Mount St. Helens – Der Killervulkan

 
  • Deutscher Titel: Mount St. Helens - Der Killervulkan
  • Original-Titel: St. Helens
  • Alternative Titel: Mount St. Helens - Der tödliche Berg |
  • Regie: Ernest Pintoff
  • Land: USA
  • Jahr: 1981
  • Darsteller:

    Harry Truman (Art Carney)
    David Jackson (David Huffman)
    Linda Steele (Cassie Yates)
    Clyde Whitaker (Albert Salmi)
    Otis Kaylor (Ron O´Neal)
    Sheriff Wayne Temple (Tim Thomerson)
    Kilpatrick (Bill McKinney)
    Mr. Ellison (Nehemiah Persoff)
    Lloyd Wagner (Henry Darrow)
    Colonel Arnholt (Dan Chambers)


Vorwort

Ich behaupte ja an dieser Stelle vielerlei Dinge, aber ein Statement würde ich nie abgeben: alles zu verstehen. Im Gegenteil, es gibt eine ganze Menge Dinge, die ich nicht verstehe und nie verstehen werde (und damit lebe ich auch ganz gut, denn eine meiner Maximen, die ich mir in meiner bisherigen Lebenserfahrung angeeignet habe, lautet: „Man muss nicht alles verstehen“). Und spätestens seit heute gehört zu diesen Dingen, die ich nicht verstehe, die Veröffentlichungspolitik von marketing film aka Astro. Okay, soll mir durchaus recht sein, wenn die einstigen Neuaufleger von Splatterklassikern (für die Godzilla-Heisei-Laserdisc-Box bin ich Astro immer noch dankbar) sich seit der Übernahme des marketing-Labels mehr in Richtung Mainstream bewegen und sich offensichtlich auch eine goldene Nase an DVD-Releases von grottigen teutonischen Erotiklustspielen wie Sunshine Reggae auf Ibiza u.ä. verdienen. Bei diesen Titeln kann man ja, zugegeben schwerlich, aber immerhin, nachvollziehen, dass manche Leute sie für Kult halten (ich halte sie nur für debil, und das ist nicht immer deckungsgleich), aber wieso zum Geier man nun mit St. Helens einen nun wahrlich nicht kultverdächtigen Katastrophenfilm ausgegraben hat, der schon vor zwanzig Jahren im ZDF über deutsche Fernsehschirme flimmerte (ich muss es wissen, ich hab den Film schon damals aufgezeichnet) und (ausgerechnet) in der hauseigenen Action-Reihe mit DVD-Release adelt, wird mir für eine ganze Weile ein mittleres Rätsel bleiben (ausser jemand aus der Astro/Marketing-Chefetage erklärt mir das persönlich). Allerdings fragte ich mich dann auch wieder ob des Erhalts der DVD, warum ich den Streifen denn dann auch noch unbedingt besprechen wollte. Schätze, ich muss bei Astro insofern Abbitte leisten, als ich auch meine eigenen Entscheidungen nicht immer verstehe.

Nun, das Review ist fest zugesagt, also wollen wir uns auch mal ranmachen. Zum „Glück“ konnte ich mich an den Film auch überhaupt nicht mehr erinnern und vollkommen unbelastet rangehen.


Inhalt

F ür jüngere Zuschauer, sprich solche, die 1980 noch nicht unbedingt die Nachrichten verfolgten, sofern sie überhaupt schon existierten, erinnert uns zu Beginn eine Texttafel daran, dass wir es hier nicht mit einer ausgedachten, sondern einer realen Katastrophe zu tun haben, die am 18. Mai 1980, 8.32 Uhr, stattfand – der heftigste Vulkanausbruch der jüngeren nordamerikanischen seismologischen Geschichte.

Die Titelsequenz wird mit zugegeben äusserst eindrucksvollen Naturaufnahmen der winterlichen Landschaft des Nordosten der USA und der Musik von Goblin (ja, genau diese Goblin) begleitet. Ein Insert informiert uns, dass wir den 20.3. schreiben, also knapp zwei Monate vor dem grossen Ausbruch. Aber schon gibt es erste düstere Vorzeichen – am St. Helens gehen Erdrutsche vor sich, die Tiere des Waldes sind hypernervös, Erdspalten öffnen sich und ekliger gelber Globber tritt aus dem Boden aus.

Von solchen Vorgängen unbehelligt sucht Sheriff Temple (B-Film-Ikone Tim Thomerson) das Camp des örtlichen Grossmagnaten (und damit designierten Evil Capitalist) Whitaker auf, dessen gedungene Schergen, äh, Holzfäller, gerade dabei sind, die gefällten Stämme per Hubschrauber abtransportieren zu lassen. Der schwarze Helikopterpilot Otis hat aber ein Problem – ihm klatschen Vögel in ziemlich blutigem Matsch gegen die Windschutzscheibe, was den Heli zum Trudeln bringt und Otis veranlasst, seine Fracht, einen Zwanzig-Meter-Kaventsmann von Stamm, abzukoppeln und fallen zu lassen (recht verantwortungslos, denn immerhin laufen unten ein ganzer Haufen Leute rum und müssen sich mit Hechtsprüngen in Sicherheit bringen). Temple interviewt den Gelandeten, hört sich dessen Bericht an („Ich weiss nicht, was das war“ – hm, fliegt in der Luft, klatscht gegen die Scheibe und ist dann blutiger Glibsch… wie wär´s mit Vögeln?) und spekuliert auf Wachteln (dann sollte ein Gourmet schleunigst die Scheibe abschlabbern). Zu fröhlicher Country-Mucke fährt Temple dann zum örtlichen Eremiten Harry Truman, der an einem idyllischen See mit seinem Collie eine Lodge bewohnt und Boote an Touristen vermietet, obgleich er den Stadtmenschen, die seiner Ansicht nach eh nur die Landschaft verpesten und sowieso alle Idioten sind („die haben sogar einen Haiköder dabei, glauben die, dass Nessie hierhergezogen ist?) wahrhaft keine Sympathien entgegenbringt. Temple erzählt Harry vom Vorfall bei den Holzfällern. Harrys glaubhafte Theorie: die Treibgase aus Deosprays hätten die Atmosphäre zerstört (soweit, so nicht falsch) und nun würden Killerstrahlen von der Sonne die Tiere verrückt machen und die Wachteln veranlassen, höher zu fliegen als sie es gemeinhin tun. Dann gibt er noch ein paar Öko-Allgemeinplätze a la „die Menschheit erfindet viel zu viel Sachen, die die Erde verseuchen“ von sich und der Sheriff macht doch lieber den Abgang.

Die Erde rumpelt erneut, schmeisst Bäume um und einen direkt vor des Sheriffs Wagen. Die Neugier geweckt, inspiziert Temple die Gegend und entdeckt erst den komischen gelben Globber und dann eine Camper-Familie, die sich über wild an der Wasseroberfläche herumspringende Fische wundert. Die Tierwelt ist in Aufruhr und der clevere Gesetzeshüter wirft ein kritisches Auge auf den nahen, angeblich erloschenen Vulkan.

Die seismischen Aktivitäten erregen immerhin so viel öffentliches Interesse, dass die TV-Meldung gleich nach der über die Geiselnahme in der amerikanischen Botschaft in Teheran kommt (historisch Interessierte, die damit nichts anfangen können, mögen „Geiseldrama Botschaft Teheran“ in Google kloppen). Die Verantwortlichen reagieren und schicken einen Experten vor Ort, der am 24.3. eintrifft – David Jackson, der dem Sheriff ein wenig zu jung für den Job vorkommt. Dennoch können die beiden sich gut leiden. Jackson erklärt dem scheinbar nicht wirklich allgemeingebildeten Temple, dass Tiere auf geologische Veränderungen instinktiv reagieren, Temple revanchiert sich mit dem Zitieren einer indianischen Legende über die Entstehung des lokalen Gebirgszuges. Dann quartiert sich David, während eine Lawine am St. Helens abgeht, im „Whitakers Inn“ ein und baut seine Gerätschaften auf. Aber anstelle zu arbeiten geht der Geologe von Welt sichtlich erst mal einen saufen, in der einzigen Kneipe des Ortes, einer Redneck-Bar, in der eine Country-Band aufgeigt und die versammelten Cowboys tanzen und Bier aus Pitchern einlöten. David pflanzt sich an den Tisch des Sheriffs, wo auch des Gesetzesmannes Eheweib und deren Freundin Linda sitzen. Otis, der Pilot (und Vietnam-Veteran) hat ein wenig Ärger mit den örtlichen Tough Guys, ohne dass die fast schon erwartete Kneipenschlägerei ausbricht und Evil Capitalist Whitaker erfüllt seine Klischees, indem er den gerade eingetroffenen David zur Rede stellt und ihm klar macht, dass von vulkanischen Aktivitäten überhaupt gar keine Rede sein könne. David lässt sich nichts sagen und gewinnt dadurch beim Sheriff weitere Respektspunkte. Ehe wir sagen können „Linda wird wohl Davids Love Interest“ hat David die Blondine auch schon zum Tanz aufgefordert. Der angetrunkene Temple und sein Weibi verziehen sich, in seiner Hütte kämpft Harry einen vergeblichen Kampf mit einer angebrannten Ente (zum Essen, mein ich jetzt) und Linda schüttet David nach drei Minuten Bekanntschaft Herz und Lebensgeschichte aus, in kürze: geschieden, alleinerziehende Mutter, des Jungen wegen von Chicago in die Natur gezogen. Linda nimmt David unbürokratisch nach Hause, wo Sohnemann Chad den wildfremden Kerl sofort ins Herz schliesst (und ganz besonders erstaunt mich, dass Chad telepathisch veranlagt zu sein scheint, denn er nennt David sofort beim Vornamen… oder vielleicht schleppt Mama Linda ja täglich einen David ab).

Die Erde bebt weiter und Otis bekommt Ärger – er wird nämlich von seinen „Freunden“ aus der Bar von der Strasse gedrängt. Otis versteckt sich zunächst, während die Rednecks mit Äxten sein Auto zerlegen und dann gedenken, ähnliches auch mit dem schwarzen Mann zu veranstalten. Aber man weiss ja – leg dich nie mit einem Vietnam-Veteranen an, zumindest nicht im Rahmen eines B-Films. Otis beweist, dass drei gegen einen in diesem Fall unfair für die drei Angreifer ist, denn er tritt ordentlich in Hintern. David fährt zufällig vorbei und meint, sich einmischen zu müssen und fängt sich dafür eine aufs Maul ein. Otis erledigt die Schläger im Alleingang und bedankt sich trotzdem artig für Davids äusserst zweifelhafte Mithilfe: „Ich schulde dir was.“ Bitte?? Okay, okay, instant friendship, schon klar, werden wir schon noch brauchen können. Die Erde rumpelt und der lebende Seismograph David diagnostiziert auf Anfrage ein Beben der Stärke 4,5, sechs Meilen entfernt. Der Knabe ist gut.

David kontaktiert seine Vorgesetzten und empfiehlt, Vorbereitungen für eine eventuelle Evakuierung der Region einzuleiten, was seinem Chef, Lloyd Wagner, nicht recht gefällt. Temple gibt David den Tip, sich mit Harry zu unterhalten, der Experte dafür sei, wenn´s darum geht, herauszufinden, wie viele Leute sich wo in den Wäldern herumtreiben, die man in Sicherheit bringen müsste. Aber der Sheriff warnt: man muss bei den Einheimischen, inkl. ihm, schon heftige Überzeugungsarbeit leisten, will man sie dazu bringen, ihre Häuser zu verlassen. David erinnert an den Ausbruch des Krakatau mit seinen 33.000 Toten (trotzdem wohl nicht wirklich zu vergleichen, denn der Grossteil der Krakatau-Opfer ging auf das Konto von Flutwellen, und die sind hier nicht wirklich zu befürchten) und schliesst mit der Mahnung, einen Vulkan, erloschen oder nicht, nie zu ignorieren. Temple hat er zumindest schon mal überzeugt.

Dennoch, so richtig eilig scheint´s David mit seiner Missionsarbeit nicht zu haben, denn er nimmt sich erst mal Zeit für einen Waldspaziergang mit Linda, die er zwar mit ungeheuer romantischem Geschwafel über Vulkane zulabert, aber ganz offensichtlich nicht verhindern kann, dass die Frau sich in ihn verliebt – erst recht natürlich, als er damit rausrückt, durch den „Zauberer von Oz“, respektive den dort vorkommenden Tornado, zur Forschung auf diesem Gebiet inspiriert worden zu sein (Tornados, Vulkane, alles die selbe Sosse, gelle?). Man schmatzt sich ab, wird aber durch heftiges Gehupe gestört. Oben auf der Strasse stört sich nämlich Harry mit seinem rosa Cadillac an Davids unvorschriftsmässig abgestellter Schleuder. Die Einwände des Geologen, dass ja wohl genug Platz wäre, um vorbeizufahren, ziehen bei dem alten Knacker nicht, die beiden geraten sich in die Wolle, schlussendlich mimt David den Klügeren, der nachgibt und setzt dabei seine Karre noch in den Graben. Prima Auftakt für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit, realisiert David, als Linda ihm verklickert, mit wem er sich da gerade angelegt hat.

27.3., und David betreibt tatsächlich ein wenig Forschungsarbeit, er stapft in die schneebedeckte Landschaft und baut am Fuss des Vulkans seine Geräte auf. Und die haben auch gleich was aufzuzeichnen, denn es gibt einen Ausbruch und der St. Helens spuckt eine riesige Asche- und Staubwolke in die Luft. Das Fernsehen berichtet vom fast kilometerdurchmessenden Krater, den die Explosion in die Flanke des Vulkans gerissen hat. Das ruft Davids Vorgesetzten auf den Plan, den ausgesprochen unleidlichen Lloyd Wagner, der das Kommando an sich reisst und David heftigst kritisiert. „Irgendwer muss hier doch mal für Ordnung sorgen!“

Während der St. Helens weiter vor sich hin rumpelt und grummelt und ganze Reporterscharen einfallen, nimmt Harry Chad zum Fischen mit auf den See und schenkt dem Jungen (oooh wie süüüüüüss) einen Welpen. Otis entdeckt eine neue Einnahmequelle und fliegt mit dem Helikopter für schlappe 500 Dollar pro Nase Reporter um den Vulkan. Aber die Lage bleibt weiter bedrohlich: ein weiteres Erdbeben reisst eine Stromleitung um und fackelt einen bestimmt nicht allen Feuerschutzbestimmungen entsprechenden Hühnerstall ab: Fried Chicken!

Wohl auf Vermittlung Temples haben sich David und Harry inzwischen, trotz weiterer Kabbeleien wegen des Auto-Vorfalls, einigermassen lieb und der alte Knabe gibt gerne Auskunft über die diversen Gruppen von Waldarbeitern, Campern und Jägern, die in den Wäldern unterwegs sind und evakuiert werden müssen. Sich selbst nimmt Harry selbstredend aus, kommt gar nicht in Frage, dass er sein Haus verlässt.

3.4. und Temple ist völlig konfus – das Nest ist mittlerweile mit Schaulustigen und Reportern überlaufen, Whitaker veranstaltet sogar Paraden, dieweil die Nationalgarde anrückt. Der Provinzbulle fühlt sich jedenfalls geringfügig überfordert. In der Bar hat Linda, die dort als Kellnerin jobbt, einen Zusammenstoss mit ihrem Chef Whitaker und schmeisst, als der ihr blöd kommt, vor versammelter Mannschaft und hundert Gästen die Brocken hin – David kann nur mit Müh´ und Not verhindern, dass sie dem ungehobelten Klotz von Bösmann eine klebt. Draussen lädt Linda David unvermittelt ein, sie nach Hause zu begleiten und wir ahnen, dass sie ihn nicht nur auf ne Tass Kaff einlädt.

Die Evakuierung ist in vollem Gange, Harry kuckt sich das ganze leidlich amüsiert von seiner Veranda aus an und scheucht aufdringliche Reporter, die seine Toilette benutzen wollen, vom Acker, um sich dann auch noch mit Lloyd anzulegen, der Strassensperren hat errichten lassen und auf dem aus Harrys Sicht vollkommen irrationalen Standpunkt steht, er könne ihm verbieten, nach Hause ins Krisengebiet zu fahren, nur weil er jetzt der Chef sei. „Hier am Ort gibt´s drei Chefs,“ verklickert Harry dem Vulkanologen, „und zwei davon bin ich!“ Sprachs und brach durch die Strassensperre. Seine „ich-lass-mir-von-keinem-was-erzählen“-Attitüde macht den alten Zausel schnell zum Darling der anwesenden Reporterschar und so gibt Harry bald an seinem See Pressekonferenzen, in denen er vom zu hörenden Wind am See redet, dann pseudophilosophisch wird und schliesslich unter dem Applaus der Journalisten US-patriotische Floskeln von sich gibt (bei dem Namen auch kein Wunder).

Probleme bereitet dieweil Whitaker, dem sprichwörtlich der ganze Ort und damit auch das örtliche Sägewerk gehört, das möchte David gerne wg. der Evakuierung schliessen lassen, aber Whitaker weigert sich. „Dann wird das die Nationalgarde erledigen“, gibt sich David gelassen, aber Taten folgen auf diese Ankündigung auch nicht.

Dafür bietet ein obskurer Doktor, Angehöriger der „Kirche der Dunklen Götter“ seine Dienste bei der Besänftigung des zürnenden Vulkangottes an – ein Jungfrauenopfer, und die passende Jungfrau hätte er auch gleich dabei. David verspricht dem enttäuschten Doc und seiner jungen Jüngerin, sie als Plan B in Reserve zu halten, aber im Zweifel lieber zu einer einheimischen Jungfrau zu greifen. Der Doktor zürnt: „Wer weiss, ob sie morgen noch Jungfrau ist!“ und zieht mit seiner Fuffzehnjährigen ab.

Abends sitzt man allgemein in Whitakers Bar, David lässt sich von Linda seine Handlinien lesen, wird aber dadurch abgelenkt, dass ein Interview mit Harry im Fernsehen gesendet wird und dessen „Keiner-vertreibt-mich-von-hier“-Aussagen von den anwesenden Cowboys enthusiastisch gefeiert wird. David ist klar, dass das seine Arbeit kaum erleichtern wird, obwohl der Gouverneur den Notstand ausrufen und den ganzen Ort weiträumig von der Nationalgarde abriegeln lässt, was erwartungsgemäss bei den örtlichen Geschäftsleuten, die nun vom lukrativen Rummel der Schaulustigen abgeschnitten sind, auf wenig Gegenliebe stösst. Und so beruft Whitaker am 27.4. eine Gemeindeversammlung ab und überrascht die Öffentlichkeit mit seinen Verhandlungsergebnissen mit Regierung und Justiz: der Ort wird wieder für Touristen geöffnet und wer im Krisengebiet lebt und arbeitet, darf dort wieder hin, sofern er eine Verzichtserklärung unterschreibt, die den Staat Washington von jeglicher Verantwortung befreit. David will Einwände erheben, aber Whitaker schneidet ihm das Wort ab, doch da fällt dem Grossmogul überraschenderweise Harry in den Rücken: „Lass ihn reden!“ David lässt sich nicht lumpen und beschreibt en detail die Auswirkungen eines Vulkanausbruchs auf den menschlichen Metabolismus, wahlweise kann man einfach schmelzen, wenn man nah dran ist, oder, wenn´s einem lieber ist, an der heissen Asche ersticken. Die Zuhörerschaft ist beeindruckt, aber Whitaker lässt Wagner feststellen, dass es keinen Beweis für einen anstehenden Ausbruch gibt, was dummerweise auch David bestätigen muss. Und so wird die Verzichtserklärung fleissig unterschrieben, nur Harry weitert sich zu Whitakers Überraschung, seinen Friedrich Wilhelm unter das Formular zu setzen. David ist ein wenig geknickt, weil seine Überzeugungskraft zu wünschen übrig liess, aber dafür versichert ihm Linda, dass sie ihn liebt. Wer hätt´s gedacht? Ein weiterer Erdstoss bringt beinahe Lindas Haus zum Einsturz.

Wagner veranstaltet eine Pressekonferenz, in der er immerhin einräumt, dass der neue Erdstoss einen Buckel am St. Helens gebildet habe, der möglicherweise, aber seiner Meinung nach unwahrscheinlicherweise, mit Lava gefüllt sein könnte. Aber der einzige Weg, genaueres herauszufinden, bestünde darin, dass jemand eine Gesteinsprobe aus dem Krater holt, und schliesslich könne niemand sooo verrückt sein…

Mumpitz. Schliesslich ist David unser tapferer Held und er hat einen Vietnam-erfahrenen Piloten als Freund, dem zwar die Muffe geht, aber der David trotzdem gern direkt in den Krater fliegt, damit er dort ein paar Pröbchen einsammeln kann. Justament gerade jetzt gibt´s ein paar kleinere Eruptionen und David schafft es nur knapp mit heiler Haut und Gestein zurück in den Helikopter.

Dennoch, aus Davids Sicht totaler Erfolg, denn Lloyd Wagner muss dem Gouverneur am 9.5. mitteilen, dass nach Auswertung der Daten ein grosser Ausbruch unmittelbar bevorsteht, aber er vergisst nicht, David für seine „Verantwortungslosigkeit“ zur Sau zu machen. „Du bist zu einem Politiker geworden,“ beleidigt David seinen Chef, „ich bin Wissenschaftler, was du bist, weiss ich nicht.“ Jedenfalls lässt sich David von Wagner nicht vom Berg abziehen, er will beim Ausbruch vor Ort sein.

Temple versucht noch einmal halbherzig, Harry zu überreden, sich evakuieren zu lassen, aber natürlich macht der alte Knacker da nicht mit: „Ich habe hier meine Frau und meine Tochter begraben. Ich denke, du verstehst mich.“ Temple versteht und zieht ab. Otis fliegt Linda, Chad und das Hundebaby aus, natürlich nicht ohne eine herzzerreissende Abschiedsszene, in der Linda ihren Angebeteten anfleht, doch mitzukommen, schliesslich habe sie extra für ihn ihr Credo, sich nie wieder mit Kerlen einzulassen, gebrochen, aber David lässt sich nicht erweichen.

So richtig scheint sich das mit dem Grossen Ausbruch nicht rumgesprochen zu haben, denn in Whitakers Bar ist weiterhin High Life inklusive grossem Armdrück-Wettbewerb. David macht sich gefrustet dort vom Acker und sucht mit einer gepflegten Flasche Fusel Harry auf. Der erzählt auch gerne von seiner toten Frau, spielt für David Klavier und fragt sich und David nach einem verdächtigen Rumpeln aus Richtung Berg, wieso zum Geier denn David noch hier sei. Er selber, also Harry, habe sein ganzes Leben hier gelebt und würde auch nirgendwo anders hinwollen, ausserdem könne er ja seine Fans (wg. der Fernsehinterviews) nicht enttäuschen. David hat als Grund nur zu bieten, dass der St. Helens SEIN Berg sei und er sich später einmal nicht vorwerfen wolle, nicht dabei gewesen zu sein, wenn der Korken hochgeht. Harry lädt David ein, bei ihm zu pennen, was David dankend annimmt.

18.5. (und wenn Ihr Euch noch an den Anfang erinnert, das ist Doomsday). Reichlich enervierend werden uns im Sekundentakt mit eingeblendeten Uhrzeiten Alltagsszenen gezeigt – David, der seinen Kram packt, um Fotos vom Berg zu machen, Harry, der mit seinem Köter auf den See paddelt, um zu fischen, Temple, wie er im Ehebett aufwacht, Whitaker, der einen zu spät kommenden Arbeiter zusammenscheisst – spätestens um „8.28 Uhr“, bei der sage und schreibe siebten Uhrzeiteinblendung innerhalb von zwei Minuten, ging mir das reichlich auf den Fisch. Zum Glück ist bald 8.32 Uhr und damit BOOOOOOM-Time. David kann gerade noch per Funk „das ist es“ durchgeben, ehe er von der Eruption verschlungen wird, Harry geht mitten auf dem See hops, diverse Camper und Jäger werden frittiert oder erstickt – in der Stadt bricht Panik und Chaos aus – Autos überfahren Fussgänger, krachen ineinander oder werden von der Staub- und Druckwelle umgeworfen (der Mix aus Originalaufnahmen und überzeugender Tricktechnik ist recht wirkungsvoll). Nach ein paar Minuten ist der Spuk vorbei.

Linda erfährt im Exil aus dem Radio, dass David zu den Vermissten gehört und bekommt die zu erwartende Krise. Dann zeigt uns die Kamera „the day after“-Bilder toten Landes und der Erzähler informiert uns über Einzelheiten der Katastrophe: eine Eruption von der Stärke von 500 Atombomben, die 550 Quadratkilometer Land verwüstete, eine Staubwolke, die zwei Jahre lang die Erde umkreiste, 59 Tote und 175.000 getötete Tiere. Und, unheilsschwanger, Experten sagen, der Vulkan könne jederzeit erneut ausbrechen…

W er obige Plotzusammenfassung gelesen und dazu einen beliebigen Katastrophenfilm der 70er Jahre gesehen hat, stellt fest, dass wir es hier mit einem ziemlichen Standardprodukt zu tun haben. Was diesen rasch gedrehten Schnellschuss-Nachzieher zur realen Katastrophe von einem Irwin-Allen-Produkt unterscheidet, ist nicht mehr als sein realer Hintergrund. Aber bezüglich der eigentlich erzählten Geschichte bedient sich St. Helens des bewährten, „beliebten“ und bis heute (wenn man Dante´s Peak ins Kalkül zieht, der sich phasenweise wie ein Remake dieses Streifens ansieht) kaum veränderten Mix aus ein wenig human-interest-Drama, ein Gutteil böser-Kapitalist-steht-dem-„Guten“-im-Wege-Story und fürs Finale ein paar kurze Minuten von dem, weswegen sich der geneigte Zuschauer einen Film dieser Art eigentlich an sieht, nämlich Katastrophen-Action. All diese Bestandteile leiert St. Helens arg konventionell, aber routiniert runter, reisst in einem nicht weiter verfolgten Subplot sogar Rassismus-Probleme in einer redneck-dominierten Kleinstadt an, liefert die obligatorische Liebesgeschichte, den örtlichen Grosskapitalisten, der seine Pfründe in Gefahr sieht, den Vorgesetzten, der seinem heldenhaften Untergebenen nicht glauben will, dass Unheil naht etc. etc. So gesehen ein Katastrophenfilm streng nach Schema F, der aber in einem Punkt böse schummelt – wir erfahren nicht, ob Whitaker die nach den Genre-Gesetzmässigkeiten verdiente Strafe ereilt, Whitaker und sein Werk werden in der finalen Katastrophe elegant ausgeblendet, das wurmt mich schon ein wenig, schimpfe ich mich doch einen Liebhaber des Genres und dann lege ich schon Wert darauf, dass die Klischees korrekt erfüllt werden. Immerhin ist der Film ehrlich genug, seinen zwei zentralen Charakteren (David und Harry) kein Happy End zu gönnen (ob Temple überlebt, ist angesichts der Bilder auch eher zweifelhaft), was aber auch insofern verständlich ist, als sowohl David als auch Harry realen Figuren nachempfunden sind, die beide beim Ausbruch des Vulkans ihr Leben liessen (und für diejenigen, die wie ich meist angefressen sind, auch Harrys Hund muss wohl dran glauben).

Was den Film aber dann doch über das breite Gros seiner Genrerivalen stellt, sind erstaunlicherweise die Effekte. St. Helens bedient sich einer Mischung aus Original-Aufnahmen (der Ausbruch zählt aufgrund seiner relativ langen Vorgeschichte zu den bestdokumentierten seiner Art), teilweise wird Handkamera-Material von Reportern, die wirklich mitten im Ausbruchsgebiet waren, verwendet, teilweise behilft man sich mit rasch aneinandermontierten Standfotos, und – das muss mir bei der damaligen TV-Ausstrahlung irgendwie entgangen sein – geradezu fantastischen Spezialeffekten von „The Magic Lantern“, denen ich ob der Qualität des Dargebotenen (und wir reden hier von einer Zeit lange bevor CGI in Mode kam) sogar verzeihen kann, einen Effektshot mindestens dreimal eingesetzt zu haben – die Tricks sind wirklich auch nach heutigem Standard mehr als nur ansehnlich.

Von einem inszenatorischen Blickwinkel betrachtet fällt kaum auf, dass es sich bei St. Helens tatsächlich um einen Kinofilm handelt – der Regiestil des routinierten TV-Regisseurs Ernest Pintoff verleugnet die hauptamtliche Einkommensquelle des Meisters, der für so ziemlich jede in den 70er Jahren populäre Fernsehserie tätig war, in keiner Sekunde, das ist – bis auf den dank der Effekte recht fetzigen, aber gerade mal drei-vier Minuten langen Vulkanausbruch am Ende – auf dem Niveau eines gutklassigen TV-Films, ohne gröbere Patzer oder Aussetzer. Nichtsdestotrotz lassen sich einige recht spektakuläre Naturaufnahmen vermelden (obwohl der Film nicht an Originalschauplätzen, was auch irgendwie schwierig geworden wäre, sondern in Oregon gedreht wurde, aber die dortige Natur ist auch nicht von schlechten Eltern).

Fans dürfte vielleicht noch der Soundtrack von der italienischen Filmbeschaller-Legende Goblin interessieren – wie diese Kollaboration zustande kam, würde mich schon mal interessieren, denn eigentlich lieferten Goblin ihre Klangwerke ja zumeist für Horrorfilme, wie den legendären Score zu Dawn of the Dead. Nun gut, kreativ überschlagen haben sich die Italiener für St. Helens sicherlich nicht, ihre Synthiklänge unterscheiden sich nur selten von handelsüblicher TV-Soundtrack-Mucke, da fand ich die nicht weniger als neun zelebrierten Country-Songs fast schon spannender.

Mit Art Carney (Harry) stand eine amerikanische Entertainment-Ikone vor der Kamera. Carney feierte seine grössten Erfolge hauptsächlich im Fernsehen, so z.B. als langjähriger Partner von Jackie Gleason. Seine hiesige Rolle ist kaum dazu geeignet, grossartiges Schauspiel zu zelebrieren, aber Carney bewältigt die Aufgabe routiniert und gelegentlich kauzig-liebenswert. David Huffman, der in den 70ern und 80ern hauptsächlich in TV-Movies wie dem unglücklichen Sequel zu Rosemary´s Baby beschäftigt war und 1985 einem Mord zum Opfer fiel, könnte Horrorfans aus Blood Beach und Clint-Eastwood-Freunden aus dem unsäglichen Firefox ein Begriff sein. Huffman agiert hier ebenfalls sehr routiniert – es ist nicht mehr als eine Standardrolle von der Stange und Huffman spielt nicht gerade um sein Leben, aber man erkennt einen halbwegs fähigen Akteur, wenn er einem auf dem Bildschirm erscheint.

Zu Tim Thomerson muss man Stammlesern dieser Site sicher nicht viel erzählen – und wenn doch, werfe ich nur mal eben Trancers und Dollman in den Raum. Thomerson wird hier von ziemlich lächerlicher Gesichtsbehaarung verunstaltet und hat besonders in der zweiten Filmhälfte wenig bis nichts mehr zu tun, dennoch sehe ich den guten Tim auch in einer für ihn eher unpassenden Rolle immer wieder gern.

Letztes prominentes Castmitglied ist Superfly Ron O´Neal als Otis. Der frühere Blaxploitation-Star hatte im Vorjahr seine letzte bemerkenswerte Rolle in The Final Countdown absolviert und hielt sich in der Folgezeit hauptsächlich mit recht uninspirierten billigen Actionreissern wie Mercenary Fighters, Trained to Kill oder dem extrem schäbigen, aber unterhaltsamen Hyper Space über Wasser. Später sah man ihn auch in Puppet Master 5. Ron hat hier keine gesteigert wichtige Rolle, aber darf zumindest in einer ziemlich ausführlichen Actionszene zeigen, dass er immer noch ziemlich heftig austeilen kann.

Cassie Yates, die recht ausdruckslos die Linda spielt, gab sich 1987 für eine Season lang beim Denver Clan die Ehre.

Wenngleich ich immer noch nicht ganz verstehe, wieso Astro ausgerechnet diesen Film veröffentlicht hat, attestiere ich den Jungs von Herzen gern, dass sie einen geradezu edlen Print ausgegraben haben – 1.85:1-Widescreen, mit wunderbaren Farben, schätze, der Film hat selbst bei seiner Premiere nicht besser ausgesehen. Ein wahrer Augenschmaus. Der deutsche Dolby-5.1-Ton lässt ebenfalls kaum Wünsche offen, vor allem die Soundeffekte kommen ziemlich wuchtig rüber. Die mitgelieferte englische Dolby-2.0-Tonspur ist dagegen reichlich matschig und in den Dialogen ziemlich unverständlich geraten.

Die mitgelieferten Extras hätte sich Astro dagegen durch die Bank sparen können. Unter „deleted scenes“ verbergen sich drei kurze Szenen, die in der früheren deutschen Schnittfassung fehlten und in unsynchronisierten, untertitelten Fassungen dargeboten werden. Prinzipiell keine schlechte Idee, aber da Astro die Szenen auch komplett in den Film eingearbeitet hat, ist dieser Extra-Punkt überflüssig wie ein Kropf (zumal nur eine der drei Szenen von insgesamt etwa 45 Sekunden Länge so etwas wie Relevanz aufweist – in dieser Szene hat Otis erstmals Ärger mit den Schlägertypen in der Bar, so dass man versteht, warum die ihn später in die Schlägerei verwickeln. Die beiden anderen Szenen sind sekundenkurz und streichen nur ein paar völlig bedeutungslose Dialoge). Unter „Artwork“ verbergen sich ein paar Scans des Kinoplakats und früherer Video-Editionen, „Slideshow“ präsentiert ganze 10 (in Worten: zehn) Standbilder aus dem Film (im DVD-Zeitalter, wo man jedes beliebige Bild freezen kann, ist dieses Extra ebenfalls flüssiger als flüssig). Kaltschnäuzig aus der IMDB gerippte Filmographien für Carney, Huffman, Yates und Pintoff schliessen sich an, ehe man sich noch einen „alternativen deutschen Vorspann“ ansehen kann – diese 2:50 Minuten, die noch dazu in grausiger Qualität angeboten werden, unterscheiden sich vom Originalvorspann exakt durch die Einblendung des einzigen Wortes „Killervulkan“ zwischen Titel und „starring David Huffman“. Was das soll???

Okay, letzte Worte: vielleicht hab ich heute wirklich einen grosszügigen Tag, denn ich hab ja schon „Jason X“ gut wegkommen lassen, aber obwohl St. Helens nicht mehr als ein bieder-konventioneller Katastrophenfilm der stinknormalen Machart ist, hab ich mich mit dem Streifen ganz gut unterhalten – es hilft vielleicht (was soll das schon heissen… es hilft mit Sicherheit!), wenn man im Genre des 70er-Katastrophenfilms ein wenig bewandt ist und die diversen Plotentwicklungen vorausahnt und sich freut, wenn die eigenen Vermutungen bestätigt werden. Darüber hinaus ist der Streifen grösstenteils recht kompetent gespielt und kann in seinem Finale mit einigen bemerkenswerten Trick- und Originalaufnahmen punkten. Ob´s unbedingt einen DVD-Release gebraucht hätte, weiss ich nicht, aber die Freunde gepflegter Disaster-Flicks können schlechteres erwischen (so z.B. Dante´s Peak, mein persönliches Katastrophenfilm-Feindbild). Knapper Daumen nach oben.

(c) 2002 Dr. Acula


mm
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