Moon 44

 
  • Deutscher Titel: Moon 44
  • Original-Titel: Moon 44
  •  
  • Regie: Roland Emmerich
  • Land: BR Deutschland
  • Jahr: 1990
  • Darsteller:

    Michael Paré (Felix Stone), Lisa Eichhorn (Terry Morgan), Dean Devlin (Tyler), Brian Thompson (Jake O’Neal), Malcolm McDowell (Major Lee), Stephen Geoffreys (Cookie), Leon Rippy (Master Sergeant Sykes), Jochen Nickel (Scooter Bailey), Mehmet Yilmaz (Marc)


Vorwort

Nachdem die Bodenschätze der Erde ausgebeutet wurden, prügeln sich interstellare Großkonzerne um Monde und Planeten, deren Rohstoffvorkommen abgebaut werden können. Da die Konzerne sich gegenseitig nicht das Schwarze unterm Fingernagel gönnen, werden die jeweiligen Minenanlagen von Kampfpiloten geschützt, die wiederum ob der widrigen Terrainbedingungen von reaktionsschnellen, jugendlichen Computerwhizkids-Navigatoren betreut werden.
Galactic Mining hat fast alle Rohstoffmonde an die Konkurrenz verloren – nur noch Mond 44 steht unter ihrer Fuchtel, und dort stören unerklärliche Sabotageakte den Betrieb. Die Vorstandsetage schickt daher Captain Stone, einen knallharten Cop, zu Undercover-Ermittlungen nach Mond 44. Getarnt als einer der Strafgefangenen, denen man den Job als Pilot im Austausch gegen Straferlass aufgedrängt hat, infiltriert er die Minenoperation und lernt schnell, das dort einiges im Argen liegt.

Piloten und Navigatoren begegnen sich in fröhlicher Hassliebe, was insofern verständlich ist, als die Navigatoren hier bezahlte Jobs haben, während die Piloten nach wie vor Gefangene sind, Drill-Sergeant Sykes ist ein Arschloch vor dem Herren und Stationschef Lee steht allem Treiben auf seiner Basis merkwürdig indifferent gegenüber. Zudem macht sich Stone mit dem Knacki O’Neal noch einen persönlichen Intimfeind. Die Stimmung ist gereizt, erst recht, nachdem O’Neals Kumpel Scooter seinen Navigator vergewaltigt und von dem beim nächsten Einsatz dekorativ gegen eine Felswand gesteuert wird.

Mit seinem Navigator Tyler kommt Stone tatsächlich auf die Spur des Saboteurs – Sykes scheint der Schuldige zu sein. Oder ist er nur ein kleines Rad im Getriebe?


Inhalt

Dass Roland Emmerich zu „Höherem“ berufen war als für den Rest seines Lebens irgendwelche lauen Fernsehfilme zu drehen, war dem geneigten Filmfreund seit „Das Arche-Noah-Prinzip“ klar. Mehr noch als andere „Auswanderer“ wie Wolfgang Petersen war Emmerich von Anfang an einer, der mit seinen Ambitionen und Visionen nicht ins kleinbürgerliche Deutschland passte – er dachte immer GRÖSSER als seine einheimischen Zeitgenossen. Emmerich war nie ein „Autorenfilmer“ oder jemand, der auf die Meinung des Feuilletons Wert legte, er wollte und will UNTERHALTEN. Man mag heutzutage über Emmerich und seine Big-Budget-Bauchlandungen (die aber, und das sollten wir nicht vergessen, zumeist ihr Geld locker wieder einspielen) ein wenig schmunzeln, aber wenn’s mehr Leute wie Emmerich in Deutschland gäbe, hätten wir hierzulande vielleicht wirklich eine Filmindustrie, die auch FÜR das Publikum arbeitet und bei „Crowdpleaser“ nicht bei „Komödie mit Schweiger und Schweighöfer“ aufhört zu überlegen.

Jedenfalls war bei Emmerich ab seinem Erstling das Streben spürbar, seine „deutschen“ Filme bestenfalls als Fingerübungen und Eintrittskarten für Hollywood herzunehmen. Nach seinem recht dreisten „Poltergeist-meets-E.T.“-Klopper „Joey“ sollte „Moon 44“ Rolands Herzenswunsch erfüllen. Mit einem überwiegend amerikanischen Cast der soliden B-Kategorie und dem Willen, den großen Studios zu zeigen, dass er einen großen Effektfilm stemmen kann, sollte „Moon 44“ tatsächlich das Ticket nach Hollywood für Emmerich werden.

Im Kleinen zeigt „Moon 44“ auch bereits auf, wie Emmerich bei seinen zukünftigen großen Major-Projekten entwickeln sollte – durchaus in der Lage, einen vernünftigen Cast zusammenzustellen, mit einem phantastischen Auge für Set Design, Props, Details und Effektsequenzen, einem sicheren Händchen für Action, und absolut keiner Ahnung davon, wie man ein vernünftiges Drehbuch schreibt und/oder umsetzt. Oder kurz ausgedrückt – „Moon 44“ ist ein toller SF-Film, wenn man auf Story, Dramaturgie und Charaktere keinen Wert legt. Und das sollte sich ja mit Großprojekten wie „Independence Day“, „10.000 BC“, „The Day after Tomorrow“ oder „2012“ ja durchaus als roter Faden durch Emmerichs Karriere ziehen.

Der Cast ist, wie gesagt, solide – Michael Paré war 1990 zwar jemand, der die Versprechungen, die „Das Philadelphia Experiment“ oder „Straßen in Flammen“ gemacht hatten, nicht mit einer richtig großen Karriere einlösen konnte, aber immerhin ein bekanntes Gesicht mit einer natürlichen Verbindung zu pulpiger SF und Action; Malcolm McDowell damals wie heute jemand, den man immer anrufen kann, wenn man einen zwielichtigen Schurken braucht, und Brian Thompson ein absolut akzeptabler „heavy“. Um die drei Leute kann man schon einen ordentlichen SF-Action-Romp aufbauen.

Das Problem des Films ist, dass er keinem dieser fähigen Schauspieler auch nur etwas ansatzweise einem richtigen Charakter ähnliches zuweist – alle sind nur Chiffren für „den Helden“, „den Schurken“ u.ä.. Niemand erhält Background (die einzige Figuren, die überhaupt so etwas wie einen Hintergrund erhalten, sind die Navigatoren Tyler und Marc, und das erschöpft sich darin, dass Tyler den Job als „easy money“ einstufte und Marc überredete, mitzukommen). Man könnte auch cardboard-cut-outs in die Kulissen stellen oder ihre Rollen aus anderen Filmen zusammenschnippeln, es würde am Film nichts wesentliches ändern. Und lasst mich nicht erst von Lisa Eichhorn anfangen, die ersichtlich nur im Film mitspielt, weil Emmerich davon ausgeht, dass ein Film eine weibliche Hauptrolle braucht, und nicht, weil er bzw. seine Story Gründe dafür liefern würden, wozu sie eigentlich da ist.

Darüber hinaus vergisst „Moon 44“ gleich zweimal, welche Geschichte er er eigentlich erzählen will. Wir beginnen mit einem Angriff der bösen Konkurrenzfirma auf einen Galactic-Mining-Rohstoffmond und gehen davon aus, dass der „Krieg“ zwischen den Konzernen unseren Plot ausmachen wird. Als Stone nach Mond 44 geschickt wird, ist das aber nicht das Thema, dann geht’s plötzlich um gestohlene Lieferungen und Sabotage. Ist Stone dann auf Mond 44, vergessen wir DIESEN Plot nun wieder (bis auf ein paar Dialogzeilen zwischendurch) und haben eine Art prison drama mit Vergewaltigungen unter der Dusche, tieffliegenden Tabletts im Speiseraum und generellem sich-gegenseitig-anpissen der Alphamännchen und den dazwischen rumschlumpfenden Teenagern (ich will gar nicht davon reden, dass das ganze Szenario einfach von der Grundanlage dämlich ist. Wieso werden die Strafgefangenen nicht räumlich von den ganz offensichtlich freiwillig und bezahlten Navigatoren getrennt?). Erst nachdem wir diesen Plot gelöst haben, kommen wir zurück auf die Sabotage und dann fällt Emmerich ein, dass er ja eigentlich big SciFi action versprochen hat und jagt uns in den letzten 10 Minuten noch durch den großen Angriff der Konkurrenz.

Es ist sicherlich nicht verkehrt, drei Storylines durch einen Film laufen zu lassen, wenn man in der Lage ist, die sinnvoll zu verknüpfen. Emmerich ist es hier nicht (und das sollte auch zukünftig eines seiner Probleme bleiben), die diversen Plots fügen sich einfach nicht zusammen, und dadurch bleibt der Film ziemlich „uninvolving“.

Was schade ist für den betriebenen Aufwand – die Effekte sind großartig, die Sets toll und atmen den „Nostromo“-erprobten Charme vom low-tech-Ansatz und „Gebrauchsästhetik“, die Modelle von Bernd „Astro-Saga“ Kammermeier sind aller Ehren wert.

Schauspielerisch amtieren Paré und McDowell ziemlich auf Autopilot, einer „engaging performance“ kommt Brain Thompson ziemlich nahe. Dean Devlin, Emmerichs späterer Writing- und Producer-Partner ist als Tyler erträglich – die Figur könnte mehr „annoying“ sein. Stephen Geoffreys (Navigator „Cookie“) ist ziemlich lebhaft, fand sein Glück aber in den spätern 90ern als Darsteller in Schwulenpornos, ist mittlerweile jedoch ins „seriöse“ Horrorfach zurückgekehrt. Leon Rippy, gebucht auf Armee-Kommissköppe und tough guys, zieht in einer Klischeevorstellung des fiesen Drill-Serganten ordentlich vom Leder.

„Moon 44“ ist schlussendlich ein Film, den man eher ob seiner technischen Leistungen respektieren denn als narratives Erzählstück mögen muss. Es zeigt, dass Emmerich die handwerkliche und technische Seite beherrscht, es ihm aber an einem Händchen für Figuren und Geschichten fehlt. Und mit Dean Devlin holte er sich da vielleicht nicht den richtigen Partner an seine Seite…

2,5/5
(c) 2017 Dr. Acula


mm
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