Panic House

 
  • Deutscher Titel: Panic House
  • Original-Titel: If I Die Before I Wake
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  • Regie: Brian Katkin
  • Land: USA
  • Jahr: 1998
  • Darsteller:

    Lori Beth (Stephanie Jones)
    Daryl (Muse Watson)
    T.J. (Michael McCleery)
    Billy (Anthony Nicosia)
    Mother (Mary Kathleen Gordon)
    Father (John Gavagin)
    Mary (Coryanne Sennett)
    Neighbor #1 (Danny Farkash)
    Neighbor #2 (Tara Farkash)


Vorwort

Es war eine ausgesprochen ruhelose Nacht, die ich damals (=etwa drei, vier Jahre) verlebte. Mit meinem Fieber und den daraus resultierenden Schweißausbrüchen war einfach nicht an Schlaf zu denken – doch bevor ich nun die Stunden damit verbrachte, mich ruhelos von der einen auf die andere Seite zu wälzen, entschied ich mich für eine akzeptable Lösung: Glotze einschalten und gucken, was läuft! Diese Nacht kannst du eh vergessen! Also schaltete ich mich durch die verschiedenen Programme und ziemlich schnell stieß ich dabei auf PRO 7 auf einen Film namens „Panic House“, bei dem es sich um einen knallharten Low-Budget-Thriller handeln sollte, einer, wenn ich meiner Fernsehzeitung Glauben schenken durfte, „sadistisch inszenierte[n] Gewaltorgie“. Nun, welcher Filmfan würde durch solch eine Kritik nicht sofort hellwach sein? Wann findet man schon mal eine „sadistisch inszenierte Gewaltorgie“ im deutschen Free-TV? Auf jeden Fall öffneten sich meine Glotzbuchten mit einem Mal bis zum Anschlag und ich kam nicht umhin, mir die kommenden 70 Minuten zu Gemüte zu führen – es wurden 70 Minuten, die noch lange nachwirken sollten, ehe die Erinnerungen daran allmählich, wenn auch nicht vollständig, verblassten. Durch die jüngste Wiederausstrahlung konnte ich sie endlich auffrischen – und weil Low-Budget nun mal das ist, was auf badmovies.de erwünscht ist, konnte ich nebenbei ebenso gut Notizen machen und euch an dem Inhalt plus meinen Gedanken teilhaben lassen…

Allerdings seien diejenigen unter euch gewarnt, die sich von den folgenden Seiten lustige Unterhaltung versprechen, denn lustig ist „If I Die Before I Wake“ ganz bestimmt nicht – höchstens auf unfreiwilliger Basis, aber selbst in der Hinsicht dürftet ihr enttäuscht werden…


Inhalt

Zu harmonisch-sanfter klassischer Musik steuert ein Auto des Nachts auf ein abgelegenes Haus zu. Mehrere kurze Kamerafahrten führen uns durch das Innere des Anwesens und stellen bei der Gelegenheit gleich auch die sich allesamt im ersten Stock aufhaltenden Bewohner vor: Ein Ehepaar mittleren Alters, das im Bett und bei eingeschaltetem Fernseher vor sich hindöst. Ein etwa 18-jähriger Junge, der in seinem unaufgeräumten Zimmer am Computer sitzt und was-weiß-ich macht. Zwei Mädchen, das eine fünf, das andere auch ungefähr 18 Jahre alt, die sich wohl oder übel einen Raum teilen müssen. Nachdem wir die Familienidylle kennengelernt haben, ändert sich die Stimmung schlagartig, denn die verriegelte Haustür wird einen Spalt breit geöffnet, und eine Flosse sowie der dazugehörige Kopf eines wirklich fies aussehenden Typen schauen kurz rein. Doch nicht nur das: Wenig später fällt der Typ im wahrsten Sinne des Wortes mit der Tür ins Haus und haucht ein triumphierendes „Wir sind drin.“

Einzig das ältere Mädchen (okay, ich mach´s kurz: sein Name ist Lori Beth) hört die von unten nach oben hallenden Männerstimmen. Vorsichtig erhebt sie sich aus ihrem Bett, zieht sich ihre abgrundtief hässlichen rosa Puschen an und öffnet ihre Tür ein wenig. Was sie dort erblickt, lässt ihr das Blut in den Adern gefrieren: Ein ihr unbekannter Kerl mit aufgesetztem Strumpf schlendert mit Taschenlampe die Treppe hinauf. Lori Beth scheint es darauf anzulegen, entdeckt zu werden, schließt sie doch erst wieder die Tür, sobald der Einbrecher seine Taschenlampe auf sie gerichtet hat. (Seltsamerweise fällt dem das jedoch gar nicht auf, obwohl er ihr mitten ins Gesicht leuchtete und sie laut hörbar die Tür schloss.) Panisch weckt sie ihre kleine Schwester (Mary) und schlägt ihr, um sie nicht gleich zu verschrecken, das gute alte Versteckspiel vor: Der Nikolaus käme und würde nach ihr suchen. (Hmm… müsste da nicht selbst einer naiven Fünfjährigen ein Licht aufgehen, dass hier irgendwas nicht stimmt?) Lori Beth packt die Kleine unter das Bett, sie selbst findet auf die Schnelle nur noch Zuflucht hinter einem großen Stofftier (oder was auch immer das darstellen soll), als eben jener Einbrecher, den Lori Beth auf der Treppe gesehen hat, den Raum betritt. Nach ungründlicher Suche würde er glatt wieder sofort abhauen, käme Mary nicht auf die tolle Idee, diesem von ihrem Versteck aus spaßeshalber die Schnürsenkel einer Quadratlatsche zu entknoten (jaja, Kinder sind in Filmen mitunter nicht nur klein, sondern auch dumm). Der bemerkt das offene Schuhband nicht auf Anhieb, allerdings beim Herausgehen und so bückt er sich, um das Malheur in Ordnung zu bringen. Nur mit filmischer Unlogik ist es zu erklären, dass dem Sack, auch wenn die Taschenlampe unters Bett leuchtet, nur das vor Mary liegende Plüschtierchen auffällt, nicht aber Mary selbst. Unverrichteter Dinge verlässt er den Raum, nachdem er das für die Mädchen womöglich rettende Telefon vorsichtshalber zerdeppert hat. (Übrigens ein Kompliment an Regisseur Katkin und den Kameramann: Die Szene ist – wenn wir mal den kleineren Lapsus von vor zwei Sätzen gnädig übergehen – mit ihren ständig wechselnden Perspektiven erstklassig und wirklich spannend aufgebaut.)

Der ersten Erleichterung der Mädchen – Mary musste ja auch inzwischen feststellen, dass dieser Mann nicht der Nikolaus war – folgt der nächste Schreck: Ein Schrei gellt durchs Haus. Wie Lori Beth sogleich feststellen wird (indem sie um die Ecke schielt), gehört er ihrem Vater, der von zwei Männern in ein anderes Zimmer geschleppt wird. Auch die Mutter ist zu hören. Verständlicherweise bricht die kleine Mary in Tränen aus (wenn auch schauspielerisch sehr unüberzeugend: könnte auch Grinsen sein) und Lori Beth muss ganze Arbeit leisten, um sie zu beruhigen. Schnell wird die Flucht durchs Fenster des Kinderzimmers in Angriff genommen, Lori Beths Versuch scheitert jedoch bereits im Ansatz (vielleicht kann sie mir mal in einer ruhigen Minute erklären, warum sie dazu die rosa Puschen anbehält), bei einem Sprung würden sie sich vermutlich sämtliche Knochen brechen. Deshalb muss ein zweiter Plan her, der besagt, erst in das Zimmer des Bruders Ben zu krabbeln und von dort aus die Treppe nach unten zu benutzen. Der erste Teil lässt sich problemlos bewerkstelligen, der zweite Teil der Umsetzung hapert daran, dass sich unten einer der Männer aufhält, von den Mädchen durchs Treppengeländer beobachtet, und die Haustür wieder in Ordnung bringt.

Wieder in vorläufige Sicherheit gebracht, sprich: in Bens Stube, hören Mary und ihre Schwester ein Gespräch zwischen zwei Einbrechern: Der Anführer Daryl (ein Klischee-Bösewicht: ungepflegt, dreckig, schlechte Zähne, furchteinflößend) gesteht dem anderen, Billy, zu, sich mit der gefesselten und geknebelten Familie zu amüsieren. Das lässt der sich nicht zweimal sagen und legt gleich los, stürmt zu seinen Opfern, schlägt sie und tritt, ohne Rücksicht zu nehmen auf Alter und Geschlecht. Auch die Angebote des Vaters, Geld gegen die Familie einzulösen, bleiben von ihm ungehört. Lori Beth schaut dabei mit Grausen zu, bewaffnet sich prophylaktisch mit einem Baseballschläger und offeriert ihrer Schwester, da man nicht durch das Haus gehen könne, müsse man die Flucht über das Fenster im Badezimmer ihrer Mutter vornehmen. Dort stünde die Garage, dort könnte man sich ohne Verletzungsfolgen abseilen, um dann sofort Hilfe zu holen – das würde Lori Beth allein durchführen, Mary soll gut auf sich acht geben.

Lori Beth gelingt es, sich durch den Flur zu schleichen, ohne entdeckt zu werden. Einzig ihr gefesselter Bruder kann ihr einen heimlichen Blick zuwerfen. Sie betritt leise das Badezimmer und schafft trotz einiger Komplikationen, die Rolläden hochzuschieben, während ihre Familie weiterhin vom unterbelichteten Billy gequält und gedemütigt wird (er steigt über Ben hinüber, kippt der wimmernden Mutter Bier ins Gesicht). Gerade als Lori Beth das Fenster öffnet, muss sie erkennen, dass draußen der Dritte im Verbrecherbunde herumlungert. Flucht einmal mehr unmöglich! Ihr bleibt nichts anderes übrig, als zu Mary zurückzuschleichen.

Derweil bricht ein Wortgefecht zwischen Daryl und seinem noch nicht weiter in Erscheinung getretenen Bruder T.J. aus, der noch der Vernünftigste des Trios zu sein scheint und auf sofortigen Aufbruch drängt, doch Daryl entscheidet, hier zu bleiben, allein darum, weil es „genug zu fressen gibt“, wie er sich auszudrücken pflegt, womit erst einmal die Sache zu Daryls Zufriedenheit geklärt wäre.

Während Billy nach diversen Gewalttätigkeiten dazu übergeht, den Dachboden näher zu inspizieren, fällt Lori Beth ein vom Schreibtisch gekippter, aber noch unversehrter Monitor auf, der ihre letzte Hoffnung sein könnte: Man müsste nur irgendwie ins Internet kommen. Sie stellt den Monitor wieder hin, nur fehlt ihr das Passwort, das sie nach einigen gescheiterten Versuchen glücklicherweise unter dem Kasten findet. Die üblichen grellen Düdelüdelüd-Töne bei der Interneteinwahl werden von den Unholden überhört und so gelangt sie schnell in den Chat (jaja, man merkt, dass sich die Computertechnik seit 1998 doch schon ´ne gute Ecke weiterentwickelt hat, die Graphik hat nicht mal C64-Qualität), wird dort aber – laut Klischee 1107cxlschnurz – nicht ernstgenommen. Billy indes hat aufm Dachboden nix Brauchbares gefunden (mich würde mal interessieren, wonach die Typen überhaupt suchen), weswegen er sich wieder seinem abartigen Hobby widmen kann.

Ganz andere Probleme als die beiden Mädchen hat Daryl im Wohnzimmer des Hauses: T.J. muckt nämlich immer noch gewaltig auf, so dass er handgreiflich gegen ihn werden muss. Daryl behält eindeutig die Überhand und schleudert seinen Bruder derart gegen einen kleinen Tisch, dass das darauf stehende Telefon herunterfällt – und aus diesem Telefon dringen Piep-Geräusche, die auf aktuelle Internetnutzung hindeuten. Augenblicklich petzt T.J. das weiter, woraufhin Daryl eine sofortige Hals-über-Kopf-Neusuche anordnet. Lori Beth ist mittlerweile immerhin schon soweit, dass sie ihren Chatpartnern ihre Adresse mitteilen kann, klappt aber nicht ganz, da nun Verstecken oberste Priorität hat (Mary hat nämlich Wache gehalten und die Aktivitäten der Streithähne genauestens mitverfolgt, darum wissen sie Bescheid, was zu tun ist). Auch diesmal schaffen sie dies rechtzeitig, doch Daryl wird beim Durchkämmen des Anwesens auf den Computer aufmerksam, den man vorhin doch vom Schreibtisch gekippt hatte und der jetzt ordentlich an seinem ursprünglichen Platz steht. Jemand war vor kurzem hier, höchste Alarmstufe ist geboten!

Es ist Lori Beths und Marys großes Glück, dass T.J. das Zimmer äußerst oberflächlich durchsucht und sie daher weiterhin Fluchtmöglichkeiten ins Auge fassen können. Daryl ist sauer darüber, dass hier offenbar doch noch eine unentdeckte Fraktion frei herumläuft, und versucht, mit Gewalt Details aus den Eltern herauszupressen, hat dabei aber keinen Erfolg. Die beiden Schwestern nutzen die Gunst der Stunde und verschwinden durch die Tür, die zum Dachboden führt. Weil Lori Beth jedoch keinerlei Brutalitäten gegen ihre Familie mehr duldet, setzt sie hier nur kurz Mary ab und ist fest entschlossen, schnurstracks auf Daryl zuzulaufen und ihm mit dem Schläger eins überzubraten, wird allerdings dabei unterbrochen, weil von hinten T.J. mit der Kunde angestürmt kommt, sowohl in Garten als auch im Haus niemanden gefunden zu haben. Schnell kann sie in eine Ecke ausweichen und muss hilflos weitere an Bruder und Eltern verübte Schläge mitanhören. T.J. geht das permanente Geschrei der Mutter auf die Nerven, so dass er selbige verliert und die wehrlose Frau zur Abkühlung unter die Dusche zerrt.

Daryls krankes Hirn wertet diese Aktion falsch: Er glaubt nämlich, T.J. wolle die Frau jetzt vergewaltigen, und darum kommt ihm in den Sinn, den Vater daran teilhaben zu lassen. Aus dem Grund schleppt er ihn ebenfalls ins Badezimmer und hämmert dort lieber doch dessen Schädel gegen die geschlossene (verglaste!) Duschkabine. Nicht verwunderlich, dass der dabei das Bewusstsein verliert. T.J. hat der Mutter selbstverständlich kein Haar gekrümmt, vielmehr ist er aufgrund des dem Vater zugefügten Knockouts nun richtig wütend auf Daryl und geht ihm an die Gurgel. Der lässt sich allerdings nicht beeindrucken, steigt in die Dusche, schließt die Kabine und befriedigt seinerseits seine niederen Instinkte an der Mutter, während Lori Beth in ihrem Versteck hinter der Badezimmertür der Situation fast ohnmächtig gegenübersteht. (Extrem harter Tobak, der allerdings im Vergleich zu manch anderer Szene, die schon war oder noch kommen wird, erfreulich zurückhaltend gefilmt und zugleich trotzdem von unglaublicher Intensität ist.) Damit nicht genug: In der Zwischenzeit hat der andere Psychopath, Billy, den gefesselten Ben off-screen aufgeschlitzt, was T.J. entsetzt quittiert. (Spätestens jetzt würde ich an seiner Stelle das Haus verlassen, aber er bleibt dennoch und geht lediglich nach draußen für einen Wutanfall. Der T.J.-Charakter ist unausgegoren bis zum Gehtnichtmehr.)

Lori Beth kommt aus ihrem Versteck hervor und rennt zurück zu Mary, die tapfer auf der Treppe zum Dachboden ausgeharrt hat. Als Lori Beth hört, dass sich Billy für ein Bier auf den Weg nach unten in die Küche macht, sieht sie ihre Stunde gekommen, öffnet die Tür und schlägt angemessen hart mit ihrem Baseballschläger auf den Kerl ein, der die Treppe herunterrollt. Lori Beth und Mary in sicherem Abstand hinterher. Sie malträtiert ihn immer weiter, dennoch kann Billy sie mit letzter Kraft am Bein packen und in einen Bodenzweikampf verwickeln, den Lori Beth für sich entscheidet, indem sie ihm mit der Taschenlampe eins überzieht. Die Sau bleibt schwer blutend und bewusstlos liegen. Lori Beth fleht ihre Schwester an, auf der Stelle die Haustür zu öffnen und Hilfe zu holen. Nach einigem Zögern rennt sie los, aber Daryl hat seine Vergewaltigung beendet, holt sie ein und trägt die sich heftig Wehrende auf dem Arm zurück ins Haus. Schwarzblende… (Bisher hat sich das komplette Geschehen in Echtzeit abgespielt.)

Daryl und T.J. reden auf den am Boden liegenden Billy ein, doch der rührt sich nicht. Das kann den Brüdern natürlich nicht gefallen und so legt T.J. das Schwein aufs bequeme Sofa, damit er wenigstens weich liegt, wenn er wieder aufwacht. Im Wohnzimmer versammelt man sich für einen Kriegsrat und Daryl stellt seine neue Geisel Mary zur Rede, kann aber nicht aus ihren versiegelten Lippen herausbekommen, wo sich denn nun ihre große Schwester aufhält. T.J. hält den Zeitpunkt für günstig, mal wieder heftig gegen seinen Bruder zu wettern, ihm einige böse Worte an den Kopf zu schmeißen. Während das geschieht, beobachtet Mary, wie seltsamerweise Asche in den Kamin fällt – und was sie vermutet, sehen wir im Bild: Lori Beth klettert in bester John-McClane-Manier im Schornstein herum. (Warum genau und was sie vorhat, vermag ich nicht wirklich zu sagen.) Nach einiger Zeit wird der Lütten des Gangsters Zanker- und Warterei langweilig, darum steht sie auf und schiebt eine Kassette in den Rekorder, um sich ein Familienvideo aus besseren, glücklicheren Zeiten am sonnigen Strand anzusehen. Daryl findet´s niedlich und guckt interessiert mit – und Lori Beth kraxelt weiter.

Oben kommt inzwischen der Familienvater zu sich und möchte seinen Sohn von den Fesseln befreien, doch er muss entsetzt feststellen, dass Ben nicht mehr lebt.

Daryl gibt dem Zuschauer tiefe Einblicke in sein durchgeknalltes Seelenleben und fängt mit Mary an, durch die Wohnung zu tanzen, schwafelt dabei etwas von „Wir sind deine neue Familie“. T.J. wird das zuviel und schlägt abermals vor, doch endlich das Weite zu suchen, allein Daryl möchte nicht, ist dies doch jetzt sein Haus. (Ich geb´ dir einen Rat, T.J.: Geh doch einfach!) Als er zu Ende getanzt hat, beschließt er, mal oben nach dem Rechten zu sehen. Hätte er mal besser nicht gemacht, denn dort wartet der rachdurstige Vater auf ihn und hämmert ihm einen Stuhl über die Rübe. Dies zeigt allerdings keine Wirkung, problemlos kann Daryl den Angreifer in den Schwitzkasten nehmen. Mit ihm im Schlepptau marschiert der Irre durch die einzelnen Räume, demoliert hier und da etwas und trägt einen irren Schreimonolog vor, an die Person gerichtet, die Billy attackiert hat. Die lässt sich im Schornstein trotz aller erniedrigender Worte nicht aus der Reserve locken. Nachdem Daryl feststellen musste, dass eine weitere Suche zwecklos ist (wer vermutet denn jemanden im Inneren eines Schornsteins?), fällt ihm erst auf, dass er den Vater die ganze Zeit über im Schwitzkasten hatte und ihm zu lange den Hals zudrückte, kurzum: Er hat ihn unbewusst erstickt.

Lori Beth hat sich unter größter Anstrengung bis zum Dachboden hochgearbeitet, als Daryl eine Eingebung hat, dass sie sich aller Voraussicht nach ebenda aufhält. Hastig hechtet er mit Mary im Arm dorthin und erblickt ein Gewehr, das er sogleich aus der Halterung herausreißt und dabei Löcher in der Wand hinterlässt. Schnell stellt er fest, dass die Knarre nutzlos ist und auch die dazugehörigen Patronen nicht mehr zu gebrauchen sind. Von Lori Beth fehlt ebenfalls jede Spur. Knurrig geht er wieder runter. Was er nicht wusste: Unmittelbar hinter der Wand hängt Lori Beth und fingert durch eines der Löcher aus einer Schachtel drei Kugeln, um anschließend wieder hinunterzuklettern. (Hä? Hat sie von vornherein darauf spekuliert, dass jemand auf den Dachboden geht und Löcher in die Wand reißt? Oder ist dies gar ein böser Skriptfehler?)

Daryl wird´s zu bunt, er spricht ein Machwort: Los, T.J., hauen wir ab! Sack´ alles ein, was du findest, mach´ mit Mary, was du willst, und fackel´ abschließend das Haus ab! Sobald der Kerl nach draußen gegangen ist (er holt den Wagen des Verbrechertriumvirats), schnappt sich T.J. das kleine Mädchen, denn er ist letzten Endes eben doch ein nicht ganz so böser Mensch, und stellt es, damit Daryl ihr kein Leid krümmen kann, in den Kühlschrank, wo es gefälligst zu bleiben habe, egal was auch passiert. Lori Beth kriecht gleichzeitig aus dem Kamin (das ging jetzt aber schnell!) und hinterlässt dabei Aschespuren auf dem Teppich. T.J. entdeckt wenig später diese Spuren und ruft seinen Bruder herbei, der sich, während T.J. die Augen offen halten soll, auf die Suche nach dem Mädchen (Lori Beth jetzt) macht, das heimlich aus der Küche ein Messer an sich nehmen kann, aber unglückseligerweise ausrutscht, es fallen lässt und keine Zeit mehr findet, es aufzuheben.

Lori Beth versteckt sich hinter dem Sofa, auf dem der noch immer bewusstlose Billy liegt, und schleicht in einer ruhigen Minute die Treppe hinauf, damit sie wenigstens noch die Mutter befreien kann, wo sie ihren toten Daddy im Flur liegen sieht. Die Mutter indes steht mit apathischem Blick, mit den Händen an einer Halterung festgebunden, in der Duschkabine herum. Ihre tapfere Tochter eilt zu ihr, befreit sie davon und nimmt sie in den Arm, doch außer leisem Wimmern bringt die Mama nichts mehr heraus.

T.J. wird unterdessen unruhig, da sich aus der Ferne Autoscheinwerfer nähern – das könnten glatt die Nachbarn sein. Daryl befiehlt ihm, erstens ruhig zu bleiben und zweitens sich um die Mutter zu kümmern (Mary hat T.J. nach eigenen Angaben gegenüber seinem Bruder im Garten abgestellt, damit der keine Fragen mehr stellt, wo sich die Kleine aufhält), er selbst werde die eventuell aufkommende Problematik mit dem Fahrer schon irgendwie klären.

T.J. tut wie ihm befohlen, allerdings konnte er ja nicht damit rechnen, dass sich im Badezimmer nicht nur Mama, sondern auch Lori Beth aufhält, die sich mit einer Scherbe der zerbrochenen Duschkabine bewaffnet hat und jene ihm brutalst in den Bauch rammt (Erinnerungen an Joseph Rubens „Stepfather“ rattern durch meinen Kopf), worauf er schwer verletzt zusammenbricht. Lori Beth nutzt dessen Kampfunfähigkeit und klettert hurtig aus dem Fenster, auf die Garage und von dort auf die Straße. Da nähern sich auch schon rettende Autoscheinwerfer, die erwünschte Hilfe, doch – hoho – der Fahrer ist kein netter Nachbar, nein, es handelt sich um den diabolisch grinsenden Daryl (der den/die Autobesitzer wahrscheinlich gekillt hat). Also Kommando zurück – Lori Beth flieht zurück übers Garagendach ins Badezimmer (Umstandskrämerin – wäre die Treppe nicht sinnvoller?). Daryl verfolgt sie, kraucht ihr aber nicht hinterher, sondern benutzt – richtigerweise – die Haustreppe. Das Mädchen ist allerdings trotzdem eher da, rupft dem stöhnenden T.J. die Scherbe aus dem Bauch und hält sie an seinen Hals. Nun hat sie Oberwasser: Sollte Daryl versuchen, das Badezimmer zu betreten, würde sie T.J. die Kehle durchschneiden. Das geht sogar dem Psycho zu weit, weshalb er darauf verzichtet, die Badezimmertür zu öffnen. T.J., in Todesangst, rückt ungefragt raus mit der Sprache, dass er Lori Beths Schwester im Kühlschrank versteckt hat – unglücklicherweise sagt er das so laut, dass Daryl mithören kann und freudig verkündet, Mary prompt gefangen nehmen zu wollen.

Das kann wiederum Lori Beth nicht auf sich sitzen lassen, ihr bleibt nichts anderes übrig, als wieder durch das Fenster nach draußen zu klettern, um Daryl abzufangen. Diesmal kommt sie allerdings zu spät: Daryl steht bereits siegessicher mit Mary in der Haustür, hält sie als Geisel (aber ohne Waffe). Lori Beth zieht die nächste Karte und versucht, mit Worten auf ihn einzuwirken. Sie schlägt einen Deal vor: Er lässt Mary frei, dann würde sie alles für Daryl tun, was er will. Zugleich redet sie ihm aber auch ein schlechtes Gewissen ein: Es sei seine Schuld, wenn T.J. da oben verbluten würde, was zumindest ansatzweise Wirkung zeigt.

Die Mutter hat sich derweil aus ihrer Kabine getraut und beginnt, mit extremer Sorgfalt und starrem Blick im Trancezustand T.J.s leichten Halsverletzungen, die Lori Beth ihm bei ihrem Rumgefuchtel mit der Scherbe zugefügt hat, zu behandeln. (Auch hier gilt: Sehr wirkungsvoll, der Moment, der ohne Worte eindringlich unterstreicht, wie es um die Gemütslage der Mutter bestellt ist.)

Lori Beth und Daryl diskutieren weiter, während die Kamera uns in Großaufnahme zeigt, wie das Mädchen hinter dem Rücken die blutige Scherbe in der Hand herumdreht. In Daryls aufmerksamschwacher Sekunde kann sich Mary aus den Klauen des Verbrechers befreien und in die Nacht hinauslaufen, Lori Beth den Sack mit Anlauf anspringen und ihm die Scherbe ins linke Auge hämmern. Damit wäre Daryl vorerst außer Gefecht gesetzt, er wälzt sich vor Schmerzen auf dem Boden herum und kreischt wie am Spieß. Nur mit Mühe kann er sich das Auge mit einem Taschentuch aus seiner Hosentasche verbinden. Ehe sich Lori Beth versieht, steht plötzlich im passenden Moment der zu sich gekommene Billy hinter ihr in der Wohnung (ich könnte jetzt wieder das hässliche Wörtchen mit „K“ hinzuziehen, andererseits merkt´s der Leser ja selbst) und verwickelt sie in einen neuerlichen Zweikampf. Lori Beth hat Glück, dass auf dem Boden neben ihr das Messer liegt, das sie vorhin bei ihrem Stolperer fallen ließ. Sie kann es sich schnappen und Billy mit zwei gezielten Messerstichen ins Jenseits befördern.

Daryl rappelt sich wieder auf und stößt ein wahrlich ärgerliches „Du bist tot!“ aus. Doch wieder weiß sich Lori Beth zu helfen, indem sie sich ein Brecheisen der Einbrecher greift und damit nach dem zurückweichenden Killer schlägt. Erfolglos. Schlimmer noch: Sie verliert es gar und ist unversehens in der schlechteren Position. Die einzige Lösung: Zurück in den Schornstein! Wieder muss sie um ihr Leben kraxeln, doch weil Daryl dieses Mal weiß, wo sie steckt, und keine Lust hat hinterherzukommen, sorgt er vor. Er zertrümmert einen Stuhl und steckt das Kleinholz in den Kamin. Lori Beth ahnt, was der Kerl vorhat, reißt einen Fetzen von ihrem T-Shirt, wickelt dort die Gewehrkugeln mitsamt Pulver ein und schmeißt das „Paket“ just in dem Moment runter, als Daryl Feuer macht. Folglich hat er es in den nächsten Sekunden mit einem brennenden Ärmel zu tun, kriegt das Problem jedoch schnell wieder in den Griff. Lori Beth klettert und klettert und hat es mittlerweile mit einem richtig wütenden Daryl zu tun, der nach oben stürmt und mit dem Brecheisen (ich glaube, das ist ein Brecheisen, könnte auch´n Kohleschieber sein) durch den Schornstein nach ihr stochert. Sie kann ausweichen und ihr gelingt es sogar, keuchend, doch ohne Rauchvergiftung aus dem Schornstein aufs Dach zu fliehen (alle Achtung – das war bestimmt ein Weltrekord im Schornsteinhochkriechen! Vorhin brauchte sie deutlich länger), verliert aber beim Balanceakt über die Dachspitze das Gleichgewicht und droht herunterzurutschen. Daryl hat mitbekommen, dass sie tatsächlich dem „Räucherangriff“ entgangen ist und versucht jetzt, durch gezielte Hiebe durch die Hausdecke Lori Beth abstürzen zu lassen. Diese ist allerdings agiler, als er zu glauben vermag (oder er ist einfach zu hektisch) und kann sich sogar den Weg zurück in gesichertere Dachgefilde bahnen. Aber Daryl gibt einfach keine Ruhe. Vielmehr haut er ein riesiges Loch ins Dach und klettert höchstselbst hinauf. Wir kennen das ja: Ohne Schlusskampf zwischen Gut und Böse geht´s in Thrillern einfach nicht!

Es dauert nicht lange und er hat sich ihr in den Weg gestellt, seine Schläge mit dem Brecheisen verfehlen allerdings konsequent ihr Ziel. Trotzdem hat er´s irgendwann geschafft: Wenn schon nicht getroffen, verliert Lori Beth den Halt und baumelt kurz darauf an der Dachrinne. Daryl freut sich schon ein Loch in den Bauch, holt zum finalen Todeshieb aus, bis er seinerseits ins Schwanken kommt und in die Tiefe stürzt. Lori Beth fällt hinterher und landet zu ihrem großen Glück unverletzt auf dem Sandboden. Etwas benommen will sie aufstehen, als plötzlich Daryl über ihr steht und hämisch lachend auf sie eindrischt. Doch halt – alles halb so schlimm, sie hat sich die Attacke lediglich eingebildet. In Wirklichkeit, wie sie gleich feststellen wird, ist der Psychopath beim Sturz unglücklich gefallen – physikalisch unmöglich, wenn ihr mich fragt -, von mehreren Zaunspitzen durchbohrt worden und rührt sich nicht mehr. Die zwischenzeitlich weggelaufene Mary (hat sie jemanden um Hilfe gebeten? Ich hab´ nicht den blassesten Schimmer…) kommt zurück zu ihrer großen Schwester geschlichen, die sich daraufhin mit ihr aufmacht, ins Haus zu gehen. Die Schicksale von ihrer Mutter und T.J. bleiben offen…
Bewertung

Ganz schön deftige Kost selbst für die Hartgesottenen, oder? (Umso verwunderlicher, dass die Verantwortlichen von PRO 7 auf die Idee kamen, ausgerechnet einen solchen Film – wenn auch in gekürzter Form – in ihr Programm zu beordern.) „If I Die Before I Wake“ ist ein schnörkelloser, ein knallharter, ein bierernster Psychothriller, ja sogar Schocker von gerade mal 70 Minuten, der in der richtigen Umgebung (d.h. im Dunkeln, nachts, möglichst allein, ohne Ablenkung) wahrlich stark aufs Gemüt schlagen und über längere Zeit nachwirken kann. Einzig und allein der pure psychische Terror prasselt auf den Zuschauer nieder, ohne einen Funken von Humor, ohne jede Auflockerung (im Gegensatz zu dem Dummbeutel-Klamauk in „Last House on the Left“). Ein Film, der wirklich – ohne Flachs – Angst macht!

Einen gehörigen Anteil daran hat das Drehbuch. Obgleich unendlich simpel gestrickt, spielt Autor (und zugleich Regisseur) Katkin (nach einer Geschichte von P.J. Pettiette, die ich verständlicherweise nicht kenne) mit der Urangst wohl eines jeden Menschen, plötzlich und unerwartet hilflos einer Meute gemeingefährlicher Verbrecher ausgeliefert zu sein, die mit unvorstellbarer Brutalität vorgehen und selbst vor Mord und Totschlag nicht zurückschrecken. Dass die Opfer dann eine klassische Durchschnittsfamilie sind, mit der sich mit Gewissheit die meisten Zuschauer identifizieren können – sei es, weil man sich selbst in einem Protagonisten wiedererkennt, sei es, weil man selber Geschwister oder Kinder in dem Alter hat – macht den „Filmgenuss“ umso intensiver und realistischer.

Wobei besonders die erste Hälfte positiv hervorgehoben werden muss: Die kluge Eingangssequenz, in der der Schauplatz und die Figuren des kommenden Schauspiels mittels Kamerafahrten ohne nötige Erklärungen präsentiert werden, mit ihrer fast schon zu sanften musikalischen Untermalung wird bereits nach wenigen Minuten konterkariert durch den gewaltsamen Hauseinbruch der Schurken. Von Anfang an entwickelt sich ein wahrer Höllentrip, noch verstärkt durch die über weite Strecken subjektive Kamera, die bis auf wenige Ausnahmen bei den (noch) unentdeckten Hauptfiguren Mary und vor allem Lori Beth bleibt, die, ohne einschreiten zu können, aus unmittelbarer Nähe miterleben müssen, wie ihre Familie aufs Grausamste misshandelt wird. Ihre Krabbeltouren von einem Ort zum anderen, ihre verzweifelte Suche nach einem Ausweg aus ihrem Dilemma sind die stärksten Szenen des ganzen Films, auch wenn mehrfach (wie ich ja an zwei Stellen erwähnte) vom Zuschauer eine Portion guter Wille abverlangt wird, dass die Schwestern, obwohl sie mitunter wenige Zentimeter vor ihnen herumturnen, nicht in den Blickwinkel der Bösewichte gelangen. Selbst das immergleiche Schema „Lori Beth versucht die Flucht – Verbrecher kommt – Lori Beth muss wieder zurück – Lori Beth sucht einen Ausweg – Verbrecher kommt – Lori Beth muss sich verstecken“ nutzt sich nie ab, die Gefahr des Entdecktwerdens, das ist es, was die enorme beklemmende Spannung in der ersten halben Stunde ausmacht, begleitet durch eine vorzügliche und sehr abwechslungsreiche Kameraführung, die mehr als einmal – auch durch die Beschränkung auf nur einen Schauplatz – eine klaustrophobische Stimmung erzeugt.

Dem Film dabei immens nützlich ist der Lori Beth-Charakter, über den man zwar – wie bei allen anderen Figuren auch (Mutter und Vater bekommen noch nicht mal einen Namen) – so gut wie gar keinen Hintergrund vermittelt bekommt (eigentlich nur über das Familienvideo, bei dessen Betrachtung Daryl sie einmal als „sehr athletisch“ einstuft, was natürlich den einzigen Grund hat zu erklären, warum Lori Beth so verdammt gut klettern kann), aber der gut genug geschrieben ist, um ihn für den Zuschauer sympathisch zu machen, eben ein liebes nettes Mädchen, mit dem man gern mal ausgehen wollte, deren Aktionen auch – wie das in vielen anderen Filmen bei Heldenfiguren NICHT der Fall ist – absolut nachvollziehbar und logisch begründet sind. (Ich nehme schon mal ein wenig Schauspielerkritik vorweg: Darstellerin Stephanie Jones macht ihre Sache allerdings auch sehr passabel und auch in den dramatischen Szenen liegt sie mimisch richtig.)

Auf der Gegenseite haben wir die abgrundtief bösartigen Einbrecher, die man in jedem Klischeebaukasten finden dürfte: Daryl, der Anführer des Clans, angemessen widerlich gekleidet und dreckig aussehend, aber wenigstens mit einem Bisschen Grips in der Birne; Billy, in Sachen Brutalität seinen Chef womöglich sogar noch übertrumpfend (wenn man bedenkt, was er mit dem Sohnemann anstellt); T.J., die „gute Seele“ des Trios, auf Gewalt verzichtend und dennoch den anderen treu ergeben. Während Daryl und Billy jedoch abartig genug sind, um ihnen einen langen qualvollen Tod an den Hals zu wünschen, also gut als Bösewichte funktionieren, ist der T.J.-Charakter vom Skript sträflich vernachlässigt worden. Warum er die beiden überhaupt begleitet hat, wenn ihm doch jede Form von Gewalt zuwider zu sein scheint und nicht bei erstbester Gelegenheit, als sich die seelischen Abgründe seiner Kumpane offenbaren, zu verschwinden versucht, bleibt ein Rätsel des Drehbuchs, das sich auch bei stundenlangem Grübeln nicht lösen lässt. „If I Die Before I Wake“ hätte auch gut ohne ihn auskommen können. Aber wenn schon ein anerkannt guter Regisseur wie David Fincher mit dem spannungsgeladenen, wenn auch vorhersehbaren „Panic Room“ ein paar Jahre später drei ganz ähnlich gestrickte Verbrecher auffährt (dort war allerdings der von Forest Whitaker verkörperte „gute“ Böse weitaus besser ausgearbeitet), warum sollte dann ein Katkin das nicht auch dürfen? Nichtsdestotrotz ein Minuspunkt für fehlende Innovation. Ein weiterer dafür, dass nie ganz klar wird, was GENAU die Drei ursprünglich bei ihrem Einbruch beabsichtigten. Wollten sie vergewaltigen, misshandeln und demütigen, essen oder letztlich doch nur Geld?

Doch zurück zum Inhalt: Halbzeit zwei fällt ernüchternder aus als die wirklich nervenzerrende erste, denn von dem Zeitpunkt an Mary von den Gangstern gefangen genommen wird, verpufft die Spannung sichtlich. Jetzt kümmert sich das Drehbuch nämlich nicht mehr um die „Guten“. Die zuvor eher subjektive Kamera weicht einer eher objektiven und wechselt fast ausschließlich zu den Aktivitäten der „Bösen“. Das tut dem Film nicht gut, denn man kann einfach nicht mehr so mitfiebern mit Lori Beth und ihrer Schwester, der selbst Daryl offensichtlich kein Haar zu krümmen gedenkt. Dass Daryl ausgeflippt ist, wussten wir schon vorher, warum nun also die „Tanzeinlage“ mit Mary, die offenbar seinen Wahnsinn noch stärker hervorheben soll, was aber doch gar nicht mehr nötig ist? Hier ist offensichtlich dem Autor nichts mehr eingefallen, alles plätschert so dahin (abgesehen von dem kuriosen Tod des Vaters) und die Anzahl der logischen Ungereimtheiten, die sich anfangs in Grenzen hielten, steigen an, was den Film nicht selten etwas wirr gestaltet. Am gravierendsten, wie oben erwähnt: Was will Lori Beth mit der Kletterpartie erreichen? Will sie aus dem Schornstein, wie sie es am Ende tut? Wäre ihr das gelungen, wäre es den Verbrechern mit Sicherheit aufgefallen. Will sie sich nur die Gewehrkugeln aus der Packung holen? Dann hätte sie schon vorher wissen müssen, dass Daryl das Gewehr WENIG SPÄTER aus der Wand holt und dort Löcher hineinreißt. Außerdem kann sie mit den Kugeln ja nicht wirklich viel anfangen, außer im Falle eines gelegten Feuers den Verursacher mit dem Pulver ein wenig anzukokeln, was natürlich auch prompt geschieht. Aber auch eine andere Unzulänglichkeit stößt ins Auge: Warum lassen die Killer Mutter und Vater, die doch nur vorübergehend kampfunfähig sind, so lange unbeaufsichtigt? Man muss doch damit rechnen, dass der mitnichten tote Daddy irgendwann aufwacht und sich bewaffnet und/oder Mama sich aus ihrer Lage befreit.

Über zwanzig Minuten lang wird Zeit totgeschlagen, ehe es zum – im übrigen vorhersehbaren – Kampf zwischen Gut (Lori Beth) und Böse (Daryl, Billy, T.J.) kommt, zum großen Showdown, der erfreulich lang und durchaus – wenn auch nicht mehr so – kribbelig geraten ist, wenngleich auch hier die Logik mitunter außer Gefecht gesetzt wird: Wie kann Lori Beth ihre Mutter in einem Raum mit einem Verbrecher lassen? Klar, der hat ´ne Scherbe in den Bauch bekommen, aber trotzdem kann sie sich nicht sicher sein, dass er wirklich nicht mehr aufstehen kann. Wieso klettert Daryl aufs Dach und wartet nicht einfach draußen darauf, dass Lori Beth dort herunterkommt? Warum braucht Lori Beth bei ihrer zweiten Schornsteinkletteraktion nur noch den Bruchteil der Zeit, die sie beim ersten Mal benötigt? Interessant auch: Wo war Mary in der Zwischenzeit?

Dialogtechnisch darf man natürlich nicht zu viel erwarten. Verständlicherweise benutzen die Verbrecher allesamt hauptsächlich Gossensprache. Man kann doch nicht ernstlich erwarten, dass sie wie die Philosophen daherschwafeln, wer würde ihnen dann ihre Widerwärtigkeit abnehmen? Sohnemann Ben hat keine einzige Silbe Dialog, der Vater vielleicht drei Zeilen (bestehend aus: „Was wollen Sie?“, „Warum?“ usw.), während die Mutter nicht über nervtötendes Gewinsel herauskommt, das aber die Authentizität passend unterstützt. Und auch Lori Beth darf nicht wie eine Shakespeare-Mimin sprechen, weder zu ihrer kleinen Schwester (in ihrer Lage käme wahrscheinlich keiner über Phrasen wie „Versteck dich!“ oder „Pass auf!“ hinaus) noch während ihres notgedrungenen Rachefeldzugs, wo sie ja nahezu gezwungen ist, sich auf die Stufe der Peiniger hinab zu begeben. Für mich kein großer Kritikpunkt.

Kommen wir nun zu den Leuten, die „If I Die Before I Wake“ eine „sadistisch inszenierte Gewaltorgie“ schimpfen oder – auch das Wort habe ich gefunden – gar als „menschenverachtend“ bezeichnen. Haben sie recht oder ist dies bloß wieder der klassische Fall einer groben Übertreibung? Nachdem ich den Thriller das zweite Mal gesehen habe (beim ersten Anschauen habe ich mir darüber keine großartigen Gedanken gemacht), muss ich den Herren und Damen Kritikern doch bis zu einem gewissen Grad zustimmen: Was hier an Brutalitäten aufgefahren wird, ist nicht zu verachten – in der Hinsicht übertrifft der Film eine ganze Menge anderer Genrevertreter, geht noch einen Schritt weiter, und das macht ihn viel, viel schwerer zu konsumieren. Gorehounds sind trotzdem fehl am Platz, Blut fließt zwar, aber in Grenzen. Hemmungslos werden die Opfer geohrfeigt, geschlagen und getreten, vergewaltigt oder aufgeschlitzt. Entgegen der Konventionen müssen dabei sogar nicht nur ausschließlich die Schurken, sondern gar einige der Guten dran glauben. – Katkin zeigt das manchmal mehr, meist weniger oder gar nicht explizit. So sind die Schläge und Tritte gegen die Opfer meist nur zu hören, kaum zu sehen – und wenn doch, erwarte man bitte keine Großaufnahmen (die andererseits natürlich entlarven würden, dass die Schauspieler ihre Partner in Wirklichkeit gar nicht schlagen). Besonders haften bleibt dabei die von erschreckender Intensität seiende Vergewaltigungsszene, da reichen völlig die Geräuschkulisse und Lori Beths Reaktion darauf aus, um den Zuschauer (auch nachhaltig) zu verstören. Hier beweist Katkin mehrfach eindrucksvoll, dass er durchaus in der Lage ist, auch ohne Details wirkungsvolle Momente zu kreieren. Umso saurer stößt es mir dann auf, wenn derselbe Regisseur später – insbesondere im Finale – meint, doch noch in die Effektkiste greifen zu müssen. Wenn Lori Beth mit einer Scherbe in Daryls Auge sticht oder Daryl aufgespießt auf dem Zaun hängt, so ist das meines Erachtens nicht mehr dramaturgisch notwendig, sondern zum puren Selbstzweck inszeniert. Gleiches gilt für die unnötige, wahrlich schauderhafte (schauderhaft im Sinne von schockierend) sekundenkurze Traumsequenz ganz zum Schluss, in der Daryl hämisch grinsend wie ein Berserker auf Lori Beth einschlägt. Anstatt auf die letztgenannte Szene zu verzichten, muss Katkin noch eins draufpacken. Als hätte das bisherige Alptraumszenario nicht gereicht… Das hinterlässt einen unangenehmen Beigeschmack, weshalb ich an den Regienovizen auch noch ein paar ernste Worte richten muss: Brian, verdammte Axt, was sollte das? Warum diese bildliche Gewalt zum Schluss? Weniger wäre – und das hat doch lange in diesem Film erstklassig geklappt – mehr gewesen. Eindeutig. Dann könnte man „If I Die Before I Wake“ ohne schlechtes Gewissen in die Rubrik der (von den Logikfehlern mal abgesehen) perfekten B-Thriller einordnen, aber so verscherzt du es dir leider noch etwas mit mir. Das führt deine vorher erkennbare Intention, die wirklich schlimmen Szenen erst im Kopf des Zuschauers entstehen zu lassen, ad absurdum.

Ob in diesem Zusammenhang denn auch das böse Wort „menschenverachtend“ passt? Schwer zu sagen, aber vielleicht nicht gänzlich von der Hand zu weisen. Mich würde echt interessieren, wie die Filmcrew während der Dreharbeiten mit Mary-Darstellerin Coryanne Sennett umgegangen ist und ihr die brutalen Geschehnisse um sie herum erklärt hat, denn ich finde es – ehrlich gesagt – schon sehr gewagt und auch ein wenig unverantwortlich (von Eltern wie Regisseur), wenngleich für den Zuschauer natürlich nicht ganz wirkungslos, ein so junges Mädchen in die Handlung zu integrieren. Theoretisch könnte man in dem Alter durch solch einen brutalen Film ein Trauma fürs Leben (oder wenigstens über einen längeren Zeitraum) erhalten, zumal Sennett auch mit den Verbrechern interagieren muss und deren Taten sich mitunter auch vor ihren Augen abspielen (der aufgespießte Daryl sowie die verzweifelten Hilfeschreie der Eltern dürfte man ihr jedenfalls nur schwerlich vorenthalten haben). Man kann ihr aufgrund der Thematik wohl kaum vortäuschen, hierbei handele es sich um einen harmlosen Kinderfilm.

Hervorheben muss ich, dass ich mich, wie schon gesagt, auf die PRO7-Fassung beziehe. Die ist für Zuschauer unter 18 Jahren nicht geeignet, doch immer noch um über drei Minuten gekürzt. Der Schere zum Opfer fielen sowohl etwas Gewalt (u.a. benutzt Billy darin Ben in der Anfangsphase öfters als „Fußabtreter“ und Daryl ist nach seinem blutigen Tod ausführlicher zu „bewundern“ bzw. Lori Beth spuckt abschließend noch auf ihn) als auch einige ordinäre Dialoge: Neben unerträglich krassen Sprüchen von Seiten Daryls u.a. bezüglich der Vergewaltigung der Mutter hält er an anderer Stelle, während er durch die Zimmer geht und den Vater würgt, einen viel längeren Monolog, in dem er sich über den toten Ben lustig macht, was für ein Waschlappen er doch sei, und Lori Beth in einen Gewissenskonflikt stürzt: Entweder kommt sie aus ihrem Versteck – oder ihr Vater stirbt. Die zahlreichen Schnitte sind, um auch mal die Arbeit der Zensoren zu loben, gut platziert und nur selten erkennbar. Hierzulande ist keine DVD, geschweige denn ein Video erhältlich: Die einzige Fassung ist eben jene von PRO 7 ausgestrahlte.

Von den Schauspielern habe ich ja bereits Hauptdarstellerin Stephanie Jones, die 1998 noch in drei weiteren Filmen agierte und ihre letzte Rolle in „Future Fear“ (dt. Videotitel: „Space Virus“) ergatterte, eine gute Leistung bescheinigt, daran hat sich nach den vergangenen Zeilen nichts geändert. Muse Watson ist der Renommierteste im Cast – der Doc kennt ihn bestimmt noch als Elmer aus „Frankenfish“ -, der seit 1989 im Filmgeschäft ist und hier und da auch bei größeren Produktionen klein, aber fein aktiv ist (u.a. in „Assassins“, „I Know What You Did Last Summer“, der Fortsetzung und „Austin Powers 2“). Dementsprechend routiniert tritt er als perverses Ekelpaket Daryl auf, das man in der Tat auf der Stelle hassen kann und bald tot sehen will. Michael McCleery als T.J. spielt ähnlich routiniert, leidet aber unter dem schlecht geschriebenen Charakter. (Nicht vergessen zu erwähnen will ich, dass er den ansonsten darstellerisch durchwachsenen Road-Movie-Thriller „Joyride“ mit einem Fünf-Minuten-Auftritt als widerlicher Officer Akins vergoldete. Abschweifung am Rande.) Anthony Nicosia (Billy) ist, wie Watson, ebenso absolut hassenswert, während Mary Kathleen Gordon (Mother), John Gavagin (Father) und Kristian Hans Horn (Ben) zu wenig Leinwandpräsenz haben, um ernsthaft bewertet werden zu können. Coryanne Sannett (Mary) nervt aufgrund des Sujets dankenswerterweise nicht durch Schreiorgien, wie bei Fünfjährigen in Filmen eigentlich üblich, und stört auch sonst nicht, was wohl eines der größten Komplimente ist, das man einer Kinderdarstellerin machen kann. Der Vollständigkeit halber seien auch noch die beiden letzten Schauspieler, Danny und Tara Farkash (Neighbor #1 und Neighbor #2), angegeben, die mir allerdings irgendwie durch die Lappen gegangen sein müssen, jedenfalls kann ich mich nicht an sie erinnern.

Das Fazit? Gern, ich kann mich eigentlich nur wiederholen und Teile der Analyse noch mal hierher packen: „If I Die Before I Wake“ ist ein einfacher, nicht unrealistischer Psychothriller der ganz harten Sorte, der weitergeht als die meisten anderen Genrevertreter, der vom Anfang bis zum Ende auf psychologischen Terror setzt und damit selbst beim abgebrühten Zuschauer den höchstmöglichen Erfolg erzielt. Die erste Hälfte ist dabei die wesentlich stärkere, erreicht absolute Spitzenwerte im Spannungsbereich, die die zweite durch das fast vollständige „Herausnehmen“ der Hauptfigur und die nähere Vorstellung der psychopathischen Einbrecher leider nicht bestätigen kann. Der Showdown ist konventionell und genretypisch übertrieben, aber nicht ohne. Zwei bis drei Szenen bleiben ob ihrer Eindringlichkeit lange im Gedächtnis. Was dem Film zu schaffen macht, ist, dass sich Regisseur Katkin nicht beherrschen kann und den Gewaltbogen schlußendlich doch noch überspannt, Schocks in den Plot einbaut, die in der extremen Form völlig überflüssig sind. Das zeigt alles seine Wirkung, klar, hinterlässt aber, wie auch schon gesagt, einen schlechten Beigeschmack.

Dass das nicht alle so eng sehen wie ich, kann man in der International Movie Data Base sehr gut nachlesen, in der die Kritiker bis auf wenige Ausnahmen nur Lob für den Film übrig haben. Aber darüber mache sich bitte jeder sein eigenes Bild.

Wem nach einer nervenfetzenden Spannungsgranate zumute ist, der bekommt hiermit die Empfehlung, sich „If I Die Before I Wake“ ruhig mal anzuschauen. Es lohnt sich für Fans des Genres!

Bleiben vier Bomben für die logischen Schwächen, die Biere müssen dieses Mal ausfallen. Alternativ gibt´s nach peroy-Bewertungsschema neutrale 3/5…

… und ganz zum Schluss noch den Hinweis – jetzt kann ich´s mir ja bei einigen Lesern noch verscherzen und mir ist grad nach Stunk -, dass der ein Jahr zuvor in Österreich gedrehte, von der Öffentlichkeit sehr zwiespältig aufgenommene Horrortrip „Funny Games“ von Michael Haneke, der ein fast identisches Thema wie „If I Die Before I Wake“ behandelte – mit dem großen Unterschied, dass der dortige Regisseur mit seinem Werk große Ambitionen hatte -, ein großartiges, deprimierendes, bis ins Mark erschütterndes und zutiefst verunsicherndes Stück Filmgeschichte ist. :-)))

(c) 2008 Stefan Meckel


BOMBEN-Skala: 4

BIER-Skala: 0


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