Ooga Booga

 
  • Original-Titel: Ooga Booga
  •  
  • Regie: Charles Band
  • Land: USA
  • Jahr: 2013
  • Darsteller:

    Ciarra Carter (Donna), Gregory Niebel (Officer White), Karen Black (Mrs. Allardyce), Stacy Keach (Judge Marks), Maddox (Skeez), Patrick Holder (Zero), Tom Massmann (Boner), Chance A. Rearden (Hambo), Wade F. Wilson (Devin), Corey MacIntosh (Officer Benny), Siri (Skank)


Vorwort

Weil er wieder mal stockbesoffen vor die Kamera getreten ist, wird Fernseh-Kinderprogramm-Clown Hambo unzeremoniell gefeuert. Zerknirscht ruft er seinen letzten übriggebliebenen Fan, den schwarzen Erfolgsstudenten Devin, an und verklickert dem sein Karriereende sowie seine Idee für künftigen Reichtum – „Badass Dolls“, hochwertige Figuren, die Hambo persönlich entworfen hat, z.B. die „Crackhure“, den „Gook“ oder eben den „Ooga Booga“, nur echt mit Knochen durch die Nase. Devin hält die Chose verständlicherweise für mittelprächtig rassistisch und ungeheuer erfolgsunversprchend, dennoch drängt ihm Hambo als Zeichen der Freundschaft den Prototypen eines ungefähr 80 cm großen Riesen-Ooga-Booga auf.

Auf dem Heimweg will Devin für seine Freundin Donna einen Squishy mitnehmen – blöderweise wird der Laden von dem geistig eher minderbemittelten Ganoventrio Skeez, Zero und Boner überfallen, die den Kassierer, weil er nervt, totschießen. Devin ruft die Polizei zu Hilfe, doch zu seinem persönlichen Pech erscheint Officer White (nebst seinem eingeschüchterten Juniorpartner Benny) und für den stellt sich die Sachlage klar: toter weißer Junge, daneben kniet lebendiger schwarzer Junge – ergo: Schwarzer hat Weißen gekillt und jetzt braucht der Herr Rassist von Welt nur noch eine Ausrede, um den Nigger auf frischer Tat ertappt umzuballern. Das verdächtige Blubbern der Squishy-Maschine reicht White völlig aus. Doch einen Kurzschluss in der Maschine später wandert Devins Geist in den Ooga Booga…

Erwartungsgemäß muss sich White für den Mord nicht verantworten – er wird von Richter Marks gedeckt, der seine dreckigen Wichsgriffel eh in jedem üblen Geschäft von Prostitution bis Drogenhandel stecken hat und – weil augenscheinlich wenig geschäftstüchtig – überdies der Ansicht ist, dass nur ein toter Nigger ein guter Nigger ist. Ob dieser schändlichen Ungerechtigkeit schafft es, Devin/Ooga Booga, mit Donna Kontakt aufzunehmen. Nach erstem Erschrecken sieht Donna klar – Devin ist in die Puppe gefahren, weil er hier noch etwas zu erledigen ist, nämlich Gerechtigkeit der eher biblischen Sorte walten zu lassen, und da wird sie sich nicht lumpen lassen und tatkräftig mithelfen.

Marks hat White indes dazu verdonnert, die mies laufenden Geschäfte in der von der durchgeknallten Mrs. Allardyce geleiteten Wohnwagensiedlung wieder auf Vordermann zu bringen. Zuständig für Koks & Nutten sind dort ausgerechnet Skeez und seine Spießgesellen, die ihre Ware hauptsächlich zum Eigenbedarf verwenden – das ist weder White noch Marks sonderlich recht. Ihre Ermittlungen führen auch Donna in die Gegend und direkt in die Hände von Skeez & Co., die sie vergewaltigen. Das bedeutet natürlich, dass Devin aus dem Rächen gar nicht mehr rauskommt…


Inhalt

Charles Band und sein Killerpuppenfetisch. Irgendwann wird mal jemand Doktorarbeiten darüber schreiben, welche verdrängten Traumata, kindlichen Komplexe und andere tiefenpsychologische Ursachen dafür verantwortlich sind, dass Charlie der Welt seit mindestens 25 Jahren mit seinen vermerchandisebaren Murderdolls auf den Sack geht. Was immer es ist, es ist augenscheinlich unheilbar…

„Ooga Booga“, einer der jüngeren Streiche aus Full Moons kleiner Puppenküche, hat – man möchte es nicht glauben – tatsächlich eine Botschaft und eine, die angesichts Trayvon Martin, Eric Garner, Ferguson und all den anderen Vorfällen, die beinahe im Wochentakt aus den Vereinigten Staaten herüberschwappen, leider beklemmend aktuell ist.

Zwar ist Charlie nicht der erste, der rassistischen Arschlöchern Killerpuppen auf den Hals hetzt (Rusty Cundieffs gut gemeinter, aber qualitativ arg launischer Episodenfilm Tales from the Hood hat da dann doch ordentlichen Vorsprung), aber dass die von Full Moon gern zitierte „attitude“ ihrer Puppen ausnahmsweise mal einen amtlichen und gültigen gesellschaftskritischen Hintergrund hat, wird von mir zumindest gern genommen, erst recht, wenn sich das Endresultat nicht als weiterer pseudo-hipper Versuch entpuppt, mit „urban cinema“ bei der rein afro-amerikanischen Klientel zu punkten (wir erinnern uns alle noch mit Schaudern an die Killjoy-Reihe, die einen durchaus den Glauben an die Menschheit, sofern dunkelhäutig, verlieren lassen konnte).

Wie wir zu dem ganzen fiesen rassisitischen Gedöns kommen, ist allerdings recht kurios, denn die Auftaktphase um den Fernsehclown Hambo scheint so ganz auf einen anderen Film hinauszulaufen (gegen Hambo wirkt nämlich Krusty wie ein mental gut sortiertes Role Model für die ganze Familie. Der Clown mit der lustigen Schweinsnase masturbiert in seiner Garderobe zu Pornoheften, säuft sich zu und geht vor der Kamera seiner feschen Assistentin Piggy Suey an die Wäsche. Okay, Hambo *ist* ein Vorbild für uns alle!). Den ollen Suffkopp zum Schöpfer der erlesen scheußlichen Puppen-Serie zu machen, ist schon ein, naja, recht schwer zu schluckender Plotpoint, aber leider/zum Glück ist Hambo für den Film selbst ein zu vernachlässigender Charakter, der nach seiner Puppenspende an Devin auch bis auf eine kurze voice-over-Message zum Schluss nicht weiter vorkommt. Was auch daran liegen kann, dass Hambo eine Lehgabe aus Full Moons „Zombies vs. Strippers“ (nicht zu verwechseln mit Strippers vs. Zombies) ist; ungeachtet der Tatsache, dass Hambo dort zu Zombiefutter wurde und „Ooga Booga“ keine anderweitige Verbindung zur Untotenmär hat. Kent Roudebush, dem Drehbuchautor beider Filme, gefällt wohl einfach der Charakter, und ich kann mir gut vorstellen, dass der „fun to write“ ist). An der Stelle könnten wir auch noch gleich elegant einflechten, dass die Ooga-Booga-Puppe itself ihr Filmdebüt bereits in Charlies anderweitigem Opus „Doll Graveyard“ feierte und es bei dieser wilden Hin- und Her-Crossoverei nicht mehr lange dauern kann, bis die ganze Blase in „Puppet Master vs. Demonic Toys Part XXIII“ auftaucht.

Aber zurück zu „Ooga Booga“ – wenn wir das Set-up erst mal erfolgreich etabliert haben (und zum Credit des Films – der Streifen nimmt sich tatsächlich recht viel Zeit (knapp 90 Minuten ist für moderne Full-Moon-Verhältnisse ja praktisch schon das Äquivalent einer „Herr der Ringe“-Extended-Version, haben andere Filme des Studios ja oft genug allergrößte Mühe, sich mit Vor- und Abspann mühselig über die 70-Minuten-Marke zu hieven) für seine Charaktere. Die Ausrede, mit der Devins Geist in die Puppe befördert wird, ist ziemlich hirnig, und ob man’s nun für eine wohltuende Abwechslung oder den Gipfel der Unglaubwürdigkeit hält, wie schnell Donna akzeptiert, dass ihr Freund in einer extrem hässlichen Puppe steckt, ist Auslegungssache.

Was ein wenig nervt ist, dass „Ooga Booga“ sich nicht ganz einig ist, wie ernst er die Sache nehmen will – okay, das Konzept an und für sich ist lächerlich, der Kontext jedoch, speziell in einer Zeit, in der sich in der Tat die ganze Welt fragt, ob in der US-Polizei der Rassismus systematisch ist oder der Dienst einfach nur überdurchschnittlich viele schießwütige Rassisten anzieht, die angesichts eines schwarzen Verdächtigen überhaupt keine andere Option sehen als ihn abzuknallen, dagegen schon recht „heavy“. Der Film balanciert recht erfolglos auf diesem schmalen Grat – da haben wir eine Szene, in der Donna von drei weißen Typen vergewaltigt wird, und wenig später steht der Ooga Booga heimlich in Donnas Dusche, beobachtet sie beim Abbrausen und holt sich dazu einen runter (! Immerhin lernen wir daraus, der Ooga Booga ist „anatomisch voll funktionstüchtig“, wie Data sich ausdrücken würde).

Auch das mit dem Rächen an und für sich ist so ’ne Sache – dass Devin/Ooga Booga die Vergewaltiger nicht tötet (das muss Donna dann schon selbst erledigen), ist irgendwo noch nachvollziehbar, aber andererseits beschränkt er sich nicht auf die primär für seinen Tod (und die Ungesühntheit desselben) verantwortlichen White und Marks, sondern killt auch noch einen Nachbarn (der sich über laute Musik beschwert) und die alte Mrs. Allardyce, deren einziges Verbrechen es ist, einen mittleren Dachschaden zu haben. Diese eher „random killings“, die sicherlich hauptsächlich dazu da sind, den Bodycount zu erhöhen, sind nicht unbedingt dazu angetan, Devins Aktionen unumwunden gut zu finden, obschon wir ersichtlich definitiv auf seiner Seite sein sollen.

Aber hey, wir haben einen aktuellen Full-Moon-Film mit einem tatsächlich vorhandenen Plot von sogar gewisser gesellschaftlicher Relevanz, also wollen wir uns da nicht mit moralisch-ethischen Details aufhalten… Von der handwerklichen Seite gibt sich „Ooga Booga“ deutlich sorgfältiger gearbeitet als die meisten der ultrabilligen Full-Moon-Heuler aus den letzten Jahren, die ich gesehen habe. Zwar schwimmt Charlie sicherlich immer noch nicht im Geld und wenn „Ooga Booga“ ein knapp über sechsstelliges Dollarbudget gehabt hat, ist das sicherlich viel (vor allem im Vergleich zu den 15.000-Dollar-Produktionen, die Tempe in den 90ern für Band rausholzte), aber das Ganze sieht durchaus nach Film aus. Sicherlich mit dem geringst-vertretbaren Aufwand an Locations und Sets durchgezogen, aber ordentlich gewerkelt. Manchmal möchte man dem Film etwas mehr Drive wünschen (irgendwie ironisch, weil ich ja eigentlich ganz froh bin, dass Band sich mal etwas mehr als 70 Minuten Zeit für ’nen Film nimmt), im Mittelteil hätte man sicher ein paar Minuten straffen können (und sei’s die obligatorische Duschszene).

Die Ooga-Booga-Puppe selbst ist natürlich übel rassistisch, aber das ist ein Punkt, der durchaus bewusst gemacht wurde und im Film auch thematisiert wird (als Devin Hambo mit verzweifelter Miene fragt: „Bone through the nose? Really??“) – und wenn Rassisten von einem rassistischen Zerrbild umgelegt werden, hat das ja auch diese süße Ironie. Dummerweise ist die Puppe trotzdem insgesamt ziemlich hässlich – ich wüsste nicht, wer sich wirklich eine von Charlie natürlich in seinem Shop angebotene 1:1-Replika gerne ins Zimmer stellen würde. Die Animation ist aber überraschend okay, auch wenn das Ding letztlich wenig wie die Kunstharz-Figur, die sie sein soll, aussieht, sondern eher eine gummiartige Konsistenz aufzuweisen scheint.

Splattertechnisch gibt’s keine Großtaten – Ooga Booga puhlt gerne seinen Opfern mit dem Speer die Augen (bzw. wenigstens eins) raus, was aber auch außerhalb des Bildausschnitts geschieht (die schöne Bescherung dürfen wir aber bewundern). Das ginge vermutlich mit FSK 16 durch.

Musikalisch haben wir ein nettes, wenn auch stark Danny-Elfman-beeinflusstes Theme von Richard Band, der Rest ist ein brauchbarer Score von Robert Douglas und ein Rudel erträglicher Rapsongs.

Zu den Darstellern: Ciara Carter („Teacher of the Year“, „Bootivity“) zieht als Donna die Wurst nicht vom Teller, aber gerade in den Ultra-Low-Budget-Klopfern, die Full Moon so vom Stapel ließ, hat man schon wesentlich schlechteres gesehen, außerdem ist sie durchaus hübsch anzusehen. Wade F. Wilson („Asteroid vs. Earth“) hat’s nach gut 20 Minuten hinter sich, bis dahin macht er als Devin ’ne passable Figur. Gregory Niebel („Trancers 2“, „12/12/12“) hat als miesester Rassisten-Arsch seit langem sichtlich Spaß, wie auch Chance Reardon (der als Hambo mittlerweile tatsächlich auch schon in „Gingerdead Man vs. Evil Bong“ auftauchte).

Das Drogenkoch- und Vergewaltigertrio wird gemimt von Tom Massmann („Arrested Development“) – quite a load of fun – , Patrick Holder („Summer Thunder“) und – drumroll – Internet-Personality Maddox, Schöpfer der „Best Page in the Universe“ (niemand ranted so schön wie er), den die Full-Moon-Jungs einfach bei der ComicCon anlaberten, ob er nicht vielleicht mal mitspielen möchte. Und obwohl non-actor, schlägt sich der Maestro als Chef der Debilenbande wirklich gut. Als weitere Gaststars begrüßen wir Stacy Keach („Mike Hammer“, „Class of 1999“) als verbrecherischen Rassisten-Richter und Karen Black, die sich schon in Trilogy of Terror mit einer mordlustigen Zuni-Puppe auseinandersetzen musste. Black, deren Charaktername Mrs. Allardyce ein wohlmeinender Nod an den Semi-Gruselklassiker „Landhaus der toten Seelen“ ist, ist bekanntlich eine Meisterin des Overacting und spielt diese Fähigkeit hier nach Kräften aus.

Für die Freunde der gepflegten Erwachsenenunterhaltung mag noch der erste Auftritt von Pornstar Siri in einem „seriösen Film“ (selbstverständlich als nackig herumscharwenzelnde Drogennutte) erwähnenswert sein 🙂

Bildqualität: Sauberer 1.85:1-Widescreen-(anamorph)-Transfer ohne Fehl und Tadel.

Tonqualität: Ausschließlich englischer Ton in Dolby 5.1, ohne Untertitel. Erfreulicherweise halten sich die Charaktere trotz des „urban“-Hooks mit Jive-Talkin‘ zurück, so dass man mit einem soliden Schulenglisch gut durchkommt. Der Musik- und Effektmix ist angenehm.

Extras: VideoZone! Ja, Charlie hat das alte Format aus der Goldenen Ära von Full Moon wieder voll reaktiviert (inklusive des alten Themes und eines nur leicht modernisierten Vorspanns). Neben Charlies Moderation gibt’s wie üblich einen Blick hinter die Kulissen des „Ooga Booga“-Drehs inklusive einiger Interviews, dazu noch ein besonderes Spotlight auf Maddox, der ein bisschen über die Entstehung seiner Website, die Auswahl seiner Themen und Hatemail plaudert, sowie ein Interview mit Bob Ramos, der die Geräusche des Ooga Booga machte und sich auf seinem YouTube-Channel als Stimmenimitator betätigt (Gary Busey hat er wirklich extrem überzeugend drauf…). Full Moon verwendet übrigens kundenfreundlicherweise keinen Regionalcode.

Fazit: Ich bin sicherlich noch nicht bereit, Charles Band alles zu verzeihen, was er in den letzten 15 Jahren auf die Menschheit losgelassen hat, aber wenn „Ooga Booga“ ein Indiz dafür ist, wie seine Arbeit aktuell aussieht, dann bin ich zumindest hoffnungsfroh, dass sich doch ab und an ein ansehbarer kleiner Horrorfilm im Ouevre finden wird. „Ooga Booga“ ist nicht perfekt (da sind ein paar kleinere Längen und der etwas wankelmütige Tonfall zwischen Comedy und dead-serious drama ‚vor), aber es ist zumindest ein praktikabler Film, der aus Charlies Puppentick ziemlich viel Unterhaltungswert herausholt, auch dank der gut aufgelegten Gaststars wie Maddox und Karen Black. Slight thumbs up – wer Full Moon noch ’ne Chance geben will, wird hier, denke ich, nicht enttäuscht.

3/5
(c) 2015 Dr. Acula


mm
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