerdings, und das muss man angesichts des Original-„Commando“ sicherlich herausheben, eliminiert das Russen-Remake die – nicht besonders – unterschwellige Homoerotik der Vorlage; die Beziehung Ivan/Gelda ist bei weitem nicht von dieser auffälligen Gayness wie die von Matrix und Bennett; demzufolge fehlt auch im Finale die „Penetration“). Drehbuchkritik ist daher direkt an Mr. DeSouza zu richten, wobei wir einmal mehr feststellen – die simple 80er-Jahre-Äktschn und das schlichte Aneinanderreihen von Action-Set-Pieces will im 21. Jahrhundert nicht mehr sooo funktionieren.
Egal. Die Action selbst ist nicht von schlechten Eltern – Porechenkov weiß, obwohl’s wie gesagt, sein erster Film als Regisseur ist, schon, wie was in die Luft zu jagen ist und wie man ein Statistenheer dezimiert, aber erstens kann er sich halt vom Vorbild nicht lösen (wollen), d.h. es stellt sich mehr an „deja-vu“-Gefühl ein, als einem neutralen Zuschauer lieb sein kann, zum anderen schreit „Phantom Commando – Die Rückkehr“ trotz breitem Scope-Format optisch nicht unbedingt GROSSES KINO, sondern eher Direct-to-Video-Holzer im Nu-Image-Fahrwasser. Es gibt ordentlich Radau und an ein-zwei Stellen zieht Porechenkov die Splatter-Schraube im Vergleich zum Original etwas an (mit einer graphischen „Pfählung“ und einer Körperexplosion, deren Vorgeschichte er allerdings unbefangen bei Indiana Jones abgekupfert hat), und es ist sehr anerkennenswert, dass die Russen auf praktische on-set-Effekte und nicht auf CGI-Pyros o.ä. setzen, der rechte Frohsinn will aber nicht aufkommen. Ich klinge vermutlich wie ’ne kaputte Schallplatte, aber das einfache Garagen-Sampling eines dem geneigten Genre-Fans bis über die Erbrechensgrenze hinaus vertrauten Vorbild macht nun mal nicht viel Sinn, auch weil, wie schon angedeutet, die 80er-Jahre-Action-Schule (unverwundbarer Held, der ungestört durch den Kugelhagel von ca. 250 Maschinengewehren stapfen kann und Gegner quasi schon durch bös‘ ankucken töten kann) nicht mehr zieht. Ein wenig Selbstironie hätte nicht geschadet (ein-zweimal deutet Porechenkov an, dass er das Projekt nicht ernster nimmt als es nötig ist), die ein oder andere Idee, die altbekannte Rezeptur zu modernisieren, hätte mich auch erfreut (d.h. etwas mehr als Ivan zu Beginn keinen Baum fällen, sondern einen Basejump vollführen zu lassen, oder der halbseidene und -herzige Einbau von Martial-Arts-Elementen in die Zweikämpfe).
Ist der Streifen nun flott, spannungsreich oder doch nur langweilig-öde? Schwierig zu beantworten – für sich allein betrachtet befleißigt sich der Film natürlich einer ordentlichen Gangart (ca. 78 Minuten ohne Abspann lassen überhaupt keine Zeit für Leerlauf), ist handwerklich sauber inszeniert (vermutlich besser als das goof-legendäre Original), doch bei allem pyrotechnischen Aufwand und dem Bodycount zum Trotz ist die ganze Angelegenheit selbst für einen geistig schlichten Actionmetzler irgendwie unaufgeregt – was eben doch daran liegt, dass „Phantom Commando – Die Rückkehr“ so an der Vorlage klebt, so ohne jegliche eigene Identität bleibt, und dann eben bis auf einige kleinere Ausnahmen so konventionell abgefilmt ist, dass der geneigte Fan nach 30-40 Minuten zum Schluss kommen wird, mit der 321. Sichtung des Originals wäre er doch besser gefähren; auch, weil der Look des Films (wohl zumindest teilweise auf HD-Video gedreht) den ein oder anderen draufgepackten Filmfilter noch hätte vertragen können. Immerhin erweist sich Porechenkov nicht nur als Arnie-, sondern auch als Jackie-Chan-Fan und garniert den Abspann mit einigen ganz witzigen Outtakes und Behind-the-Scenes-Einblicken.
Zu erwähnen wäre ein ganz besonders schrecklicher Soundtrack, der sich offenbar zur Aufgabe gestellt hat, in jeder Situation möglichst unpassend zu klingen (und abgesehen davon fehlt ihm einfach die Power – er dudelt belanglos irgendwo im Hintergrund wie ein versehentlich nicht abgeschaltetes Radio).
Härtetechnisch bewegt sich der Streifen trotz einiger splattriger Ruppigkeiten im Rahmen des bei FSK 16 erlaubten, technisch könnten die Splatter-Effekte etwas besser sein.
Der große Unterschied liegt aber in der Besetzung – Mikhail Porechenkov ist zweifellos ein Schinken mit wohldefinierten Muskelbergen und verbringt sicherlich mehr Zeit im Gym als ich vor dem Computermonitor, aber er hat halt auch ungefähr Charisma und Ausstrahlung von 1,75 m Kantholz. Man hat damals Arnold oftmals wegen seiner Schauspiel-„Kunst“ belächelt, aber gegen Porechenkov qualifiziert sich Arnie direkt und ohne jeden Jury-Entscheid für die Hauptrolle in einem Shakespeare-Drama. „Commando“ war sicherlich nicht Schwarzeneggers „beste“ Rolle, aber ihm hat man zumindest abgekauft, aus welchen Gründen er seinen Privatkrieg startet. Porechenkov stapft mit einem festgefrorenen Gesichtsausdruck, auf den Steven Seagal neidisch wäre, durch den Film, lässt seine Muckis spielen und ist in etwa so ausdrucksstark wie zwei Meter Feldweg bei Sommerhitze.
Aleksandara Ursuliak ist – speziell im Bikini – hübsch anzusehen und auch ein netter Ostblock-Gegenentwurf zum üblichen weiblichen Beiwerk eines vergleichbaren Hollywood-Hobels. Mikhail Trukhin als Stasik lässt David Patrick Kellys Sully wie einen zurückgenommen agierenden taubstummen Gelähmten wirken – man KANN das „drogengeiler Hysteriker“-Gimmick auch überziehen.
Der holländische Zweitliga-MMA-Kämpe Bob Schrijber, in den 40ern auch etwas schwabbelig geworden, hat als Gelda nicht viel mehr zu tun als finster zu kucken (gelingt ihm wenig überzeugend) und den Schlusskampf zu bestreiten (auch das ist nicht überwältigend, aber immerhin einigermaßen in der Tradition des Originals. Vernon Wells war ja auch nicht jemand, dem man gegen Arnie den Hauch einer Chance zubilligen konnte). Größtes Highlight seiner Fighter-Karriere sind drei Kämpfe gegen den jetzigen UFC-Fighter Gilbert Yvel (1 Sieg, 2 Niederlagen). Varvara Porechenkova, mit ziemlicher Sicherheit Mikhails leibhaftige Tochter, ist für eine Kinderdarstellerin ausgesprochen unnervig, hält aber gegen Alyssa Milano auch keinen Vergleich aus.
Bildqualität: Savoy Film/Sunfilm legen den Film in anamorphem 2.35:1-Widescreen vor. Schärfe und Kontrast sind gut durchschnittlich, dafür, dass der ganze Film an sich diesen typischen DTV-Look hat, kann der Publisher vermutlich nicht gar so viel. Verschmutzungen oder Defekte sind nicht zu vermelden.
Tonqualität: Deutscher oder russischer O-Ton, jeweils in Dolby 5.1. Die deutsche Synchro ist – schon wegen der inspirierten Wahl von Danneberg für die Hauptrolle – überraschend gefällig für einen ohne viel Gedöns gestarteten russischen Actionheuler der B-Klasse. Wer aus Prinzip lieber O-Ton hört, aber damals im DDR-Unterricht nicht aufgepasst hat, bekommt passable Untertitel mitgeliefert.
Extras: Theoretisch nicht schlecht, da ein Behind-the-Scenes-Special und eine Promo-Making-of-Featurette mitgeliefert werden, allerdings exklusiv auf Russisch ohne Untertitel. Da darf sich der Publisher schon mal Gedanken machen, ob das sonderlich clever ist. Darüber hinaus gibt’s Trailer und eine Bildergalerie.
Fazit: „Phantom Commando – Die Rückkehr“ wäre ein ganz brauchbarer Actionstreifen der DTV-Liga – der Materialaufwand ist nicht gigantisch, aber respektabel und der Wille zu „echten“ Effekten anstatt Hilfeleistung von Kollege Computer zu suchen nötigt ebenfalls Anerkennung ab, letztlich ist das Unterfangen aber fürch-ter-lich überflüssig. Es GIBT nun mal „Commando“, jeder kann sich das Original für’s gleiche oder weniger Geld zulegen, und das macht, so leid’s mir tut, eben eine Menge mehr Spaß, nicht nur, weil’s zuerst da war. Porechenkov kann man dazu applaudieren, sich einen Jugendtraum erfüllt zu haben, aber der neue Russen-Arnie wird er sicher nicht, dafür ist er einfach zu wenig charismatisch. Man kann sich das Remake mal ansehen, um sich drüber zu amüsieren, aber im Endeffekt ist mir „Turkish Rambo“ dann doch lieber als „Russian Arnold“. Save your money (unlike me).
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(c) 2010 Dr. Acula