Night Wars – Tödliche Träume

 
  • Deutscher Titel: Night Wars - Tödliche Träume
  • Original-Titel: Nightwars
  •  
  • Regie: David A. Prior
  • Land: USA
  • Jahr: 1988
  • Darsteller:

    Dan Haggerty (Mike Campbell), Brian Edward O’Connor (Trent), Cameron Smith (Jim), Steve Horton (McGregor), Jill Foor (Susan), Chet Hood (Johnny), Joe Lara (US-Soldat)


Vorwort

Jim und Trent sind der Hölle Vietnam und der Vietcong-Kriegsgefangenschaft entkommen, aber ganz hinter sich gelassen haben sie das Erlebte nicht. Vor allem, dass sie bei ihrer Flucht aus dem Gefangenenlager ihren Kameraden Johnny zurücklassen musste, belastet das Seelenleben der Veteranen.

Während Trent immerhin geschafft hat, sich eine normale Existenz aufzubauen und mit Susan ein attraktives Frauchen geehelicht hat, ist der labilere Jim nie wirklich im zivilen Leben angekommen und pflegt sein posttraumatisches Stressyndrom mit der innerlichen Anwendung von Alkohol. Doch auch der Schnaps kann nichts gegen seine ständig wiederkehrenden Albträume von mörderischen Gefechten, Folter (primär durch den opportunistischen Verräter McGregor, der sich unbürokratisch bei erstbester Gelegenheit den Vietcong angeschlossen hat) und der Flucht mit dem tragischen Ausgang für Johnny ausrichten. Immer mehr versteift sich Jim darauf, dass seine Träume in gewisser Weise real sind und Johnny, neun Jahre nach Kriegsende, immer noch am Leben und in der Gewalt der Vietnamesen ist.

Trent sieht sich außerstande, seinem Kumpel zu helfen – ganz im Gegenteil, nun beginnt auch Trent von der Zeit in Nam und im Lager zu träumen, und das gerne zu unpassender Gelegenheit, z.B. am Steuer seines Wagens. Johnny erscheint ihm immer häufiger im Alltagsleben und die Träume werden zunehmend gewalttätiger und realer – bis es soweit kommt, dass Verletzungen, die Jim und Trent sich in ihren Träumen zuziehen, sich ganz real manifestieren. Trent mag es für verrückt halten, aber die Maus beißt den berühmten Faden nicht ab, an Jims Theorie, dass etwas sie in ihren Träumen zurück nach Vietnam zieht, um Johnny zu befreien, scheint einiges dran zu sein.

Susan fällt das immer seltsamere Verhalten ihres Göttergatten durchaus auf und sie schaltet einen weiteren ehemaligen Kriegskameraden, Mike Campbell, der das Gewehr zugunsten der Psychiatrie an den Nagel gehängt hat, ein. Mike fürchtet, dass sich verdrängte Traumata und Schuldgefühle aus dem Unterbewusstsein an die Oberfläche graben, was durchaus zu Selbstverletzungen führen könnte. Auf jeden Fall könnten Jim und Trent eine Gefahr für sich und andere darstellen.

Indes stellen die Betroffenen fest, dass sie Gegenstände – Waffen z.B. – in ihre Träume mitnehmen und so versuchen können, den Ausgang dieser Träume zu beeinflussen und zu kontrollieren. Ist nicht ganz ungefährlich, weil der jeweilige Träumer seine Wumme nicht nur im Traum, sondern auch in der Realität abfeuert. Da bekommmen Jims Apartmentwände ein paar praktische zusätzliche Luftlöcher.

Mike ist jedenfalls besorgt genug, die Freunde zu beschatten und was er herausfindet, stimmt ihn nicht fröhlich. Jim und Trent haben nämlich beschlossen, die Sache ein für allemal zu regeln und in ihren Träumen die losen Enden ihrer Vergangenheit zu verknüpfen. Dafür decken sie sich mit einem amtlichen Waffenarsenal ein. Mike muss natürlich das Schlimmste befürchten – es gelingt ihm, sie zu betäuben und zur Beobachtung in seine Klinik zu schaffen.

Doch die Vergangenheit lässt sich nicht so einfach wegsedieren. Der schurkische McGregor manifestiert sich ersatzweise in Susans Traum und bringt sie um, vor dem entsetzten Augenzeugen Mike. Erschüttert lässt Mike die Freunde frei, damit sie tun können, was getan werden muss…


Inhalt

Von David A. Prior, zuverlässigem Lieferanten minderwertiger Actiongülle („The Final Sanction“, „Death Squad“, „Aerobicide“, „Jungle Patrol“, „Future Force“, „Lost Platoon“) erwartet man vieles (naja, eigentlich gerade eher nicht), aber keine tiefschürfende Aufarbeitung der psychologischen Folgen des Vietnamkrieges mit übernatürlichem Aufhänger. Und doch, das ist genau das, was „Night Wars“, einer der sicher ungewöhnlichesten Low-Budget-Baller-Heuler, ist.

War es Absicht? Oder einfach nur eine mal etwas andere Ausrede, um aufrechte Amerikaner nachträglich den Krieg gewinnen zu lassen? Bei Prior bin ich mir da ehrlich gesagt nicht sicher, da das, was ich von ihm bislang gesehen habe, nicht unbedingt den Eindruck macht, als wäre es ihm um mehr gegangen als eben eine laue drehbuchtechnische Begründung, warum seine Helden zur MPi greifen und namen- und gesichtslose Feinde im Dutzend billiger umlegen, andererseits befasste sich auch schon „Kill Zone“, sein 1985 entstandener zweiter Film, mit dem Thema eines traumatisierten Vietnam-Veteranen, der sich bei der Teilnahme an einem Military-Surivival-Camp nach Nam zurückversetzt fühlt und durchdreht. Es könnte also durchaus sein, dass Prior zumindest mit seinen bescheidenen Mitteln versuchte, seinen Beitrag dazu zu leisten, das Schicksal der PTSD-geschädigten Kriegsheimkehrer in den Blickpunkt zu rücken.

Man missverstehe mich nicht – ich halte „Night Wars“ nicht für ein zu Unrecht vergessenes Drama, dem man ein halbes Dutzend Oscars hinterher hätte werfen müssen, aber für das, was es ist, nämlich eben ein Low-Budget-Ballerfilmchen, wählt es sehr originelle Methoden und hebt sich damit über die breite Masse der „Phantom Raiders“, „Bye Bye Vietnams“ & Co., die in den 80ern Videothekenregale verstopften.

Prior schrieb die Geschichte zusammen mit seinem Bruder Ted (der hier ausnahmsweise mal nicht vor der Kamera steht) und normalerweise würde ich sagen, dass (sicherheitshalber SPOILER-Warnung vorab) die beiden das Script schrieben, nachdem sie Adrian Lynes famosen „Jacob’s Ladder“ gesehen und sich entschlossen hatten, eine Garagenversion davon zu drehen, aber… „Night Wars“ ist glatt drei Jahre früher entstanden als „Jacob’s Ladder“. So komisch es klingt, es ist beinahe wahrscheinlicher, dass Bruce Joel Robin, der „Ladder“-Autor, womöglich mal „Night Wars“ sah und auf die Idee kam, eine sauber ausgearbeitete, mehr auf Mindfuck denn auf Action ausgelegte Big-Budget-Variante könnte eine verfolgenswerte Idee sein…

Natürlich nimmt sich die Geschichte – ob bewusst oder nicht, sei dahingestellt – ein paar Clues aus der „Nightmare on Elm Street-“Reihe. Träume, die in die Realität eingreifen, Gegenstände in die Traumwelt nehmen, das kennen wir, sicher, aber nicht im Kontext eines Actionfilms.

Prior legt keinen sonderlichen Wert darauf, Traum- und Realwelt visuell zu unterscheiden (es gibt eine Traumsequenz, die farbbearbeitet ist, aber augenscheinlich nicht wegen eines existierenden visuellen Konzepts), was insofern auch nicht unstimmig ist, weil es ja ein Weilchen dauert, bis den Protagonisten dämmert, was hier eigentlich passiert, und das wäre weniger, eh, glaubhaft, wenn sich die Traumdimension grundsätzlich von unserer Welt unterscheidet. Und ob alles logisch und schlüssig ist, erweist sich als letztendlich nicht weiter wichtig – erstens mal sind Traumwelten per se nicht logisch und müssen sich nicht den Konventionen des Erzählkinos unterwerfen und zweitens (SPOILER) gibt’s natürlich den obligatorischen Schlusstwist (den ich so oder ähnlich zwar voraussah, aber da wird der Film eben durch den bekannteren und späteren „Jacob’s Ladder“ sabotiert).

Auf jeden Fall ist der Aufhänger, den Film an der Traumwelt, also an einem Horror-Motiv aufzuhängen, mal ein deutlich anderer Ansatz für eine ansonsten eigentlich ganz ordinäre „wir befreien die Kriegsgefangenen und gewinnen den Krieg nun doch noch“-Nummer, die der Streifen auf die essentials heruntergebrochen nun mal ist. Konventionell erzählt ware das alles keinen Schuss Pulver wert (wie schon in „Death Squad“ kann man sich z.B. über das Vietcong-Camp mit seinen Hütten, in denen ein durchschnittlich großer Schäferhund Platzangst kriegen würde, beömmeln, wie auch über die Tatsache, dass die asiatischen Statisten im Durchschnitt mindestens fünfmal erschossen werden), aber der Kontext macht indeed den Fun aus. Es ist schon ziemlich lustig, wenn die Helden die klassische Rambo-Gear-up-Sequenz hinlegen, sich mit Waffen, Granaten und Munition behängen wie die Christbäume, und dann ins Bett legen, um sich nach Nam zu träumen.

Obschon sich der Film primär als Actionfilm spielt, erlaubt er sich mit dem Kill an Susan immerhin einen Ausflug in echte Horror-Imagery (wo allerdings die IMDb die „SciFi“-Motive gesehen haben will, um auch diese Kategorie zu befüllen, entzieht sich allerdings der Kenntnis des Rezensenten) – ebenso wenn im Showdown einige Vietcong-Soldaten wie Zombies aus dem Boden aufsteigen (und einen echten Versuch einer mindfuck-Szene gibt’s auch. Nebenan im Bild zu sehen).

Erwähnen möchte ich noch, dass als Produzent badmovies-de-Säulenheiliger David Winters verantwortlich zeichnet, der Mann hinter „Space Mutiny“, meinem ewigen Favoriten. Leider haben wir weder einen Weihnachtsmann noch eine Wespentaille vor der Kamera (oder wenigstens John Phillip Law, James Ryan oder Flex McHardcheese, eh, Reb Brown), aber zumindest arg verwandete Musik. Auch „Night Wars“ setzt auf dramatisch-hymnische Synthi-Choräle, und das muss niemand wundern, weil neben Tim James auch Steve McClintock und Marc Mancina, das dynamische Duo hinter dem „Space Mutiny“-Score, für die Kompositionen zuständig sind (aus Mancina, erinnern wir uns, wurde noch ein A-Lister, der heute große Disney-Produktionen wie „Moana“ bescored). Eine fulminante 80er-Pophymne wie „Edge of a Dream“ fehlt leider…

Der große Schwachpunkt des Films sind sicherlich seine beiden Hauptdarsteller. Weder Brian Edward O’Connor (Trent, „Beverly Hills Cop II“, „Order of the Eagle“, „Shining Time Station“) noch Cameron Smith (Lowly, ansonsten eigentlich nur noch in der kurzlebigen Soap „Rituals“ aufgetreten) sind mit sonderlichem Talent gesegnet, die dramatischen Passagen zu tragen, und die physische Präsenz für die Äktschn geht ihnen auch ab. Man kann Prior dazu komplimentieren, hier eher „everymen“ als die klassischen muskelbepackten Kampfschinken ins Rennen zu schicken, aber, naja, auch im Actionfilm isst das Auge ja irgendwo mit… Der ewige „Mann aus den Bergen“ Dan Haggerty genießt Top-Billing, hat aber eigentlich nur eine Gastrolle als Psychodoktor Mike Campbell, die er halbwegs routiniert abspult. Die Schau im Cast ist Steve Horton (auch in „Order of the Eagle“), dessen entmenschte Vorstellung als wüst grimassierender, augenrollender Unhold man als Fan ungepflegten Overactings mal gesehen haben muss – dagegen ist James Ryan in „Space Mutiny“ ein zurückhaltender method actor. Jill Foor („Moonstalker“, „Order of the Eagle“) verdient sich Minuspunkte dafür, sich nicht auszuziehen (das erwarte ich eigentlich in Filmen dieser Kragenweite!). Filmhistorisch (ähempft) wichtig ist „Night Wars“ allerdings durch das Filmdebüt von Joe Lara („Operation Delta Force“, „American Cyborg“), der hier als namenloser US-Soldat durch den „Urwald“ Vietnams stapft.

Dem Heimkinomarkt zugeführt wird „Night Wars“ durch meine verdienstvollen Freunde von XCess Entertainment in Form einer kleinen Hartbox. Der Print (1.66 Pillarbox) ist nicht gerade toll, aber das kann man auch kaum erwarten. Es ist ein bissl grobkörnig, aber noch brauchbar und immerhin frei von Verunreinigungen. Deutscher und englischer Ton wird geboten, beide Tonspuren sind brauchbar (die deutsche Tonspur hat den additionalen Bonus einer exaltierten Performance von Peter Heinrich als McGregor, der in schierem Wahnsinn Steve Horton noch deutlich übertrifft).

Als Extras gibt’s den Trailer und eine alternative Abspannsequenz.

Was sage ich also dazu? I had fun. Was an und für sich als x-tes Ballerfilmchen aus Priors Feder nicht weiter relevant wäre, gewinnt durch sein übernatürliches Gimmick eine gehörige Prise Unterhaltungswert. Den sollten sich Fans des Genres, die mal einer etwas anderen Herangehensweise an das Thema eine Chance geben wollen, mal notieren. Wann sieht man schon mal eine Billo-Trash-Variante von „Jacob’s Ladder“?

© 2018 Dr. Acula


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