Night Vision

 
  • Deutscher Titel: Night Vision
  • Original-Titel: Night Vision
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  • Regie: Michael Krueger
  • Land: USA
  • Jahr: 1987
  • Darsteller:

    Stacy Carson (Andy Archer), Shirley Ross (Jill Davies), Tony Carpenter (Vinnie Scotto), George Flynn, Tara Crawford, George B. Hamby, Tom Henry, Ellie Martins, Daniel Selby, Stacy Shayne, Sharon Sipos


Vorwort

MIND KILLER (https://badmovies.de/reviews/mind-killer) hat seinem Namen alle Ehre gemacht und alle unsere Hirne gekillt. Aus, Review Ende, tschüss.

Nicht so schnell. MIND KILLER war seinerzeit und ist wahrscheinlich immer noch der Hass-Film der Flauseköbbe (wenn sie doch endlich wieder online gingen, schnüff), den sie in die entferntesten Regionen des nördlichen Polarmeeres verwunschen haben, um sich nie wieder damit befassen zu müssen. Mein Urteil fiel minimal weniger vernichtend aus, trotzdem musste ich zuerkennen, dass Mind Killer eine Gurke mit einem Wasseranteil von mindestens 99,99999 % ist, denn lahmarschiger hätte man eine eigentlich vielversprechende Prämisse nicht umsetzen können. REVENGE OF THE NERDS mit einem Einschlag von Gore hätte durchaus was hergeben können, doch blöderweise ging das Konzept zu keinem Zeitpunkt auf und der Film war von einer Langeweile und chronischen Unlustigkeit geprägt, dass man selbst an trashgestählter Vielseher irgendwann die Kapitulation einreichen musste.

Kein gutes Omen also für Kruegers zweites Werk, das selbst in Trash-Kreisen NOCH weniger Aufmerksamkeit erreicht hat als der Geistestöter. Trotzdem oder gerade deshalb konnte ich es nicht lassen mich über den heißen Shizzle herzumachen. Klar, hab ja sonst nix zu tun, diesmal wird weder Revenge of the Nerds geschändet noch Gedankenkontrolle äh kontrolliert, stattdessen wird ein Videorekorder für satanische Rituale missbraucht und ein minderbemittelter Pseudo-Autor begeht daraufhin irgendwelche absonderlichen Sachen. Okay, breitgeschlagen, also im weitesten Sinn eine Mischung aus LOST HIGHWAY und wir werden noch sehen was. Ich hab zu viel Zeit und zu geringe Selbstbeherrschung. Aufmunterung spendet lediglich der Pressespiegel, denn dem Vernehmen nach soll NIGHT VISION tatsächlich der bessere Film sein. Was auch immer das heißen mag. VHS never dies, das ist schon mal sicher.


Inhalt

Wir befinden uns in Denver, Colorado, wo Jugendliche bzw. Nicht-mehr-ganz-so-Jugendliche sich den Tag vertreiben, wie man es von ihnen gewohnt ist, also rumlungern, Scheiße bauen, Autos knacken usw., also alles beim Alten. Denver muss ganz schön krass gewesen sein in den 80ern. Doch da, in einer Wohnung sehen wir hinter den zugezogenen Vorhängen seltsame Lichter. Im Inneren erkennt man mit viel Phantasie das, was man als satanisches Ritual verstehen kann, also eine Hand voll Kerzen auf einem Blatt mit einem Pentagramm, dazu mulmiges Murmeln, eine schwarze Katze und einen geheimnisvollen Robenträger, der irgendwelche magischen Gesten durchführt. Sogar etwas Blut darf durch die Gegend suppen. Das wird fest von der Linse der Kamera festgehalten, und damit das auch der Dümmste kapiert, mit hektischen Flash Cuts untermauert. Mir ist jetzt schon schlecht. Zusätzlich sehen wir einen antiken VHS-Rekorder und Regenrauschen, um keinen Zweifel daran zu lassen, dass das teuflische Treiben auf Magnetband festgehalten ist und dieses nicht mehr freiwillig verlassen wird. Nimm das, David Lynch. Irgendjemand, später werden wir erfahren wer, ist blöd genug, durchs offene (!) Fenster einzusteigen und Fernseher und Rekorder zu klauen. Wenn’s denn Spaß macht.

Ein schwachsinniger Hirni, sprich unser Held Andy aus Kansas, betritt die Lobby eines Hotels und läuft einer ober-spaßigen Gruppe von Typen mit Wasserbüffel-Helmen auf dem Kopf in die Arme. Oh Scheiße, das war doch bei den FLINTSTONES auch so, nur da war es noch halbwegs witzig, hier nicht so sehr… Ich weiß nicht, ob ich mich schon jemals mehr fremdgeschämt habe. Die Typen sind so schmerzhaft unlustig, dagegen ist MEN BEHIND THE SUN ein Schenkelklopfer. Da weiß man erst wieder, was man an deutschen Komikern der 80ern hatte.
Trottel Andy versucht in dieser peinlichen Umgebung in seiner leicht schusseligen Art ein Zimmer zu buchen, während unser Büffelclub einen Turbo-Jokus nach dem nächsten aus dem Ärmel kanoniert. Zum Beispiel lassen sie einen gefalteten Geldschein auf ein clever platziertes Furzkissen runterfallen, sodass der nächste, der den aufheben will, einen gar luschtigen Ton produziert. Ich würde jetzt auch gerne irgendwo runterfallen und beim Aufschlag einen Ton produzieren, und sei’s aus einem Flugzeug ohne Fallschirm und auf dem Asphalt, solange ich nur diesen Idioten niemals begegnen muss. Oder hätten wir das jetzt vielleicht witzig finden sollen?

Andys Suche nach einer Bleibe ist damit nicht geholfen und er wird etwas unsanft aus dem Etablissement herauskomplimentiert, d.h. er versucht es im sozialen Gefüge auf eher unterer Stufe und betritt eine ganz leicht billiger wirkende Absteige. Dort geht’s etwas weniger vornehm zur Sache, er wird von der dauermiesepetrigen Rezeptionistin unsanft angepöbelt und ein Typ in Drag, der so ziemlich jedes erdenkliche 80er-Jahre-Schwulen-Klischee erfüllt, labert ihn unangenehm von der Seite an. Man kann sagen was man will, aber selbst Mind Killer war frei von solchen Klischees. Natürlich (*gähn*) fällt der Spruch „you’re not in Kansas anymore“, für diese geniale Referenz auf WIZARD OF OZ hat sich Krueger bestimmt schwer auf die Schulter geklopft. Trotz dieser Begrüßung findet Andy endlich sein Zimmer, wo er, festhalten, seinem Beruf als Autor frönen kann. Falls ihr Autoren werden wollt, denkt lieber noch mal drüber nach. Andy hätte auch besser nachdenken sollen, denn er telefoniert alle möglichen Verlage an, ob die nicht seine Kurzgeschichten kaufen wollen. Hätte er vielleicht machen sollen bevor er in die große Stadt geht. Endlose „Doofes Landei findet sich nicht zurecht in ungewohnter Umgebung“-Shots später muss er erstmal seine Mutter anrufen und erzählt der Dame an der Rezeption, dass er noch keine Ahnung hat, worüber er seinen Roman zu schreiben gedenkt. Die perfekten Voraussetzungen für den kommenden Welterfolg.

Nach weiteren endlosen Shots (Andy schafft es vor Scham nicht, sich ne Zeitung zu klauen) betritt er endlich den Ort, der im weiteren Verlauf Dreh- und Angelpunkt der Story sein wird – eine Videothek. Ein Kurzer von bestenfalls 10 oder 11 Jahren mopst vollkommen unauffällig (Ironie-Tags) eine Videobox, leider kann ich nicht erkennen, was es ist, aber im selben Regal befindet sich auch Schweinkram mit Aufschrift „Hustler“. Scheint ja ganz schon hart drauf zu sein, der Knirps. Gerade noch rechtzeitig wird er von der Frau an der Theke (Shirley Ross, die wir bereits aus Mind Killer kennen, hier heißt sie Jill), davon abgehalten, „blind for life“ zu werden. Dann muss er doch wieder Drogen nehmen.
Andy steht Bauklötze staunend vor dem Horrorregal und schreibt irgendwas auf seinen Notizblock. Er hätte sich gleich mit blinkender Leuchtschrift „ich bin doof wie Brot und war noch nie in einer Videothek“ aufs Hirn schreiben können. Jill fragt ihn ob er Cop ist. Er verneint und antwortet, dass er nur auf der Suche nach „some natural dialog“ ist, als wäre er ein Oberpfälzer in Ostfriesland. Jill hält ihn (zurecht) für bekloppt, auch seine Aussage, Autor zu sein beeindruckt sie nur geringfügig. Sie packt ihm dasjenige Wiedeoh ein, dass er wahllos aus dem Regal gegriffen hat. Er darf das Tape sogar behalten, wenn er verspricht sie in seinen Roman reinzuschreiben. Ich käme mir bei so einer Aussage leicht verarscht vor, doch diese Ansage wird Folgen haben.

Des Nachts latscht ein Typ mit geschmacklosem Anzug, geleckten Harren, Fluppe und Rotzbremse (purer Sex!) durch die Straßen und wird von zwei Kerlen mit Robe und Sonnenbrille aufgegriffen. Sie vermuten, dass er haben könnte was sie suchen. Wie aus dem Nichts taucht Andy auf, der den Typen vor seinen Peinigern rettet. Und bisher hätte ich Andy noch nicht mal zugetraut, ne Pfandflasche aus dem Mülleimer zu retten. Der Typ stellt sich vor als Vinnie Scotto und ist unser Joe Pesci für Arme. Er vollführt einen hyper-geilen Trick mit einer Münze, die waren doch schon vor 100 Jahren nicht mehr cool, oder? Vinnie klaut ne Schachtel Alk aus einem Laden und die beiden verziehen sich in Vinnies Wohnung. Vinnie entpuppt sich als Technik-Freak (bzw. als guter Langfinger) und hat alles an Radios, Fernseher, Videorekorder usw. sozusagen requiriert (Vinnie: „it’s the American way“), sprich auch den Glotzapparat nebst Videoschlitz vom Anfang. Leute, die Satanisten ihre Video-Ausrüstung klauen sind mir grundsätzlich suspekt. Andy kennt solche Dinge nur vom Hörensagen und holt sich sofort einen Stromschlag (warum er aber dann aus dem Finger blutet?) Vinnie spendet Andy Glotze + Röhre, die er mit in sein Hotel nehmen darf.
Andy tippt auf seiner Schreibmaschine: „Vinnie Scotto Street Hustler“ – wenn die Story nicht den Nobelpreis gewinnt, will ich vom Marquis de Sade gepeinigt werden.

Andy besucht am nächsten Tag wieder die Videothek und holt sich diesmal einen ganzen Karton voll mit Videos, währenddessen versucht wieder ein Kurzer was vom Schlag „Andreas Bethmann Folterbank-Knastjulen 15“ oder so zu stehlen (hey, den wollte ich mir doch ausleihen!) Andy zeigt Jill Auszüge aus seinem Lebenslauf, den er zwecks Bewerbung für den Schuppen geschrieben hat. Zu blöd, kapiert er doch nicht ganz die sarkastischen Anmerkungen von Jill: „…and that makes you director of marketing, then I must be queen of inventory analysis“. Andy hat den Job und beginnt mit unspezifiziertem Regale-Umräumen. Währenddessen schleicht ein seltsamer Herr in Anzug und Fliege (!!) durch die Videothek und leiht sich nen Naziploitation-Shizzle aus, laut einem anderen Review „Nazi Rectal Roundup“. Okay, das ist genau mein Filmgeschmack, ich glaube ich muss auch in der Videothek mal vorstellig werden. Selbst Jill findet den Kerl „disgusting and perverted“. Und sie hat die Scheiße im Sortiment, auch nicht viel besser. Witzig finde ich aber, dass sie ihm das Teil in eine Mülltüte einpackt. Der Kunde ist König oder so.

Andy geht zurück ins Hotel, dort wartet schon Vinnie auf ihn, der sich von der Bezeichnung „street hustler“ wenig geschmeichelt fühlt, aber sich es bereits gut bequem gemacht hat. Mir würde der Typ langsam aber sicher auf die Nüsse gehen. Andy sitzt über seiner Schreibblockade und glotzt unmotiviert in die Röhre, irgendwas mit quiekenden Gummimonstern, Erinnerungen an Mind Killer sind bestimmt nicht zufällig. Er schaltet um auf eine Talk Show, wo davor gewarnt wird, dass irgendeine Gruppe irgendwelche altertümlichen Rituale ausführt und Gehirnwellen manipuliert. Wieso, Talk Shows manipulieren doch auch Gehirnwellen? Er schaltet um, diesmal nur Bildstörung und Fischlis, doch mit ganz bedrohlichen Soundeffekten, wie sie bestimmt nur der Teufel persönlich fabrizieren kann.

Am nächsten Tag gibt’s einen krassen In-Joke zu bezeugen: ein Typ will in die Videothek um sich, festhalten, Mind Killer auszuleihen, kommt aber nicht in die heiligen Räume. Er soll mal versuchen im Garten der Filmflauen auf Schatzsuche zu gehen, dort soll angeblich noch ein Exemplar vergraben sein. Jill selbst ist nicht da, Andy muss derweil mit einem etwas älteren Herren vorliebnehmen, da der Laden „Ed’s Video“ heißt, nehme ich an, dass das der besagte Ed ist. Nicht dass der Typ oder die Szene selbst irgendwas zur Handlung beitragen würden.
Andy liegt im Bett, doch vollführt im Schlaf schweißgebadet epileptische Zuckungen, an denen der Videorekorder nicht ganz unschuldig ist, zuerst gibt’s wieder nur Schneetreiben, dann sieht man Andy auf der Mattscheibe, ich glaube jetzt ist langsam David-Lynch-Time.

Andy träumt davon, wie er im RTL2-Superchecker-Modus voller Esprit die Videothek betritt („with an air of confidence about him“). Er überreicht der vor Freundlichkeit plötzlich übersprudelnden Jill einen Strauß Blumen und räumt voller Tatendrang Videos durch die Gegend. Das ist jetzt irgendwie so, wie wenn ein Kicker in der 6. Liga davon träumt in der 5. Liga zu spielen – sicherlich eine akkurate Wiedergabe der Sehnsüchte jedes Sechstligisten, aber jetzt auch nicht so aufregend, dass man als Zuschauer ne schmerzhafte Dauererektion bekommt. Er muss das sofort in die Schreibmaschine klopfen – offensichtlich ist er aufgestanden – denn die Idee ist natürlich so brillant, einzigartig und noch nie da gewesen, einmal Blinzeln und schon isse weg.
Andy träumt weiter und ich kann mir nicht helfen, das erinnert mich irgendwie an Al und Peggy Bundy, jedenfalls dann, wenn Al nen Anflug von Tagträumen hatte. Andy und Jill haken sich Arm in Arm ein und er ist sich sicher „this is the beginning of something special“, weiß aber mit der Idee nix anzufangen und tipselt genervt am Videorekorder rum und sieht dann wieder Teile vom satanistischen Ritual.
Am nächsten Morgen steht Vinnie in seinem Zimmer, der kann hier offenbar ein- und ausgehen wie es ihm in den Rotzfang passt, und obercoole Sprüche am Morgen vertreiben jedem Kummer und Sorgen oder so. Vinnie liest mal wieder aus Andys Manuskript – auch Zeilen die der gar nicht verfasst haben will und außerdem bildet sich Andy ein, irgendeinen Stab die ganze Nacht in seiner Hand gehalten zu haben (so eine Sau!) Vinnie spielt die beleidigte Leberwurst als Andy ihn „Dieb“ nennt, auch der nächtliche Krach in der Nachbarschaft beunruhigt ihn.

Des Nachts ist Vinnie mit nem Kollegen, den wir bisher nicht kennen, auf Streifzug um wieder mal ein krummes Ding zu drehen. Sie bemerken ein paar seltsame Gestalten, die in Roben durch die Gegend schleichen. Vinnie nimmt die Verfolgung auf, der Trupp geht in irgendein Apartment, sein Kollege meint allerdings, kann ihm doch schnuppe sein was irgendwelche „Hare Krishnas“ (!) wollen, doch Vinnie bleibt skeptisch wie der Skeptic-Smiley.
Andy versucht – diesmal im Real Life – bei Jill zu landen, stellt sich aber nicht wesentlich schlauer oder blöder an als in seinem Traum („and I like your smile too“ – die einzige Gelegenheit bei der ich mir Jill lächelnd vorstellen kann ist, wenn Andy ärschlings durch den Gartenhäcksler zersploddert wird). Die findet das auch seltsam genug, willigt aber tatsächlich ein, mit ihm spazieren zu gehen, wenn’s auch nur der lieben Story willens ist, die Andy doch angeblich so gerne in seine Seele lassen will oder so. Sehr poetisch. Der Spaziergang bewegt sich durch die abgefucktesten Winkelzüge der Stadt, bringt jedoch auch keine neuen Erkenntnisse auf den Tisch.

Als Andy wieder sein Apartment betritt ist zu seiner Überarschung der Fernseher an, prompt stopft er das erstbeste Video rein. Die Zahl „666“ lässt schlimmstes erahnen. Offenbar träumt er wieder, und zwar wie Ed in der Videothek irgendwelche merkwürdigen Erscheinungen erlebt. Plötzlich wirft sich das Video aus dem Rekorder selbst aus und versetzt Andy einen sagenhaften Schreck, das muss sofort Vinnie erzählt werden, der nicht unbedingt viel Bock hat, in Unterhemd und Unterhose aber mächtig große Töne zu spucken im Stand ist.
Am nächsten Tag Großeinsatz der Pozilei, die Videothek wurde verwüstet. Erscheint mir ein bisschen viel Blaulicht wegen einer popeligen Videothek. Andy hat wieder nix besseres zu tun als Fideo zu glotzen und zu schreiben, wieder stehen da Dinge, von denen er sich nicht erinnern kann, sie verfasst zu haben und hört wieder Krach von draußen. Das kann nur ein bedeuten: Andy muss seine Mama anrufen. Wenn die nicht statt in Kansas am Lauchplanet wohnt, weiß ich das auch nicht mehr.

Wie durch ein Wunder hat Andy es geschafft, von Jill in ihre Wohnung eingelassen zu werden. Die Wohnung sieht irgendwie erstaunlich normal aus für Jills Geschmack, höchstens ein bisschen zu groß. Andy verweigert natürlich jegliche Alkohol-Aufnahme, der olle Asket. Aus vollkommen unerfindlichen Gründen ergibt sich eine Situation wo Jill auf ihrem Bett liegt und Andy neben ihr sitzt. Jill stellt die Gretchen-Frage: „Have you ever been with a woman before?“ Ich erwarte eine Antwort à la Forrest Gump. Andy ist noch nicht mal dazu fähig und kriegt nix aus Stammeln raus, Jill versucht deutlicher zu werden und sagt immer suggestiv „first time“, so wie „first time riding a bike“ – ich hätte jetzt fast gesagt, auf nem alten Rad lernt man das Fahren, aber ich will Jill nicht zu nahetreten. Außerdem ist sie zynisch genug, um den Spruch selber zu bringen, wenn auch nicht heute. Trotzdem will ich irgendwie nicht glauben was ich sehe.

Andy knallen alle Sicherungen durch als Jill sich vor ihm naggisch macht. Die sich anschließende Sexszene ist von einer derartigen Lahmarschigkeit und Lustlosigkeit, dass man meinen könnte das hier soll ne Parodie sein. Ich bilde mir ein, selbst in Fifty Shades of Grey plus Fortsetzungen aufregendere Rein-Raus-Passagen gesehen zu haben, dann will das echt was heißen. Ich unterstütze ja auch das Konzept „ein Herz für Nerds“ aber frau muss sich nicht auf jedes noch so tiefe Niveau runterbegeben, und hat sie noch so viel Mitleid. Jill muss echt einen unentdeckten Loser-Fetisch haben, fast wie Yamada in B Gata H Kei, nur dort hat’s Sinn gemacht, hier kann das auch der größte Traumtänzer nicht mehr glauben wollen. Oder ist es, weil Andy das geträumt und dann geschrieben hat? Klar, das kann natürlich sein, aber so sexuelle Inhalte waren da doch gar nicht drin?
Jill raucht vorm offenen Fenster die gesetzlich vorgeschriebene Zigarette danach und zeigt gleich noch eine unbeleuchtete Seite von sich: sie ist den Tränen nahe, als sie drüber sinniert, hier bestimmt nie wieder rauszukommen. Wieso? Kann doch nicht so schwer sein, Videotheken gibt’s doch im ganzen Land? Außer natürlich in der Welt dieses Films in Kansas.

Wieder schaltet sich mir nichts dir nichts vor Andys Augen die Flimmerkiste ein, nur diesmal ist der Stecker gezogen. Sehr mysteriös, doch das ist noch nicht alles, über den Fernseher fließt Blut, als hätte Harald der Henker hier sein Hackebeil geschwungen.
Jill ruft Andy an und dankt ihm allen Ernstes dafür, was gestern Nacht passiert ist. Ich beginne langsam ernsthaft an ihrem Geisteszustand zu zweifeln. In der folgenden Nacht findet sie sich in seinen liebenden Armen wieder. Man tauscht sich in eher unspezifizierter Form drüber aus, dass außerdem irgendwelche seltsamen Sachen passieren. Endloses Gesülze später kommt Jill die glorreiche Idee, doch wegzugehen und Andy muss sofort alles in seine Story verwursten.
In einem schier unerklärlichen Moment taucht neben Andy (nun wieder allein) eine äußerst knapp beschürzte Blonde Bombshell auf (!!!), die Andy für den geilsten Macker der Welt halten muss und Jill kennt. Okay, das war jetzt unerwartet. Wo kommt die jetzt bitte her? Ich bin mir sicher, dass von der bisher nicht die Rede war. Hat er die auch per Schreibmaschine manifestiert? Wenn ja, dann ist er mit seiner Methode erfolgreicher als jeder Charakter in Mind Killer, zumindest vor dem Ende.

Andy muss gegenüber dem Film-Noir-patentierten Zahnstocher-kauenden Detektiv verantworten. Dieser wirft Andy vor, er selbst habe die Schäden und der Videothek angerichtet, außerdem habe man im Hausmüll ein Handtuch gefunden voll mit Blut. Stimmt, da war was, Andy hat das Blut, das aus seinem Telewischer gekommen ist, damit abgewischt und weggeworfen. Dennoch frage ich mich, warum die Polizei das sofort mit Andy in Verbindung bringt. Es ist außerdem Blut von einer Katze. Ist Andy ein perverser Irrer, der im stillen Kämmerlein süße Miezekätzchen im Mixer schreddert und dem Satan opfert?

Vinnie lungert mal wieder in der Gegend rum, als zwei Typen im Unterhemd versuchen, ein Auto zu knacken. „Witzigerweise“ versucht er, ihnen zu zeigen, wie die Sache funktioniert.
Andy brütet mit seltsamen Visionen im Kopf über seiner Schreibmaschine. Jill taucht auf mit einem Videoband, dass sie sich unbedingt reinziehen müssen. Andy scheißt sich mal wieder das Wadl ab und Jill kommt auf die tollkühne Vermutung, dass Andy ne andere Braut am Start hat (!), denn wenn man seine Pimp-Bude betrachtet: „what chick could resist?“ Ich bin ja froh, dass sie ihren Sarkasmus wiedergefunden hat, trotzdem, war sie nicht vorher auch noch voll knülle auf ihn? Aber wenigstens sieht sie’s jetzt selbst: „I’m just too much woman for this innocent country boy.“ Das kann Andy nicht auf sich sitzen lassen und fällt er lüstern über sie her. Er ist schon voll zur Sex Machine konvertiert.

Es läuft mysteriöserweise wieder die Glotze. Jill sieht sich in der Röhre und verdächtigt sofort Andy voyeuristischerweise ne Kamera installiert zu haben. Der lungert inzwischen am Gang rum und wartet bis das Scheißhaus wieder frei ist (hat sein Zimmer keines?) Jemand besetzt so lange das Örtchen, dass Andy inzwischen Gesellschaft bekommen hat und einer davon die Dixie-Tür gewaltsam öffnen muss, der Besetzer aber entweder ohnmächtig oder tot ist. Manche Leute sind im wahrsten Sinne des Wortes für die Wurst zu schlecht.
Nun sieht auch Jill die seltsamen Collagen auf dem Bildschirm und bricht in Panik aus, für so ne abgebrühte Lady ist auch das zu viel. Man sieht es nur sehr kurz, aber ich bilde mir ein, man sieht wie Jill ein Kissen aufs Gesicht gedrückt wird. Sie betrachtet voller Grausen ihre Hände, ohne dass ich erkennen könnte, was da kaputt sein soll. Ist es irgendeine symbolische Geste oder so?
Andy nimmt TV samt VCR und bringt es ohne Umschweife Vinnie zurück, der öffnet seine 37 Türschlösser und gewährt uns Einblick in seine illustre Pokerrunde. Andy wird die technische Ausrüstung los und Vinnie lässt noch Details durchblicken über irgendein Ding, das er morgen drehen will.
Einer von Vinnies Pokerkumpeln schleicht durch die Nacht und wird nach gefühlten drei Sekunden ermordet, dargestellt durch eine blutige Hand. Der Detective schlägt bei Vinnie auf, doch sagt nix ohne Anwalt. Ist vielleicht auch besser so.
Andy schreibt sich in den Wahn („the snake is the sign of truth“ – das hab ich auch noch nicht gehört), allerdings dürfen wir inzwischen davon ausgehen, dass er nicht mehr Herr seiner Sinne ist und irgendeine dämonische Macht ihn dazu zwingt ohne dass er sich hinterher erinnern könnte. Er ist inzwischen selbst tatverdächtig und muss sich vom Acker krümeln, er versucht zuerst mit Jill und dann mit der blonden Trulla, von der ich immer noch nicht genau weiß, was sie mit allem zu tun hat, Kontakt aufzunehmen.

Vinnie räumt irgendwelche Kartons durch die Gegend, da erscheint ein fieser Kuttenmann und fragt nach dem bösen Tape. Vinnie will widerreden, wird jedoch niedergerungen. Ganz so ernst kann’s dem Kuttenboy nicht sein, denn er trollt sich wieder. Die beiden bewaffnen sich notdürftig und schleichen sich zum Hotelzimmer, wo sie den pösen Kult vermuten, sie treten in Schimanski-Manier die Tür ein und… ich fall tot um, denn was wir jetzt so dringend brauchen wie eine zweite Arschfurche, das neueste Album von den Amigos, den dritten Weltkrieg oder Donald Trump (in jeder Form, Funktion oder Eigenschaft) ist ein locker-flockiges Wiedersehen mit den ulkigen Wasserbüffeln, die dort ne Steintal-Präkambrium-Party oder ähnliches feiern und sich wahnsinnig geil dabei vorkommen. Krueger, jetzt bist du zu weit gegangen, definitiv.

Jill trifft sich mit Blondchen, die entsetzt auf Andys Meisterwerk blicken. Sie schließen sich mit dem Cop kurz, der aus dem Geschreibsel schließt, Andy könnte Chef der Kultbrüder sein. Eine gewagte Hypothese.
Andy und Vinnie versuchen sich ABERMALS an dem Tape, wo wieder Blut rausläuft. Die armen Kätzchen die dafür durch den Fleischwolf müssen! Sie sehen nun was wir am Anfang gesehen haben, also das teuflische Ritual. Zusätzlich noch weitere Szenen, u.a. wie der Pokertypi die Sidewalk Temperature Challenge absolviert. Es ist alles sehr undeutlich, doch Vinnie interpretiert das Gesehene so, dass Andy den Pokerboy über den Jordan geschickt hat. Der ist zugegeben direkt in der Nähe aber der Killer (dessen Gesicht man nicht sieht) hat zwar das gleiche Hemd wie Andy aber ganz eindeutig lange Haare, die Andy nun wieder nicht hat. Continuity Goof? Einen Moment habe ich die Theorie entworfen, dass Andy möglicherweise mit irgendeinem anderen Charakter Körper getauscht hat oder so (vielleicht sogar mit Jill, das würde unter Umständen sogar die Hände-betrachten-Szene erklären, da SIE ja dann den Mord ausgeführt hat), aber das ist wahrscheinlich im Kontext dieses Films eine zu abenteuerliche Interpretation.

Nun dreht Andy völlig am Rad und würgt Vinnie, auch dies ist live im Video zu sehen. Die Cops und die beiden Frauen stürmen das Zimmer, wo Andy gerade dabei war, Vinnie mit der Lampe eins überzubraten, sie können ihn gerade noch davon abhalten. Vinnie will mit dem Video stolz die „Beweise“ präsentieren, doch holla, er zeigt versehentlich genau die Szene, wo er den Fernseher klaut und sollte vielleicht auch mal einen kurzen Ausflug aufs Präsidium unternehmen. Andy muss sich geschlagen geben und wird ins Ächz verbracht bzw. in die Psychiatrie. Vielleicht hätte man ihn schon vorher dort hinbringen sollen, z.B. ganz am Anfang des Films oder kurz nach seiner Geburt. Jill besucht ihn in der Gummizelle, dort fängt er schon wieder zum Schreiben an, als wäre er Jack Torrance. Jill weint bitterlich ob des Abschieds.

Zeit für den Schlussgag: Andy haut weiter in die Tasten, die Krankenschwester würdigt er kaum eines Blickes, auch sie wollte man Schriftstellerin werden, „but you know how THAT goes“. Mit einem irren Lächeln teilt er ihr mit, dass er eine Story über sie geschrieben hat. Noch weiß sie demnach nicht, welche schreckliche Macht sie in Beschlag nehmen wird. Mehr werden wir nicht erfahren, der Film endet hier.

Analyse

Man soll auf die Meinungen anderer nicht immer so viel geben, aber hier haben sie recht, Night Vision ist tatsächlich besser als Mind Killer, aber leider immer noch nicht gut. NV ist ums mal kurz zu machen, um einiges konsumierbarer als MK, da die Regie besser ist, außerdem finde ich das Wiedersehen mit Shirley Ross irgendwie unterhaltsam, trotzdem gibt’s immer noch genug Probleme.

Zunächst ist die Filmidee absolut grundsolide, ein böses Tape bringt in irgendeiner Form Unheil über die Leute. An der Umsetzung hapert es aber immer wieder. Der Vergleich zu LOST HIGHWAY wurde schon öfters bemüht (doch Lost Highway kam erst 10 Jahre später, gelle), theoretisch kann jede Story mit einem „artifact of doom“ als Vorlage gedient haben. Direktester Einfluss scheint VIDEODROME gewesen zu sein, der natürlich ungleich besser ist, aber das muss man wohl kaum erwähnen. Das Gimmick mit dem Tape wird hier insgesamt zu wenig ausgespielt und es fehlt auch etwas an Symbolkraft und Zeigefreudigkeit – auch bei MK ein bekanntes Phänomen – die Effekte kommen entweder zu spät oder zu kurz. Aber klar, Budget ist begrenzt, Szenen von größerem Massenauflauf oder zumindest mehr Härte geht da kaum. Das Videoband bleibt sehr collagenhaft, das ist in gewisser Weise Absicht, aber letztendlich spielt es keine so große Rolle in der Filmwelt, die nur mit viel Wohlwollen davon „in Unruhe“ versetzt wird (jetzt ziehen wir mal den Vergleich zum Spiel SILENT HILL 2, wo auch ein Tape wichtiges Plot Device war). Vieles bleibt mir unklar, etwa warum der Mord an Jill (und ich bilde mir ein, dass genau das dargestellt sein soll) eben NICHT passiert und auch nicht von irgendwem kurz vor der Ausführung verhindert wird und auch ob Andy jetzt den Pokerbrudi tatsächlich gekillt hat oder da irgendwelche andere Mechanismen am Werk waren, aber dazu habe ich in der Inhaltsangabe schon meine viel zu spekulativen Vermutungen geäußert. Ich bin mir noch nicht mal 100 % sicher ob neben dem Band nicht auch der Fernseher verhext ist, ist wahrscheinlich nicht weiter wichtig.

Die Idee, dass Andy Dinge unter dämonischem Einfluss schreibt ist prinzipiell auch nicht so schlecht, führt aber ins Nichts, erstens kriegt er ja ohne Einfluss keine einzige Zeile aufs Papier, was einen Vergleich „vorher – nachher“ wenig ergiebig erscheinen lässt, zweitens bekommt man von seinen Ergüssen viel zu wenig mit als dass man sich als Zuschauer drauf einlassen könnte und drittens sind die Dinge die wir hören auch nicht wirklich die Dokumentation des Abstiegs in den Wahnsinn, wie bei SHINING. Ob er jetzt beim Schreiben in die Zukunft sehen kann oder ob sein Geschreibsel sich irgendwann schicksalhaft in die Tat umsetzt bleibt unklar, ist im Ergebnis wahrscheinlich wurscht, hätte ich vielleicht aber trotzdem gerne besser erklärt gehabt, außerdem ergeben sich weitere Ungereimtheiten, etwa warum übersetzt sich sein Geschreibsel nicht 1:1 in die Wirklichkeit und was ist mit den seltsamen Dingen, die in der Nachbarschaft passieren, und in Andys Dichtung gar nicht vorkommen? Ich sage nicht, dass das nicht so sein darf, aber ich hätte gerne die Erklärung gehabt.

Das mit den Satanisten ist eher von der grotesken Sorte, klar in den 80ern war das noch von großem Schock-Value, die Satanisten tun aber auch irgendwie nix, was besonders viel Angst und Schrecken verbreiten würde, außerdem wirken sie auch nicht sehr bedrohlich. Das einzige was sie letztlich tun ist ihr Tape zurückzufordern (was auch immer sie vorher damit angestellt haben) und – wahrscheinlich – eine Katze zu töten, aber so genau erfahren wir es nicht. Am Ende enttäuschen sie mich ganz schwer: Man sieht sie zum letzten Mal bevor Andy durchdreht, danach verschwinden sie einfach aus der Handlung – wenn wir nicht glauben, dass sie in Wirklichkeit die Wasserbüffels sind (was ein wirklich grauenhafter Gedanke wäre). Wahrscheinlich haben sie Andy und Vinnie bloß in der Tür geirrt (wobei, eigentlich sollte Vinnie es besser wissen, schließlich ist Vinnie doch schon mal bei den Satanisten eingestiegen? Oder wechseln die regelmäßig das Domizil?) Und wenn sich Wasserbüffel nur als Satanisten ausgegeben haben, warum haben die Satanisten dann nicht so viel Berufsehre, die gepflegt in die Hölle zu werfen? Nun, die Wasserbüffel sind selbst des Teufels, dann passt’s wieder. Oder sind die Satanisten vor Schreck in die Hölle gefahren?
Die Geschichte mit der Videothek ist so lala, die Story mit dem Landei in der großen Stadt abgegriffen, der Schlussgag spielt irgendwo die sichere Bank, von daher nicht weiter zu beanstanden.

Ich bin ja grundsätzlich für jeden Loser-Protagonisten aber mit Andy tue ich mich selbst schwer. Andy ist echt so ein Lappen dass selbst die aus MK dagegen wie harte Machos wirken und ist auch nicht besonders likeable, sondern geht einem eher auf die Nüsse, sein dauer-neurotisches Gehabe wirkt kaum interessant, wie bei z.B. Monk, sondern vielmehr gezwungen, er ist außerdem als Autor nicht etwa leicht überfordert, sondern komplett unfähig. Wenn es außerdem die Absicht war, die Zunft der Schreiberlinge als absolute Volldeppen darzustellen, dann hat das hervorragend geklappt.
Das Skript müht sich ab, ihm die Heldenrolle zuzuweisen, das ist in gewisser Weise Absicht, aber ohne gelegentliche etwas zu tolle Winke des Schicksals wäre Andy ganz und gar verloren, jedoch kann man nicht vollständig von der Hand weisen, dass hier einfach nur Andys Geschreibsel Realität geworden ist, trotzdem nur schwer zu glauben. Und wenn es schon so ist, warum wird diese Karte dann nicht noch mehr ausgespielt? Wenn er schon unbedingt Morde begehen will, warum lässt er sich dann am Ende so leicht schnappen? Er hätte doch auch in sein Manuskript schreiben können „ich werde nicht erwischt“? Da überschätze ich Andys Intelligenz und Kruegers schreiberischen Weitblick, ich höre schon auf.
Ganz grotesk finde ich v.a. die Love Story zwischen Andy und Jill, die ist absolut hanebüchen, Andy ist wirklich die größte Wurst, die ich je gesehen habe. Nennt mir einen beliebigen Loser und ich erzähle euch warum der sich noch besser beim weiblichen Geschlecht präsentiert als Andy (okay, höchstens noch der wolfsheulende Typ aus MK). Es ist bezeichnend, dass Jill in diesen Szenen komplett aus ihrem Charakter fällt. Sonst ist sie durchgehend „deadpan snarker“, also für sarkastische Kommentare, verschränkte Arme und Augenrollen zu allem verantwortlich – das hat den Vorteil, dass sie die viel besseren Dialogzeilen abbekommt – außer wenn sie plötzlich aus völlig unerfindlichen Gründen auf Andy steilgeht. Ja, ich weiß, das Tape, fuck it. Die Szenen wo Andy der holden Weiblichkeit gegenübertritt sind wohl noch die witzigsten, wenn auch nur in ihrer Unbeholfenheit.

Die Regie war letztendlich der K.O.-Schlag bei MK, unaufregender und trantütiger konnte man einen Film nicht inszenieren, auch hier ist es nicht das Gelbe vom Ei – der Plot will einfach nicht in Fahrt kommen, viele Szenen sind unnötig gestreckt, viele Nichtigkeiten sind abgefilmt, er hat zu wenig Fokus auf das Wesentliche, verzettelt sich in Sub-Plots, außerdem ist der Film mit über 100 Minuten viel zu lang. Trotzdem gewinnt der Streifen mehr Tempo als MK, ist zumindest schmerzfrei konsumierbar und hat ein paar ganz spaßige Momente (wenn auch nicht immer freiwillig). Trotzdem kommt auch keine besondere Spannung auf, das Video-Gimmick kommt viel zu sporadisch um wirklich mitfiebern zu animieren, die Szenen in der Videothek und mit Vinnie lenken immer wieder ab, ernsthafte „Scares“ gibt es nicht, der Gewaltfaktor ist wie bei MK erwartbar gering („hart“ ist nur die Kehle-Aufschlitz-Szene, sonst gibt’s ins 2-3 weiteren Szenen Blut), der Film entwickelt keine Höhepunkte (außer die von Andy bei seinen Bettgeschichten), trotzdem stelle ich hier eine Verbesserung fest, ich lobe was ich finde.
Wie in MK gibt’s in dem Film natürlich so gut wie gar nix, was Geld gekostet haben könnten, somit fallen Ausstattung usw. entsprechend mau aus, Blut & Co. gibt’s nur wenig, wenn Effekte vorkommen, dann sind sie wenig überzeugend, aber das war wohl zu erwarten. Die VHS-Tagline „Nachts sieht er Horrorfilme auf Video – tagsüber werden sie zur Realität“ ist jedenfalls eine leichte Übertreibung, aber in der Moralpanik der 80er gegen Jason etc. ein Dokument des Zeitgeistes. Monster-Designs etc. sind außerhalb von einer ultra-kurzen Szene nicht zu bestaunen, ist nach dem Eindruck von MK sicher nicht die schlechteste Idee.
Ein Wort müssen wir noch verlieren über den Humor, der verhält sich zwiespältig: Einerseits zünden sehr viele, will sagen die meisten, der beabsichtigten Gags nicht richtig. Absoluter Tiefpunkt ist ohne Zweifel die Wasserbüffel-Versammlung, die mir nur Heulen abringen kann, andererseits muss man zugeben, dass die Scherze in der Videothek (Naziploitation!) durchaus zu begeistern wissen. Außerdem weiß man bei Kruger nie so genau, was er sich dabei gedacht hat, eine Kritik in der Imdb stammt offenbar von einem Beteiligten, der meinte dass Krueger sowieso nie große Filmkunst schaffen wollte, mag sein, heißt aber auch nicht dass der Film deswegen gut oder gar eine gelungene (oder überhaupt eine) Parodie wäre.

Die Schauspieler sind natürlich zu 99 % Krueger-exklusiv. Für Stacy Carson (Andy) blieb’s die einzige Schauspiel-Rolle, ist vielleicht auch besser so. Er spielt weder den Loser besonders überzeugend noch den Abstieg in den Wahnsinn, aber das sollte keine große Überraschung sein. Er hat vielleicht den strategischen Vorteil, dass auch Vinnie als Möchtegern-Joe-Pesci immer mehr auf die Nüsse zu gehen imstand ist, auch dass die anderen Charaktere flach wie Flundern sind und sich klischeehaft verhalten wie’s nur geht. Trotzdem nicht gut.
Shirley Ross kennen wir als Bibliothekarin aus Mind Killer, hier schwankt sie je nach Schieflage des Skripts zwischen sarkastische Zynikern und „ich steh voll auf Geeks und weiß nicht warum“, sie zeigt in der ersten Rolle mehr Spielfreude als in der zweiten und kann einigermaßen zwischen beiden Rollen umschalten. Auf weitere Filmrollen brachte sie es nie. Sie ist für mich noch eine der Highlights im Film, solange sie im Bild ist, ist es zumindest nicht langweilig.
Tom Carpenter als Vinnie spielt den schleimigen Typen so, dass er einem schön auf den Senkel geht, ob das ein Kompliment ist oder nicht muss jeder selber wissen. Er war auch im mir bisher völlig unbekannten Martial-Arts-Klopper KILL LINE.
Der Rest des Cast hat keine nennenswerten Einsätze außerhalb von NV erlebt, lediglich Stacy Shane (Charlotte) und Daniel Selby (keine Zuordnung) haben zählbares vorzuweisen.
Michael Krueger liefert hier tatsächlich eine bessere Regie-Leistung ab als in Mind Killer, das ist nicht schwer, aber sollte erwähnt werden. Leider verstarb es schon 1990, bis dahin war er nur noch in LONE WOLF und THE AMITYVILLE CURSE in entscheidenden Rollen am Start. Beides habe ich noch nicht gesehen, ich weiß nicht ob ich das ändern will oder nicht.

In den 80ern hat NV auf Video FSK 18 gekriegt, wie bei MK ist das letztlich nur dadurch verständlich, dass in den 80s fast alles mit Horror ab 18 gekriegt hat (außer Beverly Hills Vamp, gelle), aber immerhin haben wir einen zumindest minimal zeigefreudigen Kill, trotzdem würde das Teil heute sicher FSK 16 kriegen. Daneben gab es ein US-Tape, laut Ofdb beide Tapes ankatt.
Technisch ist das auf schwachem Niveau, natürlich Vollbild, Bild in der US-Version ist blah und kontrastarm, der Ton teilweise so schlecht dass ich Mühe hatte die Dialoge zu verstehen, aber hey, Video, was will man mehr? Ob’s jemals ne DVD geben wird, wage ich zu bezweifeln.

Fazit: Night Vision ist tatsächlich der bessere Film als Mind Killer, das heißt nicht viel, macht aber Night Vision zum etwas konsumierbareren Vertreter der Zunft „obscure shit from the 80s on VHS“. Muss man definitiv nicht sehen, man hat aber auch keinen größeren Schaden zu erwarten, wenn man hier einen Blick riskiert. Ein paar der Gags funktionieren (im Gegensatz zu anderen die ganz unten auf der Fremdschäm-Skala sind), die Traumsequenzen sind schön absurd, die Story mit den Satanisten kann für Kopfschütteln sorgen und für Mind-Killer-Veteranen ist auch das Wiedersehen mit Shirley Ross ne dufte Sache. Leider gibt’s auch ne Menge Leerlauf. Wer sich von meinen Worten angesprochen fühlt, mag zugreifen, allerdings gibt‘s genug andere Video-Schatzis, die mehr Frohsinn erwarten lassen, wenn man sie hebt.

(c) 2020 Diamond Bentley


BOMBEN-Skala: 7

BIER-Skala: 4


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