Ostermontag

 
  • Deutscher Titel: Ostermontag
  • Original-Titel: Ostermontag
  • Alternative Titel: I Spit On Your Fucking Grave Bitch! | Das komabrutale Snuff-Massaker | Snuff Holocaust |
  • Regie: Heiko Fipper
  • Land: Deutschland
  • Jahr: 1991
  • Darsteller:

    Heiko Fipper (Heiko), Stephan Fipper (Stephan), Andreio Fiore (Andy), Nicole D (Nicole/Fabiane), Lucia W. Rekowski (irgendeine Frau), Verena Kochlowski (irgendeine andere Frau), Anja Dalke (noch eine andere Frau), Dirk Heinig (irgendein Typ)


Vorwort

Spielen wir doch noch eine Runde Fipper…

Ich gebe zu, dass ich eigentlich nicht vorhatte, noch einmal in die absoluten Tiefen des deutschen Amateur-Splatterfilms absteigen zu wollen, schon gar nicht so kurz nach „Das komabrutale Duell“, das mich bekanntermaßen entgeistert zurückgelassen hatte und mich mehr Nerven kostete, als im gesamten Film durchtrennt wurden, aber manchmal spielt der Kollege Zufall bei meiner Filmauswahl eine große Rolle, und so fiel mir mit „Ostermontag“ unversehens wieder der Film in die Hände, den ich bereits in meiner Einleitung von „Das komabrutale Duell“ in einem Absatz kurz angeschnitten hatte und noch immer erfolgreich zu verdrängen hoffte. Das war mir eigentlich auch schon recht gut gelungen, als sich Teufelchen auf meiner rechten Schulter plötzlich zu Wort meldete und unnachgiebig flüsterte: Du, das ist der einzige andere Film von Heiko Fipper, der es noch in die IMDb geschafft hat, besprich den doch auch noch, dann kannst du das Kapitel Fipper wirklich endgültig beenden. Auf der linken Schulter ploppte Engelchen auf und rief: Wirst du das wohl sein lassen, das wühlt doch nur unnötig alte Erinnerungen auf und kann nicht gut für dich sein. Es hatte mich auch schon überzeugt, als Teufelchen die rostige Kettensäge nahm und Engelchen unter gewaltig sprudelnden kackfarbenen Blutfontänen niedermetzelte. Folglich sitze ich nun hier und nehme mir auch noch „Ostermontag“ vor. Scheiße.

Wie ich bereits in oben genanntem Review andeutete, täuscht der harmlose Titel „Ostermontag“. Die Alternativtitel geben schon eher die Stoßrichtung des Films vor: „Das komabrutale Snuff-Massaker“, „Snuff Holocaust“ und – interpunktorisch fragwürdig – „I Spit On Your Fucking Grave Bitch!“. Der Film wurde 1991 gedreht, also noch einige Jahre vor Fippers bekannterem, weil beschlagnahmterem Machwerk „Das komabrutale Duell“ (ich schreibe den Titel zu gern – das Beste am ganzen Film!). Bis die Produktion abgeschlossen war, gingen jedoch noch mal geschlagene zwölf Jahre ins Land, bis er 2003 auf dem Splatterday Nightfever in Saarbrücken aufgeführt und nach Bericht eines Besuchers mit peinlichem Schweigen bedacht wurde. Der Veranstalter sah sich sogar dazu genötigt, sich beim Publikum für den Film zu entschuldigen (nachzulesen auf beyondhollywood.de).

Wenn ein Film noch nicht einmal bei der Splattercrowd Anklang findet, die sich doch in der Regel über ein paar hübsche Verstümmelungen freut, sind das doch wunderbare Aussichten – vor allem auch, wenn ich einen Blick in die Darstellerliste werfe. Das sind doch teilweise dieselben Nasen, die ich schon in – jawohl! – „Das komabrutale Duell“ über mich ergehen lassen musste: Heiko Fipper selbst, sein Bruder (?) Stephan, Lucia W. Rekowski, Verena Kochlowski und nicht zuletzt Andreio Fiore, der alle Mitglieder der fiesen Folter-Achtlingsmafia verkörperte.

Man darf also wieder mit dem Billigsten und Schlimmsten rechnen – und ehrlich gesagt wird es sogar noch viel schlimmer, und mit „schlimmer“ meine ich – und das meine ich bitterernst – „schlimmer als ‚Das komabrutale Duell’“! Mir ist jetzt schon schlecht.


Inhalt

Am erfreulichsten ist gleich zu Beginn die Feststellung, dass „Ostermontag“ dem Zuschauer nicht wie „Das komabrutale Duell“ fast 90 Minuten auf die Eier gehen wird, sondern lediglich etwas über eine Stunde – 64 Minuten, um genau zu sein.

Alles beginnt – mit einer Warntafel:

„Sollte beim Betrachten dieses Programms Unwohlsein oder Übelkeit bei Ihnen auftreten, bitten wir Sie im eigenen Interesse, die Wiedergabe dieses Mediums sofort zu stoppen.

Legen Sie Ihre Beine hoch und hören Sie entspannende Musik. Bedenken Sie, dass es sich hierbei nur um einen Film handelt.“

Gut, unwohl, ja gar übel ist mir bereits jetzt aus Angst vor dem, was mich erwartet, aber nur die Garten kommen in den Harten oder so.

Nun kann es aber wirklich losgehen.

Oh, doch nicht. Eine weitere Warntafel sagt uns Folgendes:

„Dieser Film enthält extreme Gewaltdarstellungen und ist daher für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren nicht geeignet!“

Okay, das habe ich mir schon gedacht. Ich habe ja auch die erste Warntafel gelesen. Die ließ nicht unbedingt vermuten, dass es bei „Ostermontag“ um Kinder geht, die auf dem Rücken des Osterhasen durchs bunte Ostereierland hoppeln und dabei Fangen spielen.

Los geht’s.

Dachte ich zumindest. Stattdessen – eine dritte Warntafel!

„Director’s Snuff Cut

Kinder, Schwangere und nervlich labile Menschen, können beim Betrachten dieses Filmes, schwere seelische Schäden davontragen!

Das HF-Team übernimmt keine Verantwortung!“

Falsche Kommasetzung hin oder her – ich habe mehr an dem „Director’s Snuff Cut“ zu knabbern. „Director’s Snuff Cut“? Was soll das sein? Hat Fipper vor der Kamera Ameisen mit der Lupe verbrannt? Katzen gehäutet? Kinder mit dem Auto überfahren? Schwangeren gewaltsam Babys entrissen? Immerhin: Ich fühle mich durch das „nervlich labile Menschen“ leidlich angesprochen.

Wie dem auch sei: Ich hätte nichts dagegen, wenn es bis Minute 64 so weitergehen würde. Je mehr Warntafeln, desto weniger bewegte Fipper-Bilder!

Als Nächstes – sehen wir das HF-Pictures-Logo ins Bild schwirren. Dafür gehen gut und gerne weitere 30 Sekunden drauf. Nehm‘ ich auch. Wie gesagt: bitte weiter so!

Und es geht weiter so. Es folgt – ein weiterer Hinweis in Form einer Schrifttafel:

„ACHTUNG:

Der folgende Inhalt ist die 1:1 Kopie einer an einem Tatort sichergestellten Videokassette.

Nur wenige Stunden nach Sicherstellung, wurde sie im Frühjahr 1996, noch vor Sichtung des Materials, aus der Polizeigewahrsam entwendet und auf dem Schwarzmarkt angeboten und verkauft.

Dieses Band sollte zur Aufklärung eines eventuellen Gewaltverbrechens an einer seit dem Jahre 1991 vermissten Person dienen.

Der Fall ist bis heute ungeklärt.“

Deshalb also „Director’s Snuff Cut”. Es gibt hier also brandheißes Snuff-Material für die ganz Harten. Voll krasse Bilder von echten Toten. Das kann doch nur geil werden!

Besonders schön der letzte Satz, mit dem die Texttafel schließt:

„In Anbetracht der Seltenheit dieses Dokuments, bitten wir Sie um Verständnis dafür, dass die Bild- und Tonqualität nicht dem gewohnten Standard dieses Mediums entspricht.“

Mit anderen Worten: „Bitte entschuldigt, dass Bild und Ton so beschissen sind, wir hatten kein besseres Equipment und drehen es euch trotzdem an, weil wir Geld damit machen wollen.“

Leider geht es dann doch los – immerhin noch mit den stimmungsvollsten Bildern, die „Ostermontag“ anbieten wird. Es ist stockfinster. Wir sehen eine Hand, die Kerzen anzündet. Ein digitales Kalenderblatt saust durchs Bild: 1. April 1991. Champagner wird geöffnet, zwei Gläser gefüllt.

Während dieser Tätigkeiten teilt uns ein Off-Sprecher in bedächtigem Tonfall seine Gedanken laut mit – Gedanken eines gemeingefährlichen Psychopathen. Die Stimme kenne ich auch: Es ist die von Heiko Fipper, der sich ja auch später noch zu Beginn von „Das komabrutale Duell“ des Stilmittels der Voice-over-Narration bedienen sollte.

Ich fasse mal die dreieinhalb Minuten Monolog in Kurzform zusammen. Der Typ hat ein Problem: Er hat Liebeskummer, denn er liebt seine Halbschwester Fabiane, darf aber – Mama hat’s verboten – nicht mit ihr ausgehen. Fabiane hat eine Zwillingsschwester namens Nicole. Die hat es faustdick hinter den Ohren, denn sie gibt sich ständig als Fabiane aus und behauptet anderen gegenüber, er würde diese misshandeln. Aber: „Jetzt ist Schluss!“ Offenbar davon ausgehend, dass Nicole auch für sein mit Fabiane geplantes schmusiges Candlelight-Dinner die Rollen tauscht, mixt er eine Gefügigkeitsdroge in eines der Champagnergläser.

Die Bilder von Kerzenlicht und Champagnergläsern weichen Bildern von einer Frau – vermutlich Nicole –, die mit nacktem Rücken und einem Slip mit Stummelschwänzchen-Aufsatz an den Armen gefesselt zur Kamera steht. Dann liegt sie auf dem Bett. Der Typ hält feierlich eine Nadel in die Kamera – und rammt sie ihr ebenso feierlich mehrfach durch den Slip in die empfindliche Intimzone. Danach streichelt er sie liebevoll mit einer Peitsche – ich nehme an, das soll laut Drehbuch eigentlich richtiges Peitschen sein, aber der Darsteller hat sich das nicht getraut – und nähert sich ihr schließlich mit einem groß ins Bild gehaltenen Messer. „Leb wohl, Nicole“, sagt er – und Krisselbild. Ende des Prologs.

Halten wir kurz inne und rekapitulieren wir, was wir eben gesehen haben. Zuallererst: Es sind noch keine hochschwangeren Frauen wie in „Das komabrutale Duell“, die Heiko Fipper vor der Kamera blutigst verhackstückt, aber er übt schon mal vorsichtig mit Nadeln. Zweitens: Fipper labert ausschließlich Scheiße („Durch die Droge werden meine Worte wie Zucker für dich klingen; ich werde sehr traurig sein, denn ich warte schon Stunden auf dich“ – äh, was?). Drittens: Eine 1:1-Kopie einer an einem Tatort sichergestellten Videokassette soll das hier also sein. Vielleicht hätte sich Fipper dann doch lieber die ganzen „kunstvollen“ Überblendungen von Kerzen über Champagnergläser und Champagnerflaschen bis hin zu nackten Frauenrücken sparen sollen. Viertens: Nicole gibt sich ständig als Fabiane aus. Warum? Hat Fabiane Angst vor ihm und schickt deshalb Nicole vor? Warum lässt sie dann zu, dass Nicole sich in Gefahr begibt? Oder will sie sich einen Spaß erlauben? Mit einem Durchgeknallten, der Frauen, wie Nicole es behauptet, misshandelt und gefügig macht? Warum ist der Typ nur auf Nicole sauer, wenn Fabiane den Rollentausch doch offensichtlich billigt? Auf keine dieser Fragen wird der Film Antworten geben. Fünftens: Immerhin – der 1. April 1991 war wirklich ein Ostermontag.

Nach diesem Prolog, der dann wohl vergeblich das angeblich geklaute Originalmaterial darstellen sollte, sehen wir irgendeine Frau, die von irgendjemandem in Schwarz durch einen Hausflur geführt wird. Aus der Ferne hört man männliche Schreie. Die Bildqualität entspricht nicht dem gewohnten Standard, hieß es ja eben erst. Das größere Problem scheint mir zu sein, dass der Kameramann die Kamera nicht richtig halten kann und die Köpfe der Darsteller auch zukünftig oftmals nicht vernünftig in den Fokus kriegt. Weder weiß ich, wer das ist und warum da jemand schreit noch weiß ich, was die Szene soll.

Darüber laufen die Eröffnungstitel. Den Namen Heiko Fipper lese ich ganze siebenmal: Er ist für Musik, Schnitt, Ton, „Make-up/Computer sfx“ und Drehbuch zuständig, wird als Darsteller erstgenannt und fungiert als Produzent und Regisseur. Das ist mehr, als ein Orson Welles jemals geleistet hat. Stephan Fipper wird nicht nur in der Darstellerliste genannt, sondern auch als „computer administrator“. Insgesamt neunmal steht da also der Nachname Fipper. Weitere Darsteller sind Andreio Fiore und eine Nicole D. Ich hätte auch keinen Bock, mit diesem Film in Verbindung gebracht zu werden. Kamera führt das sogenannte HF-Team. Dann ist es ja noch bedenklicher, dass gleich mehrere Kameraleute nicht wissen, wie man eine Kamera bedient.

Die Bildqualität strahlt auch weiterhin den Charme eines ultrabilligen Homevideos aus, als im nächsten Moment ein Typ aus einem Haus läuft und von zwei anderen Typen verfolgt wird, die ihn überwältigen wollen. Er wehrt sich erfolgreich und haut einem seiner Verfolger mit irgendwas die linke Gesichtshälfte ab. Es matscht, und in der nächsten Einstellung liegt eine schlechte halbierte Karnevalsmaske auf dem Boden. Vermutlich der Verfolgte haut dem vermutlich anderen Verfolger mit irgendwas den Arm ab. Menschen keuchen vor Schmerz. Schwarzbild.

Ergänzen wir die Minus-Checkliste nach Bild, Ton und Kameraarbeit um einen weiteren Punkt: den hinreißend konfusen Schnitt. Bild reiht sich an Bild. Irgendwas passiert. Nur was? Der Prolog war ja noch einigermaßen okay, aber das eben und alles, was noch folgen wird? Ein heilloses Durcheinander!

Irgendwo anders betätigt ein Typ eine Klingel. Ein Typ mit schwarzem Schnäuzer öffnet die Haustür. Der Klingler ist Bulle und warnt – den Wortfetzen, die ich überhaupt verstehen kann, nach zu urteilen – den Typen vor dessen Vormieter. Der sei nämlich vor drei Stunden der Nervenheilanstalt entsprungen. „Ist er denn gefährlich?“, fragt der Typ mit dem schwarzen Schnäuzer. Nein, wo denkst du hin? Er bringt Kaffee und Kuchen mit! Trottel.

Der Bulle ergänzt, dass der Entflohene vielleicht in seine alte Wohnung zurück wolle, und wenn dem so sei, solle der Typ mit dem schwarzen Schnäuzer bei der Polizei anrufen. Damit wäre die Sache für den Bullen erledigt, und er rauscht wieder ab. Polizeischutz vor gemeingefährlichen Irren wird überbewertet.

Auch diese Szene hat es gewaltig in sich: Die Ausleuchtung stimmt überhaupt nicht, der Typ mit dem schwarzen Schnäuzer und der Bulle stehen die ganze Zeit im schattigen Halbdunkel rum. Den Bullen wiederum sieht man nicht ein einziges Mal von vorn. Als wäre es damit nicht genug, versucht das HF-Team sich mitunter auch noch an experimentierfreudigen Einstellungen, gegen die Jess Francos Faible, durch irgendwas durch zu filmen, augenfreundlich anmutet: Hier will der Kameramann beispielsweise sekundenlang durch den Türspion filmen, vermutlich um den davor gehaltenen „Polizei“ausweis ins Bild zu kriegen, aber es will ihm einfach nicht gelingen. Deshalb muss er den Versuch abbrechen und nach einem Schnitt den Ausweis lieber doch mit der Hand direkt vor die Kamera halten. Verbunden mit dem generell unruhigen Schnitt und dem schlechten Ton ist dieser Film schon jetzt ein Verbrechen für sich.

Kamerafahrt von einem herabhängenden Telefonkabel auf ein klingelndes Telefon. Reine Kunst. Ein Typ mit Sonnenbrille geht ran. Es ist nachts, da blendet die Sonne immer besonders. Eine Frau meldet sich und warnt den Typen vor dem Vormieter, der ihr Bruder ist. Der Typ mit der Sonnenbrille nölt, das hätte der Kommissar eben auch schon gesagt. Wir können gerade noch „Ah, dann sind wir bei dem Typen mit dem schwarzen Schnäuzer in der Wohnung“ sagen, da kommt der auch schon hinzu und schlägt vor, die Frau möge doch hochkommen, weil sie eh in einer Telefonzelle unmittelbar vor dem Haus steht. Dann könne sie mehr erzählen. Meine Eltern haben mir als Kind beigebracht, nicht zu Wildfremden ins Auto zu steigen. Ich wäre auch nicht zu Wildfremden in die Wohnung gegangen. Die Frau folgt jedoch der Einladung.

Die Texttafeln zu Beginn haben uns ja vor einigem gewarnt: vor extremen Gewaltdarstellungen etwa oder vor schweren seelischen Schäden für bestimmte Zuschauergruppen. Nicht gewarnt hat uns die Texttafel aber davor, dass sich die im Film vorkommenden Figuren – „Figuren“ – selten bis nie mit Namen anreden. Mit Glück wird mal beiläufig ein Name in den Raum geworfen, zu diesem Zeitpunkt allerdings gibt es nur Nicole, Fabiane und ein paar komische Typen. Die Frau, die eben mit dem Typen mit Sonnenbrille gesprochen hat, halte ich nach dem Ausschlussverfahren für Fabiane, weil sie meinte, der gemeingefährliche Entflohene sei ihr Bruder, und Nicole wurde ja im Prolog vermutlich zu Tode gefoltert. Alle anderen tragen bis dato keinen Namen, weshalb ich mich in der Folge mit Schnäuzer (für „der Typ mit dem schwarzen Schnäuzer“, auch wenn fast alle Kerle hier einen Schnauzbart tragen, aber nur einen vergleichsweise dünnen Flaum und nicht so schön breit) und Sonnenbrille (für „der Typ mit Sonnenbrille“) begnügen werde, bis ich den richtigen Namen höre. Bliebe fürs Erste noch der Psychopath, aber den kann ich ja einfach Psycho nennen.

Eine Schwarzblende später sind wir immer noch in Schnäuzers Wohnung, wobei ich auch nicht ausschließen will, dass das hier eine WG ist. Fippers besonderer Einsatz mit der Schwarzblende sollte auch später noch in „Das komabrutale Duell“ zu beobachten sein. Schwarzblenden bedeuten bei Fipper so gut wie nie einen Szenenwechsel, sondern einfach, dass die Kamera bleibt, wo sie ist. Sonnenbrille öffnet Fabiane die Tür. Zuerst hielt ich Sonnenbrille für einen anderen Typen mit Sonnenbrille, weil er noch wenige Sekunden zuvor ein gänzlich anderes Oberteil trug, aber weil kein anderer Sonnenbrille trägt, ist diese Sonnenbrille auch wirklich Sonnenbrille und nicht Sonnenbrille II. An Fabianes Stelle würde ich es mir zweimal überlegen, ob ich eine Wohnung betrete, in der gleich zur Begrüßung ein Vollidiot mit rosa Unterhemd und Sonnenbrille vor mir steht, aber Fabiane hat es nicht so mit dem Denken und gesellt sich dazu.

Fabiane ist mit Sonnenbrille und Schnäuzer nicht allein in der Bude. Um einen Tisch im Wohnzimmer sitzen neben einem weiteren Typen auch zwei Frauen gemütlich beisammen und geben sich vermutlich die Kante. Genau weiß ich das aber nicht, denn Bild und Ton dieser Szene vermitteln den Eindruck, als wären wir gerade live bei Tante Gertruds allwöchentlichem Canasta-Abend dabei, bei dem der kleine Neffe erste Gehversuche mit der gerade geschenkten Kamera macht und mal hier filmt und mal da filmt. In dieser Runde wird Fabiane willkommen geheißen. Vor allem Sonnenbrille ist gespannt, was es mit Fabianes Warnanruf auf sich hatte und bittet sie freundlich um einen oder mehrere Wortbeiträge: „Na, dann erzähl ma‘!“ Und Fabiane erzählt. Obwohl – eigentlich nicht. Sie sitzt nur da vor einer weißen Wand, und hinter ihr tut sich bereits die Folgeszene auf, bis diese schließlich das ganze Bild füllt. Fipper probiert alles aus, was sein Schnittprogramm hergibt.

Also ab in die Rückblende. Darin klingelt Fabiane an der Haustür eines Mehrfamilienhauses und geht nach Einlass die Treppen im Treppenhaus hinauf. Der Aufstieg ist Fipper eine knappe Minute Filmzeit wert. Sie will zu einem nervös wirkenden Typen in einem weißen gestreiften Hemd mit zwei auffälligen Fettflecken auf dem Rücken, der nach einem Blick durch den Türspion hastig eine Strumpfhose aus der Badewanne entfernt. Danach öffnet er die Tür, und im nächsten Moment gleitet die Kamera über verschiedene Dinge in der Wohnung: einen Dildo, pornografische Videohüllen, eine Clown-Puppe, eine Zeitung, einen Fernsehbildschirm, auf dem sich gerade ein billiger 80er-Jahre-Porno abspielt, und schließlich zwei auf dem Bauch liegende Puppen, von denen die Hand der einen der anderen unter das Kleid fasst. Schön gemütlich hat er’s sich gemacht. Wir haben vom Psychopathen bis zu diesem Zeitpunkt zwar nur die Hände und seine vermeintliche Flucht aus der Klapse gesehen – streng genommen habe ich gar nichts gesehen außer einer chaotischen Abfolge unverständlicher Bilder –, aber ich glaube, das ist er.

Eine Kamerafahrt enthüllt ein Sofa – und dort liegt plötzlich die an Beinen und Händen gefesselte Fabiane mit mit Paketband zugeklebtem Mund. Psycho hat den weiblichen Besuch also gleich gebührend in Empfang genommen. Und Psycho ist auch wirklich Psycho, weil er kurz darauf zum bereits bekannten, patentiert dämlichen und gekünstelten Geschwurbel ausholt, das wir so ähnlich schon aus dem Prolog kennen. Und wir lernen von ihm, dass die gefesselte Frau und somit auch Erzählerin dieser Rückblende nicht Fabiane ist, wie ich eigentlich angenommen hatte, sondern – ihre Zwillingsschwester Nicole!

Kommt ihr noch mit?

„Es war vor fünf Jahren, als Fabiane verschwand, nicht?“, fragt Psycho die Gefesselte, während er sie mit einem Messer streichelt. „Niemand erfuhr je, was mit ihr geschah. Also lud dich Fabiane zu mir ein in dem Glauben, dass du wieder mit ihr tauschen würdest. Ironischerweise war es das erste Mal, dass du nicht ihre Rolle einnahmst.“ Ergo: Psycho hat seinerzeit nicht Nicole gefoltert wie eigentlich geplant, sondern seine geliebte Stiefschwester Fabiane. Psycho ist also nicht nur psychopathisch – er ist auch völlig verblödet!

Es wäre nur gerecht, wenn der dämliche Klappspaten sich für diese schier unfassbare Dummheit selbst foltern würde, doch er will sich lieber an Nicole rächen, indem er ihr Fabianes auf Video festgehaltene Höllenqualen vorspielen möchte, ohne zu verraten, was aus ihr wurde, denn – er lacht irre (im Sinne von: irre blöd) – „vorher werde ich dich einfach zerfetzen“. Darf ich raten, was aus Fabiane wurde, wenn du Nicole „zerfetzen“ möchtest? Du hast sie zu Tode gefoltert. Überraschung, Überraschung. (Gähn.)

Wir sollten uns aber nicht nur über den psychopathischen Deppen lustig machen. Nicole spielt auch eher in der intellektuellen Liga eines typischen Dorftrottels – und/oder ist mindestens sehr naiv. Ich meine, was wollte die mit ihrem Besuch bezwecken? „Du, Psycho, meine Schwester ist vor fünf Jahren spurlos verschwunden. Du hast sie doch seinerzeit immer misshandelt und bestimmt irgendwo verscharrt. Und du hasst mich doch dafür, dass ich mich immer für sie ausgegeben habe. Hast du Lust, mit mir einen Kaffee trinken zu gehen? Dann können wir mal in Ruhe über die Sache reden.“ Oder wie muss ich mir ihren Gedankengang vorstellen?

Dann schließt sich eine weitere sinnfreie Kamerafahrt an – von dem Kopf der gefesselten Nicole bis zu ihren Füßen. Oder so. Man sehe mir nach, dass ich nicht sagen kann, was das HF-Team da genau filmt, dafür ist das Bild zu dunkel und unscharf. Andere Regisseure würden so etwas aus dem finalen Produkt herausschneiden und, wenn sie es denn für essenziell wichtig für den Film erachten, noch einmal neu drehen, aber Fipper ist kein gewöhnlicher Regisseur. Streng genommen ist „Ostermontag“ ja nicht mal ein gewöhnlicher Film, sondern eines der zahllosen Amateur-Videos, wie man sie als Kind und Jugendlicher vielleicht mal drehte. Nur verkaufen die Wenigsten sie dann der Öffentlichkeit als Film.

Psycho zieht sich die Jacke an und verrät der gefesselten Nicole, dass er kurz an die frische Luft geht und sie doch bitte artig bleiben möge. Das ist aber nur ein gemeiner Test, denn er denkt nicht im Traum daran, seine Wohnung zu verlassen, sondern bleibt im Flur stehen. Nahaufnahme auf den vermutlich diabolisch erscheinen wollenden, in Wirklichkeit aber wie eine oberdebile Flachzange daherkommenden Psychopathen. Nicole fällt beim Test durch: Sie rollt sich vom Sofa und robbt verzweifelt über den Boden. Immerhin schafft sie rund zehn Zentimeter, da taucht Psycho vor ihr auf, um sie wutentbrannt – selbstverständlich außerhalb des Kamerawinkels – zusammenzutreten. Damit nicht genug, zerrt er Nicole in die Badewanne – und pisst ihr jauchzend ins Gesicht („Na, schmeckt dir das?“). Als es an der Tür klingelt, prügelt er auf sie ein, damit sie das Maul hält. Frauenversteher Fipper gibt alles. Psycho schaut kurz nach, wer da geklingelt hat, aber niemand da.

Am nächsten Morgen liegt Nicole immer noch in der Badewanne, vermutlich bewusstlos. Psycho rasiert sich gut gelaunt und schmiert ihr Rasierschaum um den Mund, um sie zu wecken. Dieser Teufel! „Langschläfer“, wiederholt er mehrfach in einem bescheuerten Singsang, weil sie davon nicht wach wird. Dann eben auf die harte Tour: „Aufstehen!!“ Was Psychopathen eben so tun.

Später pfeift sich Psycho einen weiteren Porno ein, in dem sich eine Frau in den Mund pissen lässt und dem Pisser unmittelbar danach den Schwanz lutscht. Sorry für die vulgäre Ausdrucksweise, ich passe mich nur dem Niveau des Films an. Psycho greift zur Kamera und filmt sich dabei, wie er ein Tape hervorkramt, auf dem in großen roten Lettern „Ostermontag“ steht. Nach eigenen Angaben sind die Buchstaben mit Fabianes Blut geschrieben. Er zeigt Nicole das Tape, das wir im Prolog schon sehen durften. Dazu erklingt romantische Musik. Oder anders ausgedrückt: Es ist exakt dasselbe musikalische Thema, das vorhin schon ertönte, als sich nach den drei Warntafeln das HF-Pictures-Logo aufbaute, nur auf einer billigen Heimorgel gespielt. Mit möglichst wenig Aufwand möglichst wenig erreichen – Fipper ist ein Meister darin.

Dann löscht Psycho das Tape – und vernichtet damit auch den letzten Funken Hoffnung für die Leute an der Snuff-Front, die immer noch geglaubt haben mögen, der Prolog sei voll krasses Originalmaterial gewesen. Denn wenn das Tape gelöscht wurde – wie konnte es dann in Polizeigewahrsam kommen?

Da betätigt nach einer weiteren sinnfreien Kamerafahrt durch den Treppenhausflur jemand mit einer Messerspitze den Klingelknopf. Psycho schaut nach und wird unruhig, weil schon wieder wie gestern niemand vor der Tür steht. Er wittert Verrat vonseiten Nicole, weil sie ja mit zugeklebtem Mund und gefesselten Armen und Beinen jederzeit Hilfe holen kann. Aber wir stellten ja schon an anderer Stelle fest (also eigentlich die ganze Zeit schon), dass es sich bei diesem Psychopathen um ein ganz besonders bescheuertes Exemplar handelt. Es klingelt erneut – und diesmal steht da wirklich ein Typ vor der Tür. Der hat einen Nylonstrumpf über der Visage und begehrt dämlich lachend Einlass. Strumpfvisage ist niemand anderes als der Schnäuzer-Darsteller aus der Gegenwartshandlung. Allerdings glaube ich kaum, dass Strumpfvisage und Schnäuzer dieselbe Figur verkörpern sollen. Fipper hatte halt einfach nicht mehr bereitwillige „Schauspieler“ zur Verfügung.

Nun gilt es, Ruhe zu bewahren – und deshalb bindet Psycho Nicole eine Socke um das Kinn! Ja, das tut er. Er bindet Nicole eine Socke um das Kinn. Um das Kinn. Danach geht er zwei Schritte vor die Tür, aber Strumpfvisage ist nicht mehr da. Er guckt akribisch suchend eine Sekunde nach oben und eine Sekunde nach unten ins Treppenhaus, stampft beleidigt mit dem Fuß auf und geht wieder rein. Dabei vergisst er, die Wohnungstür richtig zu schließen. Psycho ist – zumindest bis zu diesem Zeitpunkt – dümmer als psychopathisch. Nach einem weiteren Schlag in Nicoles Gesicht (gut, jetzt ist er genauso psychopathisch wie dumm) stellt er fest, dass sie hier nicht bleiben kann und trägt sie deshalb vom Wohn- ins Schlafzimmer. Guter Plan.

Strumpfvisage verschafft sich gar nicht mal gewaltsam Zutritt. Psycho kriegt davon nichts mit (wie auch, der peilt doch eh nichts mehr), kommt aber unversehens doch noch auf die Idee, vielleicht auch mal durchs Treppenhaus zu laufen und draußen nachzuschauen, wo der komische Kerl abgeblieben ist – und vergisst abermals, die Tür zu schließen! Wenn Strumpfvisage nicht schon drin wäre, dann spätestens jetzt. Strumpfvisage entdeckt Nicole im Schlafzimmer, die auf dem Bett etwas rumrollt, als sie den Eindringling wahrnimmt. In Zeitlupe. Spektugal … ich meine, spektakulär. Der Einbrecher ist begeistert – nicht etwa, weil er sie nun befreien kann, sondern weil sie eine hilflose Frau ist, über die er doch schnell mal rüber könnte. Wer hätte das auch von einem Typen gedacht, der sich einen Strumpf über die Rübe zieht?

Strumpfvisage kloppt zwar ein paar Mal auf Nicole ein, aber noch bevor er über sie herfallen kann, kehrt Psycho zurück, stürzt sich schreiend mit einem Messer auf ihn und meldet Besitzansprüche an: „Sie gehört miiiiaaaa!“ Das Handgemenge verlagert sich ins Badezimmer und endet damit, dass Strumpfvisage Psycho mit dessen eigenen Messer mittschiffs durchbohrt und der Blut kotzend über dem Badewannenrand zusammenbricht. Derweil ist es Nicole gelungen, sich aller Fesseln zu entledigen und nebenbei auch noch ein kleines Beil aus der Besteckschublade an sich zu reißen. Wild entschlossen baut sie sich vor Strumpfvisage auf. „Du hast doch nicht den Mumm dazu“, tönt er feixend. Und ob sie Mumm hat – sie schlägt mehrfach auf ihr Gegenüber ein, bis dessen abgetrennter Kopf – oder irgendwas, was ein Kopf sein soll – in die Badewanne purzelt. Minimales Beil, maximaler Schaden.

Rätselhafte Einstellungen von einer brutzelnden Steckdose und einem Videorekorder beenden die Rückblende. Wir lernen also: Psycho hat seine vermeintlich tödliche Wunde überlebt, ist nun vermutlich im absoluten Blutrausch – und Nicole ist in Lebensgefahr. Die Partyrunde in der Butze nimmt es locker. „Dann lass mal den Clown kommen, du“, sieht Sonnenbrille dem Rachefeldzug gelassen entgegen. Ich gebe zu: Clown passt eigentlich besser zu Psycho als Psycho. Psycho-Clown. Ich nenne ihn ab sofort Psycho-Clown.

Wo wir schon von ihm reden: Der Psycho-Clown ist gerade irgendwo im Dunkeln mit einer Taschenlampe als einziger Lichtquelle unterwegs und öffnet sein Hemd, um am Bauch an etwas zu fummeln, was wie eine Wunde aussieht (allerdings in merkwürdiger C-Form). Er rupft sich stöhnend Fäden aus eben dieser Wunde. Warum auch immer gerade jetzt. Woher er die Wunde hat, weiß ich nicht. Von den Männern, die ihn vorhin verfolgt haben? Wer hat ihm dann aber die Wunde genäht? Völlig egal. Ist alles nur ein sinnloses Einsprengsel, das so wirklich gar keinen interessiert. Weder jetzt noch im weiteren Verlauf. Die Szene ist einfach nur da.

In der Wohnung wird allmählich daran gedacht, schlafen zu gehen. Sonnenbrille schlägt Nicole vor: „Ich glaub‘, es wäre besser, wenn du heute Nacht hier knackst.“ So habe ich es beim fünften oder sechsten Vor- und Zurückspulen endlich verstanden. Nicole sieht das ähnlich, und da niemand Einwände erhebt, darf sie in der Wohnung übernachten, allerdings in einem Zimmer, in dem das Licht nicht geht. Auch dieses Detail wird angesprochen, als ob es noch eine Rolle spielen würde. Tut es aber nicht. Vergessen wir also auch das.

Dann ist es wieder finster wie im Bärenarsch. Irgendwer raschelt mit einer Taschenlampe durch ein Treppenhaus. Ist das etwa …? Ja, es ist Psycho-Clown. Er schleicht weiter durchs Dunkel in eine Wohnung. Ist das etwa …? Ja, es ist die Wohnung, die wir schon kennen. Der Erste, dem Psycho-Clown über den Weg läuft, ist – „Stephan!“. Ein Name! Endlich ein Name! Und da Stephan Fipper Sonnenbrille spielt, ist Sonnenbrille Stephan! „Mensch, das ist ja geil, dass du da bist“, freut der sich wie ein Honigkuchenpferd. Und Stephan hat noch eine Überraschung für Psycho-Clown im Köcher: „Nicole ist hier!“ Nein, echt? Er kann seine Freude kaum zurückhalten.

Wer hätte es auch gedacht? Psycho-Clown und Stephan – und somit vermutlich auch mindestens Schnäuzer – gehören zusammen und planen ein schändliches Spiel mit der ahnungslosen Nicole. Heiko Fipper handelt diese Enthüllung so beiläufig ab, als hätte er bereits geahnt, dass wir das alles eh schon längst durchschaut haben. Ich möchte aber auf gar keinen Fall den Eindruck erwecken, dahinter könnte Absicht stecken – Gott bewahre –, Fipper hat nur einfach keine Ahnung, wie er Überraschungsmomente auch wirklich überraschend in die Story – „Story“ – integriert.

So. Damit hätten wir jetzt nach 32 Minuten die Halbzeitmarke erreicht. Bisher war das alles ja ganz schön scheiße in wirklich jeder Beziehung. Bodenlose Inkompetenz auf allen Gebieten, ergänzt um ein paar dicke Tropfen Misogynie. Genau davon aber hatte der Film nach Meinung seines Machers offenbar bislang zu wenig. Weshalb Fipper nun die Zeit für reif hält, endlich seine kranken Fantasien aufs Parkett zu legen. Und so reiht „Ostermontag“ ab sofort bis zum Ende ganz bequem nur noch Geschmacklosigkeit an Geschmacklosigkeit – und das auf die niederträchtigste Art und Weise. Und auf technisch gewohnt miesest denkbarem Minus-Niveau, versteht sich.

Wir haben uns kaum von der großen Wendung erholt, da ist auch schon der nächste Morgen angebrochen, und das Erste, was Psycho-Clown macht, ist, sich gemeinsam mit Schnäuzer auf die schlafende Nicole zu stürzen. Psycho-Clown nimmt sich Nadel und Faden und näht Nicole in extremer Großaufnahme den Mund zu. Oder eher der Knetmasse, die wie Mund und Mundumfeld geformt wurde. Danach zerren er und Schnäuzer sie in die Badewanne. Stephan kommt dazu. Sie pissen sie an und schlagen ihr im Anschluss mit Fäusten Gesicht und Lippen blutig. Spätestens ab dieser Szene ist der Zeitpunkt gekommen, ab dem der Ekel vor Fipper über die technischen Unzulänglichkeiten obsiegt.

Dann klingelt es, und Stephan öffnet die Tür. Es ist eine von den beiden Frauen, die auch gestern Abend zu Besuch in der Wohnung waren (oder selbst dort wohnen – wie gesagt: keine Ahnung). Die Frau hat Alkohol mitgebracht für eine fette „Welcome back“-Party anlässlich der Rückkehr des so lange weggesperrten Folterkumpels Psycho-Clown. Ja, es ist wirklich so gaga: Nachdem sich eben noch herausgestellt hatte, dass nicht nur Psycho-Clown eine psychopathische Veranlagung hat, sondern auch Stephan und Schnäuzer, entpuppt sich die Frau als Psychopathen-Fan und – als Gipfel des Irrsinns – findet sich auch gleich noch der ganze Rest der Belegschaft zum Feiern ein, der am Vorabend Nicoles Horror-Story aus der Vergangenheit lauschte. Wer noch möchte Fipper ganz dringend eine runterhauen?

Vorsichtshalber seien die Teilnehmer der Partyrunde an dieser Stelle noch mal aufgezählt, denn ich glaube nicht, dass ihr die noch alle im Kopf habt: Zusätzlich zu unseren freundlichen Helden Psycho-Clown, Stephan und Schnäuzer wären das also zum einen die Frau, die eben geklingelt hat und die ich der besseren Unterscheidung halber mal Frau I nenne, weil auch noch eine zweite Frau anwesend ist, die ich Frau II nenne und die bisher noch nichts gesagt und gemacht hat. Und dann wäre da noch ein anderer auffällig unauffälliger Typ, der gesondert erwähnt werden muss, weil er ebenfalls noch nichts gesagt und gemacht hat. Deshalb kann ich ihm auch keinen anderen Kosenamen geben als „Typ“. Wer hingegen fehlt, ist Nicole. Die haben unsere Helden vermutlich bewusstlos, wenn nicht tot geschlagen.

Frau I demonstriert ihre Saufkünste, indem sie aus zwei Flaschen gleichzeitig trinkt. Die Typen zollen ihr mit begeistertem Gejohle ihren Respekt, wollen aber auch mitsaufen. „Schluck nicht so viel, ich will auch noch was“, nörgelt Stephan. „Maul nicht rum, Mann!“, kontert Psycho-Clown. Ich könnte diesen Primitivlingen einfach stundenlang beim Saufen zusehen.

Es könnte also alles so schön ausgelassen sein, wenn nicht plötzlich Psycho-Clown Typ damit konfrontieren würde, dass er vorhin nicht mitgemacht hat im Badezimmer. Aber echt, ey! Redet nicht, sitzt nur rum, macht nichts. Wozu ist der überhaupt da? Irritierenderweise sagt Typ dann doch irgendwas, was ich allerdings akustisch nicht verstehe, weil parallel noch jemand anderes sabbelt (na toll, da macht er schon mal den Mund auf, und dann versteht man nichts). Psycho-Clown hat ihn aber verstanden und findet seine Antwort offenbar wenig zufriedenstellend, sogar so sehr, dass er die leere Flasche in seiner Hand nimmt, um sie Typ wie ein Bekloppter (der er ja auch ist) dutzendfach auf den Kopf zu schlagen. Frau I und Frau II schauen interessiert zu, Schnäuzer und Stephan hingegen beteiligen sich an der Kloppaktion mit wachsender Begeisterung, bis der Geschlagene besinnungslos zusammenbricht. Es hätte ihm vielleicht geholfen, wenn er auch versucht hätte, sich zu wehren, anstatt seine Hände vorm Kopf zusammenzuschlagen, während er verdroschen wird.

Typ ist kaum bewusstlos bis tot geschlagen, da benötigt Stephan plötzlich einen Zahnstocher, weil ihm irgendwas zwischen den Zähnen hängt. Weil aber keiner einen griffbereit hat, hat er eine Idee. Er greift zum Messer, schneidet Typ einen Zeigefinger ab, zündet ihn, damit das Blut nicht auf den Boden tropft, an der blutigen Seite an und holt sich dann mit dem Nagel des abgetrennten Zeigefingers die Essensreste aus den Zahnzwischenräumen. … … … Ach, ich weiß doch auch nicht. Das ist alles so bekloppt, Leute.

Damit hat Typ seine Schuldigkeit getan, und unsere durchgeknallten Helden wollen ihn in den Keller schaffen. Dann stellt Psycho-Clown aber fest, dass der sich noch bewegt und schlägt noch ein paar Mal mit der Flasche zu, bis er wirklich hin ist.

Ich weiß, es erscheint schwer vorstellbar, dass es inhaltlich noch eine Etage tiefer gehen kann, aber es geht: „Ostermontag“ gibt nun auch noch den letzten mikrobenhaft vorhandenen Anflug dessen auf, was man als Geschichte bezeichnen könnte, und verkommt endgültig zu einer Entsetzen und Pein auslösenden Nummernrevue, die auf wirklich alles scheißt.

Und immer wenn ich glaube, es könnte nicht mehr dümmer, dämlicher, scheißiger werden, passiert noch etwas viel Dümmeres, Dämlicheres und Scheißigeres: Als Nächstes zaubern unsere Helden nämlich eine bis dahin nicht gesehene, geschweige denn erwähnte gefesselte und geknebelte Frau III aus einem Schrank hervor. In einem Satz wird erwähnt, man hätte die von der Straße geholt. Und wofür? Natürlich für weitere Foltereinlagen. In den kommenden fünf Minuten sehen wir nun Folgendes: das Abschneiden der Haut um ihre Augen (dafür springt der Film kurz um auf sehr grobkörniges Schwarz-Weiß, weil das sonst schwierig mit den Effekten geworden wäre), Nadelstiche in ihre Augen (mit übergestülpter Mütze, weil das sonst schwierig mit den Effekten geworden wäre), das Abtrennen ihrer Brüste (außerhalb des Bildschirms, weil das sonst schwierig mit den Effekten geworden wäre) – und abschließend drücken die Helden sie bäuchlings auf die heiße Herdplatte, um die Blutung an den Stellen zu stillen, wo vorher ihre Brüste waren. Die Schreie, die das Opfer während der Prozedur ausstößt, stammen dabei hörbar nicht von der Darstellerin selbst, sondern wurden einem anderen Film entliehen und als Loop immer wieder abgespielt.

Muss ich eigentlich noch viel sagen? Wir bewegen uns längst in Gefilden, in denen ich Fipper und seinen Darstellerkollegen die Pest an den Hals wünsche. Und das ist noch freundlich umschrieben.

Ich leide. Ich leide wirklich sehr.

Im Wohnzimmer lümmeln indes immer noch Frau I und Frau II auf der Couch und lassen die Jungs nebenan mal machen. Zumindest Frau I meldet allerdings dezente Zweifel an, ob die nicht vielleicht doch ein bisschen übertreiben: „Langsam drehen die durch.“ Dafür hat sie sich den Titel „Meisterin der Erkenntnis offensichtlicher Tatsachen“ – den sogenannten MdEoT-Preis hatte der gute Doc früher gern an besonders kluge Menschen in Filmen verliehen – redlich verdient. Sie ergänzt: „Wenn die da drin nicht aufhören, dann steig‘ ich aus. Ich hab‘ keine Lust mehr.“ Da sagst du was – ich nämlich auch nicht. Frau II stimmt zu: „Ja, mir geht’s genauso.“ Auch Frau II kann sprechen, dies allerdings mit hallender Stimme mithilfe einer elektronischen Sprechhilfe, die sie sich an den Hals hält. Wurden hier etwa auch noch laryngektomierte Frauen vor die Kamera gezerrt?

Bei Psycho-Clown, der just während dieses Gesprächs in den Raum platzt, kommen diese Widerworte erwartungsgemäß nur so mittelgut an: „Aussteigen wollt ihr?!“ So will Frau I das nun aber auch nicht gemeint haben und vergisst dabei zwischendrin kurz ihren Text: „Nein, das hat keiner … [Pause] … gesagt. Wir haben Spaß da dran, genau wie ihr.“ Psycho-Clown drückt sein Misstrauen in Form von energischen Flaschenschlägen auf die Köpfe der beiden Frauen aus und nimmt Frau II dabei auch gleich ihre Sprechhilfe ab, um sie sich selbst an den Kehlkopf zu führen und zu singen. Man muss ihn einfach mögen.

In der folgenden Szene führt Psycho-Clown Nicole an einer Hundeleine um ihren Hals durch die Wohnung Gassi und bindet sie danach an einem Heizungsrohr fest. Nicole hat sehr gute Gene: Alle Gesichtsverletzungen, die ihr vorhin zugefügt wurden, inklusive des zugenähten Mundes sind vollständig verschwunden. Es ist ja nicht so, als würden mich derartige Kontinuitätsfehler auch nur ansatzweise wundern. Psycho-Clown trägt ja in der fünf Jahre zurückreichenden Rückblende und in der Gegenwart auch dieselben Klamotten. Und von Frau III, die unsere Helden ja eigentlich auf die Herdplatte geworfen hatten, um ihre Blutungen zu stoppen, werden wir auch nichts mehr hören. Die ist auch einfach weg. Aber nun ja, der Film hat wahrlich größere Probleme …

Auch Frau I und Frau II werden gefesselt, die eine im Schlafzimmer auf dem Bett, die andere sitzend im Wohnzimmer. Kamera- und Schnittarbeit sind mittlerweile so schauerlich nachlässig, dass wir oft raten können, ob wir in den nächsten Szenen jeweils Nicole, Frau I oder Frau II im Bild haben, weil es das HF-Team bis zum Ende nicht mehr gebacken kriegt, die Darstellerinnen auch nur einmal von vorn zu filmen, geschweige denn ihre Gesichter überhaupt richtig zu zeigen. Man könnte sie vielleicht noch anhand der Klamotten voneinander unterscheiden, aber da die Frauen hier ja auch sonst keine anderen Merkmale erhalten, als Frauen zu sein und darüber hinaus nicht aufzufallen, sehe man es mir bitte nach, dass ich mir nicht gemerkt habe, wer in der Saufrunde eben was anhatte.

Die Fesselspiele haben einen Grund: Unsere Helden wollen eine Runde Kickjogging spielen. Dabei müssen sie innerhalb von 20 Sekunden nacheinander kreuz und quer durch die Wohnung laufen und die Frauen so oft wie möglich treten. Wer die meisten Tritte schafft, gewinnt. Und Fipper reicht es nicht, uns das einmal exemplarisch bei einem der Helden zu zeigen. Wir sehen gleich dreimal hintereinander, wie sie wie die hinterletzten Vollassis blöd rumrennen und Tritte austeilen. Der Kameramann läuft dabei zappelig dem jeweiligen Treter hinterher und versucht verzweifelt, ihn dabei wenigstens einigermaßen im Bild zu halten, und das natürlich vom Bauch aufwärts, denn ihr glaubt doch nicht, dass sie die Tritte auch zeigen würden? Das übernimmt nur die Tonspur. Und wen es interessiert – am Ende gewinnt Stephan.

Das war aber erst Runde eins. Runde zwei im „Germany’s Next Top-Psycho“-Wettbewerb ist – Sackknüppeln. Das heißt, eine Frau – ich glaube, es ist Frau I – wird in ein Bettlaken gewickelt, und unsere Helden schlagen mit ihren leeren Flaschen so lange zu, bis sie tot ist.

Runde drei: Kantsteinbeißen – in etwas abgewandelter Form. Eine andere Frau – ich glaube, es ist Frau II – wird mit einem Tuch über dem Kopf ins Treppenhaus gelegt, und Stephan tritt ihr auf den Kopf, der wie eine reife Melone zerplatzt. „Die ist hin!“, stellt einer unserer Freunde fest. Ein kluger Mensch.

Die letzte Runde ist – man will es nicht glauben – NOCH perfider: Psycho-Clown steckt sich ein Messer in seine hübsche weiße Unterhose und macht mit Nicole genau das, was euch gerade durch den Kopf schwirren dürfte. Als auch sie tot ist, leckt Psycho-Clown triumphierend die Klinge des benutzten Messers ab. Seine Kumpel freuen sich mit ihm. Hat die dumme Schlampe nach all den Jahren endlich bekommen, was sie verdient.

Darf ich kurz? Ja? Was für ein ekelerregender, widerlich stinkender Abschaum von einem Film! Was muss in der Kindheit falsch gelaufen sein, dass man solche Szenen nicht nur ins vermutlich eh inexistente Drehbuch schreibt, sondern sie auch dreht und spielt? Hat Fipper in all den Jahren bis zur Veröffentlichung – wie gesagt: zwischen Dreh und Veröffentlichung lagen zwölf volle Jahre! – nicht einmal innegehalten und sich gesagt: „Nee, das kannst du nicht bringen!“? Ich bin fassungslos.

Leider bin ich noch nicht durch.

Pech für unsere Helden, dass nun alle tot sind. Muss man wohl neue Opfer von der Straße holen. Doch für Psycho-Clown ist das zu aufwändig – im absoluten Rage-Modus füllt er im Badezimmer das Waschbecken mit Wasser und ersäuft Stephan darin. Reichlich unspektakulär, aber Stephan war ja auch keine Frau.

Bliebe noch Schnäuzer übrig. Psycho-Clown holt den Staubsauger aus dem Schrank und schaltet ihn ein. Dann ruft er nach – „Andy!“. Schnäuzers richtigen Namen erfahren wir somit zwei Sekunden vor seinem Tod, denn Psycho-Clown stopft ihm den Staubsaugerrüssel in die Fresse, Blut spritzt aus dem Staubsauger, Andy ist hin, und Psycho-Clown geht.

Ende.

Der Abspann läuft über einen undefinierbaren ovalen roten Gegenstand. Wie Blut sieht das nicht aus, aber es soll wohl Blut sein. Vermutlich. Doch was das Schlimmste ist: Diese Einstellung weckt in mir Erinnerungen an – Dario Argentos „Profondo Rosso“! Nein, ich scherze nicht. Dort ist das Schlussbild nämlich ebenfalls ein riesiger Blutfleck, der fast das komplette Bild ausfüllt. Sehe ich zukünftig „Profondo Rosso“, werde ich fortan immer auch an „Ostermontag“ denken müssen … Danke für nichts, nichts und wieder nichts, Fipper.

Zum Ende des Abspanns dann noch eine lustige Texttafel – immerhin ist dieser Film der König der Texttafeln –:

„Unerlaubte Vervielfältigung, Verbreitung, Vermietung, Verleih und Sendung ist ohne schriftliche Genehmigung der HF-Pictures untersagt. Wer missbrauch [sic!] mit diesem Film treibt, den erwartet eine muntere Partie Kickjoggen!“

Halt die Fresse, Fipper, halt einfach die Fresse!

Krisselbild.

Es ist geschafft.

Während ich noch zutiefst erschüttert vor dem Bildschirm hocke und den soeben gesehenen Sondermüll zu verarbeiten suche, passiert plötzlich etwas, das mir den Boden unter den Füßen wegzieht – ein Schockeffekt, wie er gewaltiger nicht sein könnte. Ich versichere hier hoch und heilig an Eides statt, dass ich noch nie in meinem Leben etwas Grausameres erlebt habe als das hier …

Der Film geht weiter!

Bitte? Nein! Bitte, NEIN!

DOCH!

Ich werfe mit schreckensgeweiteten Augen einen Blick auf die Timer-Anzeige. Der Film ist ja erst bei Minute 53. Und er geht 64 Minuten. 64 minus 53. 11 Minuten. Er geht noch 11 Minuten. ELF VERDAMMTE MINUTEN. Und den Abspann haben wir gerade eben schon hinter uns gebracht.

BITTE ZEIG UNS WENIGSTENS WEITERE TEXTTAFELN!

Heiko Fippers Stimme aus dem Off ertönt: „Doch das ganz große Geheimnis, was aus ihr wurde, wirst du niemals erfahren – und jetzt werde ich die Kassette löschen.“

STOPP!!! BITTE!!!

Doch dann sehen wir, was aus Fabiane wurde. Wir knüpfen am Prolog an und sind wieder in der nur von Kerzenschein erhellten Bude von Psycho-Clown, und wir sehen diesem dabei zu, wie er sich an Fabiane vergeht.

11 Minuten lang. 11 lange Minuten.

Fabiane liegt gefesselt nur in Unterwäsche da und hat eine Mütze auf dem Kopf. Womöglich also gar nicht die Fabiane-Darstellerin, sondern eine andere Person, die aber anonym bleiben möchte. Weise Entscheidung.

Psycho-Clown ritzt mit einem Messer an ihrem Körper herum und saut ordentlich mit Kunstblut rum.

Psycho-Clown zückt einen Revolver und schießt Fabiane auf Brusthöhe ein großes Loch in den Rücken.

Psycho-Clown führt das Messer in ihre Intimzone ein.

Psycho-Clown wühlt mit den Händen in ihren Eingeweiden.

Psycho-Clown zieht sich die Hose runter, präsentiert uns seinen nackten Prachtarsch – und vergewaltigt sie.

Bis Psycho-Clown in ihr kommt und das Sperma aus Fabianes Rückenwunde heraussickert.

Der passende Abschluss für diese ganze Scheiße.

Psycho-Clowns Stimme erklingt wieder.

NUN MACH DOCH ENDLICH SCHLUSS!

„Du kannst jetzt gehen, Stephan. Den Rest mach‘ ich hier alleine“, sagt die Stimme. Bei dieser abstoßenden Männertruppe wundert es mich überhaupt nicht mehr, dass die sich auch gegenseitig beim Vergewaltigen filmen.

Stephan geht, und Psycho-Clown beschriftet das Tape mit Blut. Er schaut es sich gleich noch mal an. Das macht ihn umgehend wieder heiß – und er wichst gegen den Fernseher.

Es ist immer noch nicht vorbei.

Psycho-Clowns Telefon klingelt. Der Anrufbeantworter springt an: „Heiko, hier ist Nicole! Heiko!“

Heiko heißt Psycho-Clown also. Hätte ich mir doch denken können, dass nahezu alle Darsteller wieder ihre echten Vornamen tragen. Das war schließlich in „Das komabrutale Duell“ auch so. Wie gern hätte ich den noch mal statt „Ostermontag“ gesehen.

Da dämmert es Heiko. „Hier ist Nicole“? Zu spät erkennt er anhand des noch laufenden Videos, dass an einer entscheidenden Körperstelle eine Narbe fehlt – die Narbe, die eigentlich Nicoles Körper ziert. Scheiße, er hat Fabiane umgebracht!

Schluchzen.

Und dann, ja dann ist wirklich Ende.

ENDLICH!

DANKE, DANKE, DANKE!

Jetzt erstmal duschen …

Boah. Einfach nur boah. Ich bin sprachlos. Gibt es einen Superlativ von „unterirdisch“? Am unterirdischsten? So unterirdisch, dass der Film oben wieder rauskommt? Wenn ja – genau da ist „Ostermontag“ zu finden und steht somit noch eine ganze Stufe unter „Das komabrutale Duell“ (oder eben über ihm, wenn er oben wieder rauskommt). Das war in allen Belangen so absolut unterste Kajüte, dass ich mich erst einmal sammeln muss, bevor ich etwas anderes schreiben kann, als dass „Ostermontag“ einfach so unendlich weit unter unterirdisch anzusiedeln ist – unterirdischer als alles, was man sich vorstellen kann. Boah.

Die Inhaltsangabe spricht für sich – ich glaube daher, ich brauche auch gar nicht mehr allzu sehr ins Detail gehen, zumal ich eh keinen Sinn dahinter sehe, mich noch mehr als nötig mit diesem miesen Machwerk beschäftigen zu müssen –: Heiko Fipper hat uns hier einen derart obergülligen, nur Verachtung verdienenden Amateur-Splatter-Streifen vor die Füße geschissen, dass es nur so raucht – eine Verweigerung all dessen, was ich sehen möchte, wenn ich an das Wort „Film“ denke. Die Mannen um Fipper kriegen es ja oftmals nicht mal richtig hin, die vermutlich einzig verfügbare Handkamera gerade zu halten und die wesentlichen Bildelemente einzufangen. Köpfe werden abgeschnitten und nur der Oberkörper unterhalb des Kopfes gefilmt, entscheidende Details wie etwa das Schneidewerkzeug, mit dem der Flüchtige zu Beginn einem seiner Verfolger eine Gesichtshälfte abtrennt, gar nicht erst etabliert, ganz zu schweigen von den Stellen, an denen man gar nicht genau weiß, was da überhaupt gerade gefilmt wird – und vor allem warum.

Daran trägt natürlich auch die allein von Fipper verantwortete Schnittarbeit entscheidende Mitschuld: Einen sinnfreier zusammengeschnippelten Bildersalat muss man erst einmal hinbekommen. Egal ob überflüssige Kamerafahrten ein Telefonkabel entlang, ein langgezogener Gang durch ein Treppenhaus, holprige Schnitte mitten in einen Dialog hinein, plötzliches Standbild, willkürliche Zeitlupe oder unverständliche Nahaufnahmen von Gesichtern, bevorzugt dem von Fipper, der offenbar damit zeigen will, wie der Wahnsinn in ihm arbeitet, dabei aber anstatt der gewünschten diabolischen Aura eher die eines scheuen Zwergkaninchens versprüht – die Schludrigkeit tropft dem Film zu jedem Zeitpunkt aus allen Poren, und das liegt nicht mal nur daran, dass er von vorn bis hinten wie ein bei Omas Geburtstag gedrehtes Homevideo wirkt, das nur über schleierhafte Umwege zufällig das Glück hatte, auf VHS und DVD veröffentlicht zu werden. Vor allem bei der finalen, viehisch brutalen Gewalt-Show scheint Fipper dann auch alles egal zu sein. Von da an verzichtet der Film dann auch auf technische Mätzchen wie die besagten Kamerafahrten, und Fipper reiht einfach nur noch Mord an Mord an Mord plump aneinander und stümpert die Szenen nacheinander irgendwie in den Film, um alles zu einem Ende zu bringen.

Diese Schlampigkeit spiegelt sich auch im Drehbuch wider – beziehungsweise dem, was man mangels anderer Worte als Drehbuch beschreiben muss. Heikos in seinen Schwurbel-Schwund-Monologen im Prolog und später auch in der Rückblende so lang und breit ausgeführter Wahn, sich an Nicole rächen zu wollen, der auch der wesentliche Grund zu sein scheint, warum er aus der Klapse ausbricht, löst sich am Ende in einer vielleicht 20 Sekunden langen Messer-Vergewaltigung auf – nachdem kurz davor eine nicht mal als Statistin in Erscheinung getretene Frau in aller Ausführlichkeit noch volle fünf Minuten aufs Übelste malträtiert wurde. Ich möchte mich natürlich nicht beschweren, dass man wenigstens Nicoles Ermordung kurz und knapp gehalten hat, aber wenn ich als „Drehbuch“„autor“ einen solchen Konflikt so in den Mittelpunkt stelle, sollte er am Ende auch zum Höhepunkt werden. Das wird er nicht – außer eben, dass sie die Letzte ist, die dran glauben muss, und die Einzige, der sexuelle Gewalt widerfährt.

Und wenn wir schon beim Thema Gewalt sind, komme ich auch in dieser Analyse nicht umhin, ihr mindestens einen Absatz zu widmen. Fipper muss ein gestörtes Verhältnis zum weiblichen Geschlecht haben, anders kann ich mir das hier – und auch die später noch in „Das komabrutale Duell“ völlig unmotiviert eingestreuten Gewaltexzesse gegen Schwangere – einfach nicht erklären. Die zur Schau gestellten Brutalitäten sind, obwohl weitgehend technisch äußerst primitiv ausgeführt oder außerhalb des Kamerawinkels stattfindend, gelinde gesagt eine Frechheit und hätten sämtliche Frauenverbände auf die Barrikaden gebracht, wenn „Ostermontag“ nicht so ein unbekannter Nischenfilm wäre (den ich mit diesem ausführlichen Review wiederum bekannter mache, aber irgendwas ist ja immer). Die Frauen in diesem Film werden nicht einfach nur getötet – sie werden gefoltert, verstümmelt und dann achtlos weggeworfen.

Ich will beileibe nicht behaupten, „Ostermontag“ hätte etwas, was auch nur in die Nähe von Charakteren käme – und auch vier der darin vorkommenden Männer sind nichts weiter als Psychopathen (Heiko, Stephan, Andy und Strumpfvisage) und sonst nur ein leeres Blatt Papier –, aber es fällt schon auf, dass allen Frauen die völlig passive Opferrolle zukommt. Sie sind einfach nur da, tun nichts, sitzen rum, und Dialogtext ist faktisch auch so gut wie nicht vorhanden – wenn sie denn nicht gerade gefesselt, gequält und getötet werden (Ausnahme: Nicoles Angriff auf Strumpfvisage, aber davor und danach ist sie dafür ja voll und ganz das Opfer). Klar, es sterben auch Männer, weshalb man den Film auch generell als menschenfeindlich bezeichnen könnte, doch wo Frauen Augen durchstochen, Brüste abgeschnitten und in den Eingeweiden gewühlt wird, geschieht es bei denen kurz und schmerzlos. Am brutalsten wahrscheinlich noch der vollends bekloppte Staubsaugermord, aber selbst der ist nach wenigen Sekunden Gerangel vorbei (und zu sehen ist da eh nichts, außer dass Tomatensoße aus dem Staubsauger spritzt). Am Ende sind alle tot, und der Einzige, der ungeschoren davonkommt, ist mit Heiko der größte Irre von allen, ohne Läuterung, ohne Hinterfragen. Stattdessen noch der elendig lange Epilog, in dem er in minutenlanger Detailarbeit einen Frauenkörper bis zur Unkenntlichkeit massakriert und schändet.

Wie es sich für den Homevideo-Look gehört, sehen auch die blutigen Effekte jederzeit so aus, als hätte da jemand Tabasco-Soße auf dem Fußboden verteilt oder Tomatenketchup aufs Bettlaken geschmiert. Tom Savini hätte für die Umsetzung der Morde verantwortlich sein können, sie würden trotzdem hoffnungslos in dieser scheußlichen Optik untergehen. Generell regiert Kollege Sparfuchs: Um sich vor Effekten zu drücken, wird in vielen Gewaltszenen den Darstellerinnen etwas über den Kopf gestülpt, damit man sich für so feine Sachen wie Nadeln in die Augen (dennoch aufgrund ihrer Länge die unangenehmste Szene) und das Zertreten eines Schädels nicht noch irgendwelche billigen Attrappen bauen muss. Dass das auch besser ist, zeigt die Verwendung einer lächerlichen Maske in einer der frühen Szenen.

Dafür, dass „Ostermontag“ in vermutlich nicht mehr als zwei Drehtagen entstanden ist und nur etwas mehr als eine Stunde dauert, habe ich mich aber verdammt lange damit auseinandergesetzt. Deshalb als Fazit noch einmal das rekapituliert, was ich bereits im Inhalt und auch hier in der Analyse habe anklingen lassen: „Ostermontag“ ist – sogar mehr noch als der bereits von mir als Tiefpunkt betrachtete Müll „Das komabrutale Duell“ – eines der erbärmlichsten Stücke Film, die man sich vorstellen kann: technisch ein Schlachtfest, inhaltlich purste Kotze und in einem Maße frauenfeindlich, dass man sich nur angewidert abwenden kann.

„I Spit On Your Fucking Grave, Fipper!“


BOMBEN-Skala: 10

BIER-Skala: 0


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