- Deutscher Titel: New York City: Tornado Terror
- Original-Titel: NYC: Tornado Terror
- Alternative Titel: Der Todes-Twister |
- Regie: Tibor Takacs
- Land: Kanada
- Jahr: 2008
- Darsteller:
Nicole deBoer (Dr. Cassie Lawrence), Sebastian Spence (James Lawrence), Jerry Wasserman (Mayor Leonardo), Winston Rekert (Dr. Lars Liggenhorn), Colby Johansson (Brian Flynn), Tegan Moss (Lori Lawrence), Jill Morrison (Lucy), Matthew Harrison (Dr. Quinn)
Vorwort
Ein fröhliches Outdoor-Event im New Yorker Central Park endet im Chaos – die kleinen possierlichen Mini-Wirbelstürmchen (die offensichtlich magische Anziehungskraft auf Kinder ausüben) kombinieren sich zu einem amtlichen Twister, dessen Resultat Dr. Cassie Lawrence, Schlaubi-Obermetereologin des NY-Wetteramts, und ihr Ehemann James, stellvertretender Bürgermeister, aus nächster Nähe beobachten dürfen, indem ein besonders intelligenter Zeitgenosse, der von dem Wirbelsturm ein paar Fotos knipsen wollte, erst eingesaugt und dann auf die Windschutzscheibe der Lawrence’schen Familienkalesche gedonnert wird. Der Blechschaden mag nur gering sein, der Typ ist allerdings hin. Wenig später sucht ein deutlich größerer Twister Liberty Island heim und reißt der Freiheitsstatue den Fackel-Arm ab – besonders peinlich ist aus Lawrence-Familiensicht, dass Cassies Nichte Lori mit einem Bekannten, dem jungdynamischen Feuerwehrmann Brian Flynn verschüttet wird. Während Lori und Brian versuchen, in einem labyrinthischen unterirdischen Tunnelsystem einen Ausgang zu finden, muss Cassie auf Geheiß des cholerischen Bürgermeisters Antworten liefern – in einem Wahljahr kann Mr. Leonardo nämlich keine Naturkatastrophen brauchen (und auch keinen Katastrophenalarm, wie ihn James gerne ausrufen möchte). Cassie, die einen Zusammenhang zu einem vermeintlich ungeklärten Flugzeugabsturz wittert, erkennt die Wahrheit – durch die globale Erwärmung hat sich die Atmosphäre in eine „obere“ und eine „untere“ Schicht gespaltet und nun hat sich zwischen diesen Schichten, direkt über dem Big Apple, eine „Vortex“ gebildet und in diesem Wirbel bilden sich nur allerlei Stürme von apokalyptischen Dimensionen.
Cassie versichert sich der Dienste des exzentrischen Raketenwissenschaftlers Liggenhorn, der in New Jersey einen privaten „Spaceport“ betreibt, um mit Trockeneis das Loch im Himmel zu verschließen, doch die NASA hat andere Pläne und belabert den in der Hinsicht beeinflussbaren Bürgermeister, dieweil James seinerseits versuchen muss, eine zusammengewürfelte Gruppe aus einem sturmumtosten und elektrisch aufgeladenen Wolkenkratzer zu retten…
Inhalt
Wenn’s irgendein Subgenre gilt, für das sich der anspruchslose Kabelfernsehsender von Welt immer wieder interessiert, sind’s Naturkatastrophen – für den gemeinen Durchschnittszuschauer ist, da kalkulieren die Sender ja durchaus richtig, eine Feuersbrunst, 5turmfluten und ähnliche Desaster greifbarer, konkreter als eine Alien-Invasion. Wirbelstürme sind spätestens seit Jan de Bonts „Twister“ immer wieder ein gern genommenes Thema und eines, mit dem Regisseur Tibor Takacs, eine meiner, wenn man so will, „Lieblingsstories gescheiterter Genre-Hoffnungsträger“, auskennt, inszenierte er doch schon 2002 „Tornado Warning“ für den christlich orientierten Kabelsender Pax TV, und hat auch ansonsten seine Erfahrungen mit mörderischer Natur machen dürfen, namentlich 2005 mit „Erdbeben – Wenn die Erde sich öffnet…“ aus Nu Images „Nature Unleashed“-Reihe. Takaczs, der mit seinen beiden „The Gate“-Filmen (und bei mir speziell mit „I, Madman/Hardcover“ Ende der 80er bei Horrorfans punkten konnte und sogar die Regie für den vierten „Nightmare on Elm Street“-Teil angetragen bekam (ein Film, der letztlich die Karriere von Renny Harlin kickstartete), ist nun schon seit geraumer Zeit im Ghetto der schlichten Direct-to-DVD- und TV-Unterhaltung angekommen und theoretisch bräuchte man – auch nicht der alten Verbundenheit wegen – einen Blick auf derartige Stangenware werfen – zumal solch Kram eh alle vierzehn Tage auf RTL II läuft -, doch drei Argumente sprechen dafür, als Genrefreunde doch mal das ein oder andere Auge zu riskieren.
Erstens ist’s eine Produktion für den SciFi-Channel, was dafür sprechen könnte, das die Chose etwas, eh, freakiger ausfällt als das typische TV-Katastrophendrama, zweitens hauptrollt Nicole deBoer, die wir seit Cube ja irgendwo in unser Herz geschlossen haben und drittens stammt das Drehbuch von T.S. Cook, der neben einigen „Airwolf“-Folgen (inklusive der möglicherweise besten, „Moffet’s Ghost“) und einem wohl eher unnötigen TV-Remake von „High Noon“ den Klassiker „Das China Syndrom“ (gerade wieder beklemmend aktuell) verantwortete – die Kombination eines offensichtlich nicht unambitionierten, aber nicht gerade dauerbeschäftigten Autoren mit einem produzierenden Sender, der nach dem Motto „Hauptsache Remmidemmi“ handelt, verspricht zumindest potentielle Trainwreck-Qualitäten…
Im Duell „politischer Aktivismus“ vs. „krawalliger Dummfug“ setzt sich letztlich, wenig überraschend, die SciFi-Channel-Attitüde durch. Cook darf zwar seinen Protagonisten ein paar „global warming“-Schlagworte in den Mund legen und mit hanebüchenem metereologischen Schwachsinn (okay, ich bin nicht Jörg Kachelmann, und verstehe von Tiefdruckgebieten und ähnlichem Krempel ungefähr „Bahnhof“) garnieren, und damit auch noch die Freunde gepflegter Konspirationstheorien ihre Freude haben, darf die NASA (of all agencies, und davon haben die Yanks ja reichlich) im Hintergrund finstere Ränke schmieden (weniger allerdings aus inhärenter Böswillig- denn bürokratischer Unfähigkeit) – das liegt dann schon auf dem üblichen intellektuellen Level der SciFi-/SyFy-Movies-of-the-Week; ein erfreulicher Nebeneffekt der Filmherkunft ist allerdings, dass das sonst oft so unerträgliche „human-interest“-Gedöns praktisch nicht stattfindet (ja, im Filmverlauf kommt James Lawrence, der dem Vermehrungsgedanken bis dato skeptisch gegenüber stand, dass Familiengründung per se nichts schlechtes sein muss, aber das tut für die Story nichts zur Sache und wird auch nicht wirklich breit getreten). Außerdem verdient sich „NYC: Tornado Terror“ schon mal einen Stein in meinem Brett, in der Teasersequenz einen ach-so-süßen-Steppke per Flugzeugabsturz abzuservieren.
Natürlich gönnen sich Script und Film auch so manche Doofheit – das fängt schon beim Vietnamveteranen-cum-Raketenwissenschaftler Liggenhorn an (dessen Raketenabschussrampe verdächtig nach einer Patriot-Batterie aussieht und dessen CGI-Modell im früheren Leben vermutlich auch eine war), geht über schockgefrostete Leichen (die Bedauernswerten wurden vom wilden Tornado auf Eis gelegt) und Kugelblitze, die hinter Türen und Ecken auf ihre Opfer warten (ich hab regelrecht darauf gewartet, dass einer der Protagonisten so etwas wie „es lebt!“ von sich gibt. Schade, so frech ist der Streifen dann doch nicht) und endet beim wohl dümmsten Feuerwehrmann aller Zeiten, der eine elektrische Entladung mit seinem Wasserschlauch zu löschen gedenkt – da verdient sich jemand einen Darwin Award. Aber das sind freilich genau die Momente, deretwegen wir SciFi-Ware überhaupt ankucken, denn vernünftige Filme erwarten wir aus diesem Hause ja nicht.
Ansonsten spult sich in etwa das übliche Prozedere eines herkömmlichen Katastrophenfilms ab – wir haben ein bisschen vom Evil-Politician-Syndrom in Form des hauptsächlich auf sein Image im Wahljahr bedachten Bürgermeisters (die Pointe seines character arcs könnte man glatt als satirische Spitze betrachten. SPOILER: Leonardo geht in Folge seiner Fehlentscheidung, auf die NASA zu setzen, hops, wird aber posthum als Held gefeiert), einen dramaturgisch etwas fragwürdigen B-Plot um Laurie und Brian, der aber ungefähr zur Filmhalbzeit abgefrühstückt und mehr oder minder vergessen wird (zumindest Laurie), eine im Fünf-Minuten-Takt hysterischen Dummfug absondernde TV-Reporterin und die klassische „wir-müssen-durch-die-Umstände-beinahe-unpassierbar-gewordenes-Treppenhaus-flüchten“-Nummer, die seit „Erdbeben“ selig zum festen Repertoire des Katastrophendramas gehört.
Takacs inszeniert das alles recht flott und professionell, mit gelegentlich sogar recht eindrucksvollen Bildern für die vermutete finanzielle Liga des Unterfangens, aber, und das ist angesichts seiner Vita (zumindest seiner Frühwerke) dann doch eine kleine Enttäuschung, völlig ohne dramatische Wucht, ohne emotionale Beteiligung – daraus folgt, dass die diversen Todesszenen total ins Leere laufen. Klar, überwiegend beißen Leute ins Gras, die uns kaum bekannt sind und deshalb kaum interessieren, doch Takacs gelingt es einfach nicht – bis auf eine Ausnahme (als Cassie auf eine vom Tornado schockgefrostete Familie, die in einer Unterführung o.ä. Schutz gesucht hatte – die Szene mag wissenschaftlich totaler Tinnef sein, aber sie ist die einzige im Film, die berührt) -, in diesen Szenen auch nur andeutungsweise emotionale Knöpfe zu drücken. Ich bin – gestählt durch gefühlte Mannjahre Filmschundkonsums – durchaus willig, meinen Unglauben aufzuheben und zu Charakteren zumindest insoweit Verbindung aufzubauen, dass mir ihr eventuelles Ableben wenigstens ein „schade drum“ oder „hähä, da hat’s den richtigen erwischt“ abringt, hier jedoch ließen mich die diversen mehr oder weniger spektakulären Abgänge reichlich kalt; nicht, weil Takacs einen dokumentarischen Stil pflegen würde (mehr als ein paar Orts- und Zeiteinblendungen sowie die gelegentlichen Fernsehkommentare bietet der Streifen nicht an „dokumentarischem“ Flair), sondern weil die Figuren uninteressant bleiben (hm, sollte am Ende an dem „human interest“-Kladderatatsch doch was dran sein?) und die entsprechenden Situationen einfach nicht mitreißen.
Die Kameraarbeit ist gefällig, das Tempo durchaus hoch, wenngleich die alte TV-Krankheit, auf die Werbepausen hin zu inszenieren, auch hier durchbricht. Insgesamt scheint mir „NYC: Tornado Terror“ etwas sorgfältiger gewerkelt zu sein als der übliche SciFi-Heuler (sollte er aber auch, da Takacs ja ein routinierter Regisseur mit über zwanzig Jahren Erfahrung ist), allerdings im Umkehrschluss auch etwas geschäftsmäßiger, unenthusiastischer.
In Sachen FX kann man loben und muss man meckern – gut, dass Takacs genötigt wurde, Stealth-Fighter-stock footage einzubauen, die schon bei Wynorskis Stealth Fighter und Storm Catcher, mithin also vor über zehn Jahren, fröhliche Urständ feierte, ist nicht gerade schön, aber verzeihlich, zumal die entsprechende Footage nicht zentral wichtig für die Geschichte ist (abgesehen mal davon, dass mir neu war, dass die NASA offenbar die ausrangierten Stealthbomber der Air Force aufträgt). Die „Elmsfeuer“-CGI, die ganze Wolkenkratzer einhüllt (im Übrigen spielt mal wieder Vancouver die Rolle des Big Apple), sieht ziemlich cool aus und sorgt für den ein oder anderen memorablen Shot, die Twister selbst… naja… die sind mäßig, besonders die kleinen Knuddel-Kindermagneten-Twister, die nicht gerade vor Realismus triefen. Dank der FSK-12-Freigabe gibt’s keine gröberen Ruppigkeiten als die (handwerklich passablen) verschmurgelten Visagen diverser Elektrokutionsopfer.
Die Darstellerriege beeindruckt mich durch die Bank nicht sonderlich. Nicole deBoer, die Post-„Cube“ hauptsächlich mit Serienarbeit (in „Deep Space Nine“ und „Dead Zone“) reüssierte und zuletzt mit kleiner, aber nicht uncharmanter Rolle im Vampir-Rockmusical Suck auftauchte, agiert mir insgesamt ein wenig zu emotionslos (was natürlich auch daran liegt, dass das Script sich nur ab und zu daran erinnert, dass sie sich theoretisch auch Gedanken um ihre verschollene Nichte machen muss). Sebastian Spence (auch mit jeder Menge TV-Erfahrung am Gürtel durch die mir persönlich allerdings unbekannten Serien „Fast Track“ und „First Wave“, zuletzt war er auch in einigen Folgen der „Battlestar Galactica“-Neuauflage dabei) fährt mit der Standardrolle des hemdsärmeligen, „volksnahen“, praktisch veranlagten und heldentauglichen Lokalpolitikers ganz okay, Jerry Wasserman („When a Stranger Calls Back“, „M.A.N.T.I.S.“, „Crying Freeman“, „The Butterfly Effect 2“) leidet etwas darunter, dass das Script sich nicht dazu entschließen kann, ihn wirklich zu einem schurkischen Charakter zu machen (für einen „richtig bösen“ New Yorker Bürgermeister ist’s wohl immer noch „too soon“, und so muss es bei halbseidenem Politegoismus und dem Willen, doch irgendwie das „Richtige“ zu tun, bleiben). Winston Rekert („Savage Island“, „Neon Rider“, „Eternal Evil“) hat als durchgeknallter Raketenexperte schlichtweg nix zu tun, Colby Johansson (kleine Parts in „Freddy vs. Jason“ und „Final Destination 3“) und Tegan Moss („White Noise: Fürchte das Licht“, „Dr. Dolittle 5“) bieten Lciht und Schatten – während Johansson ganz erträglich bleibt, dilettiert Moss ziemlich vor sich hin.
Bildqualität: Evolution legt „NYC: Tornado Terror“ auf BluRay vor. Der 1.85:1-Print ist passabel, naturgemäß etwas schwankend in seiner Qualität, da die eingekaufte stock footage mit dem eigens gedrehten Material nicht mithalten kann. Schärfe und Kontrast erreichen guten BR-Durchschnitt.
Tonqualität: Deutscher und englischer Ton jeweils in DTS HD 5.1. Die englische Tonspur reißt Dynamik-technisch keine Bäume aus, ist aber zweckmäßig. Recht verwunderlich, dass es für eine Untertitelspur nicht gereicht hat…
Extras: Nur der Originaltrailer, eine Bildergalerie und eine knappe Trailershow.
Fazit: Ordentlicher TV-Katastrophenthriller, der sich stärker auf die Thriller-/Überlebenskampfelemente als Familiendramen konzentriert und das mit einer Prise Wissenschafts-Mystery der drollig-unterhaltsamen Art und angedeuteter Umweltschutz-Message verknüpft – das reißt keine Bäume aus, dürfte Genrefreunde aber zufriedenstellen, auch wenn die FX teilweise ein wenig albern wirken (die Mini-Twister) und das Ensemble durch die Bank etwas mehr Spielfreude an den Tag legen könnte.
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(c) 2011 Dr. Acula