Paranormal Investigations

 
  • Deutscher Titel: Paranormal Investigations
  • Original-Titel: Death of a Ghost Hunter
  •  
  • Regie: Sean Tretta
  • Land: USA
  • Jahr: 2007
  • Darsteller:

    Patti Tindall (Carter Simms), Mike Marsh (Colin Green), Davina Joy (Yvette Sandoval), Lindsay Page (Mary Young Mortenson)


Vorwort

Carter Simms, renommierte Geisterjägerin (nicht im Ghostbusters-Sinne, sondern ernsthafte Erforscherin übernatürlicher Ereignisse) der skeptischen Sorte (ihr Ansatz ist es, erst mal jede mögliche rationale Erklärung auszuschließen, bevor sie an Spuk glaubt), erhält einen lukrativen Auftrag – Seth Masterson hat das Haus seines Onkels geerbt, der mitsamt seiner Familie vor 20 Jahren brutal hingeschlachtet wurde; die Theorie geht dahingehend, dass die Frau des Hauses ihre Familie mit aufgeschlitzten Kehlen vorfand und sich vor Gram dann das Hirn wegpustete. Sowohl er als auch die Putze, die in dem ansonsten seit damals unbewohnten und -veränderten Haus regelmäßig sauber macht, hatten unheimliche Begegnungen der geisterhaften Art und Seth, der die Hütte nicht mehr zu betreten wagt, hätte jetzt gerne wissenschaftlich mit Brief und Siegel, dass es in de Hause gar spukig umgeht. Dafür lässt er 5000 Dollar springen und stellt Carter noch den Videoexperten Colin und die Journalistin Yvette als Begleitpersonen zur Verfügung. Zusätzlich drängt sich noch Mary Young Mortenson, eine junge Fundi-Christin, die der vom verblichenen Onkel Masterson gegründeten Kirche angehört, angeblich mit Seths Einverständnis auf, um dafür Sorge zu tragen, dass im Zuge der Ermittlungen der gute christliche Name der Mastersons nicht beschmutzt wird.

Die gewünschten geisterhaften Erscheinungen stellen sich pflichtschuldigst schnell und ausgesprochen überzeugend ein: sich bewegendes Mobiliar, schemenhafte Spukgestalten auf Video und deren Äußerungen auf Tonband, „cold spots“, da fehlt nur noch Ektoplasma. Stellt sich die Frage, wer die Geister sind bzw. mal waren und was sie wollen. Carter tippt auf ein „residential haunting“, sprich die Geister durchleben ständig ihre letzte Nacht unter den Lebenden und das wäre im Zweifelsfalle die blutige Mordnacht von vor 20 Jahren. Ein Zufallsfund Yvettes bringt dann auch ans Licht, dass die Mastersons nicht so liebenswert-urchristlich waren wie Mary Young sich das wohl vorstellt…


Inhalt

Nicht nur die Geschichte der weiblichen Menstruation, sondern auch die des Doc’schen Filmeinkaufs, ist eine solche voller Mißverständnisse. Ich erstand „Paranormal Investigations“ – vor mittlerweile auch schon einigen Monaten – in der festen Überzeugung, hier Asylums offiziellen Rip-off zum spektakulären Indie-Blockbuster „Paranormal Activity“ in Händen zu halten (und der interessiert mich schon deswegen, weil Asylum hier das Kunststück fertiggebracht hat, einen Mockbuster zu drehen, der das sechsfache Budget senes Vorbilds verbraten konnte. Satte 60.000 Dollar, munkelt man). Reingefallen – die Asylum-Variante heißt ja „Paranormal Entity“ (da soll sich aber auch wieder einer auskennen, bäh). Nun gedachte allerdings schon jemand, am „PA“-Hype mitzuverdienen, allerdings nicht die amerikanischen Filmemacher, sondern der deutsche Verleih, der für die Umtitelung (die aber wenigstens nicht aus der hohlen Hand kommt – „paranormal investigation“ ist eine oft gebrauchte Metapher in den Dialogen des Films) auf den Zug aufsprang – in „echt“ nennt sich das Filmchen, wie oben angeführt, „Death of a Ghost Hunter“, ist zwei Jahre älter als „Paranormal Activity“ und eher ein später Nachzieher des ersten „real horror“-Hypes im Gefolge von „Blair Witch Project“.

Jedoch – um gleich einen wesentlichen Vorzug von „Death of a Ghost Hunter“ zu preisen – handelt es sich (dankedanke) nicht um eine weitere „found footage“-Orgie. Wiewohl der Streifen sich einen dokumentarischen Anspruch verpasst (er gibt vor, auf den Aufzeichnungen und Tagebuchnotizen von Carter Simms zu basieren – wie der Titel des Films ja schon sagt, überlebt die Gute nicht), ist er in formaler Hinsicht ein Spielfilm bzw. wie’s neudeutsch ja so schön heißt, ein „Dokudrama“ oder, wie’s die Anglophilen sagen würden, ein „dramatic re-enactment“. Zwar gibt’s immer wieder ganze Sequenzen aus der Nachtsicht von Videokameras (und, wie seit dem „Texas Chainsaw Massacre“-Remake offenbar gesetzlich vorgeschrieben, „home videos“ der ursprünglichen Mordtat, die ihren dokumentarischen Ansatz allerdings dadurch verlieren, dass sie aus diversesten Winkeln fotografiert und verblüffend gut geschnitten sind…) und überdies nervt ein recht penetranter voice-over, der uns das, was im Bild gezeigt wird, gerne nochmal auch verbal auseinandersetzt (und eben die „Aufzeichnungen“ der Geisterjägerin zitiert), aber schlussendlich ist es erkennbar Fiktion.

Lassen wir die Formalien aber noch mal außen vor und gehen zurück zu den „basics“. Geistergeschichten sind die wohl ältesten Horrorstorys der Welt, jedoch bekanntermaßen filmisch extrem schwer umzusetzen – ein klassischer Spuk hat eben eher nicht diese Visualität, das Potential für effektive Scares ist vergleichsweise gering bzw. eben verdammt knifflig umzusetzen. „Geister“ an sich sind ein Konzept, das in der Literatur leichter zum Funktionieren zu bewegen ist als im Film – wirklich gute, als *Horror“ wirksame Geisterfilme sind selten – ich muss natürlich jetzt die Oblate bringen und „Bis das Blut gefriert“ mal wieder als einen meiner absoluten Lieblingsfilme und das Meisterwerk schlechthin des „unsichtbaren“ Horrors preisen -, weswegen die meisten Spukhausfilme einen „externen“, sichtbaren Faktor ins Spiel bringen müssen („The Shining“ oder die „Amityville“-Filme sind da gute Beispiele, und selbst „Poltergeist“, sicher einer der besten Spukfilme überhaupt, ist nicht frei davon). „Death of a Ghost Hunter“ versucht so lange wie möglich mit der reinen Spuk-/Geister-Geschichte durchzukommen und macht das überraschend effektiv, subtil, dennoch wirkungsvoll, muss zum dritten Akt aber auch wieder die „externe“ Karte ziehen, um zu einem befriedigenden Showdown zu kommen – ansonsten wären wir dazu verurteilt, 100 Minuten lang den Geisterjägern dabei zuzusehen, ihre Video- und Tonaufzeichnungen zu analysieren und sie am Ende „ja, sind halt Geister, ne“ murmeln zu hören.

Trotz des spekulativen Finales setzt das Script aber durchaus auf einen seriösen Ton, geht das Thema weitgehend ernsthaft und mit dem Bemühen um Realismus, was die „Geisterjagd“ betrifft, an – da bleibt spiritistischer Nonsens a la „The St. Francisville Experiment“ draußen vor der Tür, statt dessen kriegt der religiöse Fanatismus der Fundi-Christen sein Fett weg (das ist sogar das zentrale plot device). Die Ernsthaftigkeit des Streifens ist so, äh, überzeugend, dass die einzige beabsichtigte Comedy-Sequenz (Colin und Yvette bekiffen sich und Yvette spielt stoned Heather Donahues berühmten „es-ist-meine-Schuld-es-tut-mir-leid“-Monolog aus „Blair Witch Project“ nach) recht deplaziert wirkt. In der Tat erinnert „Death of a Ghost Hunter“ vom ganzen Setup, von Aufbau und Struktur her an Klassiker des „seriösen“ Spukfilms wie eben „Bis das Blut gefriert“ oder „Hell House“ (aka „Tanz der Totenköpfe“), in denen auch ernsthafte, wissenschaftlich orientierte Ermittler im parapsychologischen Bereich versuchen, den Geistererscheinungen durch Beobachtung und Schlußfolgerung auf die Spur zu kommen. Das Script ist dabei nicht perfekt – die Dialoge wirken nicht immer natürlich und der voiceover ist oft genug überflüssig, aber es macht vieles richtig – laberlastige Exposition wird nicht übertrieben und nicht en bloc, sondern sukzessive über die Laufzeit verteilt erteilt, die Spukerscheinungen werden nicht auf den Schlussakt geschoben, sondern von Anfang an eingesetzt, steigern sich dabei aber in Intensität und Bedrohungspotential, ohne dass großartig die FX-Karte gezogen werden muss. Die Erscheinungen sind vergleichsweise einfach umgesetzt, aber von Sean Tretta ausgezeichnet inszeniert – ich bin, zugegeben, absolut anfällig für subtile Gruseleffekte und mache es mir gerne „atmosphärisch“ passend, wenn ich solche Filme ansehe, d.h. sowas wird nach Einbruch der Dunkelheit und ohne Beleuchtung geglotzt, und dann wirken schemenhafte Gestalten in Nachtsicht-Videos, die man erst auf den zweiten oder dritten Blick als Manifestationen aus der Geisterwelt erkennt, bei mir formidabel. Die zu erwartende „Kreuzung“ des übernatürlichen Spuk-Parts und der real-weltlichen Parallelhandlung um Mary Young Mortenson (die unschwer als Schlüsselfigur zu erkennen ist) mag, sobald die notwendigen Puzzleteile vorlegen, nicht sonderlich überraschend sein (oder zumindest nicht die spektakuläre Enthüllung, die das Drehbuch hier vielleicht zu machen hofft), stellt aber eine folgerichtige und schlüssige Verbindung von übernatürlichem Spuk und „realem“ Psycho-Horror her – und gerade, als ich dem Film für einen über-ausbuchstabierten Epilog, in dem die Ereignisse der ursprünglichen Mordnacht vor 20 Jahren, die des aktuellen Showdowns und die Verbindungen zwischen beiden ein bisschen arg für die Doofen ausgebreitet werden, ein guten Batzen meines ursprünglichen Goodwills wieder wegnehmen wollte (weil ich prinzipiell kein Freund davon bin, wenn Filme ihr Publikum für blöd bzw. nicht clever genug, ziemlich naheliegende Schlussfolgerungen zu treffen, halten), da wird noch ein fieser und in der Form selten bis nie gesehener Downer als absolutes FInale draufgepackt, der mich wirklich eiskalt erwischt hat. Respekt dafür.

„Death of a Ghost Hunter“ ist, da beißt das sprichwörtliche Nagetier keine Nähmaterialien ab, low budget – praktisch der gesamte Film wird in dem Spukhaus verbracht, und das ist so weit entfernt von der klassischen gothischen Gruselvilla entfernt wie’s nur irgendwie geht; es ist ein völlig handelsübliches amerikanisches Einfamilienhaus nicht sonderlich alten Zuschnitts, was mich ein wenig an Anne Rivers Siddons southern-horror-Roman „The House Next Door“ erinnerte (dort war’s aber gleich ein Neubau); d.h. der Streifen ist sicherlich visuell nicht spektakulär, aber er übertüncht dies, indem er die meisten Auftritte der Geister eben durch’s Nachtsichtobjektiv der Videokamera zeigt, als verwaschene Schemen oder per Doppelbelichtung; es sind filmisch einfache Mittel, aber solche, die effektiver sein können als bloßes computeranimiertes FX-Gewitter – und da Tretta das set-up der Geisterauftritte durchaus beherrscht, funktionieren sie und beschwören, entsprechende Bereitschaft des Zuschauers vorausgesetzt (und idealerweise eben auch die passende Atmosphäre) nicht gerade herzinfarktgefährdende Scares, aber permanentes „Unwohlsein“, Magenkribbeln und Gänsehaut herauf (hierbei hilft auch der zwar auf’s erste Hinhören hin monotone, da auf einem stets wiederholten Leitmotiv aufgebaute, aber ungeheuer einprägsame Score).

Die 18er-Freigabe ist nicht nur ein Witz, sondern auch Schummel – amazon.de wenigstens führt den Streifen auch mit 16er-Bapperl, und irgendetwas auch nur ansatzweise für diese Jugendfreigabe Schnittwürdiges habe ich zumindest nicht verortet (aber auf der mir vorliegenden Scheibe sind auch keine bösen Trailer drauf). Eine Handvoll blutiger make-up-Effekte sollten auch konservativen Jugendschützern keine schlaflosen Nächte bereiten.

Die schauspielerischen Leistungen sind schwankend – in einem Film, der sich nur eingeschränkt als Spielfilm, sondern als Dramatisierung „realer“ Ereignisse versteht, müssen die Akteure nicht unbedingt großartige thespische Wunderdinge vollbringen, sie sollten idealerweise natürlich rüberkommen, wie Menschen wie „du und ich“ (also eher wie du, ne?). Das gelingt Patti Tindall („The Prometheus Project“, „R.E.M.“) ziemlich gut – die Rolle der „seriösen“ Wissenschaftlerin ohne Berührungsangst mit dem Okkulten, aber auf Grundlage gesunde Skepsis, bringt sie passabel auf den Punkt. Co-Autor Mike Marsh spielt Videomann Colin solide als Technik-Nerd, nicht wirklich vom Hocker haut mich Davina Joy („Blood Moon Rising“; „Star Quest: The Odyssey“); sie hat zugegebenermaßen das Problem, dass das Script nicht allzuviel mit ihr anzufangen weiß (außer sie gelegentlich für comic-relief-Zwecke zu mißbrauchen und ihre lockere Sexualmoral als Kontrapunkt zu Mary Youngs puritanischer Prüderie zu setzen). Lindsay Page ist als ebenjene Fundi-Christin überraschend eindringlich, auch wenn sie ihre Rolle recht eindimensional anlegt.

Bildqualität: MiG liefert den Streifen in gutem anamorophen 2.35:1-Widescreen aus (recht wagemutig, das Ding in Scope zu drehen) – der Print ist sauber, scharf, kontrastreich (fast etwas zu sauber, scharf und kontrastreich, um die grindhousigen „home video“-Sequenzen überzeugend wirken zu lassen), ohne Störungen und Defekte.

Tonqualität: Deutscher und englischer Ton jeweils in Dolby 2.0. Ich habe mich auf die Originalsprachfassung konzentriert (deutsche Untertitel werden mitgeliefert), die ist ausgezeichnet verständlich, gut abgemischt und rauschfrei. Kein Grund zur Klage.

Extras: Nüsch.

Fazit: Respekt. Ich war – schon aufgrund meiner Fehleinschätzung, es mit Asylum-Ware zu tun zu haben – auf’s Schlimmste vorbereitet; vielleicht half auch die entsprechend bodennahe Erwartungshaltung dabei, dass ich positiv überrascht wurde, aber ich halte den Film tatsächlich für einen soliden Geister-/Spukhausfilm der unspektakulären Sorte. „Paranormal Investigations“ hat Schönheitsfehler (den voiceover, die unlogischen „home video“-Aufnahmen und – trotz des Kicker-Endes – den etwas zu aufdringlich erklärenden Schlussakt), sicherlich, insgesamt jedoch macht Sean Tretta mehr richtig als falsch, speziell, was den Spuk an sich angeht. Möglicherweise hätte man den „dokumentarischen“ Aspekt stärker herausarbeiten können, allerdings nicht notwendigerweise *müssen*, denn dieser semi-realistische Ansatz unterscheidet sich wohltuend vom „found footage“/“mockumentary“-Gedöns der letzten Jahre, ohne diese Wurzeln gänzlich zu verleugnen. Wer seinen Gruselkintopp „realistisch“ und seriös, ohne FX-Bruhei, mag, wird hier auf seine Kosten komme, wobei ich ausdrücklich empfehle, die passenden Rahmenbedingungen zu schaffen – bei hellem Tageslicht dürfte „Paranormal Investigations“ nicht funktionieren…

3/5
(c) 2010 Dr. Acula


mm
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