My Big Fat Independent Movie

 
  • Deutscher Titel: My Big Fat Independent Movie
  • Original-Titel: My Big Fat Independent Movie
  •  
  • Regie: Piotr Zlotorinsky
  • Land: USA
  • Jahr: 2005
  • Darsteller:

    Paget Brewster (Julianne), Neil Barton (Sam), Eric Hoffman (Harvey), Darren Keefe (Johnny Vince), Ashley Head (Anomalie), Brian Krow (Memento Guy), Neil Hopkins (Lanky Man), Rob Schrab (Bald Genius)


Vorwort

Die extrem coolen Hitmen Sam und Harvey werden von ihrem Boss beauftragt, einen Raubüberfall in Las Vegas zu vermasseln. Als dritten Mann sollen sie am Mulholland Drive einen Mariachi mit einem Gitarrenkoffer voller Waffen treffen, doch aufgrund des ein oder anderen unglücklichen Zufalls verwechseln die Gangster ihren Komplizen mit dem pathetischen Loser Johnny Vince, der trotz einstweiliger Verfügung immer noch seiner Ex nachsteigt, ohne zu merken, dass die durchgeknallte Französin Anomalie, gesegnet mit einem Faible für ganz besonders komplizierte Pläne, ihrem Liebsten näher zu kommen, versucht, bei ihm einzufädeln. Sam, Harvey und Johnny machen sich auf den Weg nach Vegas, müssen aber vorher Instruktionen abholen. Diese vermittelt ihnen ein seltsamer Typ, der nicht nur anatomisch ungewöhnlich ausgestattet ist, sondern auch unter Gedächtnisverlust leidet und Kenny G. töten will, weil seine Frau von dessen Musik in die nächste Welt befördert wurde. Einen Gedächtnisaussetzer später ist eben jener Kerl davon überzeugt, dass unsere „Helden“ mit der schändlichen Mordtat in Verbindung stehen und setzt ihnen nach. Noch während Sam & Co. in Julianne, einer unglücklich verheirateten Supermarktangestellten, eine willige Geisel finden, um den vorgeschriebenen „unlikely bond“ einzugehen, ist ein glatzköpfiges Genie, das soeben die Formel für das perfekte Corned-Beef-Sandwich ausgeknobelt hat, auf der Flucht vor einem Trio gewaltbereiter Rabbis, die das göttliche Rezept um jeden Preis haben möchten. Auf dem Weg zum verlassenen Lagerhaus in Vegas, wo der versaute Raub über die Bühne gehen soll, begegnen allen Beteiligten noch diverse kuriose Charaktere, die dem Filmgeek durchaus vertraut vorkommen könnten…


Inhalt

Und noch ’ne Parodie. Es musste ja so kommen… nachdem „Independent-Filme“ oder zumindest solche, die dafür gehalten werden, salonfähig geworden sind und als Talentschuppen für up-and-coming-Regisseure wie Christopher Nolan, Guy Ritchie, Kevin Smith etc. Geltung erlangt haben, war es irgendwie nur eine Frage der Zeit, bis jemand auf die (dumme?) Idee kommen würde, die großen Indie-Hits der letzten Jahre in einem ZAZ-mäßigem Gesamtaufwasch durch den Fleischwolf zu drehen.

Ausgehend von der groben Grundlage „Reservoir Dogs/Pulp Fiction“ parodiert „My Big Fat Independent Movie“ (ohne Anspruch auf Vollständigkeit der Liste) Indie-Gassenhauer wie „Swingers“, „Amelie“, „Lola rennt“, „The Hours“, „Memento“, „Clerks“, „El Mariachi“, „Pi“, „Being John Malkovich“, „Magnolia“, „Sex Lies & Videotape“, „Mulholland Drive“, „Snatch“, „Being John Malkovich“, „My Big Fat Greek Wedding“, „Secretary“ etc. pp., plus nicht spezifisch filmbezogener Anspielungen auf Indie-Größen wie Spike Lee oder Christopher Walken. Das sollte von Rechts wegen, speziell wenn man berücksichtigt, dass natürlich auch „My Big Fat Independent Movie“ ein Indie-Movie ist, ziemlich daneben gehen, entpuppt sich allerdings, einen ziemlich kompletten Überblick über die Arthouse-/Indie-Szene des letzten Jahrzehnts vorausgesetzt, zu allgemeiner, zumindest meiner, Überraschung als ziemlich lustig.

Dem Drehbuch können wir natürlich auf herkömmliche Weise nicht zu Leibe rücken, da es nur dazu dient, diverse Episoden und Episödchen einigermaßen sinnig aneinanderzureihen, und müssen uns daher darauf beschränken, eben diese Vignetten (die übrigens tarantinesque per „Kapitelüberschrift“ getrennt werden) auf ihre Lustigkeit hin abzuklopfen. Selbstverfreilich gibt’s hierbei Licht und Schatten – manches ist plain obvious („Amelie“, „Mulholland Drive“), manches gezwungen (blöderweise ausgerechnet die titelgebende Parodie auf „My Big Fat Greek Wedding“), anderes genial-hirnrissig („Pi“, „Secretary“), wieder anderes fast schon subtil-versteckt (bei einmaliger Ansicht wird man sicher nicht alle Anspielungen mitbekommen). Das Niveau der Gags reicht von „wirklich witzig“ bis „plump-infantil“ (speziell ein Abschnitt geht mir mit seinem Fäkalhumor ziemlich auf die Nerven); nicht immer funktionieren die Parodien, aber der Anteil gelungener Gags ist doch noch im positiven Bereich.

Wie schon angedeutet, erschließt sich ein Großteil des humoristischen Potentials des Streifens nur bei Kenntnis der parodierten Filme. Wer normalerweise nur Standard-Blockbuster-Kino konsumiert, wird diesem Film recht verständnislos gegenüber stehen müssen; zwar waren beinahe alle parodierten Filme Erfolge, aber im Indie-Bereich heißt „Erfolg“ ja nicht unbedingt, dass everyone and his brother wissen, worum’s da geht. Selbst meinereiner, der sich in diesem Metier für relativ bewandert hielt, musste doch für die ein oder andere Anspielung nachschlagen.

Unabhängig davon hat der Film natürlich keinen echten Narrative, von dem er wüsste (wobei ich mich schon königlich über die Idee des Auftrags zu einem „botched robbery“ amüsieren kann… nicht, dass in der Folge * tatsächlich * ein Raub durchgeführt werden würde, aber das ist vermutlich der gesteigerte Witz daran, hehe), sondern hangelt sich von Gag zu Gag, vollführt manchmal arge Klimmzüge, um noch’nen Film durch den Kakao ziehen zu können und ist sich im Zweifel für die billige Zote nicht zu schade. Dass immer noch ein gerüttelt Maß funktionierender Gags übrig bleibt (oder zumindest nicht funktionierende Gags, die trotzdem irgendwie witzig sind), ist schon ein kleines anerkennendes Nicken an Drehbuchautor Chris Gore (seines Zeichens Chefredakteur der „Film Threat“) wert.

Langfilm-Debütregisseur Philip Zlotorynski (dessen vorhergehende Kurzfilme dem Buschfunk nach ziemlich gut sein sollen) braucht dem Film natürlich keinen eigenen Stempel aufzudrücken, weil’s natürlich auch darum geht, den Stil der verhohnepiepelten Vorbilder einzufangen. Das gelingt mal mehr („Pi“), mal weniger (leider gerade bei den zentralen Tarantino-Parodien) gut (wer sich übrigens wundert, warum Dogma-Filme ihr Fett nicht wegbekommen… doch, sie tun es, in einer kurzen Musical-Nummer!). Bewusst billig-primitiv sind die „Effekte“ – Mündungsfeuer von Wummen wird im Stil der guten alten Kratzer auf dem Filmmaterial bewerkstelligt und eine „Explosion“ ist beabsichtigt-herrlich-trashig aufkopiert (ja, und selbstzweckhaften Cartoon-Gore bietet der Streifen auch, u.a. auf Kosten von Pauly Shore). Das Tempo ist, dem Sujet angemessen, hoch, wobei dem Inhalt ab und zu ein wenig die Puste ausgeht (d.h. trotz Bemühen um hohe Gag-Frequenz gibt’s die ein oder andere eher füllselmäßig wirkende Sequenz). Foul Language gibt’s selbstredend in rauhen Mengen, dazu auch gratitious lesbian scenes (Quote des Jahres: „You know what they say. Lesbians: better than e-mail!“) (wobei die Möpse in den respektiven Blusen bleiben). Erwähnenswert ist auch der launige animierte Vorspann und der catchy Pop-Punk-Titelsong.

Die darstellerischen Leistungen sind auch nicht hundertpro fair zu bewerten, da es ja darum geht, die einschlägigen Vorbilder zu imitieren. Eric Hoffman („Talent“, „Brainwarp“) und Neil Barton (diverse TV-Auftritte) tragen mir als Travolta/Jackson-Karikatur etwas zu dick auf, Darren Keefe („Slaughter Studios“, „Hatchetman“) ist angemessen likeable als Doofi-Loser Johnny, der keine Ahnung hat, was eigentlich genau vorgeht. TV-Profi Paget Brewster („Criminal Minds“, „Brainwarp“, „Andy Richter Controls the Universe“, „Friends“) als „not-so-good-girl“ Julianne ist mir etwas zu blaß, dafür machen Ashley Head als Amelie-Parodie Anomalie, Brian Krow als „Memento Guy“ und vor allem Neil Hopkins („Lost“) als Chris-Walken-Klon „Lanky Man“ viel Spaß.

Bildqualität: Eurovideo/MIG präsentieren den Film in anamorphem 1.85:1-Widescreen. Das Ausgangsmaterial war, der vermuteten niedrigen Budgetierung zu verdanken, wohl nicht das allerbeste. Detail- und Kantenschärfe bewegen sich auf durchschnittlichem Niveau, der Kontrast könnte deutlich ausgeprägter sein, die Kompression ist, ähm, steigerungsfähig; nichts für Nachzieher-Allergiker. Verschmutzungen oder Artefakte gibt’s allerdings nicht.

Tonqualität: Der Konsument hat die wahl zwischen einer deutschen Synchronfassung in Dolby 5.1 und englischem O-Ton in Dolby 2.0. Ich habe mich wie so häufig für die Originaltonfassung entschieden, die deutlich kräftiger sein könnte, aber ihren Zweck erfüllt. Leider gibt es keine Untertitel.

Extras: Als Bonusmaterial gibt es zwei Audiokommentare (einen Regie- und Drehbuchkommentar und einen weiteren Commentary des Casts; nicht untertitelt), die ich noch nicht angetetet habe, dazu den Originaltrailer.

Fazit: „My Big Fat Independent Movie“ ist nichts für den Gelegenheitsfilmkucker – dem wird einfach der Zugang zum Film verschlossen bleiben, weil er die parodierten Elemente nicht zuordnen kann. Für den Hardcore-Indie-Fan ist der Streifen im Umkehrschluss eine Fundgrube – respekt- und geschmacklos wird alles veralbert, was im Independent-Film der letzten zehn-fünfzehn Jahre von mehr als drei Leuten gesehen wurde; selbstverfreilich auf „low-brow“-Niveau (sonst wäre es keine Filmparodie… so etwas wirklich *intelligent* zu machen, scheint absolut nicht mehr in zu sein), aber schon von gewissem Unterhaltungswert. Ohne die Abstürze in Fäkalhumoruntiefen würde mir der Streifen deutlich besser gefallen, aber er hat schon genügend hirnverbrannte Ideen, um eine gut angeheiterte Filmgeekparty wenn schon nicht wegen der Umsetzung, dann zumindest der Ideen halber ordentlich zu amüsieren. Die Eurovideo-DVD ist kein Ruhmesblatt ihrer Zunft, geht als zweckmäßig aber eben noch so durch. Viewer’s Advise: Handle with care, not for everyone.

3/5
(c) 2006 Dr. Acula


mm
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