Öffne die Augen

 
  • Deutscher Titel: Öffne die Augen
  • Original-Titel: Abre los ojos
  • Alternative Titel: Virtual Nightmare - Open Your Eyes |
  • Regie: Alejandro Amenabar
  • Land: Spanien/Frankreich/Italien
  • Jahr: 1997
  • Darsteller:

    Eduardo Noriega (César), Penélope Cruz (Sofía), Chete Lera (Antonio), Fele Martínez (Pelayo), Najwa Nimri (Nuria), Gérard Barray (Duvernois)


Vorwort

Der fantastische Film aus Spanien boomt in den letzten Jahren ja nicht schlecht, gern auch mal in Co-Produktion mit den USA – ein Trend, dem wir unter anderem The Others verdanken. Regisseur Amenábar (bereits aufgefallen mit seinem Langspielfilm-Debüt Tesis – Der Snuff-Film) durfte da Nicole Kidman von Tom Cruise ausleihen, weil er diesem die Erlaubnis gab, seinen Zweitling fürs amerikanische Publikum zu adaptieren – eben „Abre los ojos“, woraus Tommy-Boy dann „Vanilla Sky“ machte (kein schlechter Film, soweit ich mich noch dran erinnere).

Das Original spielt in Madrid und handelt von César, der unter Mordverdacht steht sowie im Gefängnis hockt (was, glaub ich, zusammenhängt). Psychofritze Antonio soll den Geisteszustand des Verdächtigen abklären; dieser gibt soweit an, sich nicht an irgendwelche Taten erinnern zu können, trägt dafür aber eine seltsame Maske, die abzunehmen er sich weigert.

Nach anfänglichem Widerstand erzählt César: Vor noch nicht allzu langer Zeit verbrachte er seine Zeit hauptsächlich damit, reich und schön zu sein und der Reihe nach Weiber abzuschleppen. An seiner Geburtstagsparty spannt er seinem Kumpel Pelayo das hübsche Mädel Sofía aus – und findet in ihr die wahre Liebe.
Die jüngst von ihm abservierte Nuria bedrängt ihn jedoch soweit, dass er sich zu ihr ins Auto setzt. Sich nicht damit arrangieren könnend, für ihn nur eine schnelle Nummer gewesen zu sein, fährt sie die Karre von der Strasse und gegen eine Mauer.

Sie selbst kommt dabei ums Leben, César überlebt – wenn auch mit völlig zerstörtem Gesicht. Selbiges verkraftet er nicht so besonders und als er feststellen muss, dass aufgrund seines Zustandes auch Sofía nichts mehr mit ihm zu tun haben will, landet er besoffen in der Gosse.

Doch wendet sich alles zum Besseren, als die Angebetete ihn dort am nächsten Tag findet und ihm ihre Liebe gesteht. Als die Ärzte zudem endlich eine Methode finden, sein Gesicht zu retten, könnte das Leben gar nicht schöner sein. Jedoch, da häufen sich seltsame Ereignisse, wird César von Wahnvorstellungen geplagt und kehrt schlussendlich Nuria plötzlich von den Toten zurück – behauptet allerdings, Sofía zu sein…


Inhalt

Ein Twist-Film, noch bevor die Dinger mit „The Sixth Sense“ so richtig hipp wurden. Was als Liebesfilm anfängt, entwickelt sich schnell zu einem Drama, wird zum Thriller (durchaus mit Horror-Elementen) und macht zur überraschenden Auflösung einen Schwenker hin zur Science fiction (ach ja, allgemeine Spoilerwarnung, gell; ihr seid gewarnt). An diesen plötzlichen Genrewechsel muss man sich erst einmal gewöhnen und manch einem mag besagte Auflösung etwas sehr an den Haaren herbeigezogen erscheinen (es ist jetzt aber nicht so, als gäbe es nicht beizeiten Hinweise; Duvernois und seine Kryonik-Firma werden schon früh im Film erwähnt – zwar eher nebenbei, aufgrund der ungewöhnlichen Thematik aber doch etwas auffallend), ganz zu schweigen davon, dass der Film buchstäblich auf ein (wenn auch modernisiertes, „Matrix“ teilweise vorwegnehmendes) Alles-war-nur-ein-Traum-Szenario hinausläuft.

Der Thriller-Teil wird dann auch zunehmend surreal und unerklärlich, obwohl er relativ realistisch anfängt – Césars Vermutung, dass er Opfer einer Verschwörung seiner Geschäftspartner ist, zu der auch seine Freunde, die Ärzte oder Nuria gehören, klingt paranoid, liegt aber durchaus im Bereich des Möglichen. Wenn er dann aber beispielsweise entdeckt, dass er Leute ums ich herum kontrollieren kann, wird die Aneinanderreihung von seltsamen Phänomenen zunehmend willkürlich – Problem ist, dass César sich irgendwas zusammenträumen kann. Wobei sich der Traum immerhin weitgehend an Césars Erinnerungen und die Logik seiner Erinnerungen sowie Wünsche, resp. Ängste entlang entwickelt (also nicht plötzlich Killerkaninchen oder grüne Riesennilpferde auftauchen).

Jedenfalls gelingt es Amenábar, den Zuschauer geschickt aufs Glatteis zu führen, auch wenn es das eine oder andere Anzeichen gibt: von den erwähnten Hinweisen auf die Kryonik abgesehen, fallen Sofías plötzlicher Gesinnungswandel und die jetzt doch mögliche Gesichtsoperation schon extrem ins Zu-gut-um-wahr-zu-sein-Feld, also wundert es nicht, wenn dann erste Irritationen auftauchen. So sehr er sich im Traum seine Wünsche erfüllt, so schleichen sich von Anfang an auch Ängste oder Schuldgefühle ein – bereits am „Reset-Punkt“ legt sich für einen Sekundenbruchteil das Bild von Nuria über das von Sofía; die Angst vor der Psychopathin und vor dem Verlust seiner grossen Liebe wird im Folgenden immer stärker, bis beides mit voller Stärke eintrifft, indem die beiden Frauen verschmelzen. Auch die Angst um sein Gesicht äussert sich erst beispielsweise in Albträumen (genauer gesagt Albträumen-im-Traum), wird gegen Ende aber plötzlich permanent.

Wenn ihm (und dem Zuschauer) endlich die Sache vollständig aufgedröselt wird, steht er vor der Wahl, seine ideale Welt weiterzuträumen oder sich einer ungewissen Zukunft auszusetzen, in welcher seine Verluste endgültig akzeptieren muss. (Dass mir da als Vergleich erst einmal ausgerechnet „Star Trek: Generations“ in den Sinn kommt, macht mir echt Sorgen.) Tja.

Dies alles wird in schönen Bildern (Madrid ist wirklich ein toller Schauplatz; am eindrücklichsten sind natürlich die Szenen, in welcher die Stadt menschenleer daliegt) und ansprechender (und von Amenábar mitkomponierter) musikalischer Untermalung präsentiert; störend empfand ich einzig den etwas billig wirkenden Filter, der über eine unterdrückte Erinnerung Césars gelegt wird (ist jetzt aber nur ein kleines Detail). So alles in allem fällt mir im Übrigen auf, dass der Streifen sehr viel weniger aufgeregt und „wuchtig“ daher kommt als das Remake.

Schauspielerisch getragen wird der Film von Eduardo Noriega (auch schon dabei bei „Tesis“, ebenso wie Fele Martínez übrigens, welcher Césars Kumpel Pelayo spielt; war ansonsten in „The Devil’s Backbone“ oder Transsiberian zu sehen), der als Schönling zwischen Selbstbesessenheit und Verzweiflung überzeugt – überzeugend auch die Leistung der Maskenbildner. Apropos Selbstbesessenheit: es ist schon interessant, was für ein oberflächlicher Typ hier uns eigentlich als Protagonist aufs Auge gedrückt wird; Césars Besessenheit für sein Aussehen lässt ihn jedenfalls nicht unbedingt allzu sympathisch rüberkommen. Nicht allzu fern liegen da Interpretationsansätze zu innerer und äusserer Schönheit (Césars Charakter, der in der unfallbedingten Hässlichkeit zum Ausdruck gebracht wird) oder zu den „Masken“, die wir im Miteinander mit unseren Mitmenschen aufrecht erhalten (Césars Exemplar soll den Anschein aufrecht erhalten). Und so weiter.
Dem Protagonisten zur Seite steht Penélope Cruz, die bekanntlich ihre Rolle in „Vanilla Sky“ wieder aufgenommen hat. Hier sorgt sie für eines der erinnerungswürdigsten Visuals, indem sie ihre Oberweite (im Rahmen einer Sexszene) herzeigt. Was mehr kann man sich wünschen? Dass Sofía ihre Freizeit als Pantomimin verbringt, nimmt die Masken-Thematik nochmals auf.

Die US-DVD von Artisan (Code 1) verfügt über den spanischen Originalton sowie englische Untertitel (weder bei Bild noch Ton kann ich mäkeln) – die deutsche DVD kommt ja, soweit ich das sehe, leider ohne Originaltonspur aus. Das Bonusmaterial beschränkt sich auf ein paar Texttafeln (Bio- und Filmographien, Produktionsnotizen, solcher Kram halt).

Fazit: Die Traum-Sache und der plötzliche Genrewechsel machen die Pointe leicht gewöhnungsbedürftig, geben dem Streifen aber auch das gewisse abgedrehte Etwas. Zusammen mit dem kurvenreichen, aufreibenden Handlungsverlauf und den schauspielerischen Leistungen ergibt das eine doch recht runde Sache.

© 2009 Gregor Schenker (manhunter)

PS: Geil ist natürlich der deutsche Verleihtitel „Virtual Nightmare – Open Your Eyes“. Wenn man schon die gesamte Han


mm
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