Ninja Bushido

 
  • Deutscher Titel: Ninja Bushido
  • Original-Titel: Long huo chang cheng
  • Alternative Titel: Bushido - Kampf um die goldenen Reisschalen | Ninja Over the Great Wall | Great Wall Fighter | Fire on the Great Wall | Shaolin Fist of Fury | Ninja Bushido: Over the Great Wall | The Last Duel of the Great Wall |
  • Regie: Bruce Le, Kim Hui Lim
  • Land: Hongkong/VR China
  • Jahr: 1987
  • Darsteller:

    Bruce Le (Chi Kang), Shi Kamura (Shujiro), Yim Leung, Ning Li, Lily Young


Vorwort

China, in den frühen 30er Jahren. Während in Peking noch gute Miene zum bösen Spiel gemacht wird, mischen die Japaner die nördlichen Provinzen bereits mit aller angebrachten Brutalität auf. Auch das Dorf von Li Ning und Chi Kang wird von den Japanern dem Erdboden gleich gemacht, und wer nich schleunigst stiften gegangen ist, nun… sagen wir’s so, die Japaner leiden nicht unter Versorgungsengpässen, was Munition angeht. Chi Kang, der das Massaker nur rein zufällig überlebt hat, verspricht, Li Ning zu ihrer Tante nach Peking zu bringen.

In Peking wird der Konflikt auf einer eher metaphorischen Ebene ausgetragen. Shujiro Sakada, Sohn des örtlichen Repräsentanten der japanischen Regierung und ausgezeichneter Kampfkünstler in der Tradition des Bushido, beansprucht, zwecks Herausstellung der Überlegenheit der japanischen Kampfkunst dem unwidersprochen besten Fighter der Chinesen, einen gewissen Meister Yeung, aufs Haupt zu schlagen. Sein Herr Papa möge durch seinen politischen Einfluss den Fight doch bitte arrangieren. Herr Sakada ist offenbar entweder von den Kampffähigkeiten seines Lendensprosses oder von den von diesem prognostizierten politisch-ruhmestechnischen Folgen total überzeugt und hetzt ein Rudel Ninjas auf Yeung, damit der zu einem Duell, weil schon tot, nicht mehr antreten kann. Yeung weiß sich seiner Haut durchaus zu wehren, doch erst dank der Unterstützung des zufällig vorbeilaufenden Chi Kang können die Ninjas verscheucht werden. Zum Dank nimmt Yeung Chi Kang als Gast in seiner Kung-fu-Schule auf.

Sakada muss nun zähneknirschend seinen Segen zum Kampf geben. Für niedere Aufgaben wie die Überbringung von Herausforderungen hat er seinen chinesischen Kollaborateur Wai Sing (der nebenher der Eheman von Li Nings Tante ist und eher so mittelbegeistert davon ist, die Verwandte aus der Provinz erstens durchfüttern zu müssen und zweitens noch nicht mal drübersteigen zu dürfen). Wai Sing kassiert in Yeungs Schule erst mal etwas grundsätzliche Dresche, bevor er seine eigentliche Aufgabe erfüllen kann und Shujiros Herausforderung übermittelt. Als ordentlicher Sportsmann akzeptiert Yeung.

Die Japaner machen aus dem Fight einen big deal vor symbolträchtiger Kulisse, einem wichtigen buddhistischen Tempel, und ausgesucht wichtigem politischen Publikum. Shujiro gelingt ein Punktsieg (auch weil Yeung zögert, einen potentiell tödlichen Griff anzubringen) und fair, wie er ist, räumt Yeung seine Niederlage ein, womit Shujiro auch ganz zufrieden ist. Nicht aber Sakada senior, dem aufgefallen ist, dass Chi Kang beinahe in den Kampf eingegriffen hat und „Ärger“ wittert. Sein Gedankengang ist mir nicht ganz nachvollziehbar, aber sei’s drum – Sakada beschließt, dass Yeung beseitigt werden muss und Wai Sing soll’s arrangieren.

Einem gedungenen Mördersmann gelingt es denn auch, Yeungs Medizin, mit der er seine im Kampfe davongetragenen Verletzungen kurieren will, zu vergiften. Yeung verscheidet dramatisch – und vielleicht war Sakadas Plan nicht ganz so abwegig, hatte Yeung doch zuvor eine Vereinigung verschiedener Kampfschulen ausgerufen.

Wer nun rachedurstig ist, ist Chi Kang und nachdem er aus Wai Sing zwar kein Geständnis herausgeprügelt bekommt, aber von dem verräterischen Kollaborateur zumindest in Richtung Shujiro geschickt wird, macht sich Chi Kang auf, Shujiros kombinierte Sieges- und Hochzeitsfeier aufzumischen. Shujiro hat zwar keine Ahnung, was Chi Kang von ihm will, hat sein Vater das Mordkomplott doch hinter seinem Rücken ausgeheckt, aber es ist nicht die Zeit, um Missverständnisse aus dem Weg zu räumen, sondern um sich zu hauen. Aufgrund der nicht idealen örtlichen Gegebenheiten für einen soliden Kampf einigen sich die Kämpen nach ausgiebig verteilter Kloppe auf ein technisches Unentschieden unter den gegenseitigen Schwüren, bei nächster Gelegenheit den jeweils Anderen in seine Einzelteile zu zerlegen.

Sakada gibt seinem augenscheinlich unbeschränkten Vorrat an Ninjas den Befehl, unbürokratisch alles umzubringen, was jemals mit Yeung auch nur Augenkontakt gehabt hat. Chi Kang flüchtet in den Süden. Shujiro muss damit leben, dass er in den Augen der anständigen Japaner entehrt ist, weil er Chi Kang gegenüber Furcht gezeigt habe und kehrt nach Japan zurück, um sich beim Bushido-Meister weiterzubilden.

Chi Kang findet ein kleines Glück am Yangtse, wo er sich mit einem Mädchen anfreundet und jeden Tag IM Fluss trainiert. Li Ning und ihre Tante, die Wai Sing unter nationalistischen Parolen verlassen hat, spüren Chi Kang am gelben Fluss auf. Chi Kangs neue Freundin ist traurig, weil sie gegen Li Ning klare zweite Siegerin im Kampf um Chi Kangs Herz ist, aber man arrangiert sich irgendwie. Zumindest bis Shujiro zurückkehrt, um seine befleckte Ehre durch einen siegreich bestrittenen Rückkampf wiederherzustellen. Chi Kang willigt, wissend, dass die Sache nicht erledigt ist, bis einer weint bzw. tot ist, ein. Und wieder soll der Kampf nicht einfach so auf der Straße stattfinden – Chi Kang schlägt die Große Mauer als Schauplatz vor, was Shujiro angemessen symbolträchtig erscheint.

Der Fight wird zu einer Massenveranstaltung – auch Sakada, diverse japanische Würdenträger (und Wai Sing) sind erschienen. Nun wird sich zeigen, ob chinesisches Kung-fu oder japanischer Bushido-Kodex die wahrhaft überlegene Kampfkunst ist…


Inhalt

Mitte der 80er war keine besonders gute Zeit, um Bruce-Lee-Imitator zu sein. Die große Bruceploitaitonwelle klang ab, weil nun auch der Rest der Welt langsam erkannte, dass Jackie Chan jetzt das war, „where’s it at“ und andererseits langsam die new-wave-Regisseure wie John Woo oder Tsui Hark das Hongkong-Kino in neue Regionen führte. Manch einer von denen, die gerne gelbe Strampelanzüge trugen, zogen sich aufs Altenteil zurück, andere versuchten sich mehr oder minder erfolgreich neu zu erfinden (wie Conan Lee z.B.). Bruce Le entschied sich dafür, sein Glück in die eigenen Hände zu nehmen und begann selbst zu produzieren und zu inszenieren und sich dabei vom Bruce-Lee-Image zu lösen. Für „Challenge of the Tigers“ stellte er beispielsweise einen inspirierten internationalen Cast mit Bolo Yeung, Richard Harrison, Jane Seymour und Brad Harris zusammen. Hier und heute geht’s aber um den unter einem Plethora von Titeln bekannten Streifen, der sich mir als „Ninja Bushido“ vorstellte.

Hier ist die „Starpower“ arg überschaubar, dafür ist der Film besser als der hauptsächlich aufgrund seiner Trash-Qualitäten goutierbare „Challenge of the Tigers“.

Le greift ein Thema auf, an dem sich auch Bruce Lee schon abgearbeitet hatte, die Besetzung Chinas durch die Japaner im Vorfeld des Zweiten Weltkriegs. Während in „Fists of Fury“/“Todesgrüße aus Shanghai“ die Japaner aber schon die uneingeschränkten Chefs im Ring waren, erzählt „Ninja Bushido“ eine Geschichte quasi aus dem Vorlauf der Besatzung – im Hinterland führen sich die Japaner schon auf wie die Axt im Wald, während in den Städten noch der schöne Schein gewahrt wird. Und so fahren Le und sein Co-Regisseur Kim Hui Lim zu Beginn eine zünftige Massaker-Sequenz auf, als wollten sie prophylaktisch Godfrey Ho und seinen „Men Behind the Sun“ Konkurrenz machen – natürlich nicht wirklich graphisch-explizit, aber schon heftig und mit dem kuriosen Visual, dass Chi Kang und Li Ning durch das völlig geschleifte Dorf streifen und dabei quasi ausschließlich über Skelettknochen und Schädel wandeln (ich weiß nicht, wie lang Chi Kang toter Mann gespielt hat… ein paar Jahrzehnte?).

Sobald’s dann nach Peking geht, wird die Plotte deutlich konventioneller – wir haben böse Japaner, tapfere Chinesen, eklige Kollaborateure und zwischendrin unsere Gegenspieler Shujiro und Chi Kang. Man muss dem Film das Kompliment machen, dass es Shujiro nicht dämonisiert – er mag derjenige sein, gegen den Chi Kang die Fäuste und Handkanten sprechen lassen muss, aber er ist nicht der „Böse“. Klar, er hängt einer Philosophie an, die die Chinesen ersichtlich als falsch erachten. Bushido steht hier im krassen Gegensatz zur chinesischen Auffassung hinsichtlich der Kampfkunst – während chinesische Martial Arts, wie wir aus tausendundeinem Film wissen, Mittel zum Zweck der höchsten körperlichen und geistigen Selbstkontrolle ist, wird als Ziel des Bushido – ganz abgesehen vom Umstand, dass Bushido an und für sich keine „Kampfkunst“, sondern ein in seiner Bedeutung stark überschätzter Lebens-Kodex für Samurai ist, der erst im Zuge des japanischen Nationalismus als „Philosophie“ ausgegraben wurde – die absolute Konditionierung des Praktizierers zur Kampf- und Tötungsmaschine dargestellt. Das passt sicher in den Narrativ der fortschreitenden japanischen Aggression gegen das friedliebende chinesische Volk, entspricht aber eben nicht ganz den Tatsachen.

Zurück zum Film – Shujiro ist also überzeugter Verfechter des Bushido und damit der japanischen Überlegenheit, aber er ist auch fair – dass er Yeung im Zweikampf besiegt hat, genügt ihm, der Mord an dem chinesischen Meister geht nicht auf sein Kerbholz. Auch die gefühlte Niederlage gegen Chi Kang trägt er einigermaßen mit Fassung, schlimmer ist die Entehrung in den Augen seiner japanischen Landsleute – trotzdem will *er* auch den Rückkampf auf der Mauer, soweit das bei einem duel-to-the-death möglich ist, fair gestalten.

Der Ausgang des Kampfes ist dann, wie es sich für einen Film dieser Art, der sich bierernst versteht, angemessen melodramatisch und pathoserfüllt, schafft Märtyrer und entlässt grundsätzlich niemanden in ein Happy End. Immerhin muss sich Le einigermaßen an die historischen Tatsachen halten und kann seinen Helden nicht einfach die Geschichte umschreiben lassen…

Filmisch wirkt „Ninja Bushido“ geradezu echauffierend aufwendig – wir sind von HK-Billigkloppern und speziell denen mit Bruceploitation-Einschlag gewohnt, dass sie optisch nicht wirklich was hermachen, aber „Ninja Bushido“ gewann offensichtlich aufgrund des anti-japanischen, chinesisch-nationalistischen Einschlags die Unterstützung der Volksrepublik China – was 1987 alles andere als selbstverständlich war – , und so konnte Le tatsächlich on location am Yangtse und auf der Großen Mauer drehen. Und schon hat so eine kleine Produktione einen Scope, den man als Zuschauer nicht erwartet, zumal für die großen Szenen auch nicht an Statisten gespart wurde. Besonders die Kamerafahrt über die nächtliche, von Laternen des Kampfpublikums erleuchtete Mauer zum Kampfplatz ist allemal beeindruckend. Auch für die erste große Kampfszene, das Duell Shujiros gegen Yeung, profitiert Le von einer tollen Locatiion, die für aufregende Bilder sorgt.

Generell ist der Streifen sehr gut und detailfreudig ausgestattet und kann von der Kameraarbeit durchaus überzeugen, einige Klischee-HK-Zoom-Effekte mal ausgeklammert. Weniger toll ist der Score, der zwar ordentlich auf die Pauke haut, aber nur selten wirklich akkurat auf das Geschehen auf der Leinwand abgestimmt ist.

Die Fights halten sicher keinen Vergleich mit Bruce Lee aus – Bruce Le mag einer der charismatischeren Lee-Imitatoren sein, ist aber keiner von den besten Martial Artists, da haben ihm Bruce Li und Dragon Lee doch was voraus, aber die Kampfchoreographie ist durchweg solide, wobei Le sich soweit kennt, dass er die Fights nicht zu epischen Schlachten gestaltet, sondern kurz und prägnant hält. Das kommt seinen Fähigkeiten (und denen seiner Co-Stars) durchaus entgegen. Abgesehen davon – wer wird einen Film verurteilen, in dem der Held gegen ganze Legionen von Ninjas (die sind aber von der „American Ninja“-Schule – einmal scharf ankucken und die sind hin…) kämpft?

Als Regisseur schlägt Le sich achtbar – der Erzählrhythmus rumpelt manchmal ein bisschen, wobei ich auch keineswegs dafür die Patschhand auf den Grill lege, dass das mir vorliegende VHS-Tape ungeschnitten ist, aber über den Daumen gepeilt hat Le seinen Film im Griff und hält ein trotz der beschränkten Anzahl von Kampfszenen recht energisches Tempo.

Als sein eigener Star weiß Le durchaus zu überzeugen, seine Mitstreiter sind relativ unbekannte Genossen. Shi Kamura, der mutmaßlich Shujiro spielt, macht sich als mehr oder weniger „gezwungener“ Bösewicht ziemlich gut. Weitere zuordenbare Credits liegen mir nicht vor, also lass ich’s auch. Jeder erledigt seinen Job im Rahmen des sozial Verträglichen…

Fazit: ein durchaus sehenswerter ernster „Eastern“, der natürlich über seine jeweiligen nationalistischen Ressentiments funktioniert, trotzdem aber auf all zu plumpe Schwarz-Weiß-Malerei bei den Hauptfiguren verzichtet und sie stärker als manipulierte Marionetten von Strippenziehern im Hintergrund zeichnet. Dank des für HK-Klopper dieses Baujahrs erstaunlichen Aufwands auch trotz der nicht übermäßig spektakulären Kampfszenen die ein oder andere Sichtung wert…


BOMBEN-Skala: 5

BIER-Skala: 7


mm
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