- Original-Titel: Cage Dive
- Alternative Titel: Under the Deep |
- Regie: Gerald Rascionato
- Land: Australien
- Jahr: 2017
- Darsteller:
Joel Hogan (Jeff Miller), Megan Peta Hill (Megan Murphy), Josh Potthoff (Josh Miller), Pete Valley (Greg), Mark Fell (Mark), Christopher Callen (Jeffs und Joshs Mutter), Chris Bath (Chris Bath), Robert Ovadia (Robert Ovadia)
Vorwort
Vor der Küste Sydneys versenkt eine Monsterwelle ein Boot mit sensationshungrigen Hai-Tauchern. Die Rettungsmaßnahmen laufen schnell an, aber neben einigen Todesfällen gibt es auch Vermisste, darunter drei junge Amerikaner.
Eine Woche nach dem Unglück taucht er erfahrene Mark in der bewussten Gegend und findet eingeklemmt in eine Koralle eine Videokamera. Zu Marks gelinder Überraschung ist die SD-Karte noch intakt. In der Hoffnung, die Besitzer der Kamera ermitteln zu können, stellt er einige Bilder aus dem abgespeicherten Material ins Internet.
Es stellt sich heraus, dass die Kamera den drei vermissten Amis gehört – und die vollständige Footage enthüllt ihr Schicksal.
Josh, sein Halbbruder Jeff und dessen Freundin Megan sind typische kalifornische Airheads. Josh hat die brillante Idee, sich mit Jeff und Megan als Kandidat für eine EXTREME!!! Reality-Show zu bewerben. Da der Sender aber nicht jeden hergelaufenen Deppen akzeptiert, müssen die Aspiranten ein Bewerbungs-Tape einreichen, das sie bei einer EXTREMEN!!! Tätigkeit zeigt. Ein bisschen Skaten oder Surfen reicht da für die Beach Boys und das Beach Girl nicht. Zum Glück haben Jeff und Josh einen Cousin namens Greg in Australien. Der soll den Amis allerdings nicht eine Auswahl der tödlichsten australischen Giftspinnen zeigen, sondern nur als Gastgeber und Reiseführer fungieren, bis das Trio zum eigentlichen Sinn + Zweck der Reise kommt – EXTREMES!!! Hai-Käfigtauchen!
Nach ein paar Tagen klassischem Touri-Party-Programm steht der sorta-kinda ernste Teil des Trips vor der Tür. Jeff möchte die günstige Gelegenheit nutzen, und Megan an Bord des Bootes einen Antrag machen. Den Ring hat er auch schon dabei. Das nagelt er auch Josh vors Knie, und dieweil der vor seinem Bruder gute Miene zum Heiratsspiel macht, sorgt das innerlich für gewisse Verstimmung, weil Josh hinter dem brüderlichen Rücken beherzt mit Megan poppt und Megan sich sichtlich nicht festgelegt hat, welchem Burschen sie den Vorzug geben soll, wenn überhaupt (es scheint nämlich so, als wäre Megan herself das Arrangement mit zwei regelmäßigen Bespringern durchaus angenehm). Gewisses Konfliktpotential ist also vorhanden.
Aber, wie gesagt, Jeff ahnt erst mal nichts Böses, also geht’s auf zum fröhlichen Haiglotzen. Zumindest eben solange, bis die bewusste Monsterwelle Schiffe versenken spielt. Unsere drei amerikanischen Freunde werden mit dem Rest der Bootsbelegschaft ins Meer gespült. Das ist insofern unpraktisch, alldieweil vom Boot aus zuvor eifrig blutige Köder in den Ozean geworfen wurden, um die zu beobachtenden Großen Weißen anzulocken. Well, d’uh. In der Erkenntnis, dass es womöglich nicht besonders gesundheitsförderlich ist, im haiverseuchten Gewässer herumzupaddeln, schwimmen die Drei von der Unglücksstelle weg. Was jetzt natürlich auch wieder keine besonders tolle Idee ist, da die schnell einsetzenden Rettungsarbeiten sich begreiflicherweise auf die unmittelbare Umgebung des Schiffsuntergangs konzentrieren (jaja, ich hab damit das gleiche Problem wie ihr – wie weit SIND die weggeschwommen? Ein paar Meilen? Sind das ausgebildete Rekordlangstreckenschwimmer?).
Jedenfalls ist die Sach- und Rechtslage nach ein-zwei Stunden gar lustiger Wassertreterei eindeutig – es wird wohl ein bisschen dauern, bis ein Rettungshubschrauber unsere drei Nasenbären findet. Zunächst finden vor allem Jeff und Josh die Geschichte noch halbwegs amüsant – mit einem solchen Bewerbungsvideo (denn natürlich filmt Josh permanent) KÖNNEN die Reality-Show-Produzenten gar nicht anders, als unsere Jungspunde einzuladen.
Mit verstreichender Zeit wird die Stimmung aber angespannter, vor allem bei Megan. Ein wenig Auftrieb (im wortwörtlichen Sinne) bringt eine vorbeitreibende Schwimmweste, die auch drei sich daran klammernden Personen das Leben zumindest etwas leichter macht.
Als Jeff am Horizont ein Boot sichtet, will er hinschwimmen, aber Megan verbietet den Versuch als zu riskant – was nicht unbedingt dazu angetan ist, dass sich die allgemeine Laune hebt. Auch vorbeischwirrende Helikopter, die zu weit entfernt sind oder zu hoch fliegen, um die Schiffbrüchigen entdecken zu können, tragen nicht zu einer Verbesserung der Lage bei. Und so bricht die Nacht herein…
Herumschlurchende Haie sind natürlich ein Problem – zum Glück hat die Kamera eine Nachtsichtfunktion (und funktioniert unter Wasser), eine kleine Lebensversicherung. Eine größere offenbart sich gegen Mitternacht… die Strömung treibt ein Rettungsfloß vorbei und Jeff gelingt es tatsächlich, das Floß zu aktivieren und den automatischen Aufpumpvorgang zu starten. An Bord befinden sich Lebensmittel, Trinkwasser, ein Erste-Hilfe-Paket und Signalfackeln. Es sieht beinahe so aus, als würden unsere Dauerschwimmer doch ein Happy-End erleben. Oder??
Inhalt
Es gibt Dinge, die sich mir nicht unmittelbar erschließen. Z.B. die Antwort „ja“ auf die Frage, ob im Jahr 2017 (mithin zehn Jahre nach „Adrift“) die Weltöffentlichkeit händeringend auf einen dritten Film im „Open Water“-Franchise gewartet hat. Also, ich zumindest nicht. Aber hey, der erste Film spielte für Wenig Budget ™ Enorm Viel Kohle TM ein, und zeige mir den Produzenten, der nicht versuchen würde, ein einstmals Siegerpferd totzureiten und ich zeige dir einen Lügner…
Lionsgate ist immerhin clever genug, das größte Risiko – nämlich die eigentliche Produktion und Herstellung des Films – nicht selbst zu übernehmen. Wie schon bei „Adrift“, einer eigentlich ursprünglich deutschen Produktion, übernahm der einstige Film-Indie die Vertriebsrechte für eine unabhängig entstandene, hier eine australische Produktion mit dem Namen „Cage Dive“, klatsche den „Open Water“ und die Nummer davor und called it a day. Das wäre in einer gerechten Welt bequem an mir vorübergegangen, weil „Adrift“ mir eigentlich zu dem Thema vollumfänglich gereicht hat. Aber das Universum ist manchmal ein grausames…
Denn nicht alle internationalen Märkte verwenden tatsächlich den „Open Water 3“-Titel, so z.B. der britische, auf dem ich, solange der Brexit noch nicht in Kraft tritt, gerne mal für einen ein paar Shilling Gebraucht-DVDs erwerbe. Dort wurde mir „Cage Dive“ auf der Grundlage empfohlen, dass ich jeden gottverdammten Hai-Film auf Gottes Erdboden (bzw. Wasseroberfläche) sehen muss, damit mein Dasein spirituelle Erleuchtung erfährt. Und so kommt man dann eben zu einem Film, den man eigentlich gar nicht wirklich hat sehen wollen, jetzt aber anschauen muss, weil, wie es James Tiberius Kirk so richtig formulierte, „er da ist“.
Wie der intelligente Leser obiger Inhaltsangabe fraglos entnommen hat, handelt es sich bei „Cage Dive“ um einen Found-Footage-Film. Da kommt bei mir noch gleich zusätzliche Freude auf – das Stilmittel war vor 20 Jahren ein einigermaßen origineller Schachzug, aber da mittlerweile nun jeder und sein doofer Bruder (damit meine ich jetzt nicht mal Jeff und Josh, obwohl das auch hinhaut…) weiß, dass solche Geschichten nicht „echt“ oder jedenfalls nicht echter sind als normale narrative Spielfilme, und darüber hinaus die wenigsten FF-Epigonen kapiert haben, warum „Blair Witch Project“ (verdammt, ich wollte den nicht erwähnen…) funktionierte, sollte man den FF-Film nun wirklich endgültig zu Grabe tragen. Er hatte seine Zeit, er hat genervt, jetzt isses auch wieder gut damit.
Okay. Also kämpfen wir uns noch durch einen Found-Footage-Film. Ich mache Gerald Rascionato ein kleines Kompliment – er hat zumindest ansatzweise begriffen, wie man mit der Materie umgehen sollte. „Cage Dive“ klatscht einem nicht nur die unkommentierte Wackelfootage um die Ohren, sondern setzt sie in einen pseudo-dokumentarischen Rahmen, quasi als hätten Myrick und Sanchez seinerzeit ihr „Curse of the Blair Witch“-Begleit-Mockumentary vor den eigentlichen „Blair Witch Project“ gesetzt (was ich nach wie vor auch für die richtige viewing order hinsichtlich der Hexe halte). Dadurch bekommt die nachfolgende „Original“-Footage Kontext; wir bekommen Ausschnitte aus Nachrichtensendungen bezüglich des Untergangs des Haitaucher-Boots, Interviews mit Überlebenden, den Fund der Kamera und die virale Suche nach den Urhebern des Filmmaterials sowie ein Interview mit Cousin Greg serviert. D.h., bis wir in die eigentliche Found Footage einsteigen, haben wir eine solide Vorstellung davon, was passiert ist und wem es passiert ist, aber noch keine definitive Auflösung über das Schicksal der Vermissten. In einer idealen Welt wären das ganz gute Voraussetzungen dafür, dass wir als Zuschauer an den nachfolgende dokumentierten Ereignissen emotional teilhaben wollen (oder kurz gesagt: „that we give a shit“).
Dummerweise schießt sich der Film bei der erstbesten sich bietenden Gelegenheit, sprichwörtlich den ersten „echten“ Aufnahmen des Trio Infernal, dahingehend mit Anlauf + Wonne ins Knie, indem es uns als Protagonisten, mit denen wir die nächsten 60 Minuten mitleiden sollen, drei hirnlose Vollspacken – eben „typisch amerikanische“ Hohlbratzen – serviert, mit denen kein normaler Mensch auch nur einen Kontinent teilen möchte (und was wir im Laufe der nächsten Stunde über die Baggage erfahren, ist nicht dazu angetan, den ersten Eindruck entscheidend Richtung „och, die sind eigentlich doch ganz nett“ zu verschieben). Aber sie sind eben EXTREMEEE! Hauptsächlich zwar EXTREME!!! dämlich, vermutlich ist das jedoch besser als nichts.
Dieweil Megan als blonde Blödblinse ganz besonders unerträglich ist (und im Endeffekt auch durch ihre Hysterie die meisten Rettungsmöglichkeiten sabotiert, sobald wir mal im Wasser angekommen sind – Weiber sind halt doch an allem Schuld), fahren Jeff und Josh als bedepperte Halbbrüder auch nicht arg viel besser. Jeff ist dumm genug, an einer EXTREMEN!!! Realityshow teilzunehmen, obwohl er ein Herzleiden hat, das ihn zur regelmäßigen Medikamenteneinnahme zwingt (go figure, wo das hinführt), und Josh, na, der ist so ein gutherziger Bruder, dass er Jeffs Freundin beschläft, was ihn in meinem Book of Cool auch eher auf den hinteren Plätzen auftauchen lässt. Liebe Found-Footage-Film-Macher – liegt das am „Genre“, dass die Protagonisten in diesen Filmen meistens Arschlöcher sind, denen man nicht mal einen halben Zigarettenstummel ausgeben möchte, oder warum ist es unmöglich, mal einen FF-Film mit sympathischen Figuren vor die Glotzer zu bekommen?
Wenn sich die Situation erst mal ins Wasser entwickelt hat, ist die ganze Nummer trotzdem nicht unspannend – Rascianato fallen ein paar nette Tricks ein, um nicht nur eine Stunde lang drei Idioten beim Paddeln zu zeigen. Natürlich gibt es die übliche Dosis an hysterischem Kreischen oder komplett unglaubwürdigen Dialogsequenzen (selbstverständlich wird das unhöfliche Dreiecksverhältnis irgendwann in der Nacht, als die Karre sprichwörtlich final in den Dreck gefahren wurde – wenig überraschend durch Megan – ausdiskutiert. Womit man halt gerne seine vermutlich letzten Lebensstunden verbringt…), aber durch den Kunstgriff, die gut 15-minütige Doku-Sequenz an den Anfang zu stellen, steht Rascianato nicht vor dem Problem, seine Wassertreterei zwanghaft auf abendfüllende Länge zu strecken, wie schon gesagt, gut 60 Minuten sind wir bei den Figuren, und obschon das ständige FF-Problem sein garstig Haupt hebt (warum zum Geier filmt Josh ständig mit?), so weist der Film verschiedentlich darauf hin, dass die Kamera abgeschaltet wird, weil Jeff oder Megan es wünschen oder Batterien gespart werden sollen (zu Beginn hat Josh ja auch wenigstens noch die Ausrede, dass, in Erwartung baldiger Rettung, der Film ein echt EXTREMES!!! Audition-Tape abgeben wird) – und dank der Nachtsichtfunktion macht es zumindest halbwegs Sinn, dass Josh in der Dunkelheit die Kamera auspackt (so finden die drei Schwimmketiere z.B. auch das Rettungsfloß). Wie gesagt – das gilt nicht für alle Situationen, aber summa summarum hat „Cage Dive“ ein paar mehr Argumente FÜR die Filmerei als viele andere Found-Footage-Streifen.
Wie spannend man den Film findet, hängt sicher von der persönlichen Toleranzgrenze für FF-Geschichten ab. Ich bin da eher so im unteren Mittelfeld, fand den Streifen aber schon einigermaßen spannend. Natürlich liegt der Ausgang auf der Hand (es ist in diesem Genre dann eher da „wie“ als das „was“, was zählt) und natürlich wären mir Figuren lieber gewesen, die mir nicht so am Allerwertesten vorbeirutschen würden, I’ve seen worse, however.
Die Special FX sind ziemlich gut – sowohl die kurze Untergangssequenz als auch die Hai-CGI sind bemerkenswert für einen kleinen Low-Budget-Film. „Cage Dive“ hat dabei sicherlich den Vorteil, dass aufgrund seines Found-Footage-Stils die Kamera nicht permanent voll auf die FX-Shots halten muss, sondern sich auf sekundenkurze Bildsprengsel beschränken kann. Besonders blutig oder gorig wird’s bis auf ein-zwei Make-up-FX nicht.
Die Darreichungsform als editiere Dokumentation erlaubt dem Filmemacher, auch ein wenig Musik einzuspielen, was die Sache ein wenig auflockert.
Die darstellerischen Leistungen… well… hängt nun davon ab, ob Rascianato seinen Hauptdarstellern die Aufgabe gab, ihre Figuren so nervig wie möglich anzulegen. Dann sind sie nämlich voll überzeugend… Joel Hogan (Jeff) ist ein relativ erfahrener Schauspieler (für sein Alter), der sich auch im „Funny or Die“-Umfeld probierte und derzeit eine Hauptrolle in einer chinesischen TV-Serie („Seven Days“), die sich mit dem Schicksal eines Chinesen in den USA befasst, spielt. Josh Potthoff (Josh) schreibt auch Drehbücher und spielte die Hauptrolle in dem von ihm geschriebenen und co-produzierten Indie-Drama „The Umbrella“. Megan Peta Hill hat einige Auftritte in Serien wie „Supernatural“, „Akte X“, „The Magicians“ oder „iZombie“ zu verzeichnen, ohne größeren Eindruck hinterlassen zu haben – dafür hat sie hier den Heather-Donahue-Gedächtnis-Spezial-Moment (die große solo-in-die-Kamera-sülzen-Nummer). Auch was wert.
Die mir vorliegende UK-DVD stammt aus dem Hause Lionsgate und bietet ausgezeichnetes Bild (1.85:1 anamorph) und guten Ton (Dolby Digital 5.1/2.0). Als Extras gibt’s eine Fuhre deleted scenes (die auch aus gutem Grund nicht in den Endschnitt kamen) sowie eine Behind-the-Scenes-Featurette.
Im Endeffekt wird’s „Cage Dive“ schwer haben, ein Publikum zu finden – die Open-Water-Thematik ist meines Erachtens durch, und um im Feld der Found-Footage-Filme aufzufallen, fehlt dem Streifen ein Gimmick, das über „drei Idioten plantschen im Ozean“ hinausgeht. Für das, was er ist, ist der Film solide gearbeitet und nicht unspannend, es gibt nur keinen richtigen Grund, gerade diesem Film einem seiner Genrerivalen vorzuziehen…
© 2019 Dr. Acula
BOMBEN-Skala: 6
BIER-Skala: 5
Review verfasst am: 08.07.2019