Mondbasis Alpha 1: Die Katastrophe

 
  • Deutscher Titel: Mondbasis Alpha 1: Die Katastrophe
  • Original-Titel: Space 1999: Breakaway
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  • Regie: Lee H. Katzin
  • Land: Großbritannien/USA/Italien
  • Jahr: 1975
  • Darsteller:

    Commander John Koenig (Martin Landau)
    Dr. Helena Russell (Barbara Bain)
    Prof. Victor Bergman (Barry Morse)
    Captain Alan Carter (Nick Tate)
    Sandra Benes (Ziena Merton)
    Controller Paul Morrow (Prentis Hancock)
    Dr. Bob Mathias (Anton Phillips)
    Tanya Alexandria (Suzanne Roquette)
    Commissioner Simmons (Ray Doctrice)
    Ouma (Lou Sutton)


Vorwort

In die tiefe Niederungen des Fernsehens wage ich mich ja, wie Stammleser sicher wissen, recht selten – das liegt nicht darin begründet, dass das Fernsehprogramm für einen Dummfugzerfledderer wie meinereiner kein Betätigungsfeld bietet (heck, ich könnte mich auf Jahre hinaus damit beschäftigen, live das RTL-II-Programm zu kommentieren), sondern eher daran, dass ich mir eigentlich auf die Fahne geschrieben habe, Informationen zu den Filmen zu liefern, die man nicht alle Tage sieht und zu denen keine Unmengen an verwertbaren Daten existieren (Ausnahmen bestätigen die Regel).

Für Mondbasis Alpha 1, eine der Kultserien meiner Kindheit, muss ich diesen Vorsatz aber doch mal brechen… ausserdem war mir heut einfach danach. Wie schon gesagt, verbinden sich mit diesem Stück TV-History nostalgische Erinnerungen meinerseits – ich erinnere mich noch daran, dass ich im zarten Alter von neun Jahren meinen ersten bitterbösen Zuschauerbrief an das ZDF schrieb, weil der Lerchenberg-Sender es gewagt hatte, das von mir spannungsvoll und ehrfürchtig erwartete Ende einer (wenn ich mich heute zurückerinnere, ganz besonders doofen) Episode zugunsten der meines damaligen Erachtens nach vollkommen überflüssigen Berichterstattung über eine absolut bedeutungslose Landtagswahl zu kippen – das ZDF antwortete mir damals sogar und wies darauf hin, dass man die fehlenden Minuten später in der Woche in der „Drehscheibe“ nachgesendet habe – einerseits schon ein Kundenservice, zu dem sich heutzutage kein Sender mehr hinreissen lassen würde, andererseits von begrenztem Nutzwert, wenn man davon als geneigter Zuschauer erst drei Wochen nachher erfährt. Egal, ich habe auch dieses Kindheitstrauma überwunden und mich mittlerweile auch damit angefreundet (durch Wiederholungen gestählt), dass Space: 1999, wie die Serie so schön überholt im Original heisst, bei nüchterner Betrachtung nach einigen ziemlich guten Episoden verdammt schnell in reichlich bodenloser Grottigkeit versumpfte (wer sich einige der, hüstel, exotischeren Folgen aus der zweiten Season zu Gemüte führt, wird verstehen, was ich meine – nicht mal mehr der Sex Appeal von Catherine von Schell als „Transformator“ Maya konnte die dümmlichen Scripts retten) und wohl zu recht nach insgesamt 48 Episoden den Abschied einreichte. Gerry Anderson (der schon die legendäre Puppentrick-Serie Thunderbirds, UFO und später die etwas seltsame SF-Krimi-Serie Space Precint auf die Beine stellte) konnte nicht verhindern, dass die Serie trotz beachtlichen Aufwands und durchaus namhafter Gaststars die Kurve nicht mehr kriegte…

Aber wir reden hier und heute nicht vom eher traurigen Ende, sondern vom vermeintlich vielversprechenden Auftakt der Show, dem Pilotfilm Breakaway. Den wollen wir uns mal genauer ansehen.


Inhalt

Man schreibt (optimistischerweise) den 9. September 1999 – auf dem Mond, der von der Erdbevölkerung als Deponie für den gar toxischen Atommüll missbraucht wird (wenigstens hat man das Zeuch nicht auf den Mars geschickt… den ältesten Kalauer der Werbe-Geschichte verkneife ich mir an dieser Stelle), hampeln zwei Raumanzug-Gestalten in Atommüll-Lager Numero 2 rum, unter dem wachsamen Auge von Professor Victor Bergman, Universalgenie für alle Lebenslagen, und der besorgten Miene von Mond-Chefärztin Dr. Helena Russell. Nordstrom und Steiner, die beiden rotbehosten Moon-Jogger, sollen checken, ob der Nuklearmüll strahlt. Tut er nicht, aber das beruhigt Dr. Russell nicht wirklich. Wir sehen auch gleich, warum – denn auf dem Lebenszeichen-Monitor Nordstroms zeigt sich schon bald unnormale Gehirnaktivität (insert your own joke here); Nordstrom flippt aus, beginnt seinen Kollegen Steiner (begünstigt durch die geringe Schwerkraft, die tricktechnisch akzeptabel umgesetzt wird) durch die Gegend zu werfen und beendet seinen Amoklauf erst, als er volle Kanne gegen eine Laserbarriere rennt und bewusstlos umkippt. Bergman und Russell werfen sich sorgenvolle Blicke zu…

Währenddessen schaukelt eines der todschicken Eagle-Raumschiffe den neuen Kommandanten der Mondbasis zu seinem Arbeitsplatz – John Koenig soll den Job vom glücklosen Vorgänger Gorski übernehmen, und per Bildübertragung von der Erde sagt ihm sein Chef, Commissioner Simmons, auch warum. Rein zufällig ist nämlich ein Planet namens „Metä in der Nähe (uff, im Namenausdenken kann man aber etwas kreativer werden, und davon, dass ein Planet mal zufällig im Sonnensystem vorbeischaut und auf´nen kurzen Besuch einlädt, will ich mal gar nicht reden) und auf dem tät man gern landen tun, zumal jüngste Ergebnisse einer unbemannten Sonde nicht nur eine Atmosphäre auf Meta geortet haben, sondern sogar, gasp, SIGNALE! Und nun verzögert die Mondbasis das ganze Fernraumflugprozedere, weil die Astronauten sich ´ne Virusinfektion eingefangen haben. We can´t have that, stellt Simmons klar, es MÜSSEN Menschen auf Meta landen, und zwar sofortamente und el zacko, und das ist Koenigs Job.

Nach den Opening Titles (die, was ich ziemlich blöde finde, konsequent ein „this episode“-preview beinhalten, das alle aufregenden Szenen beinhaltet…) und dem fetzigen 70er-Theme (das in der deutschen Fassung durch Jean-Michael Jarres Oxygene ersetzt wurde) wird Koenig von Gorski empfangen, der seine Abberufung eher locker verkraftet hat. Schätze, der gute Mann ist heilfroh, den lästigen Kommandantenjob loszuhaben, denn Bergman verklickert seinem alten Kumpel Koenig (der war nämlich schon mal Mondbasis-Chef, weswegen ihn alle Crewmitglieder kennen und schätzen), dass man es hier nicht mit einer harmlosen Virusinfektion zu tun habe: „Hier sterben Menschen! (hm, soviel ich weiss, kann man auch an einer Viruserkrankung eingehen). Dr. Russell vermutet, so unterrichtet Bergman den neuen Kommandanten, eine Strahlungserkrankung, nur dummerweise strahlt nix radioaktiv. Koenig weist auf seine Direktiven hin – Meta hat Priorität, aber, so versichert er, auch um die anderen Probleme werde er sich kümmern.

Aber erst bei einem Besuch in der Krankenstation wird ihm das ganze Ausmass der Misere klar – es gibt bereits neun Todesfälle, allesamt Arbeiter auf den Nuklearmüllanlagen, und auch die beiden ebenfalls erkrankten Meta-Astronauten haben keine Aussicht auf Heilung – irreparable Hirnschädigung… zwar sieht noch keiner den Zusammenhang zwischen den Astronauten und den Arbeitern, abgesehen davon, dass beide Gruppen dieselben Symptome zeigen, aber Russell warnt Koenig (übrigens sind Ärztin und Commander sich bislang nicht bekannt, Ausnahme vonne Regel), dass die von Koenig angesprochene Reserve-Crew das gleiche Training absolviert habe wie die erkrankten Astronauten – es gibt also keine Garantie, dass die Seuche, oder was auch immer es ist, nicht auch bei den Jungs ausbricht und wenn´s blöd läuft, erst dann, wenn sie schon unterwegs nach Meta sind. „Das Risiko ist gross, aber die Entscheidung liegt bei ihnen,“ schiebt Russell Koenig elegant den schwarzen Peter zu.

Koenig lässt den Chef-Astronauten der Mondbasis, den Australier Alan Carter, trotzdem die Vorbereitungen für den Start der Reservecrew starten, ohne Carter allerdings reinen Wein einzuschenken. Simmons meldet sich von der Erde und diskreditiert nicht nur Russells Arbeit und Theorien von radioaktiver Strahlung, sondern verlangt auch Fortschritte bezüglich des Meta-Starts, was Koenig ablehnt, solange er nicht herausgefunden hat, was Sache ist (und wer nicht merkt, dass wir in den klassischen Katastrophenfilmplot Nr. 3 b abgleiten, muss sich zur Strafe ein Triple-Feature aus Flammendes Inferno, Piranha und Der weisse Hai ansehen… hm… klingt eigentlich ganz verlockend; sufficient to say, Simmons ist der Evil Capitalist, wie er im [Dreh-] Buche steht). Koenig kann seinem Vorgesetzten immerhin das Zugeständnis aus dem Kreuz leiern, für eine Weile keinen neuen Atommüll auf den Mond zu schiessen. Was die Wahrheit über die Zustände auf dem Mond angeht, soll Koenig aber gefälligst, zumindest bis das nächste Finanz-Meeting der Mond-Sponsoren vorbei ist, die Klappe halten (wie gesagt, classic disaster film plot). Widerstrebend stimmt Koenig zu, um die Atommüllkippe Nr. 2 auch mal persönlich in Augenschein zu nehmen, begleitet von Bergman und pilotiert vom Eagle-Astronauten Collins, der auf dem Weg zur Deponie Nr. 2 auch mal über die alte, nicht mehr benutzte Deponie Nr. 1 fliegt, weil sie auf der „dunklen Seite des Mondes“ einen brauchbaren Orientierungspunkt darstellt (hmpt-hmpt, man kann seine Plot Points nicht nur antelegraphieren, sondern sie auch mit der Post schicken; ganz besonders, wenn Collins beim Überflug über der Deponie Nr. 1 plötzlich ein Jucken, Zucken & Blinzeln überkommt). Während der von Koenig und Bergman überwachte Routinecheck von Deponie Nr. 2 keine Auffälligkeiten ans Licht bringt, wird Collins umso auffälliger – der dreht nämlich plötzlich durch und begehrt Auslass aus dem Überwachungskabuff ins Freie, ungeachtet der Tatsache, dass er sich da unbehelmt mit dem Schnaufen etwas schwer tun würde, von wegen keine Luft. Hindert den Umnachteten nicht daran, mit seinem stabilen Helm die weniger stabile Fensterscheibe einschlagen zu wollen (Sicherheitsglas verwenden die auf´m Mond wohl nicht). Mit Müh, Not und einem gezielten Stunner-Schuss kann Koenig den auch übermenschlich starken Amokläufer bändigen, bevor die Scheibe bricht und spontane Dekompression einsetzt.

Koenig gibt Computeroperator Oumo die Anweisung, herauszufinden, ob die Flugaufzeichnungen Collins irgendwelche Übereinstimmungen mit denen der Meta-Astronauten aufweisen. Speaking of them, die kratzen gerade beide ab. Nun sieht sich der Commander auch verpflichtet, Carter die Wahrheit zu sagen und klarzustellen, dass, Lande-Fenster hin oder her, mit Meta Essig ist, solange er nicht weiss, was vor seiner eigenen Haustür Sache ist. Des Rätsels Lösung liefert Oumo – der letzte Trainingsflug der Meta-Crew bzw. dessen Flugschreiberaufzeichnung weist eine auffällige Lücke auf – justament an der Stelle, an der ihr Eagle über Deponie Numero Uno schwebte. Die sofortige Kontrolle der eigentlich vergessenen alten Deponie fördern erschreckendes zutage – die Hitze steigt in der alten Anlage unaufhörlich, ohne dass dabei radioaktive Strahlung entsteht. Die Überwachungskameras zeigen auch schon munter blitzende, äh, Blitze, die so heiss sind, dass sie die Kameras verbrennen. Koenig schnappt sich einen Eagle und fliegt zur visuellen Überwachung vor Ort. Bergman vermutet, dass der Atommüll eine bislang unbekannte Art Magnetkraft entwickelt hat und die bringt Koenigs Kahn auch prompt zum Absturz. So sitzt er wenigstens in der ersten Reihe, als die Deponie explodiert…

Koenig übersteht die Sache unverletzt. Bergman hat alte Scanner ausgewertet und festgestellt, dass die alten Geräte beim zwanzigfachen der normalen Magnetfeldstärke ihren Geist aufgegeben haben. Kein Wunder, dass dies auf die Denkgrütze der Astronauten und im regulären Shuttleverkehr täglich hin- und her shuffelnden Arbeiter unerfreuliche Auswirkungen hatte – „Magnetstrahlung war etwas, an das wir gar nicht dachten, es zu überprüfen!“ muss Bergman zugeben. Und, being the cheerful guy he is, hat er noch schlimmere Nachrichten… Anlage 1 ist zwar fröhlich selbst ausgebrannt, aber Anlage Nr. 2 könnte genauso vor sich hin köcheln. Ein ferngesteuerter Eagle wird vom dort aufgebauten Magnetfeld auch sofort zum Absturz gebracht (geht ein bissl schnell, oder? Vor ein paar Stunden konnte man dort noch ganz normal fliegen und landen). „Wir sitzen auf der grössten Bombe, die die Menschheit je gebaut hat,“ düstert Koenig vor sich hin… denn, wie Koenig dem Commissioner, der sich wg. der mangelnden Fortschritte in Sachen Meta persönlich auf der Mondbasis vorstellt, die Deponie Nummer 2 hat EINHUNDERTVIERZIGMAL soviel Atommüll gebunkert wie die alte Müllkippe… wenn das Ding hochgeht, man stelle sich lieber gar nicht vor… Als Evil Capitalist sieht Simmons das eher von der pragmatischen Seite und fragt sich, wie astronomisch denn die Chancen seien, dass Nummer 2 tatsächlich hochgeht, erteilt aber die Genehmigung, in einer Gewalt-Eagle-Aktion den fiesen Müll etwas weitläufiger zu verteilen und damit den Druck vom Kessel zu nehmen (nein, fragt mich nicht, wieso die Eagle jetzt abgesehen von ein paar Navigationsproblemen relativ unbedrängt über Deponie 2 zu manöverieren). Carter wird von Koenig dazu verdonnert, sich die Aktion aus dem Orbit anzusehen.

Die Aktion macht trotz minor technical problems der Eagles gute Fortschritte. „Sieht doch gut aus,“ freut sich Simmons ein Loch in den Bauch und verfasst geistig schon sein Communique´ für seine Geldgeber, doch Koenig teilt die Begeisterung nicht ganz: „Da draussen riskieren Männer ihr Leben! Wenn die Deponie hochgeht, gibt´s keinen mehr, der ihr Communique´ lesen kann!“ (Schwarzmaler, elender!). Naja, er malt zurecht (oder er hat im Drehbuch gespickt), denn kaum hat´s Koenig ausgesprochen, macht die Deponie BUMM. Und 140x mehr Stoff als bei der anderen Kippe gibt´s nicht nur ein bissl Feuerwerk, sondern eine big-ass-Explosion, die die Mondbasis in ihren Grundfesten erschüttert und… ta-da-da-taa, den Mond aus seiner Bahn wirft und mit so unvorstellbaren Kräften beschleunigt, dass Carter in seinem Beobachtungseagle kucken muss, wie er hinterherkommt und die Mondbasis-Besatzung effektiv auf den Boden gepinnt wird… for good measure explodiert (ohne sichtbaren Anlass) auch die irgendwo im All rumschwebende Start-Station für die Meta-Expedition. Carter versucht zunehmend hysterisch Kontakt mit der Basis aufzunehmen, wo es Koenig erst nach einem mehrminütigen Kampf gelingt, sich zum Funk hochzurappeln und ein provisorisches „wir leben noch“ durchzugeben. Endlich lässt die Beschleunigung nach und die Schwerkraft normalisiert sich wieder…

Carter kehrt zur Basis zurück (ich frag mich, wie er das gemacht hat… wenn das so einfach war, bei der Beschleunigung mitzuhalten, sehe ich keine grösseren Probleme damit, mit den Eagles zur Erde zurückzufliegen). Man hackt sich in einen Satelliten ein und kann so aus Mars-Sicht verfolgen, wie der Mond das Sonnensystem verlässt (nein, ich will nicht darauf rumreiten, dass, damit das Konzept der Serie überhaupt halbwegs aufgehen kann, der Mond mit mehrfacher Lichtgeschwindigkeit wegtreiben muss). Koenig lässt den Computer den Evakuierungsplan „Exodus“ (der den Stammzuschauern der Serie ein ums andere Mal wiederbegegnen wird) durchkalkulieren, doch der übergrosse Taschenrechner verweigert aufgrund zuvieler Variablen und Unbekanntheiten ein Ergebnis, sondern gibt mit dem 0010010-Äquivalent eines hämischen „du bist!“ die Arschkarte an Koenig weiter: „Menschliche Entscheidung benötigt!“ Koenig wirft Simmons ein paar vorwurfsvolle Blicke zu und verkündet dann nach dreisekündiger Analyse der Sachlage seine unumstössliche Entscheidung, keine Rückkehr zur Erde zu versuchen – da die seiner Meinung nach keine Aussicht auf Erfolg hat, während man auf dem Mond zumindest überleben könne.

Langsam trudelt der Mond aus der Reichweite irdischer TV-Sender (noch aktuelles TV empfangen können, aber nicht in eure dummen Eagles steigen und zurückfliegen… ihr seid doof), die in den letzten empfangbaren Übertraungen wenigstens noch acknowledgen, dass auf der Erde aufgrund der plötzlichen Abwesenheit des Trabanten diverse Naturkatastrophen ausgebrochen sind. Die Mondbasis-Crew hält man allerdings für tot und plant keine gesteigerten Rettungsaktivitäten… dann empfängt der Mond nur noch Statik – bis ein anderes Signal durchdringt, von Meta… „Vielleicht liegt dort unsere Zukunft“, seufzt Koenig und die Crew lächelt vorsichtig optimistisch vor sich hin (nur komisch, dass nach meiner Erinnerung in den weiteren Folgen der Serie von Meta nie wieder die Rede war…)…

Ja, ich geb´s zu, Space: 1999 (von der Bezeichnung „Alpha 1“ für die Mondbasis ist im Pilotfilm übrigens nie die Rede… das einzige „Alpha 1“, das vorkommt, ist der Notfallcode, mit dem Koenig Simmons erschrecken tut), ist von ihrer ganzen Grundkonzeption eine hinreissend doofe Serie. Vom naturwissenschaftlich-technischen Standpunkt funktioniert eigentlich gar nix bei Alpha 1, angefangen von der dummen Idee, den Mond per Atomexplosion aus seiner Bahn (immerhin, soweit kann ich das noch glauben) ins All hinaus (that´s where it´s getting stupid) zu schiessen. Wie schon weiter oben angesprochen, müsste der Erdtrabant mehrfache Lichtgeschwindigkeit erreichen, um zukünftig quasi jede Woche ein anderes Sonnensystem zu passieren (und was das dann wieder für, hüstel, logistische und logische Probleme aufwirft, kann sich jeder Zwölfjährige, der mal ein Perry-Rhodan-Heft gesehen hat, an seinen zehn Fingern ausrechnen… schon schwer genug, sich den Mond als Tachynon vorzustellen, aber dann noch als eins, das bedarfsweise an jeder interessanten Stelle des Weltalls abbremst, damit sich seine Bewohner umsehen können, ist schon, eh, sehr heftig). Dieser wissenschaftliche Ultrablödsinn ist schon deswegen so bemerkenswert, weil die Serie sich zumindest in ihrer Anfangsphase erstaunlich ernst nimmt – und da mach der Pilotfilm „Breakaway“ keine Ausnahme. Von der ganzen Struktur her spielt sich diese Episode, auch das hab ich oben schon bemerkt, wie ein vollkommen handelsüblicher Katastrophenfilm der 70er Jahre – der Zeitgeist macht sich bemerkbar, das war damals in, das machte Kasse und Gerry Anderson ging wohl davon aus, dass er seine Serie, die letztendlich von der Konzeption auch nichts anderes als ein (konzeptionell, wohlgemerkt) uninspirierter Mix aus Star Trek und Lost in Space war, mit diesem populären Gimmick erfolgreicher kickstarten konnte – das Problem hierbei ist, dass sich die richtige Spannung (vor allen Dingen nachträglich) nicht einstellen kann, weil ja jeder weiss (ich weiss nicht, ob es anno 1975 bekannt war, dass die sich anschliessende Serie vom ausser Kurs geratenen Erdtrabanten handeln würde – andererseits verrät ja schon der Vorspann die Schlusspointe), wie die Geschichte „ausgehen“ wird – und da Space: 1999 meistens weniger auf Action als auf lange Dialogpassagen ausgerichtet war, gestaltet sich das Prozedere schon fast ein wenig zähflüssig – auch deswegen, weil des Rätsels Lösung dem wissenschaftlch sicher weniger vorgebildeten Publikum (im Vergleich zu den für solche Fälle geschulten Experten im Film bzw. in der Serie selbst) so deutlich serviert wird, dass die handelnden Protagonisten wie mittelschwere Vollidioten wirken (allerspätestens, als Collins beiläufig einwirft, dass Deponie 1 immer überflogen wird, wenn Deponie 2 angesteuert wird, muss selbst bei der Klientel, die sich ansonsten von Kommissar Rex zerebral überfordert fühlt, der Groschen fallen). Das immer wieder gern gesehene Klischee des Evil Capitalist bringt zwar ein wenig Frohsinn aus der Sicht des gestählten Allessehers ins Spiel, letztlich macht das Script aber auch aus diesem Kunstgriff zu wenig – vielleicht wäre es gescheiter gewesen, aus „Breakaway“ einen Zweiteiler oder gleich einen 90-Minüter zu machen: das hätte die Gelegenheit gegeben, der Story ein wenig mehr „mystery“ zu geben, ein wenig mehr Spannung durch grössere Konfrontation zwischen Simmons und Koenig und die Charaktere ein wenig ausführlicher vorzustellen und ihre Interaktionen und Relationen anzusprechen – in der gedrängten 52-Minuten-Version (natürlich waren deutsche TV-Ausstrahlungen immer auf den 45-Minuten-Sendeplatz zurechtgekürzt, wie es auch Star Trek passierte) sind Charaktere mehr oder weniger einfach da – mit einem Halbsatz, in dem angedeutet wird, dass Koenig schon früher mal auf dem Mond der Macker war, wird erklärt, warum ihn ausser Russell alle kennen (wieso Russell ihn allerdings eben nicht kennt, verrät uns demgegenüber niemand), das ist ein wenig mager (ja, ich weiss, auf der anderen Seite sind mir auch die Star Trek-Piloten, die sich mehr um die Charaktere als um flotte Stories kümmern, auch nicht recht – es muss doch irgendwo einen goldenen Mittelweg geben).

Obwohl auch „Breakaway“ einigen wissenschaftlichen Blubber enthält (Meta, der mal kurz vorbeistrolchende Planet, sei da nur kurz erwähnt – das ist Wissenschaft schon fast auf Orion-Niveau), hat die Konzentration auf wissenschaftlich-technische Themen im Pilotfilm auch Vorteile – hartgesottene Alpha-1-Fans wissen ein traurig Liedchen zu singen über einige spätere Folgen, die in pseudophilosophischen Mystizismen, für die sich Gene Roddenberry in Grund, Boden und Vakuum geschämt hätte, beinahe ersoffen; aufgrund der realen, greifbaren und zumindest halbwegs plausiblen Bedrohung durch den Nuklearmüll (so kann man auch elegant eine Anti-Atom-Message einbauen) ergibt sich für philosophische Feldversuche keine Zeit.

Wie schon gesagt, lässt die straffe und in dieser Hinsicht auch angemessene Inszenierung kaum Raum für grossartige Charakterisierungen – mehr als ein paar Stereotypen sind noch nicht zu erkennen, die spätere, sicherlich Star-Trek-geschuldete Kristallisierung auf ein Triumvirat Koenig-Russell-Bergman (nicht ganz zufällig auch wieder das Trio Kommandant-Arzt-Wissenschaftler), in das gelegentlich Alan Carter als Draufgänger-Alter-Ego Koenigs einbrach (oft war Carter aber auch nur der Fussabstreifer, der alles abbekam, was man abbekommen konnte), zeigt sich nur in Ansätzen – besonders Koenig selbst hat in „Breakaway“ nicht viel mehr zu tun als ratlose Grimassen zu ziehen und sich mit Simmons rumzuärgern (der übrigens recht kreativ in einer späteren Folge entsorgt wurde). Einzig Victor Bergman hat ein bissl Gelegenheit, seine zukünftige Rolle schon mal anzutesten (dazu aber gleich mehr unter der Darsteller-Sektion).

Zu den allgemeingültigen Feststellungen über die Serie: was für 1975 bemerkenswert ist, ist das elaborate Production Design, das sehr detailfreudig ist und, wie auch andere Kritiker anmerkten, sicher Einfluss auf die Gestaltung späterer Grossprojekte wie dem sauteuren ersten Star Trek-Kinofilm 1978 hatte. Gleichfalls erfreuen die auch nach fast dreissig Jahren immer noch ansehnlichen Spezialeffekte (und dass die Eagles die coolsten Raumschiffe überhaupt sind, wird mir hoffentlich keiner bezweifeln, und wenn doch, gibbets Ärger, Mädels), die auch so mancher heutigen Produktion gar nicht schlecht zu Gesicht stehen würden. Von der konzeptionellen Seite darf man noch feststellen, dass Space: 1999 im Vergleich zu zeitgenössisischen amerikanischen Serien nicht nur erheblich bessere Frauenrollen aufweist, sondern auch einen echten Multi-Kulti-Cast aufweist – die Mondbasis Alpha 1 bevölkern gleichberechtigt Amerikaner, Briten, Australier, Osteuropäer, Asiaten, Afro-Amerikaner, fast die ganze Palette (komischerweise, ich hab nirgendwo gefunden, wieso, wurde der afro-amerikanische Computeroperator Oumo bereits in Folge 2 durch den afro-amerikanischen Computeroperator Kano ersetzt). Was die amerikanisch und italienisch co-produzierte, aber in England entstandene Serie von zahlreichen anderen britischen Serien unterscheidet, ist ihr absolut unbritischer Look – wir kennen ja alle Serien wie Task Force Police, die unter ihrem grausam offensichtlichen Studio-Look litten und in ihren Innenaufnahmen oft wie abgefilmte Theaterstücke wirkten. Space: 1999 umschiffte diese Problematik geschickt dadurch, auf 35 mm zu drehen – so ist das Bild einheitlich und durchaus auf Kinofilm-Niveau.

Noch kurz zu den Schauspielern – Gerry Anderson castete ganz bewusst das seinerzeit schwer angesagte Fernseh- und Real-Life-Paar Martin Landau und Barbara Bain – die beiden waren bekannt und beliebt aus Mission: Impossible und wurden von Anderson mit einer für damalige Verhältnisse recht horrenden Gage nach Europa gelockt. Landau, der spätere Oscar-Gewinner für Ed Wood, brauchte einige Folgen, um sich mit seinem Charakter John Koenig anzufreunden – hier im Pilotfilm agiert er recht steif und scheint noch nicht recht zu wissen, was er eigentlich hier anfangen soll. Seiner damaligen Ehefrau Barbara Bain geht´s ein wenig besser, auch wenn sie – ähnlich wie Landau – nicht viel zum Arbeiten hat – das Script der Pilotepisode ist doch eher plot-, denn character driven. Immerhin ergeht es den beiden lead actors wesentlich besser als einigen anderen zukünftigen Stammkräften wie dem sympathischen Nick Tate als Carter und Prentis Hancock als Morrow, die haben nämlich schlichtweg gar nix.

Ziemlich gut fährt dagegen Barry Morse, ein seit den 40er Jahren aktiver Veteran, der vor allem in Kanada als TV-Star so populär war, dass er sich eine Zeitlang als „kanadisches Testbild“ bezeichnete. Sein Victor Bergman, Hansdampf in allen wissenschaftlichen Gassen, serviert seine meist schlechten Nachrichten eigentlich immer mit einem Augenzwinkern, was sich auch schon in „Breakaway“ andeutet, so dass es mir ein mittleres Rätsel ist (eigentlich ein gewaltiges), warum Morse mit einem Grossteil der restlichen Stammbelegschaft (Kano, Morrow, Dr. Mathias) zugunsten anderer Akteure wie Tony Anholt als (dem von mir stets ungeliebten) neuen Sicherheitschef Tony Verdeschi oder der ausserirdischen Gestaltwandlerin Maya (Catherine von Schell) für die zweite Season ausgetauscht wurde (vielleicht hatte er auch angesichts der nachlassenden Qualität der Bücher keinen Bock mehr), womit die Serie einen der ganz grossen Sympathieträger verlor.

„Breakaway“ ist, wie die gesamte Serie mittlerweile, sowohl in Amiland als auch im United Kingkong auf DVD erhältlich – die komplette Serie umfasst sechs Boxsets a zwei DVDs zu je drei Folgen. Die Bildqualität ist dabei so gut, wie man es von einer fast dreissig Jahre alten TV-Serie erwarten kann (da0 auf 35 mm gedreht wurde, hat sicherlich geholfen), auch wenn zumindest „Breakaway“ – ich muss die mir vorliegende anderen Folgen [ich hab die ersten zwei Boxen] noch mal darauf untersuchen, erinnern kann ich mich vom ersten Probelauf nicht – stark und sogar stark störend ruckelt (möglicherweise kommt aber auch nur mein Player mit der Kompression nicht klar, ich hatte die Scheibe auf dem Scott noch nie getestet). Der Ton hält sich in englischem 2.0-Dolby-Mono und ist dafür klar und kräftig.

Die Maus beisst keinen Faden ab – Space: 1999 war nie eine besonders gute SF-Serie… ihre science war schlicht zum sich begöbeln, ihre fiction oft hanebüchen – es half sicherlich sehr, ein Kind zu sein, um die Serie zu ihrer Blütezeit genial zu finden. Und wenn sie einem als Kiddie gefallen hat, dann gefällt sie einem als guilty pleasure auch heute noch, auch wenn man sich heutzutage weniger über die heldenhaften Abenteuer von Koenig & Co. in ihren tollen Eagles begeistert als sich über die Dusseligkeit der Scripts amüsiert. „Breakaway“, der Pilotfilm, kommt noch ohne diese zukünftigen Trademarks der Serie aus, sondern ist eigentlich nicht mehr als ein auf TV-Format zurechtgestutzter Katastrophenfilm üblichen Zuschnitts im SF-Gewand, dessen Ähnlichkeiten mit der sich anschliessenden Serie eher zufällig sind. Ihren „spirit“ sollte die Show aber eh erst nach fünf oder sechs Episoden finden (um ihn in der zweiten Season auch prompt wieder zu verlieren und in eine Art „monster-of-the-week“-Geisterbahn abzudriften). Insofern hält sich der Unterhaltungswert auch für Hardcore-Fans in Grenzen… aber es ist halt ein Teil der Serie und damit unverzichtbar.

(c) 2004 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 6

BIER-Skala: 5


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