Panik in der Sierra Nova

 
  • Deutscher Titel: Panik in der Sierra Nova
  • Original-Titel: Day of the Animals
  •  
  • Regie: William Girdler
  • Land: USA
  • Jahr: 1977
  • Darsteller:

    Christopher George (Steve Buckner), Leslie Nielsen (Paul Jensen), Lynda Day George (Terry Marsh), Richard Jaeckel (Prof. MacGregor), Michael Ansara (Daniel Santee), Ruth Roman (Shirley Goodwyn), John Cedar (Frank Young), Paul Mantee (Roy Moore), Andrew Stevens (Bob Denning), Walter Barnes (Ranger Tucker), Susan Backlinie (Mandy Young)


Vorwort

Ein ganz normaler Sommer in der kalifornischen Sierra Nova. Den Nachrichten über die sich auflösende Ozonschicht schenkt niemand wirklich Aufmerksamkeit, auch nicht die Gruppe um Tour-Guide Steve Buckner, die sich für einen zweiwöchigen Survival-Hiking-Trip zusammengefunden hat. Und es ist wirklich ein zusammengewürfelter Haufen, der sich Buckners weiser Führung anvertraut – der Werbefuzzi Paul Jensen, der auf den Gedanken verfallen ist, wenn er Spots zum Thema Umweltschutz kreiren soll, müsste er sich diese „Natur“ mal persönlich ankucken, das Pärchen Frank und Mandy Young, das die in Trümmern liegende Ehe mit einem gemeinesamen Selbstfindungstrip retten will, die Beverly-Hills-Mum Shirley und ihr vielleicht zwölfjähriger Sohn John, der todkranke Ex-Footballstar Ray Moore, Nachrichtensprecherin Terry, Uni-Professor MacGregor, der seinem Hobby der Naturfotografie nachgehen will, das junge Liebespaar Bob und Beth und der Indianer Santee, der wohl seinen Ahnen ein wenig näher kommen will.

Die Gruppe ist grad von ihrem Helikopter-Landplatz ohne Waffen, ohne Funk und nur mit begrenzten Lebensmittel- und Wasservorräten (Survival, you remember) aufgebrochen, da häufen sich im nächsten Städtchen Meldungen über unerklärliche Tier-Attacken. Als unserer Wanderer merken, dass es so ziemlich die gesamte Fauna der Bergwelt vom Greifvogel bis zum Puma auf sie abgesehen hat, hat sich das sogar schon zum Militär rumgesprochen, das die Stadt evakuiert und das Kriegsrecht verhängt. Hilft nur unseren von der Außenwelt und jeder Hilfe abschnittenen Hikern nicht weiter. Mandy wird von einem Wolf attackiert. Buckner schickt das Young-Paar zu einer Ranger-Station, wo sie Hilfe anfordern sollen, doch lange, bevor sie dort erreichen, wird Mandy ein Opfer eines konzentrierten Raubvogelangriffs und wird der schockierte Frank wenig später unfreiwilliger Guardian eines kleinen Mädchens, das offensichtlich aufgrund anderweitiger Tierattacken seine Familie verloren hat, und das er zu retten gedenkt.

In der Restgruppe brechen indes offene Streitigkeiten aus, da Jensen immer drastischer Buckners Führungs-und sonstige Qualitäten anzweifelt (and, to be honest, he’s got quite a point). Als ein von Buckner als Rettung annonciertes Lebensmitteldepot von Tieren verwüstet aufgefunde nwird, kommt es endgültig zum Zerwürfnis. Während Buckner den langen Weg zurück ins Tal nehmen will, bevorzugt Jensen die kürzere Route zur Ranger-Station. Die Gruppe trennt sich in zwei Fraktionen, aber die „richtige“ Entscheidung trifft keine…


Inhalt

Nachdem der aufstrebende Jungregisseur William Girdler mit dem simpel-effektiven „Jaws“-Rip-off „Grizzly“ einen Überraschungserfolg gefeiert hatte, war für Produzent Edward L. Montoro (einem dem Vernehmen nach wohl eher krumme Dinger drehenden Schlingel, dessen Firma Film Ventures International mittlerweile quasi als Synonym für eine Betrügerklitsche gilt) klar, dass der offenbar kassenträchtige Acker dringend noch mal beackert werden muss. Obwohl Girdler von Montoro wohl nie einen Cent vom durch „Grizzly“ gescheffelten Reibach sah, ließ er sich wieder für die Regie verpflichten und Hauptdarsteller Christopher George wurde auch wieder engagiert – dennoch ist „Day of the Animals“ kein Sequel (das offizielle „Grizzly“-Sequel wurde 1983 ausgerechnet in Ungarn angegangen, hatte George Clooney, Charlie Sheen und Laura Dern in Nebenrollen, wurde aber nie komplettiert. Eine Workprint-Fassung ist im Netz zu finden – was fehlt, sind kurioserweise alle Bären-Angriffe, weil die in der letzten Produktionswoche am Stück gedreht werden sollten…).

Von seinen Tierhorrorkollegen unterscheidet sich „Day of the Animals“ in zwei wesentlichen Punkten. Zum einen lässt der Film nicht nur eine Spezies durchdrehen, sondern alles, was kreucht und fleucht, zum anderen hat er eigentlich keinen echten Plot. Es ist schierer Überlebenskampf, die Protagonisten sind *immer* in der „Defensivposition“, es gibt keinen Plan, wie man die Biester besiegen kann und zum guten Schluss endet der Spuk genauso rätselhaft und ohne menschliche Einwirkung, wie er begonnen hatte.

Der ökopaxige Hintergrund ist nett gemeint, aber natürlich völlig sinnfrei. Klar, die Ozonschicht ist wichtig und ihre Zerstörung eine der größeren Idiotien, die die Menschheit vollbracht hat, aber selbstredend kann das nicht so funktionieren, wie es der Film postuliert (die wissenschaftliche Ausrede ist, dass durch die stärkere UV-Sonneneinstrahlung ein normalerweise harmloser Virus aktiviert wird, der die Viecher ausflippen lässt. Dass dieser Virus offensichtlich auch die Intelligenz der Tiere steigert und Interspezies-Kommunikation ermöglicht – schließlich koordinieren die Tiere ihre Angriffe augenscheinlich nach Anweisungen der Vögel -, ist höherer Blödsinn und wird vom Film auch nach Kräften ignoriert).

Girdler war nie ein „Schauspieler-Regisseur“, sondern Techniker, um so erfreulicher ist es, dass der Streifen zwar keine Originalitätspreise für die Charaktere gewinnt, aber dennoch für so ziemlich jede Figur eine einigermaßen plausible Charakterisierung hinbekommt und so auch aus den Konflikten innerhalb der Gruppe Drama ziehen kann (primär natürlich aus der Alphamännchen-Rivalität zwischen Buckner und Jensen, und auch wenn Jensen natürlich das apostrophierte Arschloch ist, kann man nicht umhin, dass das, was er sagt, nicht gerade freundlich formuliert ist, aber – bis zu seinem endgültigen Abgleiten in den Wahnsinn [wäre der Film intelligenter, hätte man was daraus machen können, dass Jensen zunehmend „animalischer“ wird und dadurch unter den Einfluss des Virus gerät] – nicht unbedingt falsch liegt. Buckner ist nicht gerade eine große Hilfe für die bedrängten Wanderer, einige seiner Entscheidungen wirken objektiv falsch und er ist es auch, der die Situation lange verharmlost (Buckner hätte die Möglichkeit gehabt, den Trip abzubrechen, bevor die Lage eskaliert). Der Film bestätigt das insofern auch, als die Anzahl der Überlebenden in beiden Gruppen gleich ist…

Das Tempo des Films ist nicht rasant – Girdler inszeniert die Chose flott, aber nicht im Überholspur-Speed, gönnt seinen Charakteren auch mal Atempausen (die diese dazu nutzen, sich gegenseitig auf den Keks zu gehen), der Titel des Films lügt nämlich, die Handlung zieht sich über mehrere Tage. Die Highlights sind freilich die Tierangriffe, die dank exzellentem Training auch überzeugend aussehen (auch wenn die Tiere im echten Leben natürlich nicht bösartig waren und die menschlichen Darsteller, speziell, wenn sie’s mit Schäferhunden zu tun haben, die Gefährlichkeit der Situation schon selbst irgendwie hinfummeln müssen. Das Sounddesign hilft enorm). Der Raubvogelangriff auf Mandy und die Attacke der Pumas (wie sich Co-Star/Tiertrainiern Susan Backlinie erinnert, war es zum ersten Mal, dass ein Film sich daran versuchte, zwei Pumas gleichzeitig in einer Szene angreifen zu lassen) sind die effektivsten, der hysterischte ist der Kampf zwischen einem Bären und dem völlig entmenschten Leslie Nielsen (mit nacktem Oberkörper).

Nielsen, prä-„Airplane“ noch in seiner „ernstzunehmender Schauspieler“-Phase und auf sehr maskuline Schurken abonniert (Co-Star Jon Cedar erinnert sich, dass Nielsen damals jede Möglichkeit nutzte, sich „oben ohne“ zu präsentieren), ist dann auch das darstellerische Highlight, aber auch Richard Jaeckel (ebenfalls ein „Grizzly“-„Relikt“), Michael Ansara und Ruth Roman gefallen. Christopher George und sein angetrautes Eheweib Lynda Day bleiben etwas blässlich. In einer Nebenrolle ist der junge Andrew Stevens (bekannter als Produzent zahlloser B-Movies der 80er und 90er) zu sehen, Bobby Porter (John) wurde später vielbeschäftigter Stuntman.

Wenn man so will (und ich will es so, ähm), ist „Day of the Animals“ der perfekte B-Tierhorrorfilm. Die Vielzahl unterschiedlicher Tierarten, die auf unsere Helden losgelassen wird, sorgt für Abwechslung, der Verzicht auf eine Klischeerahmenhandlung a la „Jaws“ reduziert den Streifen gekonnt auf das Wesentliche und das Acting ist durch die Bank nicht übel bis gut – ein Film, der dem Genrefreund viel Spaß macht und mehr „kann“ als viele der „Jaws“-Epigonen, die einfach die gleichen Beats nachäfften. Thumbs up!

4/5
(c) 2016 Dr. Acula


mm
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