Nofretete – Königin vom Nil

 
  • Deutscher Titel: Nofretete - Königin vom Nil
  • Original-Titel: Nefertite, regina del Nilo
  • Alternative Titel: Nefertiti, Queen of the Nile |
  • Regie: Fernando Cerchio
  • Land: Italien
  • Jahr: 1961
  • Darsteller:

    Jeanne Crain (Tanit/Nofretete), Vincent Price (Benakon), Edmund Purdom (Tumos), Amadeo Nazzari (Amenophis IV.), Liana Orfei (Merith), Carlo D’Angelo (Seper), Alberto Farnese (Dakim), Cielia Matania (Penaba), Piero Palermini (Nagor), Gino Marturano (Melad), Raf Baldassare (Mareb)


Vorwort

Wir hatten’s ja grad erst mit den Italienern und ihren Historienschinken…

Dieweil der Sandalenfilm der Herkules-Gladiatoren-Muskelmänner-Schule zumindest im kollektiven Gedächtnis meiner Generation seinen kulturellen Fußabdruck hinterlassen hat, waren die Ursus, Samsons & Co. fester Bestandteil jeder Ferienprogrammsplanung und auch sonst immer gern gesehen als launige Sonntag-Nachmittags-Unterhaltung auf den Dritten, fiel es dem semi-seriösen Historiendrama Made in Italy immer ein wenig schwer, einen ähnlichen Impact zu entfalten. Kann daran liegen, dass „wir“ als Publikum einer antiken Superhelden-Nummer mit Mark Forest oder Alan Steel Pappmachekulissen und andere filmische Abkürzungen leichter verzeihen konnten als Filmen, die zumindest von sich behaupteten, auf echten historischen Gegebenheiten zu basieren; eine Aussage, die man mit jedem 9,95-Altertumsgeschichte-Schmöker eigenfüßig zu widerlegen vermochte. Kann auch daran liegen, dass wir im Fernsehen auf diesem Gebiet durchaus auch mit der großformatigen Hollywood-Ware (besonderes zu hohen Fest- und Feiertagen) versorgt wurden und sich auch ein Achtjähriger mit der Aufmerksamkeitsspanne einer Eintagsfliege ausmalen konnte, dass zwischen QUO VADIS und BEN HUR auf der einen und den italienischen Schnellschüssen auf der anderen Seite ein geringfügiger qualitativer Unterschied zu bestehen schien.

Die italienischen Produzenten wird das zeitgenössisch, also so in den spätern 50ern und frühen 60ern, nicht sonderlich hart getroffen haben. Was irgendwelche Steppkes zwanzig Jahre später in der Fischkiste glotzen würden oder angegraute Alt-Nerds nochmal dreißig Jahre später auf amazon prime streamen würden, war denen herzlich egal, solange kurzfristig eine einigermaßen fette Lira gemacht werden konnte. Nur hin und wieder… manchmal, aber nur manchmal… biss den einen oder anderen Producer wohl doch der Moskito des Ehrgeizes, und er ließ von gedungenen Auftragsschergen von seinem eben fertiggestellten Pseudo-Epos eine ordentliche englischsprachige Exportfassung herstellen. Normalerweise machte sich der Produzent von Welt da auch keinen gesteigerten Kopp – wenn er das Ding an einen amerikanischen Distributor verhökern konnte, durfte der, wenn’s nach dem typischen Italiener geht, damit machen, was er wollte – dementsprechend wurden die meisten dieser Filme in den USA übel geschnitten, damit sie in irgendein Drive-in-Doppelprogramm passten, und von einer Handvoll hergelaufener Straßenpenner „synchronisiert“, nachdem jemand, der bestenfalls die Speisekarte einer Pizzeria gelesen hatte, ein entsprechendes Synchronbuch zusammengeradebrecht hatte (ich bin gerade schockiert, dass die Word-Rechtsschreibprüfung nichts an dem Wort „zusammengeradebrecht“ zu meckern hat).

Einer dieser unerwarteten Anfälle von Qualitätsbewusstsein erwischte den Produzenten Ottavio Poggi, der sich, wie so viele seiner Kollegen, von Ritterfilmen wie DIE SCHWARZEN RITTER VON BORGOFORTE oder KREUZ & SCHWERT via HANNIBAL zu den antiken Historienfilmen vorgearbeitet hatte (das Sujet gefiel ihm aber offenbar nicht, denn ab 1962 wandte er sich wieder dem Swashbuckler zu und produzierte u.a. zwei SANDOKAN-Filme, ehe er 1966 mit einem Western und einem Superheldenfilm (DAS ROTE PHANTOM SCHLÄGT ZU) seine Produzentenkarriere beendete. Poggi rechnete sich offensichtlich für seinen ägyptischen Historienstoff um Nofretete gute internationale Vermarktungschancen aus (vielleicht wusste er schon von den Vorbereitungen zu dem Dollargrab CLEOPATRA und wollte dem Taylor-Fiasko in den US-Kinos zuvorkommen) und heuerte den US-Autoren John Bryne ab. Bryne hatte 1953 den Kommunistenfresserfilm GUERRILLA GIRL über den griechischen Bürgerkrieg verfasst und für Poggi bereits dessen Piratenfilm VENUS DER PIRATEN übersetzt. Bryne schrieb also ein praktisch komplett neues Dialogbuch für die englische Fassung und man kann sein Glück kaum fassen, Poggi spendierte dem Film eine 1A-Synchronisation mit exzellenten Sprechern, sorgfältiger Synchronregie und einem auch sprachlich erstklassigen Buch.

Mit Vincent Price hatte Poggi auch einen international anerkannten Star an Bord – was konnte also schief gehen? Offensichtlich alles, denn heutzutage findet der IMDb-User unter „Trivia“ den Eintrag „Vincent Price’s most unknown film“. Nun, das können wir ändern – amazon prime streamt den Film in die Welt hinaus und der berühmte Meinungsmacher und Influencer Dr. Acula wird, wenn es denn angemessen ist, auch sein Hohelied singen. Also, reisen wir nach Theben im Neuen Reich und schauen mal, ob NOFRETETE – KÖNIGIN VOM NIL entfernte Ähnlichkeit mit der historischen Wahrheit aufweist…


Inhalt

Also Theben, Hauptstadt des ägyptischen Neuen Reiches, zur Herrschaftszeit des Pharaos Amenophis III. Wir beginnen, wie könnte es anders sein, mit einer Liebesgeschichte. Aus den Fluten des Nils kraucht ein junger Mann, Tumos – in den deutschen Untertiteln „Thutmosis“ genannt –, dargestellt vom späteren Fieslingsspezialisten Edmund Purdom (SÖLDNER DES TODES, ATOR- – HERR DES FEUERS, FRÖHLICHE WEIHNACHT), den, natürlich, Herzensangelegenheiten in den Tempel treiben. Nicht, weil er den Beistand einer der dreihundertsiebenundvierzig Gottheiten des ägyptischen Pantheons erhofft, sondern weil seine Angebetete justament dort ihre Zelte aufgeschlagen hat. Nicht freiwillig, natürlich, denn Tanit (Oscar-Nominentin Jeanne Crain, JAHRMARKT DER LIEBE, PINKY, EINE DACHKAMMER FÜR ZWEI) liebt Tumos ebenfalls heiß + innig, aber für sie ist eine Karriere als Priesterin vorgesehen, und wie bei den meisten Religionen ist, wenn man mit einem Gott verheiratet wird, für weltliche Freuden kein Platz vorgesehen. Noch allerdings ist Tanit nicht ordiniert und damit zumindest nach Tumos‘ Ansicht fair game. Die Tempelwachen sind geflissentlich anderer Ansicht und versuchen halbherzig, dem jungen Paramour aufs Haupt zu schlagen. Tumos entkommt, wie er angekommen ist, durch den Nil (womit auch geklärt wäre, dass er sich Bilharziose einfangen und früh sterben wird. NIMM DEN NICHT, DER HAT SCHNECKEN!).

Tanit ist sich einigermaßen sicher, dass ihr aufgrund ihrer ausgekuckten künftigen Priesterinnenschaft kein Haar gekrümmt wird, und Hohepriester Benakon (Vincent Price, WITCHFINDER GENERAL, RUHE SANFT GmBH, DAS GRAB DER LYGEIA, den man in dem Hohepriester-Kostüm und –Make-up schon mal gesehen haben muss) ist in der Tat überraschend nachsichtig, obwohl man ihre Missetat als Sakrileg betrachten kann. Gnade und Milde für den Liebhaber allerdings ist nicht drin, sofern Benakon rausfindet, wie der heißt und wo sein Haus wohnt, dann gnade ihm Osiris, Benakon tut’s nicht – will sagen, die Todesstrafe wartet.

Tumos’ Haus wohnt, was Benakon sicher interessieren würde, im örtlichen Künstler- und Handwerkerviertel, ist er doch ein talentierter Bildhauer in der Werkstatt von Meister Dakim (Alberto Farnese, DREI SPAGHETTI IN SHANGHAI, FÜR EINE HANDVOLL BLEI, DIE RACHE DES SANDOKAN). Tumos arbeitet gerade an einer Statue des königlichen Prinzen Amenophis (Amadeo Nazzari, DER BANDIT, DER CLAN DER SIZILIANER, und sogar mal in einer DERRICK-Folge dabei gewesen), der, wie’s der Zufall so will und historisch sowas von völlig, absolut, total und überhaupt unmöglich ist, ein alter Kumpel von Tumos ist (auf die gleiche Grundschule gegangen, oder was?). Dakim ist beeindruckt ob des Realismus der Statue, aber er weist Tumos auf ein elementares Gebot der Bildhauerkunst hin – zuviel Realismus ist manchmal nicht der Sinn der Übung, insbesondere wenn das dargestellte Objekt im Volke eh schon den Ruf hat, „Augen des Wahnsinns“ zu haben und von den Göttern verflucht zu sein. Dakim ist aber nicht nur Kunstkritiker, sondern hat auch ein scharfes Auge für etwaigen Liebeskummer – gut, wer wie Tumos das heiße Nomadenmädchen Merith (Liana Orfei, DIE KÜSTE DER PIRATEN, DJANGO TÖTET LEISE, DER UNTERGANG VON METROPOLIS), die im Atelier Dakims als Modell und Handlangerin arbeitet, verschmäht, muss offensichtlich was NOCH besseres am Start haben. Tumos schüttet dem väterlichen Freund sein Herz aus und Dakim hat einen Rat – so sich Tumos, wovon nicht auszugehen ist, die Priesterin-in-Ausbildung nicht in den Wind schließen will, gibt es nur einen, der kraft seiner Wassersuppe Tanit aus ihrem göttlichen Dienst befreien und sich über den Willen des Hohepriesters hinwegsetzen kann – der Pharao himself. Die Idee ist gut, meint Tumos, nur leider ist an den alten Knaben nicht ranzukommen, weil er arg kränkelt. Dann, rät Dakim, muss sich Tumos an den Prinzen wenden, damit der bei seinem alten Herrn ein gutes Wort einlegt. Das hat nur wieder den Haken, dass Amenophis der Jüngere gerade Krieg führt und Tumos ihm schlecht schnell eine WhatsApp-Nachricht schicken kann. Hilft nix, sagt Dakim, Tumos möge ein Huhn bzw. noch besser ein Pferd satteln und zu Amenophis reiten. Tumos reitet, und das ist auch gut so, denn Benakon hat mittlerweile seine Adresse rausgefunden und eine Razzia angeordnet. Dakim kann guten Gewissens behaupten, dass er keine Ahnung hat, wo sein Schüler sich rumtreibt…

Dieweil, auf dem Schlachtfeld. Bzw. dem ehemaligen Schlachtfeld, denn Amenophis hat einen triumphalen Sieg gegen die Chaldäer errungen und sitzt auf einer ganzen Fuhre Kriegsgefangener. Die Chaldäer tragen ihre Niederlage mit Fassung und einer geradezu enervierenden Würde – so enervierend, dass Amenophis‘ getreuer Hauptmann Nagor (Piero Palermini, MÖNCH UND MUSKETIER, ICH UND DER DUCE) glatt die Nerven verliert und die ganze Baggage am liebsten an Ort und Stelle exekutieren würde. Amenophis verbietet das aber glatt, denn er ist stark beeindruckt vom chaldäischen Priester Seper (Carlo D’Angelo, HÖLLENJAGD AUF HEISSE WARE, LEICHEN PFLASTERN SEINEN WEG) und seinen unerschütterlichen Glauben an die Güte und Gnade des Einen Wahren Gottes, Aton, dem Sonnengott. Amenophis macht Nagor persönlich für das Wohlbefinden der Gefangenen verantwortlich und freut sich dann über den unerwarteten Besuch des herangaloppierenden Tumos ein paar Schnallen vom Wams ab. Tumos macht aber schnell klar, dass sein Eintreffen kein reiner Höflichkeits- und Freundschaftsbesuch ist, sondern die Hilfe seines Freundes braucht. Amenophis wäre seinem alten Kumpel nur zu gern behilflich, allerdings gibt’s auch hier wieder ein Problem – nicht mal der Prinz kommt an seinen maladen Vater ran, ohne den Weg über den Hohepriester gehen zu müssen, und es liegt auf der Hand, dass der sicherlich der letzte sein wird, der die zart vorgetragene Bitte unterstützen wird. Abgesehen davon, grummelt der schlachtengestresste Amenophis, hat er jetzt Kopfschmerzen und würde gern eine Mütze voll Schlaf nehmen, morgen, Tara, ist auch noch ein Tag, und sieht die Welt ganz anders aus. Beinahe gestaltet sich dieses „sieht die Welt ganz anders aus“ als „sieht anders aus, weil Tumos fehlt“, denn des Nächtens packt Amenophis ein psychotischer Anfall und er versucht nach Kräften, Tumos zu erwürgen. Praktisch mit der letzten Luft gelingt es Tumos, seinen Freund in die Realität zurückzubringen. No hard feelings, though, sowas passiert, auch wenn Amenophis völlig zerknirscht ist. Die Götter, so sagt er, haben ihn verflucht, und generell knabbert er an einem grundsätzlichen Widerspruch in seinem Leben. Der Prinz sieht sich als Mann des Friedens, aber seine politische Rolle zwingt ihn dazu, Krieg zu führen. Hmmm… was ist nochmal die zentrale Aussage des Aton-Kults? Frieden für alle unter dem Schutz des Einen Wahren Gottes?

Apropos Aton… die Chaldäer feiern gerade unter Sepers Leitung ihr Morgengebet und Amenophis lässt sich erneut in eine philosophisch-theologische Debatte verwickeln. Seper redet Amenophis als „Ägyptens Herrscher“ an, was Amenophis aber zurückweist, da gibt’s ja noch den Herrn Vater. Seper gibt das verschwurbelt-priesterliche Äquivalent eines augenzwinkernden „noch!“ zurück und Amenophis nimmt die Herausforderung an. Sollte Sepers Prophezeihung zutreffen, bevor Amenophis Theben erreicht, dann wird er Seper und seinem Volk die Freiheit schenken. Kaum ausgesprochen, naht ein eiliger Reiter, Melad, Chef der Palastwache (Gino Marturano, SANDOKAN – DER TIGER VON MALAYSIA), und bringt die tragische Kunde von Amenophis III.‘ Ableben. Der König ist tot, lang lebe der König! Der frischgebackene Amenophis IV. hält sein Wort gegenüber Seper, und auch Tumos ist nicht vergessen. Als erste Amtshandlung pinselt der neue Pharao ein hübsches Dekret, das Tanit aus dem Tempeldienst entlässt und somit heiratsfähig macht. Happy End für alle. Schön war’s!

Naja, so schnell schießen die Preußen nicht und die Ägypter schon lang nicht. Zwar herzen und busseln sich Tanit und Tumos ab wie die jungverliebten Turteltäubchen, die sie sind, aber so schnell ist mit Heiraten auch nix, denn erst mal gibt’s die vorgeschriebenen 70 Tage Trauer für den verblichenen Pharao, und solange gibt’s keine Hochzeit. Dezent angepisst ist dieweil auch Benakon, dem nämlich mächtig stinkt, dass Amenophis nicht nur einen fremden Priester mitgebracht hat, sondern den auch noch an der Seite seines Throns sitzen lässt. Die alten Götter, warnt der Hohepriester, werden solchen Frevel nicht straflos dulden, aber Amenophis donnert den verblüfften Benakon an, dass sein Glaube immer noch seine eigene Angelegenheit sei und Benakon erst mal von links und rechts wegen nüscht angehe. Für einen ägyptischen Pharao, ergo Gottkönig in einer Gesellschaft, in der Staat und Religion ein und dasselbe sind, der eng in die lokale Theologie eingebunden ist, ist das zugegeben eine relativ gewagte Äußerung. Das wird Folgen haben.

Benakon hat aber noch ein anderes Eisen im Feuer und das ist nach wie vor Tanit. So schnell gibt sich nämlich ein Hohepriester des ägyptischen Reiches nicht geschlagen. Noch ist Tanit ja nicht verheiratet und so lässt Benakon das Mädel entführen und Tumos aufs Haupt hauen. Ehe sie sich’s versieht, verklickert Benakon der jungen Frau, dass sie ab sofort Nofretete heißt und die neue Königin von Ägypten, sprich Ehefrau Amenophis‘, wird. Das hätten der verstorbene Pharao und ihr Vater bereits arrangiert, und das sticht nach Benakons bescheidener Ansicht ein Dekret eines Jungpharaos. Tanit/Nofretete studiert das entsprechende Dokument und macht eine erstaunliche Feststellung – da, wo ihr Papa hätte unterschreiben sollen, steht das Zeichen und Siegel des Benakon. Es folgt ein Luke-ich-bin-dein-Vater-Moment, und auch Tanit/Nofretete fällt es wie Schuppen aus der Perücke, dass der Priestervater die ganze Operation von langer Hand eingefädelt hat, um über seine Tochter den Pharao an der kurzen Leine halten zu können, nach dem Motto „ist mir doch wurst, wer unter mir Pharao ist“.

Natürlich fällt auch der neuen Nofretete ein, dass sie theoretisch nichts daran hindern würde, ihrem Bräutigam brühwarm zu erzählen, wer sie ist und dass der Pharao (der sie ja zuvor nie gesehen hat) selbst die Einwilligung zu ihrer Heirat mit Tumos gegeben hat, aber die letzte Trumpfkarte hält immer noch Benakon. Er hat auch Tumos in seiner Gewalt, und falls Noffi ihr süßes kleines Plappermäulchen nicht halten kann, nun, dann wird Tumos schon bald eine Mumie werden. Nofferl muss sich erst mal nach Punkten geschlagen geben.

Also macht sie erst mal gute Miene zum bösen Spiel, mit einer Einschränkung – sie lässt ihren angetrauten Götter-Gatten (hihi) nicht ran. Das findet Amenophis jetzt auch wieder nicht so fürchterlich prickelnd, nicht, weil er in Nofretete unbedingt die Liebe seines Lebens gefunden hat, sondern weil natürlich die allgemeine Erwartung ist, dass Nofri baldmöglichst einen Thronfolger produziert und, soweit ist die sexuelle Aufklärung auch im Alten Ägypten schon gediehen, das wird im Allgemeinen nur was, wenn zuvor gepoppt wird (wenn Amenophis die Geschichte seines eigenen Landes studiert hätte, wüsste er, dass ihn nichts daran hindern könnte, ein bis zwölf Nebenfrauen zu nehmen und die durchzuschwängern, bis der Storch wegen Überanstrengung in Frührente geht). Mehr als grummlig brummeln und verstärkt den moralisch-geistigen Beistand Sepers suchen tut Amenophis aber nicht – nicht sehr pharaonig, wenn Ihr mich fragt.

Tumos schmachtet indes in irgendeiner abgelegenen Oase in einer Kerkerzelle (d.h. einer Hütte, die man zur Kerkerzelle umfunktioniert hat) vor sich hin. Zum Glück hat Tumos gute Freunde in Dakim, Merith (die natürlich unsterblich in Tumos verschossen ist) und ihrem Nomadenstamm. Merith legt, angefeuert von ihren Stammesbrüdern, einen tibetanischen Totenauferweckungstanz hin, um die priesterlichen Wachen abzulenken, dieweil Dakim Tumos einen Hammer zuwirft, mit dem er seine Ketten durchschlagen kann. Das Dach aus Palmblättern zu durchdringen, ist dann eine vergleichsweise leichte Aufgabe, dann packt Dakim Tumos auf ein schnelles Pferd und gibt ihm den Hinweis, bei einem nahen Brunnen auf ihn zu warten.

Tumos tut, wie ihm geheißen, nur hat die Höhle, in der sich der Brunnen befindet, bereits einen Bewohner in Form eines sicherlich nicht sehr durstigen, dafür aber hungrigen Löwen. Tumos muss mit der Raubkatze, die sich passenderweise in den Aufnahmen, in denen Tumos in den Clinch mit dem Löwen geht, in einen Mann im Löwenkostüm verwandeln kann, rangeln und ist stark dabei, den Kürzeren zu ziehen, würde Merith nicht in letzter Sekunde mit ihren supremen Bogenschusskünsten das Tier erlegen. Trotzdem hat Tumos schwere Verletzungen erlitten…

Dieweil findet in Theben das offizielle Hochzeitsbankett statt und Amenophis ist pikiert, dass sein bester Kumpel Tumos unerlaubterweise mit Abwesenheit glänzt. Benakon tut zerknirscht – leider musste er den von der Gästeliste streichen. Ja, er hat ihn festnehmen lassen (was Amenophis komsicherweise nicht weiter irritiert), ja, er wollte ihn geraaade freilassen, aber Tumos sei vorher entkommen und, da man seine blutige zerrissene Tunika gefunden habe, offenbar von einem wilden Tier getötet worden. Fixed point in time, I’m so, so sorry. Nofretete fällt ob er schlimmen Kunde dekorativ in Ohnmacht, was Amenophis allerdings immer noch kein Wink mit dem Zaunpfahl ist. Ich beginne seine Eignung als Pharao wirklich ernsthaft zu bezweifeln.

Natürlich ist Tumos nicht in die Unterwelt abgestiegen – Dakim und Merith haben ihn ins Atelier geschleift und gesund gepflegt. Tumos kommt gerade rechtzeitig wieder zu Kräften, um den Triumphzug von Pharao und Königin durch die Straßen Thebens ziehen zu sehen. Naja, und so dämlich und blind ist er dann nicht, um die ehemalige Tanit nicht als die neue Ehefrau seines besten Freundes zu erkennen. Das tut weh, vor allem natürlich, wenn man die Hintergründe nicht kennt (sich aber zusammenreimen könnte, wenn man die Situation ernsthaft analysieren und sich nicht in den bequemen Schmollwinkel zurückziehen wollte).

Nun, Tumos reagiert erwachsen, vernünftig und besonnen, greift sich die eine oder andere Amphore Wein, besäuft sich und beschläft die günstig herumliegende Merith, die getreu dem alten Clout-Gassenhauer „Substitute“ liebeskrank genug ist, um sich mit der Position der 2. Wahl völlig zufriedenzugeben. Weiber.

Einige Zeit später hat Dakim eine Überraschung für Tumos – einen königlichen Auftrag! Normalerweise wäre Dakim als Chef der Werkstatt der Empfänger, aber man hat sich Tumos ganz speziell ausgesucht, d.h. Seper hat vorgeschlagen, der Königin eine Statue zu widmen (Statue my ass, das wird die berühmte Büste der Nofretete, die heutzutage in Berlin rumsteht), Nofri hat sich den Künstler ausgesucht (sie hat Tumos also wohl erkannt) und der Pharao hat’s abgesegnet – offenbar allerdings ohne zu lesen, auf welchen Papyrus er seine Hieroglyphe setzt, sonst wäre ihm ja wohl nun endlich der königliche Nagel auf den Kopf gefallen oder so.

Tumos ist eher so mittelbegeistert, obwohl Dakim ihn mit der Nase drauf stößt, dass das ja jetzt das ideale Arrangement sei, um nicht nur Tanit wiederzusehen, sondern auch etwaige bestehende Mistverständnisse zu klären. Eher so mittelbegeistert ist auch Merith, die sich natürlich an ihren lackierten Fingernägeln abzählen kann, dass Tumos zwar so tun mag, als könnte ihm die Königin vornehm den verlängerten Buckel runterrutschen und bei der Gelegenheit auch ablecken, aber im tiefsten Innern sie natürlich immer noch ganz doll liebhaben tut.

Die erste Sitzung endet relativ chaotisch – zwar ist Amenophis hochgradig entzückt, dass sein alter Busenkumpel im Gegensatz zur überlieferten Kunde noch in jeder Hinsicht fit ist, aber mit der Wahrheit will weder Tumos noch Nofretete rausrücken. Stattdessen gibt sich Tumos betont gefühlskalt und gibt auf Anfrage zu Protokoll, dass das Mädchen, das er zu ehelichen gedachte, sich bei erstbester Gelegenheit einem anderen, sozial besser gestellten Kerl an den Hals geworfen habe. Amenophis ist total der verständnisvolle Bro, Nofretete allerdings treffen Tumos‘ kalte (und, wie wir ja wissen, ungerechte Worte) bis ins Mark. Dennoch gelingt es, eine Art Arbeitsbeziehung zu etablieren, die es Tumos erlaubt, die Büste – die er, wie er selbst zugibt, auch ohne Modellsitzen der Königin ganz locker aus dem Gedächtnis modellieren könnte -, zu vervollständigen.

Was macht eigentlich unser böser Hohepriester derzeit? Natürlich böse Ränke schmieden. Sepers Einfluss macht den alteingesessenen Priestern schwer zu schaffen, sogar einen Aton-Tempel hat Amenophis errichten lassen, damit die Chaldäer und die Konvertiten, die’s tatsächlich schon in beträchtlicher Zahl gibt, ordentlich beten können. Es muss ein Ruck durch Ägypten gehen, beschließt Benakon, d.h. ein Zeichen muss gesetzt werden.

Und so, als Seper seine Gemeinde einmal mehr im friedvollen Gebet anleitet, stürmt ein Trupp Priesterwachen mit gezückten Schwertern und gefolgt von einem wütenden Mob Gläubiger in bester Pogrom-Stimmung. Ein zünftiges Massaker schließt sich an, dem auch Seper zum Opfer fällt – und beinahe auch Nofretete, die sich heimlich, via eines Geheimgangs vom Palast zum Tempel, unter die Gläubigen gemischt hat.

Mit einem boshaften Grinsen wird Benakon beim Pharao vorstellig – so sehr er auch das Blutvergießen bedauere und insbesondere den Tod des vom Pharao so geschätzten Seper, so habe das Volk doch deutlich zu verstehen gegeben, was es von der ganzen Aton-Anbeterei halte, und man dieses Zeichen doch schwerlich ignorieren könne. Amenophis kocht vor Wut – er mag nicht mehr alles seine sieben Sinne ständig beinander haben, aber wer hinter dem Anschlag auf den Aton-Tempel steckt, realisiert auch noch ein halbbekloppter Pharao. Schnaubend verkündet der Pharao, dass der Aton-Kult ab sofort alleinige Staatsreligion ist, alle Priester entmachtet und alle Tempel geschlossen werden. Und Benakon, nun, der kann nur vor Glück reden, dass Aton ein gnädiger Gott ist und er wider besseres Wissen des Pharaos nicht an Ort und Stelle in kleinformatiges Schaschlik verwandelt wird. Nooooot exactly what the High Priest had in mind, I suppose…

Indes haben Noferl und Tumos Gelegenheit gefunden, sich heimlich zu treffen und ENDLICH hat die Königin Gelegenheit, dem Herrn Künschtler zu erklären, was eigentlich Sache ist und weder sie noch Amenophis etwas für die realistisch gesehen arschkomplizierte Situation etwas können. Nofre versichert auch aufs Grab sämtlicher lebender Großmütter, die sie hat, dass sie Tumos immer noch liebt und mit Amenophis die Ehe noch nicht vollzogen habe. Das ist zwar schön und gut, befindet Tumos, und schmeichelt ihm natürlich auch, allerdings steht nach wie vor die Tatsache im Raum, dass sie von Recht und Gesetz wegen mit Amenophis verheiratet ist, Sauereien im Schlafzimmer hin oder her. Die einzige Lösung wäre also logischerweise gemeinsam stiften gehen und untertauchen. Tatsächlich wäre Noffi nicht abgeneigt und will eigentlich nur noch mal schnell zurück in den Palast, um ihr Ränzel zu schnüren, doch auf dem Weg durch den Geheimgang kommt sie in Lauschweite eines konspirativen Treffens der Priesterkaste. Benakon hat natürlich nicht vor, die ganze Sache so auf sich beruhen zu lassen und hofft auf populären Support aus dem Volk für eine kleine, feine Revolte gegen den Pharao. Den geeigneten Tag hat er auch schon im Auge, einen traditionellen Feiertag, an dem der Pharao die Petitionen seiner Untertanen entgegennimmt. Das spült erwartungsgemäß eine Menge Landeier in die Stadt, und Benakon spekuliert, wie die Geschichte immer wieder zeigt, nicht zu Unrecht darauf, dass die ungebildeten Bauern erheblich empfänglicher für Benakons Einflüsterungen zur Wiederherstellung der alten Religion sein werden als die bequemen Städter, die sich womöglich mit dem Aton-Kult schon ganz gut arrangiert haben. Das ändert aus Noftis Sicht natürlich alles – Liebe, Triebe, Schubidu ist eine Sache, Hochverrat, den der eigene Vater plant, dann doch ne andere Baustelle, und ob sie nun mag oder nicht, sie ist die Königin und das ist mit gewissen Pflichten dem Staat und dem Volk gegenüber verbunden.

Also Planänderung. Nofretete will Amenophis zum Widerstand bewegen, und auch für Tumos hat sie einen Job. Theben hat momentan nur eine recht mickrige militärische Schutzmacht, da die Armee unter Melads Kommando irgendwo in der Wüste Krieg führt. Da noch ein paar Tage Zeit sind, soll Tumos wieder mal seine Reitkünste unter Beweis stellen, die Armee auftreiben und nach Theben führen, auf dass dem aufsässigen Benakon gezeigt wird, wo der ägyptische Hammer hängt.

Prinzipiell kein schlechter Plan, da gibt’s nur ein Problem. Seit Sepers Tod ist Amenophis zu nichts mehr zu gebrauchen. Anstatt zu regieren hat der Herr Pharao sich in seinem Gemach eingeschlossen und kontempliert die allgemeine Ungerechtigkeit des Universums, den Fluch der Götter, der auf ihm lastet und die hohen Benzinpreise. This man is far out. D.h. das mit dem Regieren und der Organisation des Widerstands gegen Benakon bleibt an Nofretete und Mareb, dem neuen Chef der Palastwachen, hängen. Man tut, was man kann und bildet mit der Handvoll loyaler Soldaten, die man zur Verfügung hat, ein paar halbseidene Verteidigungslinien vor dem Palast, aber Mareb ist sicher, dass ein Machtwort des Pharaos nicht nur der Motivation der eigenen Krieger zuträglich wäre, sondern vielleicht auch dem pflichtschuldigst aufmarschierenden Mob den Wind aus den Segeln nehmen würde. Benakon, an der Spitze der Aufständischen, räumt den Palastverteidigern sogar eine entsprechende Chance ein – der Pharao möge sich zeigen und sich erklären, und womöglich könnte sich die Revolte dann in Friede Freude Eierkuchen auflösen. Jeder Strohhalm ist den Verteidigern recht, um sich daraus einen Strick zu drehen, aber das mit dem öffentlichen Auftritt des Königs, das wird schwierig. Der hat sich nämlich zwischenzeitlich den dunklen Wolken in seinem Geist vollumfänglich ergeben und mit seinem eigenen Schwert entleibt. D’uh.

Womit der zwarte Piet nun endgültig bei Noffi liegt – dem wartenden Pöbel den Tod des Königs auf die Nase zu binden, sieht nach keiner besonders guten Idee aus, aber von der rettenden Armee ist auch noch nicht mal eine Staubwolke zu sehen. Nofretete entscheidet hart, aber ungerecht – für König + Vaterland, der Palast wird verteidigt, bis zum letzten Mann und ggf. zur letzten Frau. Wer einen last stand haben will, der soll ihn bekommen, meint Benakon. SHIT JUST GOT REAL.

Die loyalen Soldaten mögen besser ausgebildet und ausgerüstet sein, und die Bogenschützen reißen zunächst auch empfindliche Lücken in die Reihen der Angreifer, aber schiere zahlenmäßige Überlegenheit zahlt sich halt doch meistens aus – die Verteidiger werden überrannt und in den Palast zurückgedrängt, wo weiterhin verbissen gekämpft wird, aber die kleine Schar der aufrechten Königstreuen immer weiter aufgerieben wird. Selbst der Versuch, durch den Geheimgang zu fliehen, wird dadurch unterbunden, dass Benakon und seine Schergen die letzten Verteidiger im Thronsaal einkesseln. Mareb ist zum äußersten entschlossen, und das heißt, um die Schmach des Todes von Verräterhand zu verhindern, notfalls Nofretete und dann sich selbst zu töten. Sieht fast so aus, als würde es dazu kommen, aber Benakons Männer sind schneller und töten den tapferen Mareb.

Benakon freut sich seinen Eyeliner ab – das war ein voller Erfolg für die Bösen und ein totaler Schuß in den Ofen für Team Rocket, äh, Aton. DOCH DA! In buchstäblich aller-aller-aller-alllerletzter Sekunde stürmt die loyale Armee den Platz. Der Mob zerstreut sich augenblicklich in feiger Manier, und der Palast liegt den Soldaten offen. Tumos stürmt den Thronsaal, wo Benakon sich seine Tochter schnappt und droht, seinem eigen Fleisch und Blut die Gurgel durchzuschneiden. Wer Geiseln nimmt, sollte aber aufpassen, nicht zu viel Körper zu zeigen. Ein Pfeil, Absenderin Merith, zischt durch den Thronsaal und fällt den verräterischen Priester.

Damit hätte Merith zwar erfolgreich den Tag, den Aton-Kult und Ägypten gerettet, ist aber trotzdem die Gelackmeierte, denn natürlich nimmt Tumos nicht etwa sie liebevoll in die Arme, sondern Noffi. Merith zieht resigniert vom Hofe, und Tumos und die Königin können sich endlich küssen. Wird Tumos jetzt der neue Pharao? Vakanz wäre ja… wir werden es nicht erfahren, denn THE END schiebt sich ins Bild…

Woah. Gehen wir mal rein historisch an die Angelegenheit ran, dann kann einem angesichts dieses Films schon mal dezent flau im Magen werden. Ein- und ausgebildete Ägyptologen dürften beim Bewunderung des Streifens spontan implodieren, und selbst ich, der Ägyptologie eher aus Hobby und touristischem Interesse verbunden, benötigte alle Willenskraft, um die sich bereits bildende Räude und Krätze zurückzudrängen. Mit den historischen Fakten um die in der Tat faszinierende kurze Epoche der religiösen Umwälzung in Alt-Ägypten hat QUEEN OF THE NILE ungefähr so viel zu tun wie der Glubb mit der zehnten deutschen Meisterschaft, mithin gar nix.

Für diejenigen, die a) in altägyptischer Geschichte nicht so firm sind und b) sich zumindest einen groben Überblick über den historischen Hintergrund verschaffen möchten, ist dieser nächste Absatz gedacht. Wen derlei Käse nicht interessiert, kann bis zum nächsten Break weiterspringen… Zunächst mal der wahre Kern, und arg groß ist der nicht. Amenophis IV. war wirklich mit Nofretete verheiratet, soweit so gut, und er versuchte, in Ägypten den Aton-Kult des Sonnengottes als neue Staatsreligion zu etablieren. Im Gegensatz zu den im Film vorgegebenen spirituellen Gründen lag dem Pharaos der sich in Echnaton umbenannte, nicht an einer spirituellen Erleuchtung, sondern simplen machtpolitischen Gründen. Der Film liegt insoweit richtig, als der Pharao und die Priesterkaste in einer wechselseitigen Abhängigkeit steckten, beide brauchten die jeweils andere Partei zur Legitimation und die Priester nutzten dies natürlich aus, um auf den Pharao politischen Druck auszuüben. Von diesem gedachte Amenophis sich durch die Etablierung eines neuen Kults und damit natürlich auch einer völlig neuen, ihm loyalen Priesterkaste zu befreien (und auch die von ihm ausgemachte Stagnation Ägyptens in allen Bereichen zu durchbrechen – der Aton-Kult erlaubte z.B. auch der Kunst völlig neue Optionen). Im Gegensatz zur Filmaussage übernahm Amenophis dabei nicht einen fremden Kult, sondern arbeitete die neue Religion, sicherlich unter Zuhilfenahme gewisser Vorbilder und Einflüsse, weitgehend selbst aus, schließlich war er nicht bereit, der Religion eines Alleinigen Gottes, der den bunten Götterpantheon der Ägypter ersetzen sollte, seine eigene Göttlichkeit zu opfern. Als Echnaton errichtete der Pharao in Amarna eine neue Hauptstadt, die speziell auf die rituellen Anforderungen des neuen Kults ausgerichtet war und in der der Pharao und seine Frau natürlich existentiell wichtige Rollen bei der Huldigung Atons übernahmen. Während der Film versucht, den Aton-Kult als eine Art proto-christliche Religion zu stilisieren, ist das schon eine sehr weit hergeholte Behauptung; ja, Echnaton proklamierte eine monotheistische Religion, aber sehr wohl mit ihm als vergöttlichtem Repräsentanten/Teilaspekt Atons, die weltliche mit spiritueller Macht in Personalunion verkörpert. Echnaton wurde von seiner Ehefrau Nofretete um ein paar Jahre überlebt, insgesamt regierte der Pharao vermutlich 17 Jahre (also wesentlich länger, als der Film es behauptet). Natürlich war diese Regierungszeit letztlich viel zu kurz, um den Aton-Kult fest in der ägyptischen Gesellschaft (zudem in einem Flächenstaat) zu verankern. Echnaton war kaum Hops gegangen und sein neunjähriger Sohn Tut-Ankh-Aton auf den Thron gehievt worden (der eigentlich als Thronfolger vorgesehene ältere Sohn Semenchkare starb selbst ungefähr zur gleichen Zeit oder nur sehr wenig später als Echnaton), da witterte die alte Priesterkaste ihre Chance, begann Einfluss auf den schwerlich zu eigenständigen Entscheidungen befähigten (oder gar bewusst das Erbe seines Vaters fortzustzenden) Kinderpharaos auszuüben und nach und nach die alten Kulte und Riten wiederherzustellen. Nachdem der Juniorkönig sich in Tut-Ankh-Amun umbenannt hatte und damit ein für alle Mal die Restitution des alten Glaubens sichtbar wurde, dann auch noch jung starb, war für seine Nachfolger, die mit der Amenophis-Dynastie auch keine Blutlinie teilten, der Weg frei, den Aton-Kult endgültig zu zerschlagen und Echnaton mit der damnatio memoriae zu belegen.

NOFRETETE hat zumindest die Ausrede, dass die Echnaton-Forschung zu dieser Zeit noch in den Kinderschuhen steckte und das allgemeine Bild des Renegaten-Pharaos primär durch fantasievolle Romane wie den sauerfolgreichen und auch von Hollywood verfilmten SINUHE DER ÄGYPTER des finnischen Nationaldichters Mika Waltari geprägt wurde. Die Feinheiten des Aton-Kults, seine politischen und auch ökonomischen Hintergründe rückten erst in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts in den Fokus der Forschung, auch durch die fortgeschrittenen Ausgrabungen in Tell-el-Amarna. Die wahre Geschichte ist für historisch Interessierte super-faszinierend, aber freilich nicht unbedingt Material für ein buntes Historiendrama.

Und „buntes Historiendrama“ ist selbstverständlich das, worauf es Poggi und seine Mitstreiter abgesehen hatten. In der Hinsicht ist NOFRETETE durchaus erfolgreich. Das Script mag mehr Fantasy beinhalten als sämtliche Bände vom HERRN DER RINGE nebst SILMARILLON, aber es funktioniert recht gut – die tragische Liebesgeschichte von Tumos und Tanit drückt nicht ZU sehr auf die Tränendrüse, und Tanits/Nofretetes Hin- und Hergerissenheit zwischen der Liebe und der Verpflichtung als Königin wird ebenso brauchbar dargestellt wie Tumos Flucht in die Beziehung mit Merith (die natürlich für das arme Mädchen unglücklich enden wird). Seine Höhepunkte findet das Drehbuch allerdings bei Amenophis und Benakon. Amenophis als zerrissenen Charakter, der eigentlich als Friedensfürst in die Geschichte eingehen will, aber als Pharao, ob er will oder nicht, nun mal auch ein Kriegerkönig sein muss, und ob dieses Zwiespalts „anfällig“ für die Aton-Religion wird, wäre für sich allein schon interessant genug, aber ihm dann noch eine psychische Instabilität anzudichten, die ihn in die Arme des Monotheismus (und im Filmsinne eben des Proto-Christentums) treibt ist für einen italienischen Film geradezu subversiv. Benakon schließlich ist der Prototyp des skrupellosen Machtpolitikers – Religion ist für ihn nur Mittel zum Zweck, um, getreu dem oben zitierten abgewandelten FJS-Motto, den Pharao an der Kandare zu halten, auf dass der genau das tut, was die Priesterschaft wünscht, und das ist in erster Linie der Erhalt ihrer Privilegien. Je länger ich drüber nachdenke, desto erstaunlicher religionsskeptisch kommt mit der Film vor – der alte Kult ist ein in sich selbst erstarrtes Konstrukt zum simplen Machterhalt, der neue Kult scheint dem Pharao attraktiv zu werden, weil er geisteskrank ist. Hollaho.

Regisseur und Co-Autor Fernando Cerchio (DER FLUCH DES PHARAO, TOTÒ E CLEOPATRA, IL MARCHIO DI KRIMINAL) treibt die Chose auch ordentlich flott voran – das Melodrama ist zwar immer vorhanden, drängt sich aber nie soweit in den Vordergrund, dass das Intrigenspiel des bösen Hohepriesters und seine politischen Folgen in Vergessenheit geraten. Trotz Kreditierung eines „Fechtmeisters“ im Vorspann verzichtet der Film weitgehend auf „Action“, lediglich der dann aber ausführliche Kampf um den Palast ist an dieser Stelle zu verzeichnen.

Die Bauten sind, wie auch beim gerade erst besprochenen DIE SKLAVEN DER SEMIRAMIS, nicht umwerfend, wobei zumindest die Palasttreppe, auf der sich einige entscheidende Szenen abspielen, einen recht soliden Eindruck macht. Im Vergleich zu den Produzenten des SEMIRAMIS-Schinkens haben die hiesigen Produzenten das Säckel auch weit genug aufgemacht, um angemessene Statistenheere zu beschäftigen. Wenn der Pharao durch Theben zieht, ist tatsächlich eine als solche zu bezeichnende Menschenmenge jubelnderweise zu sehen, und auch für den Schlusskampf sind ausreichend waffentragende Komparsen mit von der Partie (die wie üblich nicht unbedingt wissen, was sie mit dem überdimensionierten Zahnstocher in der Hand anfangen sollen).

Auf Darstellerseite sollte man, wie gesagt, Vincent Price als flamboyant geschminkten und erzbösen Hohepriester schon mal gesehen haben. Natürlich ist die Darstellung aus heutiger Sicht geradezu phänomenal rassistisch, aber es waren andere, unschuldigere Zeiten, und wenn wir jetzt anfangen, an Filme aus den 50ern und 60ern die Maßstäbe der heutigen political correctness anzulegen, sind wir bald wieder beim Bücherverbrennen. Solche Darstellungen sind Zeugnisse ihrer Zeit und in diesem Rahmen zu betrachten und zu bewerten. Und in diesem Sinne bin ich höchstens traurig darüber, dass Price nicht mehr Screentime hat, denn den hinterlistigen, doppelzüngigen Schuft, der mit seinem süffisanten Charme seine Opfer einwickelt, während er schon überlegt, zwischen welche Rippen er seinen virtuellen Dolch stecken wird, den bringt Prince hin wie kaum ein anderer.

Die große Überraschung ist für mich allerdings Amadeo Nazzari, nicht gerade ein ganz großer Name des italienischen Kinos, obwohl gut beschäftigt und neben den oben genannten Filmen z.B. auch in MISTER DYNAMIT – MORGEN KÜSST EUCH DER TOD oder DIE VALACHI-PAPIERE zu sehen gewesen. Sein Amenophis könnte leicht ein Opfer übertriebener Theatralik werden, aber Nazzari wandelt geschickt auf dem schmalen Grat zwischen eindrucksvoller Charakterstudie und dezentem Overacting – es macht seinen Amenophis auf jedenfall begreifbar. Jeanne Crain war in den 40ern durchaus ein Hollywood-Star (ihre Oscar-Nominierung für PINKY beweist das), war aber im üblichen Karriereknick, sobald die ganz jungen Tage vorbei sind und im US-Fernsehen gelandet: Der Versuch, es also mal in Europa zu probieren, war nicht strafbar, zahlte sich aber nicht sonderlich aus, 1962 war sie wieder zurück in den Staaten und fast nur noch in der Fischkiste zu sehen. Ihre Nofretete bekommt sie ganz gut hin, aber wie bei Yvonne Furneaux als SEMIRAMIS fehlt mir ein Quäntchen Ausstrahlung, Star-Präsenz. Liana Orfei (die zugegeben auch mehr Gelegenheit dafür hat) bringt da schon wesentlich mehr Feuer und Leidenschaft ins Spiel… Purdom, den ich, wie gesagt, hauptsächlich in zwielichtigen bis grundbösen Arschlochrollen zur Kenntnis genommen habe, legt hier einen ganz patenten Stint als romantic lead hin.

Der Print auf amazon prime ist sehr hübsch und farbenprächtig, liegt allerdings nur mit englischem Ton und optionalen deutschen Untertiteln vor (die aber schon nach ein paar Minuten derbe asynchron laufen und dann nur noch stören).

Fazit: ein von keinerlei Realitätsnähe beeindruckter Historienschinken, der einmal mehr routiniert gearbeitet ist und mindestens solide, von Price und Nazzari sogar richtig gut gespielt wird und zumindest ein interessantes Charakter- und Religionsbild zeichnet. Mir hat’s gefallen – besonderes Fans von Vincent Price sollten natürlich unbedingt reinschauen!

© 2019 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 6

BIER-Skala: 4


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