Parapsycho – Spektrum der Angst

 
  • Deutscher Titel: Parapsycho - Spektrum der Angst
  • Original-Titel: Parapsycho - Spektrum der Angst
  • Alternative Titel: Sensoria | Inferno aus dem Jenseits | PSI |
  • Regie: Peter Patzak
  • Land: BR Deutschland/Österreich
  • Jahr: 1975
  • Darsteller:

    Marisa Mell, Mascha Gonska, Mathieu Carrière, Peter Neusser, William Berger, Alexandra Drewes, Leon Askin, Debra Berger, Helmut Förnbacher


Vorwort

Deutsch-österreichischer Experimental-Episodenhorror…

1. Reinkarnation
Ein Geschäftsmann auf Heimreise wird von einem Kalenderblatt zu einem versteckten Jagdschloss gelockt. Dort wird er zu seiner gelinden Überraschung als potentieller Mieter erwartet. Es gelingt ihm nicht, sich loszureißen, erst recht nicht, als eine attraktive Frau auftaucht und ihn zur Komplizenschaft bei einem Mord überreden will. Die passende Leiche liegt auch schon ihrem verdächtig oldtimerigen Auto. Auto und scharfe Mieze verschwinden ebenso plötzlich wie sie gekommen sind. Unser Reisender ist verstört – er nimmt Fingerabdrücke von ihrer Teetasse und setzt sich in den Kopf, herauszufinden, wer die geheimnisvolle Frau ist. Die Antwort ist haarsträubend…

2. Metempsychose
Bei einem Autounfall kommt die Ehefrau der Familie, die auch am Steuer saß, ums Leben. Teenage-Tochter Debbie kann sich mit dem Tod der Mutter nicht abfinden, was ihren Vater auf die Dauer stark beunruhigt und ihn dazu veranlasst, sie einweisen zu lassen, dieweil er sich selbst mit seiner Freundin Mascha vergnügt. Allerdings will er die Affäre beenden und scheint auch wenig beeindruckt davon zu sein, dass Mascha für diesen Fall ihren Selbstmord ankündigt. Erschwerend kommt hinzu, dass zwischen Mascha und Debbie eine unerklärliche psychische Verbindung zu bestehen scheint.

3. Telepathie
Quasi in der Hochzeitsnacht geht Braut Barbara stiften. Dieweil ihr Männe herauszufinden versucht, was eigentlich passiert ist, und ob hier vielleicht eine Entführung vorliegt, findet sich Barbara in Mailand und in der Wohnung eines jungen Kunstmalers wieder. Der ist telepathisch begabt und hat sich nicht zum ersten Mal ein hübsches Frauenzimmer per Fernsteuerung in seine bescheidene Hütte bestellt. Dass seine Opfer die Tendenz haben, irgendwann mal aus dem Fenster zu hüpfen, stört ihn wenig. Und er will noch nicht mal sexuelles von ihnen, denn er „kann“ nicht, hier geht’s rein um die Macht. Doch der Künstler hat die Rechnung ohne seine Mutter gemacht.


Inhalt

Peter Patzak bescherte der Welt wenig später die unsterbliche Serie „Kottan ermittelt“. So schräg, wie Kottan in seinen verschiedensten Inkarnationen war, nimmt es nicht wunder, dass auch „Parapsycho“, von Patzak mit Geza von Radvani geschrieben, auch nicht gerade ihre publikumsfreundliche Horroranthologie von der Stange ist. Filmhistorisch ist das sicher interessant, war das deutschsprachige Genrekino in den 70ern basically tot, und demzufolge ist’s nicht völlig ohne Wert, sich einmal damit zu beschäftigen, wie Horror mit den Stilmitteln des Autorenfilms hätte aussehen können, allerdings macht das nicht automatisch auch einen unterhaltsamen (pöh, als ob „Unterhaltung“ nicht unter der Würde eines anständigen Autorenfilmers gewesen wäre) oder auch nur sehenswerten Film aus.

Zur Episode „Reinkarnation“ – Filme mit dem Wiedergeburtsthema sind für meine Begriffe notorisch langweilige Schinken. Mir fiele auf Anhieb keiner ein, der aus der Thematik auch nur halbwegs was Kuckbares gemacht hätte, und Patzaks Episode macht da keine Ausnahme. Der Reinkarnationsaspekt ist nicht sonderlich gut ausgearbeitet, und etwas sonderlich spannendes passiert auch nicht – auch die Auflösung ist ziemlich banal (der Held geht mit seinen Fingerabdrücken zur Polizei, dort identifiziert sie jemand und verrät, dass die Person seit 35 Jahren tot ist, Ende). Der erfreulichste Aspekt an dieser ansonsten recht sinnfreien Unternehmung ist die Tatsache, dass Marisa Mell komplett aus den Gewändern fährt. Das kann man unterstützen. Nicht unterstützen kann man den Score dieser Episode, der schrammelige Variationen auf „Für Elise“ als Leitmotiv verwendet und einem dieses schöne klassische Beethoven-Stück ordentlich verleiden kann.

„Metempsychose“ ist nicht viel besser, zumal auch hier die Story keinerlei Erklärung für die Verbindung von Mascha und Debbie anbietet und wie das vermeintlich in Debbies Nicht-Akzeptanz des Todes ihrer Mutter reinspielen soll (es ist möglich, sich das mit etwas gutem Willen zu erarbeiten und dadurch zu erklären, dass Mascha sich umbringen will ebenso wie Debbies Mutter es wollte, weil sie von der Affäre erfahren hat, aber so richtig plausibel ist das nicht). William Berger und Mascha Gonska („Trio Infernal“) haben keine richtige Chemistry, aber auch hier gibt’s zumindest wieder nackte Tatsachen (interessanterweise auch seine 18-jährige Tochter Debra als Debbie in einer Szene mit ihm). Als Argument für die Gorehounds kann allenfalls die echte und drastische Autopsie-Footage herhalten.

„Telepathie“ ist der Höhepunkt der Kollektion. Auch die Geschichte vom nach Macht über Frauen strebenden impotenten Maler reißt sicherlich keine Bäume aus, ist aber zumindest einigermaßen psychologisch schlüssig unterfüttert und lebt von einer nuancierten, introvertierten Vorstellung des jungen Mathieu Carriere, die gerade durch den Verzicht auf große Mimik und Gestik „unsettling“ wird. Carriere bringt den subtilen Psychopathen (dessen Kräfte ein wenig wie eine vorweggenommene Variante des Marvel-Schurken Kilgrave erinnern) präzise auf den Punkt. Auch Alexandra Drewes ist als entrücktes Telepathie-/Hypnoseopfer nicht schlecht (und zeigt alles, womit der Herrgott sie so ausgestattet hat).

Wie gesagt – keine der Episoden ist sonderlich „gut“, und handwerklich ist das alles auch eher rumpelig (wie auch die Bildqualität der New-Vision-DVD recht bescheiden ausfällt) und in der Tat eher für Horror-Historiker und Patzak-Komplettisten interessant als für den Genrefreund, dem nach kurzweiliger Unterhaltung der Sinn steht.

Vom neuen Coverartwork zum Titel „Sensoria“, der – auch durch die Hervorhebung der Namen Mell und Berger – versucht, den Streifen nachträglich in die Giallo-Ecke zu schieben, sollte man sich nicht irritieren lassen. It’s very much a German film 🙂

2/5
(c) 2017 Dr. Acula


mm
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