Nachts, wenn die Leichen schreien

 
  • Deutscher Titel: Nachts, wenn die Leichen schreien
  • Original-Titel: The Devil's Rain
  • Alternative Titel: Die Todessekte | Nachts, wenn die Zombies schreien |
  • Regie: Robert Fuest
  • Land: USA
  • Jahr: 1975
  • Darsteller:

    Ernest Borgnine (Jonathan Corbis), William Shatner (Mark Preston/Martin Fyffe), Ida Lupino (Mrs. Preston), Eddie Albert (Dr. Richards), Tom Skerritt (Tom Preston), Keenan Wynn (Sheriff Owens), Joan Prather (Julie Preston), Woody Chambliss (John), John Travolta (Danny), Claudio Brook (Prediger), Lisa Todd (Lilith), George Sawaya (Steve Preston), Anton LaVey (Hohepriester), Diane LaVey (Priscilla Corbis), Erika Carlsson (Aaronessa Fyffe)


Vorwort

„Nachts, wenn die Leichen schreien“. Ein Titel wie ein Gedicht – und wer mir ernstlich versichert, von diesem Titel nicht zumindest ein wenig angelockt zu werden, den nenne ich einen Lügner… Mir kam der Film erstmals in Hahn/Jensens seligem „Lexikon des Horrorfilms“ unter, wo man als Leser *fast* den Eindruck gewinnen konnte, die ansonsten humorbefreiten Autoren hätten für ein paar Minuten ihr Herz für den Trashfilm entdeckt.
Der Originaltitel ist natürlich wesentlich weniger poetisch – „The Devil’s Rain“, aber immer noch besser als ein deutscher Re-Issue-Titel, bei dem auch dieser arme unschuldige Film in die kassenträchtige Zombiewelle gepresst wurde: „Nachts, wenn die Zombies schreien“. Wuaaaahhaaaaaa.
Was wir dann im Endeffekt vor uns haben, ist ein Vertreter des in den 70ern steil angesagten Okkult-Horrors. Polanski hatte „damals“ mit ROSEMARIES BABY eine Tür geöffnet und Hollywood schritt nach dem erzielten Reibach beherzt hindurch, ob nun großbudgetiert wie DER EXORZIST oder DAS OMEN, oder kleiner, räudiger und mit abgefahreneren (wortwörtlich, ähm) Ideen wie THE CAR oder URLAUB IN DER HÖLLE. Es war der Zeitgeist – die Menschen waren wieder bereit, an das „Böse“ schlechthin zu glauben (mit Vietnamkrieg, Manson, Nixon usw. fiel’s einem ja auch nicht schwer), und der Film war nur zu gern bereit, dem zahlenden Kunden zu versichern, dass der Satan höchst real und hinter der Maske des netten Nachbarn, des kleinen Mädchens oder dem unheimlichen Auto lauern konnte. Ein Thema, dem sich auch Robert Fuest nicht entziehen konnte. Der Brite, der vom MIT SCHIRM, CHARME UND MELONE-Team Brian Clemens und Albert Fennell protegiert wurde und ihn vom Art Director zum Regisseur beförderten und dann auch für ihren ersten Kinofilm, AND SOON THE DARKNESS, verpflichteten, der sich speziell mit den DR. PHIBES-Filmen mit Vincent Price einen guten Namen gemacht hatte,  wollte sich nach der kritikerseits wohlgelittenen, aber beim Publikum durchgefallenen Michael-Moorcock-Verfilmung THE FINAL PROGRAMME in den USA versuchen und geriet an Sandy Howard, der mit dem  MANN, DEN SIE PFERD NANNTEN einen ordentlichen Erfolg gefeiert hatte und sich nun auch im Horror-Genre versuchen wollte. Neben Fuests DEVIL’S RAIN produzierte er Ralph Nelsons hyperschrägen EMBRYO, in dem Rock Hudson berüchtigterweise die Hosen runterließ.
Für THE DEVIL’S RAIN versicherten sich Fuest und Howard echter fachmännischer Expertise. Kein geringerer als Satanskrichengründer Anton Lavey wurde als „technischer Berater“ angeheuert und zum Dank für seine Mitwirkung und Sicherstellung, dass der Satanismus auch formalistisch korrekt dargestellt wurde, bekam der Herr Hohepriester sogar eine kleine Rolle (mit einer Zeile Text). Da kann doch eigentlich nicht schief gehen – warum beömmelt sich die Welt also heute über NACHTS, WENN DIE LEICHEN SCHREIEN?
 


Inhalt

Wir befinden uns right in the middle of nowhere, im Wohnzimmer der Farm der Familie Preston. Es ist, da würde sich Edward Bulwer-Lytton das Monokel abfreuen, eine dunkle und stürmische Nacht, und das jagt Mama Preston (die große Ida Lupino, ENTSCHEIDUNG IN DER SIERRA, REVOLTE IM FRAUENZUCHTHAUS und Regisseurin des Noir-Classics THE HITCH-HIKER) gehörig die Schauer übers verlängerte Rückgrat, denn die Wetterlage mit Blitz + Donner und, was wohl schwerer wiegt, einem  vermissten Ehemann, entspricht bis aufs Haar ihrem täglichen, bzw. allnächtlichen Alptraum, das ist alles finster und böse und wird überhaupt kein gutes Ende nehmen. Sohnemann Mark (the Shat himself, INTRUDER, MÖRDERSPINNEN) will von bösen Omen und Geistern nichts wissen, auch wenn er gerade vergeblich von einer Suchtour zurückgekehrt ist und nur berichten kann, dass der Sturm die Brücke zur Zivilisation weggespült hat. Prinzipiell eher schlecht, aber im Augenblick eine ganz gute Nachricht, denn wo keine Brücke, kann Papa Steve auch nicht mit seiner Kalesche drübergedengelt sein, ergo muss er sich irgendwo im näheren Dunstkreis der Ranch aufhalten. Und da brummt auch schon das vertrauten Motorengeräusch vor der Veranda. Mark eilt nach draußen, und da ist der stolze Paps (George Sawaya, BATMAN HÄLT DIE WELT IN ATEM, AIRPORT ´79 – DIE CONCORDE). Oder ist er es wirklich? Jau, wer da vor der Tür steht, trägt Steves Klamotten und sieht auch halbwegs so aus, aber anstelle seiner Kulleraugen zieren seine Visage zwei leere Augenhöhlen. Zumindest dieses Detail kommt Mark nicht besonders vertraut vor. Der Sort-of-Steve brabbelt inkohärentes Zeug über einen gewissen Corbis und ein gewisses Buch, welches Corbis haben möchte und das die Prestons haben sollen, aus dem Mark nicht schlau wird. Den niederprasselnden Regen verkraftet der unheimliche Besucher nicht gut und schmilzt und schleimt zu einer eklig grün-gelb-bläulichen Glibberpfütze. Auch das hat Papa Steve normalerweise nicht gemacht. Mama Preston hält das natürlich stantepete für eine Bestätigung ihrer schlimmen Träume, zumal Steve sich EXAKT da in seine glibbernden Einzelteile aufgelöst hat, wo er ihr im Traum erschienen ist, und der Name Corbis und das Buch an und für sich scheinen ihr auch etwas zu sagen. Mark hat dafür aber kein Ohr.
Er untersucht das Auto und findet dort keine besonderen sachdienlichen Hinweise. Dafür tut sich hinter ihm im Haus was – Kampfeslärm und Schreie, aber Mark, being kind of an idiot, braucht eine ganze Weile, um die akustischen Signale mental soweit zu verarbeiten, bis er zur Entscheidung kommt, es könnte sich möglicherweise auszahlen, mal nachzukucken, was los ist. Es zahlt sich. Zumindest für Großvater John (Woodrow Chambliss, SGT. PEPPER’S LONELY HEART CLUB BAND, und juxigerweise ungefähr gleich alt wie Ida Lupino, hier aber eine Generation älter besetzt), der dekorativ an den Füßen aufgehängt und verprügelt im Korridor hängt. Wer immer hier sein Werk getrieben hat, er war verflucht schnell, denn die ganze Aktion kann nicht viel länger als drei Minuten gedauert haben. Mark befreit seinen Oheim, der zu Protokoll gibt, dass „sie“ sich Ma Preston geschnappt hätten. Eine Verfolgung wird von Mark offensichtlich für sinnlos erachtet, also lässt er sich von John erklären, was es mit dem Buch auf sich hat – ein jahrhundertealter Schmöker, über dessen genaueren Inhalt wir uns nach Ansicht des Films jetzt noch keinen Kopf machen müssen. Und Corbis, den kennt John auch, der residiert in Stonewall, was Mark nun wieder überrascht, da Stonewall eine bekannte Geisterstadt in der Wüste ist.
Am nächsten Tag hat sich das Wetter gelegt und geht Mark dem örtlichen Gesetzeshüter, Sheriff Owens (Keenan Wynn, DR. SELTSAM ODER: WIE ICH LERNTE, DIE BOMBE ZU LEIBEN, DER FLIEGENDE PAUKER, LASERKILL – TODESSTRAHLEN AUS DEM ALL, einmal mehr in einem völlig substanzlosen Part, der den Produzenten nur erlaubt, eine weitere halbwegs bekannte Nase vor die Kamera zu zerren) auf den Keks. Für jemanden, dessen Job es eigentlich ist, für Recht, Ordnung und Sicherheit zu sorgen, ist Owens ziemlich ankekst davon, dass Mark ernstlich erwartet, er würde einen Suchtrupp o.ä.. organisieren. Selbst wenn er wollte – und er will ersichtlich nicht -, fehlt ihm nach eigener Aussage den Manpower, und nach Stonewall… da schickt er sowieso niemanden, das sind 150 Meilen durch die Wüste (HUCH? Okay, in den USA gehen die Uhren entfernungstechnisch anders, aber dass die Geisterstadt bei der Entfernung tatsächlich noch in Owens‘ Jurisdiktion fallen sollte, wage ich eigentlich zu bezweifeln). Wenn Mark will, kann er da sehr gern selbst hinfahren, aber bitte genug Wasser mitnehmen, weil der Sheriff wohl auch wenig Lust verspürt, Verdurstete einzusammeln.
Mark sattelt also sein Motorhuhn und gondelt nach Stonewall, das aussieht, wie man sich eben eine verlassene Wildwest-Geisterstadt vorstellt. D.h. bis auf den leutselig grinsenden Kerl in Freizeithemd und Bluejeans, der Mark freudestrahlend assistiert, als er versucht, aus einer ausgetrockneten Pumpe Wasser zu zapfen. Dafür braucht man das richtige Händchen, und der stabile Kerl hat es – kaum hat er den Pumpenschwengel in der Hand, rinnt auch schon kühles Nass in Marks Tasse. Schmeckt’n bisschen bitter, beschwert sich Mark (der muss deutsche Vorfahren haben), aber in dieser Gegend nimmt man besser, was man kriegt, strahlemannt sein neuer bester Freund, der natürlich niemand anderes ist als Jonathan Corbis (Ernest Borgnine, DIE HÖLLENFAHRT DER POSEIDON, DIE KLAPPERSCHLANGE, AIRWOLF, und für mich der Grund, warum NACHTS, WENN DIE LEICHEN SCHREIEN als Horrorfilm für mich nicht zünden kann. Borgnine ist ein so sympathischer Wonneproppen mit seinem einladenden Zahnlücken-Grinsen, den Kerl möchte man umarmen und dann mit ihm drei bis sieben Bier wegpfeifen, und er ist hier der Schurke des Stücks. Natürlich passt es irgendwo zu der oben aufgestellten These, dass der Okkult-Horror der 70er das Böse hinter noch so freundlichen Fassade verortete, aber es ist mir physikalisch unmöglich, friggin‘ ERNEST BORGNINE als Bedrohung zu kaufen. Sorry…). Corbis wünscht die Aushändigung seines Buchs, Mark die Aushändigung seiner Mutter, und keine der Parteien ist geneigt, den Wunsch der jeweils anderen zu erfüllen. Mark hat in einem unerwarteten Anfall von Cleverness die Schwarte nicht mal mitgenommen. Corbis ist dabei der deutlich entspanntere Part und lädt Mark ein, sich doch mal das örtliche Gotteshaus anzusehen. Das ist im Vergleich zum heruntergewirtschafteten Restkaff einigermaßen intakt, wenngleich suspekterweise Fenster und Türen blickfest zugenagelt sind. Was dafür sorgt, dass das Interieur des Tempels in ziemlicher Dunkelheit gehalten ist.
Corbin empfiehlt Mark, bevor er sich endgültig entscheiden sollte, Corbis nicht entgegenkommen zu wollen, doch mal den Gottesdienst zu Gemüte zu führen, und in der Tat wartet schon eine Schar von vielleicht zwei Dutzend weißgesichtigen Kuttenträgern ohne Augen (was Mark komischerweise nicht unkoscher vorkommt) auf ihren Priester Corbis, der sich in Windeseile in eine rote Robe gehüllt hat und zur Predigt ansetzt. Oh, und erwähnte ich, dass es sich um eine 1A nach allen Regeln LaVeyscher Kunst und Vorgabe dekorierte Satanskirche handelt? Well, I guess it goes without saying. Und wenn man auf solche Details wert legt, dann ist es in der Tat ein ziemlich beeindruckendes Set.
Zu Marks gelinder Überraschung kapriziert sich die Predigt seines selbstpersönlichen Satansbratenskumpels auf ihn selbst, alldieweil Corbis ihn als ein verlorenes Schaf der Herde bezeichnet und als einen gewissen Mark Fyffe anredet. Als solches, so doziert Corbis, möge Mark sich doch bitte der Einfachheit halber dem hiesigen Satanszirkel wieder anschließen, dann ist alles auch wieder gut. Mark hat natürlich nicht den geringsten Schatten, wovon zum Geier der durchgeknallte Satanist denn da redet, aber Corbis weiß Rat – wenn Mark nicht auf ihn hören will, dann womöglich z.B. auf seine Mutter? Und Ma Preston sitzt, augenlos und bekuttet, in der Tat bei ARD und ZDF, bzw. in der ersten Reihe. Das haut dem stärksten Cowboy den Krokodillederstiefel von der Laufstelze. Mark gedenkt, die Flucht zu ergreifen und sich nötigenfalls den Weg mit dem mitgebrachten Menschenlocher freizuschießen, was grundsätzlich keine vollkommen zum Scheitern verursachte Taktik wäre, alldieweil die Kuttenheinze wenigstens nicht kugelfest sind. Dass aus dem von ihm Gestanzten allerdings der bewusste gelbbläuchlichgrüne Glibber globbert, entsetzt Marky Mark allerdings so dermaßen abgrundtief, dass er sich von den Kollegen des Hingestreckten glatt an Ort + Stelle überwältigen lässt. Das war jetzt eher wieder so Marke Ofenschuss.
Damit die Sache handlungstechnisch also wieder ins Rollen kommt, jetzt, wo Mark erst mal auf Eis gelegt ist, benötigen wir also dringend einen neuen Satz Hauptfiguren. You asked for them, here they are. Da hätten wir zum ersten Dr. Sam Richards (Eddie Albert, EIN HERZ UND EINE KRONE, DIE HEISSE GRENZE USA, AIRPORT ´79 – DIE CONCORDE), seines Zeichens wissenschaftliche Konifere auf dem Gebiet der Nonsensifikation, sprich, nichts, was der gute Doktor im Namen der geliebten Wissenschaft von sich geben wird, wird auch nur den geringsten Sinn ergeben. Als solcher hält er gerade eine Vorlesung vor interessierten Studenten, assistiert von einem uns bis dato nicht bekannten weiteren Preston-Bruder, nämlich Tom (Tom Skerritt, TOP GUN, ALIEN, POLTERGEIST III, dem lange Haare und Pornobalken wirklich nicht stehen). Gemeinsam führen dem staunenden Auditorium Toms angetrautes Eheweib Julia (Joan Prather, BIG BAD MAMA, EIN SENKRECHTSTARTER KRATZT DIE KURVE) vor, als Beispiel für… für… ich hab keine Ahnung wofür. Zwar machen, wie gesagt, Richards Ausführungen keinerlei Sinn, laufen aber darauf hinaus, dass Julia ein lebendiges Exemplar für eine parapsychisch begabte Person ist. „ESP!“, donnert Richards, als wäre damit jede weitere Erklärung überflüssig, und die Antworten auf die berechtigten Fragen seiner Studenten haben im Allgemeinen nichts mit der Fragestellung zu tun. Jedenfalls soll Julie eine Kotzprobe ihrer Kunst bieten und visioniert sich daher in Fragmente der bisherigen und zukünftigen Ereignisse rund um Mark und Corbis, was sie püschologisch schwer belasten tut. Schwer genug jedenfalls, um das Live-Experiment abzubrechen und das Preston-Paar umgehend die Koffer zwecks dringendem Heimaturlaub packen zu lassen. Dr. Richards gelobt, in bäldigster Bälde zwecks moralischer und wissenschaftlicher Unterstützung nachzukommen. Da würde ich lieber Professor Proton mitnehmen.
Mark wird indes von Corbis und seinen Satanskuttlern durch die Mangel gedreht. Man hat ihm gar boshaft ein satanisches Symbol in die Heldenbrust geritzt und ist nun dabei, ihn in der Satanskirche am umgedrehten Kreuz kopfüber zu kreuzigen, sofern er jetzt nicht bald zurück zum Satanistentum konvertiert und damit rausrückt, wo nun das elende Buch versteckt ist. Trotz Schmerz und Qual bleibt Mark für den Moment noch standhaft. Wird sich auch noch ändern, ist Corbis zuversichtlich.
Tom und Julie fallen dem leicht senilen Großväterchen John auf die Nerven – das „kopfüber aufhängen“ und die dadurch erfolgte Gehirndurchblutung, die eigentlich positiv sein sollte, haben den alten Knacker offenbar etwas aus dem Konzept gebracht. Zweifelhaft, ob sich der Opa merken kann, dass Tom und Julie nach Stonewall fahren wollen und Richards bei seinem Eintreffen von John ebenfalls in die Richtung gelotst werden soll. Interessant für zukünftige Verwendung im Plot könnte sein, dass John nicht nur das Versteck des Buchs kennt, sondern auch auf einen Rest-Fleck von Steve zeigen kann. Julie und Tom puhlen in der schönen Bescherung rum und kommen zu dem Schluss, dass sich der Globber wie Wachs anfühlt.
Stonewall wirkt bei Toms und Julies Eintreffen ebenso verlassen wie es Mark erschien, und nicht mal ein dicker gemütlicher Satanspriester als Empfangskomitee ist weit und breit zu sehen. Das Paar muss also selbst auf die Idee kommen, sich mal die Kirche anzusehen. Julie behauptet, dass das vermeintliche Gotteshaus gegenüber der Restsiedlung „wie neu“ aussehe. Das halte ich nun auch für ein wenig übertrieben. Was auch immer, die Eheleute untersuchen die Kirche, ziehen die notwendigen Schlussfolgerungen ob der exzentrischen Ausstattung und stoßen auch auf das Kreuz, auf dem Mark gefoltert wurde, abzüglich des vermissten Bruders, natürlich. Dass Mark hier ein paar schöne Stunden, für die manch einer bei einer Domina teuer Geld hinblättern würde, erlebt hat, ergibt sich aber zwanglos aus Resten seines Cowboyhemds (was eine Domina-Session jetzt immer noch nicht grundsätzlich ausschließt). Tom und Julie sind jedoch wohl der Ansicht, dass Bruder bzw. Schwager zu den Anständigen gehört, hier mithin also etwas übel fischig Riechendes vorgefallen sein muss. Damit könnten sie natürlich Recht haben – es ist ja auch davon auszugehen, dass ihr Motorhobel nicht aufgrund spontanen Strukturunwillens plötzlich explodiert. Ob der Kuttenträger, der Marks Auto in offensichtlich feindseliger Absicht auf unser Pärchen zusteuert, damit etwas zu tun hat? Gewagte Hypothese…
Tom und seine Holde flüchten sich in Stonewalls Saloon, aber der Kuttentyp verfolgt sie (ohne Auto, immerhin) auch dorthinein. Es kommt zu einem Handgemenge zwischen Tom und dem Satanisten, das ersterer durch couragiertes Treppenrunterwerfen des Gegners für sich entscheidet. Der Satanist bricht sich dabei offensichtlich den Hals, was Julie nicht daran hindert, in seine leeren Augenhöhlen eine Vision vorzufinden. Und die wird nun in einem Exposition-Dump erklären, was eigentlich los ist.
 
Ya see. Vor 300 Jahren war Corbis (immer noch Borgnine) Vorsteher eines umfänglichen Satanszirkels in Stonewall, dem ein beträchtlicher Anteil der Dorfelite, inklusive Martin Fyffe (still Shatner) angehörte. Nun sind wir hier noch im Zeitalter der Pilgerväter und Puritaner, und die sind in Sachen Satanismus und Hexerei geradezu faschistisch intolerant. Während Corbis also seinen Jüngern die Vorzüge seines Buches, in dem sich jeder Satansbraten mit seinem Blut eingetragen hat, um den üblichen Seelendeal mit dem Gottseibeiuns zu dokumentieren, rühmt, hat Fyffes geliebter Ehebesen Aaronessa (Exploitation-Queen Erika Carlsson, DEATHSTALKER III, MACABRA – DIE HAND DES TEUFELS, TINTORERA – MEERESUNGEHEUER GREIFEN AN) den ganzen Coven mit Haut + Haaren an einen Puritaner-Prediger (Claudio Brook,DER WÜRGEENGEL, JAMES BOND 007 – LIZENZ ZUM TÖTEN) verraten, weil ihr Corbis‘ Umtriebe langsam, aber sicher, ein wenig zu satanisch werden. Der Prediger möge bei der gottgefälligen Strafaktion bitteschön doch nur Martin verschonen. Als der Fackel- und Mistgabelmob Corbis‘ Gesellschaft gewaltsam auflöst, ist von einer derartigen Gnadenregelung aber nicht mehr die Rede – dem Wort der Kirche war eben doch noch nie zu vertrauen.  Martin kann das Buch nur noch einem kleinen Jungen (seinem Sohn? Who knows) anvertrauen, dann geht’s prompt und ohne weiteres Federlesens auf die bereits für alle Satansjünger bereit stehenden Scheiterhaufen (wir ignorieren mal wieder die Tatsache, dass man in den Kolonien Hexengezücht und ähnliches nie verbrannt, sondern aufgeknüpft hat. Aber dramatische Flüche aus den lodernden Flammen sind nun mal kinematischer). Ob der Schändlichkeit des Predigers, Martin mit grillen zu wollen, folgt, dass Aaronessa ihre Zustimmung zur allgemeinen Verbrennung der Satanisten zurückzieht und das bringt wiederum ihr selbst einen Logenplatz, gleich neben dem Ehemann, auf der Flambiermeile an. Corbis, Seite an Seite mit seinem eigenen Ehebesen Priscilla (Diane LaVey, des Satanskirchenchefs eigenes Weib) angezündet, lässt sich fluchtechnisch nicht lumpen und schwört muwa-haa-hend die übliche finstere Rache, ehe er abfackelt. Das Buch aber ist seither im Besitz der Familie Fyffe-née-Preston und wird von Generation zu Generation weitergegeben.
Gut, damit haben wir zumindest ein paar Erklärungen, aber noch nicht wirklich eine dafür, warum Corbis das Buch jetzt unbedingt braucht. Tom und Julie kapern Marks Auto und brausen vom Acker, aber nicht weit, denn Tom fällt plötzlich ein, dass es ja doch irgendwie angebracht wäre, täte er noch einen pro-forma-Versuch unternehmen, seinen Bruder zu retten, und befiehlt Julie, zur Preston-Farm zurückzukehren und dort auf Richards zu warten. Er selbst stiefelt zurück nach Stonewall…
… und kommt gerade rechtzeitig, um eine große Freiluft-Satansmessen-Zeremonie mitansehen zu dürfen. Da er dort auffallen würde, schmeißt er sich wenigstens eine Kutte über die Gestalt. Hauptdarsteller der heutigen Zeremonie ist nicht überraschend Mark, dem Corbis noch eine aller-aller-allalallalalalalaletzte Chance einräumen will, aus mehr oder weniger freien Stücken zurück in den aufnahmebereiten Schoß der Satanskirche zurückzukehren. Mark ist allerdings weiterhin renitent, also muss Corbis andere Saiten aufziehen. Er beschwört mit Hilfe seines Hohepriesters (Anton LaVey himself) einen Dämon und transformiert sich höchstselbst in ebenjenen. Aber es hilft nix – ein bissl Latex im Gesicht und wunderschöne Widderhörner an die Rübe geschraubt mag mächtig dämonisch sein, aber es ist immer noch FRIGGIN‘ ERNEST BORGNINE. Ich will ihm IMMER NOCH ein Bier ausgeben und bei Steaks & Rippchen über Football ratschen, aber nicht Angst vor ihm haben…
Auch Mark lässt sich von der Dämonenfratze nicht weiter beeindrucken, also muss der dämonische Corbis das „Wasser des Teufels“ auspacken, das dem widerborstigen Abtrünnigen schon das Gute austreiben wird. Mark wird damit besprenkelt, und obwohl er verzweifelt um sein Seelenheil kämpft, ist er – zu Toms Entsetzen, der sich das ganze Schauspiel aus einer guten Publikumsposition heraus ansieht – irgendwann nicht mehr in der Lage, mentalen Widerstand zu leisten und wird in einen loyalen Satansjünger (und damit einhergehend in eine augenlose Wachsfigur) transformiert. Justament als Mark, nunmehr wieder voll in seiner Martin-Fyffe-Persona, seinen Treueschwur auf den großen Teufel ablegt, fällt im Auditorium den Kuttenheinzen auf, dass Tom nur vorgibt, einer von ihnen zu sein. Mit Müh + Not gelingt Tom die Flucht…

Da muss er aber feststellen, dass Julie auf der Preston-Farm nur luftlochförmig vorhanden ist, alldieweil sie auf den ältesten Trick im Horrorfilmrepertoire, den bösen Handlanger auf dem Rücksitz, herein- und in die Hände der Satansbande gefallen ist.
Auf der Preston-Farm wird Kriegsrat gehalten, da nun auch Dr. Richards eingetroffen ist und mit seiner fachlichen Expertise tatkräftig zur Seite stehen kann. Da wär ich jetzt aber total beruhigt. Tom und Richards untersuchen das Buch und erkennen es als das Nachschlagewerk über die Angehörigen Corbis‘ Zirkels, das es ist. Und seit gestern Nacht hat es einen neuen Eintrag – Mark Preston! Wir denken nicht über die logistische Problematik nach, wie Mark mit seinem eigenen Blut die Unterschrift in einem 150 Meilen entfernten Buch geleistet haben will (wenn Corbis das Buch nicht physisch vorliegen muss, um darin Eintragungen vorzunehmen – warum ist er so scharf drauf, es wieder in seine gierigen Krallen zu bekommen?), sondern sind, wie Tom und Richards, angemessen entsetzt. Richards will sich das Nest der Teufelsanbeter persönlich ansehen, und natürlich sollen Julie, und wenn irgend möglich, auch Mark gerettet werden.
Corbis hat dieweil schon die nächste satanische Messe ausgerufen, und bei dieser Austragung werden nicht nur Voodoopuppen geröstet, sondern ist Julie der besondere Stargast, in der dankbaren Rolle des Menschenopfers. Bevor Corbis allerdings den Opferdolch in attraktive weibliche anatomische Gegenden dengeln kann, stören Tom und Richards das Prozedere. Dieweil die Messe wieder freilüftig gelesen wird, machen die Eindringlinge die Kirche unsicher und entdecken dabei eine nicht sonderlich geheime Geheimtür vor dem Altar, und in dem Kellerloch parkt ein schwurbeliges Gefäß mit eingebautem Fernsehschirm, auf dem wehklagende Menschen zu sehen sind. Richards sieht klar – das ist ein 1A-Seelenfänger und die gepeinigten Seelen derjenigen, die doof genug waren, sich in Corbis‘ Wälzer einzutragen, können von gelangweilten Satansfürsten dort beobachtet werden. In einer mir persönlich eher rätselhaften Anwandlung identifiziert Richards das Seelengefäß als das „Wasser des Teufels“, mit dem Mark in Martin Fyffe rückverwandelt wurde. Das ist natürlich ebenso sachlich falsch wie blödsinnig und wird von mir daher sicherheitshalber auf einen Synchrogoof geschoben, den ich mangels Vorliegen der Originalsprachfassung auf meiner DVD leider nicht überprüfen kann. Jedenfalls is‘ doof, ne…
Corbis mag sich das unsachgemäße Hantieren mit seinem Seelentopf nicht gefallen lassen und fällt mit seinen Schergen, in vorderster Front auch Ex-Mark und Mama Preston, in die Kirche ein. Tom und Richards ziehen sich sicherheitshalber in die Schatten zurück, aber Blödmann Richards hat das Buch auf dem Altar liegen lassen…Falls ihr auf den großen Auftritt von John Travolta wartet – jetzt kümmt er. Niemand anderes als der Johnnyboy persönlich entdeckt nämlich den liegen gelassenen Schmöker und drückt ihn Corbis in die Hand. Dafür gibt’s auch ein paar Streicheleinheiten vom Satanspriester persönlich (und damit hätte sich Travoltas handlungsrelevante Mitwirkung am Film auch erschöpft). Corbis wähnt sich am Ziel seiner Träume, doch da traut sich Richards, der was gutzumachen hat, an die offene Konfrontation und droht, den Seelenpott zu zerdeppern. Martin/Mark hat sich aber in der Zwischenzeit unauffällig an Richards herangeschlichen und kann dem Doofmannsbeutel die Seelenvase, ähm, in aller Seelenruhe aus den Händen pflücken. Dieweil Corbis das als den ultimativen Loyalitätsbeweis versteht, appelliert Richards an Marks Restbestand an Menschlichkeit (indessen hat sich Tom abgesetzt, um Julie zu befreien, die sich weiter vorhin schon mal in einem gläsernen Gefängnis, das wir nunmehr unschwer als den Seelenpott verstehen können, visioniert hat). Mark ringt mit sich, bis er schileßlich und endlich wieder dem Team des Guten beitritt und den Seeleneimer mit Schmackes zerdeppert.

Findet Corbis jetzt natürlich nicht so lustig und wird, so der Priester, der sich mal wieder in sein Dämonenselbst transmogrifiziert, mit finsteren Konsequenzen, i.e. dem titelgebenden Teufelsregen, bestraft. Der beginnt auch prompt durch das lädierte Kirchendach zu pladdern und beginnt, die Wachssatanisten aufzulösen. Zwar ist das Zeug nach längerem Regenfall auch tödlich für Nicht-Satanisten, aber die erwischt’s zuerst (was den Kram als Waffe in Satans Repertoire zumindest fragwürdig erscheinen lässt). Zu Corbis‘ eigener Überraschung beginnt aber auch er selbst zu schmelzen, obwohl er sich keiner Schuld bewusst ist, aber mitgefangen, mitgehangen, und dass der Teifi keine fairen Deals abschließt, müsste er ja eigentlich als erster wissen. Für Mark und Ma Preston gibt es bedauerlicherweise keine Rettung, aber Tom hat wenigstens Julie gefunden und sich unter den Arm geklemmt. In einer mindestens fünf Minuten langen Schmelzorgie zeigen die Make-up-Techniker, was sie können (it’s not that much), bis auch Corbis in seine Bestandteile geglobbert ist. Aus der geheimen Satansgrube schlagen Flammen, stecken die Kirche in Brand, bis das ganze satanische Gotteshaus in die Luft fliegt…

Dieweil Tom über das Schicksal der Verwandschaft grübelt, fordert Julie unter Verweis auf ihr eigenes Martyrium eine Umarmung ein. Die wird spendiert, doch als sich Tom von der Kamera weg- und Julie zu ihr hindreht… verwandelt sich Julie in den grinsenden Corbis, während Julie immer noch in ihrem Glasgefängnis gegen die Wände trommelt… SHOCK!!!!
 
 
 
 
 
Hach. Wenn alle Satanisten so sympathische Knuddelbären wären wie Ernest Borgnine, die hätten sich längst als DIE Weltreligion durchgesetzt. Es ist wirklich die spezielle Krux des (ansonsten sicher auch nicht weltbewegenden) Streifens, dass Borgnine als Satanspriester *die* Fehlbesetzung des 20. Jahrhunderts darstellt. Nicht, dass an seiner Schauspielkunst etwas auszusetzen wäre oder er sich nicht mit vollem Engagement in die Sache wirft, aber… er ist nun mal einfach kein böser Dämonenpriester, wie sehr er sich auch bemüht, unter dem Widderhorn-Make-up Eindruck zu schinden als wäre er Hellboys unehelicher Stiefvater (siehste, einen 70er-Jahre-Hellboy, DEN hätte ich Borgnine abgenommen). Damit steht und fällt nun einmal der Erfolg von THE DEVIL’S RAIN als Horrorfilm, denn wenn man seinen Schurken nicht als Bedrohung kauft, was hat ein Horrorfilm dann noch?

Nun, vielleicht wenigstens ein Drohpotential von ausreichender Höhe, um mit den Helden mitfiebern zu wollen… Tja. Schön wär’s, aber was genau jetzt die „stakes“ sind, um die es geht, lässt der Film erschreckend vage. Ja, Corbis will das Buch, aber wenn er es hat, was dann? Was kann er damit anstellen? Die Apokalypse auslösen? Mehr Kultisten konvertieren? Ich meine, Vorsteher einer Satansgemeinde am Arsch von Nirgendwo zu sein, macht sich vielleicht gut auf der Visitenkarte, ist jetzt aber auch nichts, wofür ein durchschnittlicher Psychopath morgens aufstehen würde. Und Corbis (ob er nun eine Reinkarnation des „alten“ Corbis ist oder ein-und-derselbe, ist auch eine Frage, die das Script mit Freuden unbeantwortet lässt) ist ja auch ohne Buch nicht gerade „underpowered“. Er kann Dämonen beschwören, neue Einträge ins Buch veranlassen und steht mit dem Deibel gut genug auf du und du, was also ändert der physische Besitz des Buchs genau am status quo? Well, es waren die 70er. Da brauchte man keine großen Gründe, man kloppte auf irgendetwas das Etikett SATAN!!! und damit war der Käs der Motivation gegessen.

Das nächste Problem, mit dem uns THE DEVIL’S RAIN behelligt, ist die durch’s Drehbuch bedingte Aufspaltung der Heldenrolle. Mark aka The Shat fällt ja mit seiner Umwandlung zum Wachsmalkasper als Held aus (auch wenn er tatsächlich im Showdown noch eine wichtige heldenmäßige Funktion übernimmt, für die die an dieser Stelle eigentlich formal vorgesehenen Helden Tom und Richards zu blöde sind), also muss Tom alias Skerritt übernehmen und so sehr ich den guten Mann als Schauspieler schätze, ist es keine Rolle, die ihm liegt. In den 80ern kultivierte Skerritt ja durchaus erfolgreich den „stock character“ einer vordergründig steifen Autoritätsfigur mit gutem Herzen, was eine exzellente Schablone für bedeutende Nebenrollen (wie in TOP GUN) oder einen semi-satirischen Umgang damit (wie in PICKET FENCES) abgibt, aber als hippie-artiger Freigeist-släsh-Wissenschaftler  überzeugt er ebenso wenig wie als „dynamic action dude“. Der Film würde deutlich besser funktionieren, hätte man auf Marks „Umwandlung“ verzichtet (man hätte ihm ja immer noch einen Sidekick zur Seite stellen können, dessen Transformation den erwünschten Schockeffekt bewirkt), da Shatner in dieser Karrierephase eindeutig sowohl charismatischer als auch glaubwürdiger als „Actionheld“ war als Skerritt (aber vermutlich hat man mit dem Sort-of-Abservieren des zweitgebillten Stars auf eine Art PSYCHO-Janet-Leigh-Effekt gehofft. Da war aber dann halt der „Film danach“ deutlich besser).
Immerhin – der Film müht sich um eine temporeiche, schnörkellose Erzählung ohne große Umwege, Nebenkriegsschauplätze oder nirgendwohin führende Subplots. Corbis will das Buch zurück, Mark und dann Tom versuchen das zu verhindern, das ist alles, was in Endeffekt an „Plot“ erzählt wird. Das geht da und dort auf Kosten messbarer Charakterentwicklung (speziell bei Tom), aber es ist zumindest direkt, auf den Punkt hin inszeniert und verschwendet keine Zeit.  Die Kameraführung von Alex Phillips (FADE TO BLACK, DER SCHATZ VON CABOBLANCO, MURPHYS GESETZ, FEUERWALZE) ist unspektakulär, aber brauchbar – mit seinem Wüstensetting hat der Film mal wieder nicht den aller-attraktivsten zu fotografierenden Hintergrund; die „Bühne“ für die große Satansmesse ist aber ebenso ein passabler Hinkucker wie die von Anton LaVey fachmännisch ausgestattete Satanskirche.

Für einen Film, der bis heute keine FSK-Freigabe hat, sondern nur mit einem SPIO/JK-Gutachten im Handel ist, ist THE DEVIL’S RAIN in Sachen Gewaltdarstellung sehr züchtig. Die (nie wirklich erklärte) Eigenschaft der Kultisten, Wachsfiguren zu sein, macht deren Dahinschmelzen en gros nicht wirklich brutal-blutig, sondern nur recht eklig-schleimig (wobei sich die Wirkung durch das exzessive Abschmelzen in der gut fünfminütigen Schluss-Sequenz auch abschwächt… irgendwann nimmt man die Auflösungserscheinungen der Kultisten mit einem gewissen Achselzucken zur Kenntnis). Zuständig für die Make-up-FX ist Eillis Burman jr., für den THE DEVIL’S RAIN nach einigen Fernseharbeiten die erste Filmaufgabe in verantwortlicher Position war – später war er u.a. auch im Workshop von Stan Winston tätig und fand ab 1989 regelmäßige Beschäftigung als einer der go-to-Make-up-Künstler des STAR TREK-Franchise. Bemerkenswerter als die zerschmelzenden Wachskörper sind für mich die Gesichts-Make-ups der augenlosen Satanisten. Die funktionieren nicht als „augenlose Gesichter“, aber dafür umso besser als „Menschen, die Masken ihrer eigenen Gesichter tragen“. Ich bin nicht sicher, ob das der von Burman beabsichtige Effekt ist, aber es ist definitiv creepy…

Zu den Schauspielern hab ich mich ja schon geäußert – Borgnine ist enthusiastisch wie immer und hängt sich voll rein, aber er müsste schon vor der Kamera echte Hundewelpen skalpieren, damit ich ihm ernstlich böse sein könnte. Shatner hat nicht viel Gelegenheit für sein charakteristisches Overacting und Skerritt ist einfach der falsche Typ für die falsche Rolle. Joan Prather bringt keinerlei echte Ausstrahlung mit (die Rolle gibt aber auch nicht viel her), Eddie Albert muss man dafür bewundern, Dialoge jenseits der Stupiditätsgrenze mit gewisser Autorität glaubhaft aufzusagen.  John Travolta dürfte sich hauptsächlich freuen, trotz seiner Mini-Rolle tatsächlich im Vorspann genannt zu werden, Keenan Wynn seh ich immer wieder gern, aber er ist vreschwnedet, und Ida Lupino hat auch praktisch nichts zu tun. Immerhin, es ist ein ziemlich namhafter Cast für einen B-Horror-Film, da kann man nicht meckern.

Die mir vorliegende DVD kommt von Laser Paradise, schimpft sich 2-Disc-Edition und ist tatsächlich eine der „besseren“ Veröffentlichungen meines „Lieblingslabels“. Der Film liegt tatsächlich in anamorphem 2.35:1 vor – das Bild ist zwar ziemlich weich und gelegentlich merklich unscharf, aber, hey, ANAMORPH und ungeschnitten! Wovon man angesichts der Coverangabe 76 Minuten nicht ausgehen konnte, aber wir haben hier tatsächlich die volle 86-Minuten-Fassung vor uns, was aber auch bedeutet, dass der (ausschließlich deutsche) Ton aus der Original-Synchro und neu synchronisierten Parts für die bisher gekürzten Stellen zusammengesetzt wurde. Und leider wurde nicht nur wenig Wert darauf gelegt, die Stimmen der Sprecher einander anzugleichen, manchmal reden die neuen Sprecher auch schieren Blödsinn, so wenn Julie plötzlich davon redet, die Satanisten säßen in „Redstone“. Als Extras gibt’s Trailer und Radiospots, auf der zweiten DVD findet sich die Shatner/Nimoy-Doku MIND MELD, die zwar ziemlich gut ist, aber jeder aufgeklärte Trekkie eh schon im Schrank stehen hat.

Summa summarum – als Horrorfilm ist THE DEVIL’S RAIN ein Versager, aber ein extrem gut besetzter. Wenn man nicht im erklärten Willen an den Film geht, sich erschrecken zu lassen, sondern einfach Spaß am Gebotenen zu haben, dann kann man an dem Streifen und vor allem Borgnines Performance schon viel Freude haben.

© 2019 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 7

BIER-Skala: 5


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