Old Men in New Cars

 
  • Deutscher Titel: Old Men in New Cars - In China essen sie Hunde 2
  • Original-Titel: Gamle maend i nye biler
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  • Regie: Lasse Spang Olsen
  • Land: Dänemark
  • Jahr: 2002
  • Darsteller:

    Kim Bodnia (Harald), Tomas Vilium Jensen (Peter), Nikolaj Lie Kaas (Martin), Iben Hjelje (Mille), Torkel Petterson (Ludvig), Jens Okking (Monk), Brian Patterson (Vuk), Slavko Labovic (Ratko)


Vorwort

Eigentlich sollte der Tag der Freilassung nach ein paar Jahren gepflegtem Genuss staatlicher Knast-Gastfreundschaft für Harald ein glücklicher solcher sein, aber für den Kopenhagener Ganoven und Restaurantbetreiber kommt’s sofort wieder knüppeldick – nicht nur, dass seine Köche Peter und Martin vergessen, ihn von der Besserungsanstalt abzuholen, nö, auch der jugoslawische Mafiosi Ratko steht sofort auf der Matte und erinnert mit Nachdruck an die anstehende Rückzahlung eines gewährten Darlehens. Und als wäre das nicht schon genug Ärger, ruft ihn auch noch sein väterlicher Ganovenfreund Monk an sein Krankenbett. Der alte Knabe ist am Abnippeln, wünscht sich aber vor der Ruderpartie über den Styx noch seinen ihm unbekannten Sohn kennenzulernen, das möge Harald doch bitte einfädeln. Leichter gesagt als getan, da Ludvig, der Filius, in einem schwedischen Hochsicherheitsknast einsitzt. Dank Peters Erfindungsreichtung gelingt die kuriose Befreiung, aber damit fangen die Schwierigkeiten erst an, denn Ludvig ist ein psychopathischer Frauenmörder, sonst aber ein ganz netter Kerl. Und als Dr. Erling, der freundliche Quacksalber, dessen Dienste Harald gern in Anspruch nimmt, verlauten lässt, dass man in Ecuador für schlappe 300.000 Dollar eine Spenderleber kaufen könnte, die Monks weiteres Wandeln auf der Erde gewährleisten könnte, ist sowohl für Ludvig als auch für Harald klar – die Kohle muss beschafft werden… was sich trotz aller krimineller Energie nicht ganz einfach gestaltet…


Inhalt

Es gibt Sequels, auf die freut man sich mehr als andere – George Lucas‘ Episode 3 wird z.B. ohne mich im Kino stattfinden, aber wenn einer der besten europäischen Action-Comedy-Fantasy-Was-weiß-ich-denn-Streifen made in Denmark (und wie wir wissen, kommen aus Dänemark nur coole Filme…) fortgesetzt wird, ist der Doc zu allen Schandtaten bereit (vor allem, wenn Herr 3d-razor die Kinokarte spendiert…

Was macht der clevere Regisseur, wenn er einen Überraschungshit gelandet hat und das Publikum nach einer Fortsetzung giert, er aber praktisch seinen gesamten Cast im bleihaltigen Finale über den Jordan geschickt hat? Genau, er dreht ein Prequel. Und so kann Lasse Speng Olsen, ungeachtet der sehr überschauberen Anzahl von Überlebenden seines fanseits geliebten blutig-überdrehtem Kult-Volltreffer In China essen sie Hunde seine ganze Schar skurriler Charaktere in eine neue Runde schicken, seien es Harald und seine Köche und unwilligen Mitstreiter Peter und Martin, Karadzic-Fan Ratko, der bekloppte Dr. Erling und natürlich auch Vuk, der serbische Elektriker und Unglückswurm. Hinzu gesellen sich mit Haralds Ziehvater Monk, dem liebenswerten Frauenmörder Ludvig und der verhinderten Selbstmörderin Mille einige neue Figuren.

Um’s vorwegzunehmen – die Klasse von In China essen sie Hunde erreicht Old Men in New Cars nicht, aber das ist nicht die Schuld des verdammt nochmal besten Drehbuchautoren, den mindestens Europa heutzutage zu bieten hat, nämlich Anders Thomas Jensen (seine Vita: Mifune, In China essen sie Hunde, The King is Alive, Open Hearts, Wilbur Wants to Kill Himself, Dänische Delikatessen, Stealing Rembrandt – noch Fragen, Kienzle?). Der baut nämlich auch in Old Men in New Cars genügend verrückte Ideen ein, aus denen andere Autoren mindestens drei Filme stricken würden – okay, machmal überdreht auch Jensen ein wenig, was wohl vor allem auch der Absicht geschuldet ist, kleine, aber beim Publikum beliebte Rollen aus dem Hunde auszubauen – was dem armen Vuk z.B. zustösst, geht wirklich auf keine Kuhhaut mehr, dafür gefallen wieder einmal die hyperkomplizierten Pläne, die Jensen unseren Gangstern in den Mund legt (gegen die Typen ist die Olsenbande ein Muster an Ratio) und die, mit Verlaub, saukomischen Charakterzeichnungen – zwar gewinnt Jensen den Figuren nichts wesentlich neues ab (auch wenn Harald eine Vaterfigur bekommt), führt sie jedoch konsequent fort (die ausgezeichneten Darsteller sind natürlich hilfreich).

Jedenfalls kann man ohne weiteres sagen, dass der Film die Freunde skurrilen und bitterbösen makabren Humors bestens unterhält und dabei die ganze Bandbreite vom kleinen unauffälligen Gag am Rande (wenn sich Harald z.B. in die Besucherliste des schwedischen Gefängnisses als „Michael Laudrup“ einträgt, was nur Fußballfans was sagen dürfte) bis hin zum echten Gröhler.

Seinen großen Schwachpunkt hat der Film im Regisseur – Lasse Speng Olsen kommt nun mal aus der Stuntecke und dass aus ausgezeichneten Stuntkoordinatoren selten wirklich gute Regisseure werden, ist eine Binsenweisheit. Ironischerweise geht der Film ausgerechnet in seinen großen Action-Einlagen aus dem Leim. Nicht nur, dass Olsen einen äußerst hektischen Kamera- und Schnittstil pflegt, der die rasanten Verfolgungsjagden und Shoot-outs schwer zu verfolgen macht, es scheint ihm auch einen Heidenspaß zu machen, Polizeiautos zu verschrotten. Prinzipiell zwar nicht die allerschlechteste Idee auf der Welt (frag nach bei John Landis), aber so wie hier Autos durch die Gegend fliegen, wähnt man sich schon fast in einem Katastrophenspektakel Marke Emmerich und nicht in einer vergleichsweise kleinen Action-Komödie. Die rein auf Comedy ausgelegten Szenen funktionieren wesentlich besser, auch wenn Olsen nicht gerade der Meister der temporeichen Dialogszenen ist. Es wird auf alle Fälle deutlich, dass Olsen extrem abhängig von einem guten Script ist (Kollege razor berichtet mir, dass der von Olsen selbst co-gescriptete The Good Cop ein weiterer Beweis für die These ist).

Sei’s drum – trotz der Schwächen seines Regisseurs, der ab und an das Augenmaß in den Action-Eskapaden verliert, gestaltet sich Old Men in New Cars (der Titel ist ungefähr so sinnvoll und passend wie der von In China essen sie Hunde) vor allem dank der tollen Darsteller zu einer vergnüglichen Angelegenheit. Die „Stammbelegschaft“ hat ihre Charaktere perfekt drauf (Kim Bodnia als grantig-jähzorniger Harald, Tomas Villum Jensen und Nikolaj Lie Kaas als kongeniales Comedy-Duo mit hervorragender Chemistry), und auch die Neuzugänge Torkel Petterson (Kopps, Zero Tolerance), Iben Hjelje (Mifune) und Jens Okking (The Kingdom – Hospital der Geister) wissen stets zu überzeugen.

Summa summarum: Fans von In China essen sie Hunde werden auch Old Men in New Cars lieben, auch wenn der Streifen natürlich nicht mehr so überraschend reinknallt wie sein Vorgänger (und freilich auch auf ein völlig durchgeknalltes Ende wie dieser verzichten muss) – solange Anders Thomas Jensen die Drehbücher schreibt, ist auf das dänische Genre-Kino nach wie vor Verlass ¦-)


mm
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