Neues vom Wixxer

 
  • Original-Titel: Neues vom Wixxer
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  • Regie: Cyrill Boss, Philipp Stennert
  • Land: Deutschland
  • Jahr: 2007
  • Darsteller:

    Oliver Kalkofe (Even Longer), Bastian Pastewka (Very Long), Joachim Fuchsberger (Lord Dickham), Christiane Paul (Victoria Dickham), Wolfgang Völz (Sir John), Chris Howland, Martin Semmelrogge, Judy Winter, Lars Rudolph (Chuckie Norris), Christoph Maria Herbst (Hatler), Christian Tramitz (Much Longer), Oliver Welke


Vorwort

Eigentlich hatten Chief Inspector Evan Longer und sein Partner Very Long gedacht, den Superverbrecher Wixxer alias Longers früherer Partner Rather Short ein für allemal ausgeschaltet zu haben, aber so kann man sich irren… Dass Informant Eddie beim nächtlichen Treff auf dem Friedhof aufgrund spontaner Pfeilvergiftung nichts wesentlich Gewinnbringendes aussagen kann, stört nicht weiter – der Wixxer ist nämlich persönlich vor Ort und präsentiert Long und Longer eine Todesliste in Form sechs noch leerer Gräber. Auf jener findet sich zu seinem persönlichen Missfallen nicht nur Very Long, sondern auch Victoria Dickham, ihres Zeichens Tochter der Yard-Legende Lord Dickham, aber auch heimliches Gspusi von Longer! Klar, dass der Chief Inspector den Personenschutz mit vollem Körpereinsatz selbst übernehmen will, nur leider kann der alte Gentleman Dickham den abgerissenen Aushilfs-Columbo Longer nicht ausstehen, da hilft nicht mal ein Extrem-Makeover seitens Long. Longers angeschlagenem Ego hilft auch nicht weiter, dass Lady Dickham, die zweite Frau des alten Lord, ausgerechnet seinen verhassten Bruder Much Longer als Bodyguard für Victoria angeheuert hat. Während sich die Mordanschläge häufen, meint der Inspektor, seinen alten Widersacher Chuckie Norris an diversen Tatorten identifiziert zu haben, doch der sitzt angeblich sicher in der von Hatler (seine Butlertätigkeit aus dem vorherigen Film war nur ein „Ferienjob“) geleiteten Klapsmühle ein. Während sich die Dickhams in ein s/w-Kloster zurückziehen, um sich dort auf die anstehende königliche Hochzeit vorzubereiten, leistet der Wixxer bei den restlichen Todeskandidaten ganze Arbeit. Kann Longer das Herz seiner Liebsten (bzw. das des potentiellen Schwiegerpapas) gewinnen, ihr (und seinem Partner) das Leben retten, den Wixxer ausschalten UND seinem Bruder eins auswischen?


Inhalt

Es ist diesseits des Atlantiks das gleiche Spiel wie drüben in Hollywood. Hat ein Film erst mal die Gewinnschwelle überschritten, wird das Sequel obligatorisch. Nun, bei Kalkofes Edgar-Wallace-Parodie „Der Wixxer“ lag das ja sogar irgendwie nahe, schließlich variierten die „klassischen“ Wallace-Filme der 60er ja über ein Jahrzehnt lang mehr oder minder ein und dasselbe Thema, warum soll also nicht auch die Parodie damit durchkommen?

Das Autorentrio (Kalkofe, Pastewka, Welke) nimmt also einen „typischen“ Wallace-Plot (also Wallace-FILM-Plot, newa, schließlich haben die wenigstens Wallace-Filme viel mit den theoretisch zugrundeliegenden Romanen zu tun) – die (SPOILER, aber wer kuckt den Film der Plotte wegen?) Todesliste, die nur Ablenkung für das eigentlich geplante Verbrechen darstellt, ist durchaus auf der gleichen Wellenlänge wie die oftmals abstrusen Geschichten der verhohnepiepelten Filme, wobei aber ein deutlich merkbares Ungleichgewicht nicht wegdiskutiert werden kann. Natürlich bemühen sich die Autoren, möglichst viele Anspielungen und Filmzitate des bloßen Gags wegen einzubauen, dies funktioniert in der ersten Filmhälfte aber wesentlich besser als in Halbzeit Zwo, wenn naturgemäß langsam die ersten Klimmzüge angestrengt werden müssen, die Story halbwegs, ähm, sinnig aufzudröseln – im Schlussakt nähert sich die Lacherquote dem absoluten Minimum für einen Parodiefilm, weil schlichtweg die Ideen ausgehen, in die Geschichte (deren Sinn und Zweck der geneigte Zuschauer freilich viel früher begreift als das dusslige Ermittlerduo) passable Gags einzubauen. Manchmal sind die Lacher arg gezwungen (die obligate „Matrix“-Bullet-time-Parodie fällt mir ein, dagegen hab ich mich zugegeben über eine überraschende „Saw“-Anspielung gekugelt), manchmal lacht man ob der schlichten Dreistheit, einen dermaßen kalten Witz so unverfroren einzubauen (wer sich den „Spaß“ nicht verderben will, überlese bitte nachstehend gespoilerten Witz: „Wer schief geht, wird schief angeschaut, nicht wahr, Chief Inspector?“), aber ab und an, und öfter, als man es dem Sequel einer deutschen Komödie eigentlich zutrauen möchte, trifft das Autorenteam ins Schwarze.

So z.B. mit dem eindeutigen Highlight des Streifens – pünklich nach einer besonders dramatischen Szene gen Filmmitte wird der Streifen für Klingelton-, SMS-Chat und „Schleim Life“-CD-Kollektionen (letztere präsentiert von Roger Willemsen, den man eigentlich für eine humorfreie Zone halten musste) unterbrochen (gut, der CD-Collection-Gag ist prinzipiell nicht neu, sowas gab’s schon in „Amazonen auf dem Mond“). Streiten kann man natürlich darüber, ob die Gags für Christoph Maria „Stromberg“ Herbsts Hatler, allesamt vom Kaliber „ich könnte mich als Führer anbieten“ nun zünden, aber ich kann mich halt auch mal über billige Kalauer amüsieren.

Filmisch merkt man dem Streifen allerdings an, dass seine Macher (das Regie-Duo Cyrill Boss und Phillip Stennert) hier erstmals auf das Langfilmformat losgelassen werden (zwei Folgen der Pro7-„Märchenstunde“ gehen bislang auf ihre Kappe). Da sitzt das Timing nicht, da wird das Tempo verschleppt, da schleicht sich doch mal Leerlauf ein, der nicht immer durch Visualität kaschiert werden kann (wieder mal übrigens wird ein Großteil des Films in schwarz-weiß bestritten, wobei die s/w-Fotografie edel daherkommt, kudos an DOP Jochen Stäblein, bis dato auch hauptsächlich im Fernsehen aktiv) – leider wirkt „Neues vom Wixxer“, wie allerdings auch sein Vorgänger, weniger nach Kino denn nach TV-Film, es fehlt einfach das gewisse kinematische Extra, ein Problem, dass der deutsche Film gerne mal mit dem kanadischen Kinooutput teilt. Weiß der Geier, warum das nicht besser hinzukriegen ist.

Die Filmmusik von Helmut Zerlett („Harald Schmidt Show“) und Christoph Zirngibl ist adäquat, die Production Values (gedreht wurde in Prag) nicht spektakulär, aber zufriedenstellend bis sehr ansehnlich.

Letztlich steht und fällt ein Film wie dieser hauptsächlich mit den komödiantischen Fähigkeiten seines Ensembles und da teilt „Neues vom Wixxer“ ein gravierendes Problem mit seinem Vorgänger – und das heisst leider Oliver Kalkofe, der zweifellos in seinen „Mattscheibe“-Skits grandios ist, aber als Schauspieler in einer echten Rolle leider nach wie vor überfordert ist. Als leading man ist er einfach zu nichtssagend, zu ausdruckslos und mit Bastian Pastewka, der für meine Begriffe deutlich lebhafter wirkt als im „Wixxer 1″ mag sich immer noch keine rechte chemistry einstellen. Pastewka müht sich redlich, mit Kalkofe zu arbeiten und über seine schlichte Pastewka-Personality (die ja schon mal lustig ist) hinauszuwachsen, jedoch es ist meiner Meinung nach vergebene Liebesmüh. Ebenfalls eher enttäuschend bleibt Christian Tramitz, dem zu seinem „straight man“ ein aufgezogener Widerpart wie Bully Herbig schmerzlich fehlt (Memo an alle Autoren und Produzenten: Tramitz allein ist NICHT, ich wiederhole, NICHT witzig. Hat man auch an seiner Solo-Comedy-Reihe auf Pro7 gesehen). Wenn Tramitz dann noch mit Kalkofe zusammenspielen muss, ergibt sich beinahe ein komödiantisch-unterhaltsames black hole (Ausnahme: im Showdown, in dem Tramitz eine Tanz-Kampf-Nummer gibt). Aber dafür gibt’s einiges bemerkenswertes in den Nebenrollen zu entdecken: Blacky Fuchsberger, Held zahlloser 60er-Krimis, als Lord David Dickham feiert nach was-weiß-ich-wie-viel-Jahren ein charmantes Leinwandcomeback, Christiane Paul („Die Häupter meiner Lieben“) schlage ich an dieser Stelle sofort für ein „Orion“-Remake im Retro-Stil vor, Sonja Kirchberger („Venusfalle“) spielt konsequent gegen ihr Sexbomben-Image an, ganz groß sind auch Judy Winter als undurchsichtige Obernonne, Wolfgang Völz als debiler Yard-Chef (der hat den George-Kennedy-in-„Nackte-Kanone“-Modus mittlerweile perfekt drauf), der unvergleichliche Martin Semmelrogge in einer leider viel zu kleinen Rolle als schmieriger Informant und selbstredend Lars Rudolph, der dem echten Kinski im klassischen weißer-Fitzcarraldo-Anzug a real run for his money bietet. Etwas verschwendet bleibt leider Chris Howland in einer weitgehend gagfreien Butler-Rolle, zu „Stromberg“ Christoph Maria Herbst bleibt nur zu sagen, dass man seine durch den Hitlerizer gejagte Karaoke-Performance von „My Way“ schon mal gesehen haben muss… ich find’s jedenfalls urkomisch. Dazu gesellen sich dann noch Koryphäen wie Hella von Sinnen, Ingrid van Bergen, Frank Zander, Joy Fleming, zwei weitere Schlagerbarden, die ich an dieser Stelle nicht verraten will und natürlich Kalkofes Busenspezi Achim Menzel.

Summa summarum rangiert sich „Neues vom Wixxer“ auf ungefähr dem gleichen Qualitätslevel wie der Vorgängerfilm ein – wem der „Wixxer“ gefallen hat, der wird auch an der Fortsetzung seine Gaudi haben, konnte man aber schon mit dem ersten Film nix anfangen, kann man sich diesen schenken. It’s more of the same – either you like it or you don’t. Ich hänge zwar der Überzeugung an, dass Stoffe wie dieser – und umgesetzt wie dieser – im Fernsehen eher ihren Platz hätten denn im Kino, aber ich bin prinzipiell für alles „außergewöhnliche“ made in Germany dankbar, dass für’s Kino produziert wird. Bin mal gespannt, ob das annoncierte weitere Sequel „Triple Wixx“ nur ein Gag bleibt oder tatsächlich noch kommen wird… (Und übrigens – stay tuned für den Abspann. Neben einem „Musikvideo“ mit Outtakes aus dem Film gibt’s noch ein Gutzi für Hatler-Fans ganz am Schluss…)


mm
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