Moving Targets

 
  • Deutscher Titel: Moving Targets
  • Original-Titel: Moving Targets
  •  
  • Regie: David Giancola
  • Land: USA
  • Jahr: 1998
  • Darsteller:

    Sue Ball (Zoe Crowe), Libby Hudson (Susan Fredricks), Mark „Woody“ Keppel (Walter King), Miles O’Keeffe (Corliss), Burt Ward (O’Malley), Tim McKay (Alan Fredricks), Paul Schnabel (Werner), Linnea Quigley (Erica Jackson)


Vorwort

Schon seit längerem ist die New Yorker Polizei hinter dem Nadelstreifen-Gauner Corliss her, dessen einträgliches Business-Imperium nach außen hin legal wirkt, aber auf Bestechung, Erpressung und Mord aufgebaut ist, nur nachweisen konnte man ihm bisher nichts. Bis es den Detectives Crowe und King durch eine kleine Erpressung ihrerseits gelingt, Corliss‘ Rechtsverdreher Fredricks zum Auspacken zu bewegen. Zufälligerweise hat der sich eh schon eine Diskette mit allen Beweisen für Corliss‘ finstere Machenschaften als Lebensversicherung angelegt. Nützt ihm nur wenig, wird er doch auf den Stufen des Gerichtsgebäudes von einem Heckenschützen in die nächste Welt geballert. Crowe und King haltens ich an Fredricks attraktive Witwe Libby, die im Besitz der ominösen Floppy sein soll. Doch erst ein prophylaktisch verübter Mordanschlag überredet Libby zur Zusammenarbeit mit den Cops. Corliss‘ Killer versuchen, Libby auszuschalten, doch vergeblich – es kommt zur Anhörung vor Gericht, die jedoch zur Farce wird, ist es Corliss doch durch seinen Kontaktmann im Polizeipräsidium gelungen, die Diskette zu vertauschen. Die amtierende Richterin gibt Crowe 24 Stunden, die Beweise zu beschaffen, aber es sieht schlecht aus. Ihr Partner wird ermordet und Libby entführt…


Inhalt

Hach, endlich mal wieder so ein typischer 90er-Jahre-DTV-Heuler, von dem man noch nie im Leben was gehört hat, den man aber eines Tages in der Supermarkt-Grabbelkiste findet und mitnimmt, weil ein paar Nasen mitspielen, denen man in gewisser Schundfilmfreund-Sympathie verbunden ist – in diesem Falle der ewige „Ator“ Miles O’Keeffe, scream queen extraordinaire Linnea Quigley und Adam Wests TV-Robin Burt Ward (das sind, wenig überraschend, auch die drei Namen, die auf dem Cover erwähnt sind, und ebenso sicher ist, dass alle drei mehr oder weniger große Nebenrollen spielen…). Also die Sorte Film, die man mit keinerlei Erwartung in den Player schiebt und sich eigentlich nur die Frage stellt, ob das audiovisuelle Gesamterlebnis „blah“ oder „schmerzhaft“ sein wird.

„Moving Targets“ rangiert sich im Endeffekt bei „blah“ ein, und das ist schon eine mittelschwere Heiligsprechung – schließlich trifft den Viel-zu-viel-Seher im Vorspann der Schlag, wenn da plötzlich „written by Brett Piper“ steht. Brett Piper! Der Mann, dem wir Gassenhauer wie „Mysterious Planet“, „Galaxy Destroyer“ und „A Nymphoid Barbarian in Dinosaur Hell“ verdanken. Oder anders ausgedrückt – ein Mann, der immer wieder für einen völlig abseitigen Total-Trasher gut ist, dem ich aber ehrlich gesagt kein Geld in die Hand drücken würde, damit er mir ein Drehbuch für einen ernst gemeinten Crime-Thriller runterrattert.

In der Tat ist das „Moving Targets“-Script das einzige in Pipers Filmographie, das entfernt so riecht, als könnte es seriös sein, und da ist es schon eine große Überraschung, dass der Film sich tatsächlich größtenteils ernst spielt (ein paar eher schmerzhafte one-liner erinnern daran, dass auch in Pipers eigenen Regiewerken der injizierte Humor eher von der unkomischen Sorte war) und sich keine größeren Blödheiten erlaubt. Die Story ist zweifellos von der Stange – das übliche Brimborium um den Zeugen, der geschützt und das Beweismittel, das gefunden werden muss. Nichts neues, aber recht routiniert umgesetzt. Nur zweimal musste ich wirklich meckern – zum einen stößt mir auf, dass Libby in einer Szene, in der’s dem Film dramaturgisch in den Kram passt, sich als patente ass-kickerin erweist, nur um in jeder anderen Szene von einem Dreijährigen mit vorgehaltenem Zeigefinger entführt werden zu können, zum anderen kam ich ein wenig ins Grübeln, als Corliss‘ Killer sich in einer Szene über den ersten Kontakt seit langer Zeit zu seinem Chef freut, obwohl er keine fünf Screenminuten vorher Fredricks erschossen hat – und dafür wohl doch auch einen Auftrag hatte…

Ansonsten folgt der Film der bewährten Formel für diese Art Thriller, erlaubt sich den leichten Twist, dass eine Zeugin und eine Polizistin zusammenarbeiten müssen, so dass sich – was schon eine nette Abwechslung ist – mal keine Lovestory entfalten kann (obwohl eine lesbische Lovestory natürlich funktioniert hätte… muss mit Sue Ball aber auch nicht unbedingt sein). Alle wesentlichen Punkte werden abgearbeitet – der ermordete Partner, der korrupte Vorgesetzte, die fiesen Anwälte (die aber durch eine gerüttelt Maß an Anwaltswitzen auch ihr Fett abbekommen), Zeitlimit und in regelmäßigen Abständen fiedeln Piper und Regisseur David Giancola („Wenn die Welt untergeht – Das Wetterinferno“ oder „Illegal Aliens“, in dem Anna Nicole Smith an der Seite von Joanie „Chyna“ Laurer ihren letzten Filmauftritt absolvierte) eine Actionszene ein.

Und die Actionszenen sind gar nicht so übel – abgesehen von einer eher langweiligen Schneemobiljagd haben wir hand-to-hand-combat und zwei patente Autoverfolgungsjagden, eh, ich korrigiere mich, eine Auto- und eine Busverfolgungsjagd (mit zwei Greyhounds, von denen einer geschrottet wird), außerdem wird ein Haus in die Luft gejagt. Ein wenig verwunderlich für einen Film dieser Größenordnung, so dass ich schon darüber spekulieren darf, ob Giancola hier einen Wynorski baute und sich bei teuer produzierter Stock Footage aus großen Filmen bediente (dazu würde auch passen, dass ich mir zumindest einbilde, die Bildqualität wäre bei diesen „großen“ Actionszenen etwas besser als beim Restfilm). Wenn sich jemand an einen Film erinnern kann, in dem eine Greyhound-Verfolgung damit endet, dass einer der Busse von einem Zug auf die Hörer genommen wird (Bildmaterial anbei), möge er sich bitte bei mir melden, ich hab da gerade ’ne Mentalblockade…

Sei’s drum. Giancola integriert die Actionszenen zumindest handwerklich ordentlich in sein Werk, auch wenn’s nicht immer arg dramaturgisch sinnvoll erscheint. Kameraführung und Schnitt sind akzeptabel, wenn auch nicht herausragend und Meister Gianluca stellt mit dem Script auch nichts ausnehmend Doofes an. Der Streifen ist recht kurzweilig, hält dank der Action ein flottes Tempo und, da sein Drehbuch grundsätzlich die bewährten Mechanismen des Genres einhält, es entwickelt sich sogar ein wenig Spannung.

Abträglich ist dem Spaß nur der schauderhafte Soundtrack, der blechern-symphonisch wie aus einem miesen 60er-Jahre-s/w-Thriller daherkommt (und ich denke fast, dass er auch ungefähr das ist, weil sich niemand für die Komposition kreditieren lässt).

Die 16er-Freigabe ist für meinen Geschmack übertrieben – echte on-screen-Gewalttätigkeiten sind nicht zu verzeichnen, der Film ist unblutig und überdies noch prüde (bei Libby Hudson hätte es mich jetzt nicht gestört, wenn ihr der BH mal runtergefallen wäre, ähm).

Die Stars verdingen sich in Nebenrollen, die main characters sind Unbekannte. Sue Ball (die übrigens von Sandra Schwittau in vollem Bart-Simpson-Modus synchronisiert wird, was dem Film eine zusätzliche, äh, Note verleiht) hat in den 80ern ein paar TV-Auftritte absolviert und spielte später in den offensichtlich ganz wohlwollend besprochenen Dramen von Nora Jacobsen „Letter’s to My Mother’s Early Lover“ und „Nothing Like Dreaming“ Hauptrollen. Die badass-Polizistin will man ihr nicht so richtig abkaufen, aber es verbindet sich doch eine ganz gute Chemistry mit der hübsch anzusehenden Libby Hudson („Aufgelegt!“), die – abgesehen von dem oben erwähnten character flaw – einen guten Job als zu rettende Zeugin hinlegt. Mark „Woody“ Keppel, ein Stammschauspieler von Giancola, sorgt bis zu seinem tragischen Abgang für ein wenig meist unlustigen comic relief.
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Miles O’Keeffe absolviert seine Rolle mit geringstmöglichen Aufwand – er hat vielleicht drei-vier größere Szenen, die er mit unbewegter Miene durchpowert. Immerhin, es passt einigermaßen zur Figur – als böser Strippenzieher im Hintergrund ist er dann doch ein wenig besser denn als sympathischer Barbar von Nebenan (in Gregory Darks „Sins of the Night“ spielte er ja auch schon relativ, äh, überzeugend einen Mafiaboss). Burt Ward, der zwangsweise eine Karriere daraus machen musste, in der campy 60er-„Batman“-Serie den Robin gespielt zu haben, hat hier mal eine richtiggehend gute Rolle als korrupter Bulle mit dem Goldenen Herzen zu spielen (und eben mal eine, die nicht mit seinem camp-Image kokettiert). Ein wenig erschüttert war ich über Linnea Quigley in der kleinen Rolle der Bezirksstaatsanwältin Erica Jackson – 1988 ging sie im Alter von 30 Lenzen noch problemlos als leckerer Teenager in Hollywood Chainsaw Hookers durch, 1998 sieht sie sogar deutlich älter aus als ihre realen 40 Jahre. Das scream-queen-Dasein muss doch ein hartes Brot sein, das seine Spuren hinterlässt. Oder war’s doch das Koks?

Bildqualität: Das Grabbeltischlabel Planet Home Entertainment liefert „Moving Targets“ in brauchbarem Vollbild – etwas grobkörnig, aber ohne Defekte und Verunreinigungen, durchschnittliche Schärfe- und Kontrastwerte, leicht unterdurchschnittliche Kompression. Dafür kost‘ dat Ding aber auch nur 2 Euro bei real an der Kasse…

Tonqualität: Deutscher Ton in Dolby 5.1 oder Dolby 2.0 ist angesagt. Praktikabel, nicht mehr, nicht weniger, und mit dem erwähnten Kuriositätenwert der Schwittau-Synchro.

Extras: Trailershow, Bildergalerie und zwei kurze Texttafeln mit spärlichen Infos über Ball und Hudson.

Fazit: Filme wie dieser stauben, seit selbst minderwertige Kabelsender ihre Nachtschleifen mit geringfügig höherwertiger Ware füllen können, unbeachtet in der „niemals-ausleihen“-Ecke der Videothek und eben den Ramschkisten im Supermarkt oder Kaufhaus vor sich hin. Sie sind nicht schlecht genug, um „Kult“ zu werden, nicht gut genug, um positiv aufzufallen. Sie sind einfach nur da – essentieller Durchschnitt, handwerklich ordentlich gemacht, einigermaßen passabel gespielt, aber frei von jeglicher Originalität und Finesse. Bei einem typischen Wynorski-Phoenician-Royal-Oaks-Heuler ähnlichen Zuschnitts kann man sich ja meist noch über die ein oder andere Doofheit amüsieren, „Moving Targets“ kann aber keinen unfreiwilligen Humor, keine in-jokes für B-Film-Fans (trotz Mitwirkung einiger mehr oder weniger exaltierten „Stars) anbringen. Für Brett Pipers Verhältnisse ist das Ding natürlich ungefähr „Citizen Kane“, aber mehr Spaß hat man sicherlich mit seinen unbeholfenen Trash-Kloppern. Einer für den Stapel „ankucken, wenn man alles andere schon gesehen hat“.

2/5
(c) 2016 Dr. Acula


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