- Deutscher Titel: Mutant - Das Grauen im All
- Original-Titel: Forbidden World
- Alternative Titel: Mutant |
- Regie: Allan Holzman
- Land: USA
- Jahr: 1982
- Darsteller:
Jesse Vint (Mike Colby), Dawn Dunlap (Tracy Baxter), June Chadwick (Dr. Barbara Glaser), Linden Chiles (Dr. Gordon Hauser), Fox Harris (Dr. Cal Timbergen), Ray Oliver (Brian Beale), Scott Paulin (Earl Richards), Michael Bowen (Jimmy Swift), Don Olivera (SAM-104)
Vorwort
Space-Marshal Colby ist einer der härtesten Hunde im Dienst der Föderation und hat gerade erst einige fiese Raumpiraten in den galaktischen Orkus geblasen – daher freut er sich (und auch sein Gehülfenroboter SAM) auf einen anständigen Heimaturlaub. Wird aber nix – auf dem Planeten Xorbia ist ein Notstand unbekannter Art ausgebrochen und Colby wurde persönlich als bester Problemlöser der Galaxis angefordert. Da kann man nix machen.
Xorbia ist ein abgelegener Steinhaufen von Drecksplanet und Sitz einer geheimen Forschungsbasis unter der Fuchtel des leicht exzentrischen Eierkopfs Dr. Gordon Hauser. Die Stimmung in seinem Team ist renitent – es ist kaum zu übersehen, dass Hauser nicht sonderlich scharf auf Colbys Anwesenheit ist, seine werten Teammitglieder inklusive Supergenie Dr. Timbergen aber durchaus glauben, dass es hier einen Job für Colby gibt. Das Team forscht im Bereich Genmanipulation herum, was im Kontext eines SF-Films noch selten eine gute Idee hat. Genauer gesagt pflanzen die Weißkittel die DNA einer einheimischen Bakterie in harmloses Erdengetier. Eines dieser Experimente, Subjekt 20, blieb aber nach der Behandlung nicht harmlos, massakrierte den Rest des Versuchstierbestands auf brutal-blutige Weise und hat sich im Anschluss verpuppt, um die nächste Stufe seiner Entwicklung vorzubereiten. Colby wäre ganz dafür, Subjekt 20 mit Feuer und Schwert in die nächstbeste Hölle zu schicken, aber Hauser insistiert, dass das Biest, von dem er auch absolut nicht rausrücken will, was seine nicht-außerirdische Komponente ist, von unschätzbarem Wert für die Wissenschaft usw. usf. Ihr kennt das.
Die Entscheidung wird also vertagt und Jimmy, augenscheinlich der letzte in der Nahrungskette (hüstel) wird verdonnert, das Labor gründlich aufzuräumen. Dabei steckt Doofnase Jim selbige in das Terrarium, in dem sich Subjekt 20 einquartiert hat und wird Augenzeuge der nächsten Evolutionsstufe des Biests. Er hat allerdings nicht ganz so viel davon, weil das Viech ihm als erstes mal das Gehirn weglutscht. Schöne Bescherung, zumal Dr. Timbergen ob der Entdeckung selbiger verblüfft feststellt, dass Jimmy, sofern man eine gewisse lockere Interpretation des Terminus wählt, noch lebt (er ist AfD-Funktionär? Die sind auch ohne Hirn lebensfähig). Das allein ist schon recht blöd, noch blöder ist allerdings, dass Subjekt 20 sich, trotz Hausers Versicherung, das das Ding niemals nie nicht das gesicherte Labor verlassen könne, verpisst hat.
Auf Drängen seines Teams muss Hauser ein oder zwei bislang verheimlichte Wahrheiten offenbaren – zunächst mal ist die Bakterie eine solche von ungeheurer Reproduktionspower, weshalb Hauser auf die Idee kam, sie mit irdischen Tieren zu verbinden, um dadurch das bestehende Nahrungsmittelknappeheitsproblem zu lösen. Was an und für sich nichts verbotenes ist, aber Hauser beließ es eben nicht bei vergleichsweise vernünftigen Ideen – er wollte herausfinden, was passiert, wenn man die Alien-DNA mit der eines Menschen verbindet und fand dafür im Team tatsächlich eine Freiwillige… nun, den Rest kann sich der geneigte Zuschauer an seinen elf Fingern ausrechnen.
Colby, Hauser und Brian gelingt es, das Mistvieh außerhalb der Station aufzuspüren, doch der Vernichtungsversuch geht mächtig in die Hose. Das Ding schnappt sich Hauser und macht es sich ausgerechnet im Kontrollraum der Station gemütlich – dieweil findet Timbergen bei der Untersuchung des sich langsam in eine reine Protein-Lasagne verwandelnden Jimmy heraus, dass die Absicht des Monsters es ist, die Menschen der Station in eben solche proteinreiche Nahrung zu verwandeln. Hausers Assistentin Barbara Glaser verfällt auf die Idee, mit dem Wesen kommunizieren zu wollen, was zwar technisch gesehen klappt, faktisch jedoch nur ermittelt, dass mit dem Wesen nicht gut Kirschen essen ist. Wird Colby eine Methode einfallen, wie er das Monster vernichten kann?
Inhalt
„Alien“ war, wie wir auch schon ein ums andere Mal erwähnt haben, für die Filmbranche ein kollektives Erweckungserlebnis. SF und Horror in einem, das konnte funktionieren und Massen von Kinogängern in die Lichtspieltheater locken! Und, so dachte sich so mancher findige Producer, so TEUER sah das doch eigentlich gar nicht aus… eine Handvoll Schauspieler, ein paar schlecht ausgeleuchtete Korridore, ein halbwegs manierlicher Monstersuit, was braucht es mehr? Das vernachlässigt natürlich ganz geringfügig ein paar kleinere Faktoren, die zum „Alien“-Erfolg beitrugen wie Ridley Scotts Regieleistung, Gigers Design und das großartig zusammengestellte Ensemble, aber soweit denkt Hollywood-B-Produzent K.L. Eingeist ja nur selten.
Kurioserweise ist die ursprüngliche Inspiration für „Forbidden World“ aka „Mutant“, wie der Streifen auf den nicht-US-amerikanischen Märkten hieß, gar nicht mal der Wunsch, auf der „Alien“-Welle mitzuschwimmen (wenngleich das natürlich vom fertigen Produkt gern mitgenommen wurde). Roger Corman – who else – wandte sich an seinen Schützling Allan Holzman, der u.a. „Battle Beyond the Stars“ geschnitten hatte, mit dem frommen Wunsch, dieser möge in vier Tagen einen SF-Film schreiben, der in sieben oder acht Tagen abgedreht werden könne. Corman gab Holzman noch mit auf den Weg, dass er einen Raumpiloten und einen Roboter haben möchte, und sich ansonsten so etwas wie „Lawrence von Arabien“ im Weltraum vorstelle. Genau mein Humor.
Raumpilot und Roboter blieben letztlich übrig, „Lawrence von Arabien“ war – wie auch Corman zugeben musste – unter den Bedingungen natürlich nicht möglich, also gingen Holzman und seine Kollaborateure (zu denen ein gewisser Jim Wynorski gehörte) die schmerzloseste Route des günstigen „Alien“-Derivats. Was auch den pekuniären Vorteil hatte, dass praktisch alles, was Holzman brauchte, schon da war – die Kulissen standen noch von „Galaxy of Terror“ rum (womit dann auch James Cameron eine Verbindung zu „Forbidden World“ hat), in Sachen Spezialeffekte konnte er sich freimütig bei „Battle Beyond the Stars“ bedienen. Holzman sagte später, das einzige, was speziell für den Film hergestellt wurde, wären die Jumpsuits der Frauen gewesen.
Auch wenn Corman am Ende doch gute 20 Drehtage bewilligte, ist „Forbidden World“ in mancher Hinsicht schon ein konfuser Film – das beginnt natürlich schon bei der Weltraumschlacht zu Beginn, in der niemand, zumindest kein Zuschauer, weiß, wer’s da überhaupt auf Colby abgesehen hat und warum, und bei dem sich Colbys und SAMs Handlungen im Cockpit nur rudimentär mit dem Geschehen rund um sie herum in Verbindung bringen lässt. So geht’s dann auf Xorbia weiter – warum genau Colby (und ausgerechnet Colby) angefordert wurde, ist mir schleierhaft. Ursprünglich scheint mir Xorbias Probleme keins für einen taffen Space-Marshal-Raumpiloten zu sein, sondern für einen gut ausgerüsteten Kammerjäger. Wer Colby angefordert hat, ist ebenfalls fraglich – Hauser als geistig-moralisches Oberhaupt der Station steht dem Marshal von Anfang an recht antagonistisch gegenüber und hält wesentliche Informationen zurück. Andererseits ist Hausers Operation auf Xorbia schon reichlich unprofessionell – Timbergens aggressiver Krebs-Husten (huch!) ist vermutlich auf 10 Meilen gegen den Wind dazu geeignet, Testwerte unbrauchbar zu machen, Tracy und Jimmy sehen nicht so aus, als hätten sie Qualifikationen, die über „Grundschule abgeschlossen“ wesentlich hinausgehen (was Jimmy davon hat, merken wir ja schnell), ein Labor, in dem an Genen herumgeschraubt wird, das nicht mal vollständig abgeriegelt werden (oder im Krisenfall durch Luftabsaugen, Flammenwerfer oder kleinen thermonuklearen Sprengkopf sterilisiert werden kann), schreit ja geradezu nach schwerwiegenden, äh, Betriebsunfällen. Wir reden aber natürlich auch von einem hochwissenschaftlichen Labor, in dem Stöckelschuhe zur vorgeschriebenen Arbeitskleidung für weibliche Wissenschaftlerinnen gehören. Not that I’d complain too vigorously…
Colby ist denn auch über weite Strecken ein recht unnützer Held – nicht viel, was er tut, trägt entscheidend zum Plotfortgang bei, meistens ist er nur überraschter Zuschauer; gut, er darf Barbara vernaschen (und beinahe auch Tracy, täte da nicht das fiese Meuchelmonster den party pooper mimen). Man kann ihn natürlich auf der Basis, dass ihm wesentliche Informationen bewusst vorenthalten werden, verteidigen, aber er könnt ja auch etwas alpha-männlicher auftreten und das Heft des Handelns an sich reißen.
Was auch keinen gesteigerten Sinn ergibt, sind Timbergens pseudowissenschaftliche Ausführungen zur Entwicklung und Motivation des Monsters. Wieweil ich ja noch halbwegs mitgehe, wenn Timbergen erläutert, dass das Monster die Menschen zu besser verwertbaren Proteinklumpen umwandelt, kann doch in keiner Weise, wie Timbergen behauptet, von einer „unerschöpflichen“ Nahrungsquelle für das Monster die Rede sein, sind doch nur ein halbes Dutzend Leute auf der Station und sieht es nicht so aus, als könne das Monster weitere Menschen anlocken oder sich selbst mit Colbys Raumschiff ins Universum pusten. Perfekter Organismus my ass!
Recht nervig is Colbys Robot-Sidekick SAM, der aber nun mal Cormans Bedingung war. Holzman trieb immerhin damit Schabernack, dass SAM in der vom Regisseur präferierten Fassung absichtlich nur schwer zu verstehen ist und kaum nützliches zur Situation beiträgt (oft genug wird der arme SAM einfach nur abgeschaltet, weil er nervt). Ansonsten besteht der Film größtenteils aus den üblichen Zutaten eine Alien-Klons – Charaktere latschen ohne guten Grund alleine durch die stets gleichen Korridore, um vom Monster gestalked werden zu können, oder quatschen sich gegenseitig mit nonsensical dialogue zu, als würde es morgen verboten. Holzman baut immerhin noch für jede seiner weiblichen Darstellerinen eine Nacktszene ein (leider beide mit Colby, der nun nicht unbedingt der attraktivste Vertreter des männlichen Geschlechts ist), und spart nicht an Gore (wobei ich echt sagen musste, dass ich beim Anblick von Jimmys Lasagneform ordentlich Appetit bekam. Ich hab Probleme. Schätze ich). Mit knapp 80 Minuten (etwas mehr oder weniger, je nachdem, welche Schnittfassung man sich zu Gemüte führt) nimmt sich der Film zumindest nicht zu viel vor und hat mich zumindest, was die Überlebenden angeht, zu 50 % überrascht.
Da Holzman vom Schnitt kommt, überrascht es nicht, dass der Meister versucht, budgetbedingte Beschränkungen über das Editing zu regeln – schon gleich zu Beginn, als Colby von SAM aus seinem Tiefschlaf geweckt ist, hackt Holzman in die entsprechende Sequenz sekundenkurze Cuts aus späteren Szenen, und auch im Finale arbeitet er mit solchen flash edits auf vorangegangene Ereignisse. Die Kameraarbeit von Tim Suhrstedt („Idiocracy“, „The Wedding Singer“) ist zweckmäßig, der teilweise elektronische Score von Susan Justin („The Final Terror“, „Grunt! The Wrestling Movie“) nicht so schlecht.
Zu bemerken wäre noch, dass Allan Holzman versuchte, ein wenig schwarzen Humor ins Prozedere zu bringen, was Corman überhaupt nicht gefiel. Als bei einem Testscreening tatsächlich gelacht wurde, legte der Chef die Schere an und schnippelte alles, was ihm zu humorig erschien, heraus. In der deutschen Fassung wurde kurioserweise die Weltraumschlacht vom Beginn zusätzlich (als „neue“ Sequenz) noch mal ans Ende getackert, um den Film über die 80-Minuten-Marke zu hieven.
Die Darsteller sind leider nicht so das Gelbe vom Ei.
Jesse Vint („Little Big Man“, „Chinatown“, „Silent Running“) ist nicht nur „optisch“ kaum leading-man-Material, es mangelt ihm auch an Charisma – das ginge halbwegs in Ordnung, wenn er einen „guy next door“, oder, im „Alien“-Kontext, einen galaktischen Schutt-Trucker mimen würde, aber nicht, wenn er als Super-Space-Marshal augenscheinlich den Stolz der Föderation darstellen soll. Dawn Dunlop („Night Shift“, „Barbarian Queen“), ein kurzlebiges 80er-B-Starlet (kurzlebig in Bezug auf die Karriere, meines Wissens erfreut sie sich bester Gesundheit), wurde von Holzman persönlich gecasted (Corman wollte eigentlich ein Playboy-Bunny), und sie ist zumindest eine enthusiastische Scream Queen (und ohne Probleme, aus den Gewändern zu fahren). June Chadwick („V“, „This is Spianl Tap“, „Jumpin‘ Jack Flash“) sollte es ob ihrer Vita besser können, steht dem ganzen Unterfangen aber mit sichtlicher Rat- und leerer Ausdruckslosigkeit gegenüber. Ein bisschen Leben kommt nur in ihrer Sexszene in sie. Linden Chiles („The Green Hornet“), der gesetzlich vorgeschriebene Alt-Mime, spielt den Hauser ein bisschen evil um des Evilseins willen. Fox Harris („Repo Man“, „Sid and Nancy“) geht mir als ständig röchlend-hustender Timbergen recht schnell auf die Nerven. Eine kleine Rolle als Stations-Security-Chef Earl (logischerweise einer der ersten, der sich verabschiedet) geht an Scott Paulin („The Right Stuff“, „Teen Wolf“, „Cat People“).
Die Roger-Corman-Cult-Classics-DVD made in USA (von Shout Factory) kommt vollgepackt mit Extras auf zwei Silberscheiben. Disc 1 bringt den Corman-R-Rated-Cut in restauriertem 1.85:1-Widescreen sowie mit Audiokommentar, Featurettes, Interviews, Trailern etc. pp., Disc 2 den unrated Director’s Cut in 4:3 (allerdings allenfalls bessere Workprint-Qualität).
Insgesamt gehört „Forbidden World“ sicher noch zu den genießbareren Alien-Kopisten. Zwar ist nichts wirklich originell und das ganze Script atmet ein wenig den Geist des „wir kloppen da einfach mal was zusammen“, aber durch die Freizügigkeit der Mädels und den Willen, sich in Sachen Gore und Glibber nicht lumpen zu lassen, kommt ein solider Unterhaltungswert bei rum. Als billiger B-Randale-Film brauchbar, aber filmhistorisch sicher nicht *wichtig*.
© 2019 Dr. Acula
BOMBEN-Skala: 6
BIER-Skala: 6
Review verfasst am: 19.02.2019