Mortuary

 
  • Original-Titel: Mortuary
  •  
  • Regie: Tobe Hooper
  • Land: USA
  • Jahr: 2005
  • Darsteller:

    Dan Byrd (Jonathan Doyle), Denise Crosby (Leslie Doyle), Alexandra Adi (Liz), Stephanie Patton (Jamie Doyle), Lee Garlington (Rita), Bug Hall (Cal), Tarah Paige (Sara), Courtney Peldon (Tina), Greg Travis (Eliot Cook)


Vorwort

Wieder einmal zieht eine leicht dysfunktionale Familie auf der Suche nach einem gemeinsamen Neubeginn in ein unheimliches altes vermodertes Haus. Sehen sich diese Leute eigentlich NIE Horrorfilme an? In diesem Fall sind es Mutter Leslie, deren Ehemann sich die Radieschen bereits von unten ansieht, Teenage-Sohn Jonathan und die kleine Tochter Jamie. Leslie hat sich nämlich in den Kopf gesetzt, eine auf dem zweiten Bildungsweg eingeschlagene Karriere als Bestattungsunternehmerin zu verfolgen und in einem Provinzkaff eine vermodernde Leichenhalle zu übernehmen. Während sich das Gemäuer entgegen der Zusagen des schmierigen Maklers (oder was auch immer der ist) Cook als Bruchbude, der nur noch mit der Abrißbirne zu helfen ist, entpuppt, findet Jonathan zumindest schnell einen Job in einem Diner sowie Anschluss bei Diner-Besitzerin-Nichte Liz und deren Kumpelfreund Grady, die ihn auch gleich über die örtliche urbane Folklore aufklären. Der letzte Nachkomme der vormaligen Bestatterei-Besitzer sei angeblich a) entstellt, b) von seinen Eltern vielfältig missbraucht worden, habe c) seine missgünstigen Erzeuger eines Tages kaltlächelnd abgemurkst und wäre d) seit damals spurlos verschwunden, wobei aber e) viele glauben, dass er auf dem dem Bestattungsunternehmen angeschlossenen Friedhof eine gemütliche Gruft bewohnt. So gehen die Dinge ihren Gang – Jonathan legt sich mit dem lokalen Tunichtgut Cal an, der mitsamt seinen beiden dummen Tussis prompt nach einer unheimlichen Nacht auf dem Friedhof spurlos verschwindet, Jonathan glaubt sich von auf dem Friedhof im Vorgarten von seltsamen Gestalten verfolgt und niemandem fällt der schwarze Schleim auf, der im Einbalsamierungsraum aus dem Ausfluss und in die Leichen glibbert. Das alles kann natürlich nur in einer Schreckensnacht mit Untoten und dem mysteriösen verunstalteten Killer kulminieren…


Inhalt

Es gibt ernstgemeinte und ernstzunehmende Horrorfilme. Es gibt Horrorfilme, die sich nicht so ernst nehmen und komödiantisch-parodistisch gemeint sind (und manchmal, albeit not often, auch funktionieren). Und es gibt Horrorfilme, die sich bitterernst verstehen, aber maximal als unfreiwillige Komödie zu goutieren sind. Jetzt dürft Ihr, liebe Leser, dreimal raten, in welche Kategorie sich „Mortuary“, der neueste Streich des originalen Kettensägenmassakrierers Tobe Hooper, einstufen lässt.

Ich wusste doch, dass Ihr helle Köpfchen seid – natürlich in die letztgenannte. „Mortuary“ ist ein wunderschönes Beispiel für einen von vorn bis hinten völlig vermurksten Horrorfilm, dem man aber in geneigter Stimmung doch einen gewissen Unterhaltungswert zubilligen kann. Der Reihe nach – Tobe Hooper kann man sicher noch die wenigsten Vorwürfe machen, er muss mit dem leben, was ihm das Drehbuch von Jace Anderson und Adam Gierasch, das Team, das uns auch schon „Crocodile“, „Spider“, „Crocodile II“ und „The Toolbox Murders“ bescherte (und für’s nächste Jahr schon wieder drei Horrorfilme auf der Pfanne aht, darunter Hoopers „Zombies“; insofern kann man Hooper schon einen Vorwurf machen, denn er scheint durchaus freiwillig auf regelmäßiger Basis mit Anderson/Gierasch zu arbeiten), erlaubt. Und das ist nicht viel. „Mortuary“ ist die quintessentielle Klischeezelebrierung, ein in negativer Hinsicht ernüchternd-altmodisches Horrorfilmchen, in dem blöde Charaktere stupide Dinge tun, als hätte es noch nie einen creepy-house-Film gegeben. Der einzige „originelle“ Punkt, den ich dem Streifen anrechnen möchte, ist die Kombination der „disfigured maniac killer“- und „Zombie“-Motive (dass diese Kombination alles andere als einleuchtend oder auch nur wenigstens in einem movie-logic-Paralleluniversum nachvollziehbar begründet wird, versteht sich allerdings ja wohl von selbst). Das Script spielt sich wie ein zusammengeflickschusteres Konglomerat aus „Halloween“, „Amityville Horror“, „Poltergeist“ und ’ner Prise „House of 1000 Corpses“ und kloppt die eifrig zusammengeklauten Versatzstücke überraschungsfrei aneinander. Jeder noch so lausige Scare ist tausend Meter gegen den Wind zu erschnüffeln (und es sind eh nicht wirklich viele, die diese Bezeichnung verdienen); die Charaktere sind langweilig bis vollkommen überflüssig (Liz und Grady bräuchte es streng genommen für die Story, außer als Expositionslieferanten nicht wirklich), sprichwörtliche Klischeekameraden halt, die man schon tausendmal so, ähnlich oder besser gesehen hat. Gelegentlich schimmert Dialogwitz und Situationskomik durch (ob letztere beabsichtigt ist, darüber kann man sich trefflich streiten), was auf jeden Fall verdeutlicht, dass der Film, konsequent auf Comedy getrimmt, durchaus was hätte werden können – nichts berühmtes, aber auch nichts sonderlich schmerzhaftes. Die Dümmlichkeit, mit der sich das Script nach einer eh schon horrorstorytechnisch recht zähen Auftaktphase zum Showdown hin entwickelt, tut allerdings schon gelegentlich weh, wie auch die schon himmelschreiende Naivität, mit der beinahe alle Protagonisten pausenlos ihre Nasen in dunkle, unbekannte Räume, Schränke und Gänge stecken und sich dann wundern, wenn was übles passiert.

Horroraltmeister Hooper tut inszenatorisch, was er kann – er bemüht sich um Atmosphäre und um einen flotten Fortgang der Ereignisse, wird aber vom Script, wie erwähnt, schmählich im Stich gelassen. In der ersten Filmhälfte tut sich einfach nicht viel filmenswertes außer Charakteretablierung, die eigentlich unnötig ist, weil die Figuren nun mal bloße Schablonen sind, in der horror- und effektlastigeren zweiten Hälfte sorgt Hooper für ein lebhaftes Tempo, auch wenn der Film sichtlich darunter leidet, auf ein mainstreamkomptabiles PG-13-Rating hin konzipiert zu sein (es gibt eine einzige kurze Splatterszene). Einige der unterirdischen Sets sind, wenngleich nicht originell, wenn man z.B. das „Haus der 1000 Leichen“ gesehen hat, so zumindest atmosphärisch gelungen und nicht ganz ohne Wirkung. Die Zombie-Masken erfinden das Genre auch nicht gerade neu, sind aber durchaus akzeptabel. Ziemlich peinlich ist der CGI-Einsatz im Showdown – das ist schon verdammt nah an der puren Lächerlichkeit und ich will irrationalerweise hoffen, dass diese FX bis zum regulären Filmstart vielleicht doch noch überarbeitet werden (der Buschfunk trommelte nämlich, dass der Film, um beim FFF gezeigt werden zu können, recht hastig fertiggestoppelt werden musste, was man den Post-Production-FX dann auch deutlich anmerkt). Gorehounds und Splatterfreaks sitzen angesichts der insgesamt sehr blutleeren Inszenierung in der letzten Reihe.

Was mir ganz besonders auf den Senkel geht, nicht nur bei „Mortuary“, aber hier extrem, ist das Sound Design, das sich viele neumodische Horrorfilme auf die Kutte nieten. Jeder noch so vorhersehbare jump scare wird von einem infernalischen Soundgewitter begleitet, als gelte es den Untergang der Titanic, den Angriff auf Pearl Harbour und die Erstürmung des Alamo gleichzeitig zu beschallen. Leute, das unterstreicht keine Horrorstimmung, das nervt nur und ist ungefähr so aufdringlich, WIE WENN ICH MEINE REVIEWS NUR NOCH IN GROSSBUCHSTABEN SCHREIBEN WÜRDE. Es ist stimmungstötend und nicht -förderlich. Dass man anno 2005 keinen Horrorsoundtrack mehr produzieren kann, der nicht hauptsächlich mit NuMetal-Klängen bestritten wird (und, da das ausführende Label Relapse Records heißt, darf’s auch ein bisschen Gegrunze von Bands namens Bongzilla und Pentagram sein), ist ja leider auch keine neue Erkenntnis.

Die nicht unsympathischen Schauspieler leiden unter den unsympathisch-doofen Charakteren, die sie zu spielen haben. Ex-Star-Trek-Next-Generation-Tasha Denise Crosby bekommt’s sechzehn Jahre (die man ihr auch deutlich ansieht) nach dem „Friedhof der Kuscheltiere“ wieder mit Untoten zu tun. Crosby strahlt immer noch eine Likeability aus und hat noch den vielschichtigsten Charakter zu spielen, macht daher insgesamt darstellerisch die beste Figur. Dan Byrd, der den jugendlichen Helden Jonathan insgesamt etwas blass gibt, könnte Horrorallesguckern aus den King-Verfilmungen „Firestarter 2“ und „Salem’s Lot“ (die neue TV-Verfilmung) bekannt vorkommen und wird 2006 in Alexandre Ajas „Hills Have Eyes“-Remake starren. Stephanie Patton, die mit einem „introducing“-Credit ausgestattet wird, obwohl sie schon seit Babyjahren vor die Kamera gehalten wird („Deep Impact“, „Baby Geniuses“) verdient sich den Danielle-Harris-Channeling-Award. Dass man schon als Kinderdarsteller die Performances anderer Kinderdarsteller (noch dazu einer solchen, deren Charaktername in „Halloween 4/5“ auch Jamie lautete) kopiert, war mir neu. Alexandra Adi (Miniauftritte in „American Pie“ und „Jawbreaker“) ist zumindest ein optisches Highlight, ein echter Hingucker. Lee Garlington („Life without Dick“, „American Pie 2“, „Psycho 2/3“) setzt einige komödiantische Glanzpunkte und Bug Hall (Dorffiesling Cal) kann immerhin behaupten, schon einmal Eddie Munster (in einem „Munsters“-Weihnachtsspecial) gespielt zu haben. Hurra.

Fazit: „Mortuary“ ist als Horrorfilm eine Gesamtkatastrophe – spannungs- und scare-frei, zusammengestückelt aus dem Genrebaukasten, scriptseitig ohne Gespür für eine vernünftige Dramaturgie, glaubhafte oder zumindest wirklich wirklich hassenswerte Charaktere (die vorhandenen sind mir wenigstens einfach gleichgültig) und ohne wirklich greifbare originelle eigene Einfälle. Tobe Hooper tut als Regisseur sein möglichstes, aber er hat einfach keine Chance gegen ein dummes Script. Als Genrevielseher kann man aber, bevorzugt nach ein paar Drinks zur Promillepegelsteigerung, durchaus drüber lachen. Dass der Film nicht als Komödie gemeint ist, kann man ja für anderthalb Stunden verdrängen…


mm
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