Momentum

 
  • Deutscher Titel: Momentum
  • Original-Titel: Momentum
  •  
  • Regie: John Seale
  • Land: USA/Deutschland
  • Jahr: 2003
  • Darsteller:

    Louis Gossett jr. (Addison), Teri Hatcher (Jordan Ripps), Greyson McCouch (Zachary), Michael Massee (Geiger), Nicky Alcox (Tristen), Zach Galligan


Vorwort

Wieder einmal holt ein verwerfliches Geheimexperiment bzw. dessen Spätfolgen die amerikanischen Militärstrategen ein. In den 70er Jahren betrieb das Pentagon ein Projekt, um telekinetisch Begabte für militärische Zwecke verwendbar zu machen. Wie üblich geriet die Sache leicht außer Kontrolle und wurde eingestampft – einer der trainierten Telekineten, Geiger, entkam aber und ist nun, über zwanzig Jahre später, dabei, seinesgleichen zu rekrutieren und auf einen großen terroristischen Schlag gegen die USA vorzubereiten. Das jedenfalls erzählt der seinerzeitige Projektleiter Addison dem biederen Uniprofessor Zach. Zach ist nämlich ebenfalls ein Telekinet und wäre damit hervorragend geeignet, Geigers Mutantentruppe zu infiltrieren. Widerstrebend lässt Zach sich auf den Undercoverauftrag ein und staunt nicht schlecht, als Geiger ihm mehr oder weniger das Gegenteil verkaufen will: demnach sei Addison nichts anderes als ein kaltblütiger Regierungskiller, der die paranormal Begabten bis auf den letzten Mann auslöschen will, was er, Geiger, wiederum zu verhindern trachte. Während Zach sich noch fragt, wer ihm nun die Wahrheit (bzw. wieviel davon) sagt, sind auch noch die FBI-Agenten Ripps und McIntyre auf der Pirsch – sie suchen die Täter, die auf scheinbar übersinnliche Weise erst einen Geldtransport und dann einen Banksafe geknackt haben…


Inhalt

Ohjemine, das ist ja mal wieder eine ziemliche Gurke – was man uns hier in Form einer schicken Silberscheibe anzudrehen versucht, ist ein ziemlich lächerlicher TV-Film aus deutsch-amerikanischer Produktion, der wenig überraschenderweise beim US-SciFi-Channel debütierte und sicherlich herzlich gerne Pilotfilm für eine Serie wäre. Der Haken an der Sache ist nur, dass vermutlich beinahe jeder, der versehentlich mal in diesen Film reinsieht, schon nach ungefähr der Hälfte der Laufzeit kein gesteigertes Interesse mehr daran hat, sich den Rest, geschweige denn eine etwaig nachfolgende Serie anzusehen.

Drehbuchmäßig ist „Momentum“ schon mal fürchterlich unoriginell – die gute alte „harmloser Bürger wird in Regierungsverschwörung hineingezogen“ wird durch die „paranormalen“ Elemente rund um Telekinese auch nicht sonderlich aufgepäppelt, genauso gut würde die Plotte ohne den Schmonzes funktionieren (bzw. eher nicht funktionieren), und, wieder mal ein Gratisratschlag an mitlesende Drehbuchautoren, nur durch den Einbau eines FBI-Ermittlerpärchens, das gelegentlich mal „Akte X“-Referezen um sich wirft, wird aus einem lahmen Fernsehkrimi noch kein Mystery-Thriller. Der Subplot um die FBI-Agenten Ripps und McIntyre wirkt nämlich ganz besonders störend, weil er lange Zeit einfach parallel zur „Haupthandlung“ läuft und erst gegen Ende mit dieser interagiert und auch für sich nicht besonders interessant ist (den besten Aspekt der Geschichte um Agentin Ripps hat man, zweifellos in post-9/11-political correctness, sicherheitshalber rausgeschnitten, die deleted scenes klären auf). Wäre man bösartig, was wir an dieser Stelle bekanntlich nie nicht sind, könnte man glatt auf die Idee kommen, der ganze FBI-Terz wäre nachträglich ins Drehbuch aufgenommen worden, um mit Teri Hatcher einen halbwegs bekannten Pseudo-TV-Star, mit dem man vor allem in Deutschland punkten kann, ins Boot zerren zu können.

Okay, etwas freundlicher gestimmt, es ist schon klar, wozu es den FBI-Plot braucht: damit in der ganzen gottverdammten Geschichte in der ersten dreiviertel Stunde überhaupt irgendwas passiert (und selbst das ist nicht viel) und ein bissl künstlich Humor in die dröge Story zu implantieren. Womit wir beim Stichwort „dröge“ wären – das beschreibt das tempolose Trauerspiel, das Regisseur James Seale („Scorchers“) da eingefangen hat, ziemlich gut. Die Geschichte schleppt sich über die knapp 88 Minuten (die länger wirken) und ist dabei arm an Höhepunkten. Action ist beinahe vollkommen Fehlanzeige, statt dessen wird endlos gelabert (wer „expository dialogue“, also das Vermitteln essentieller Informationen nahezu ausschließlich per Dialog, nicht leiden kann, sollte um diesen Film einen großzügigen Bogen schlagen), in einigen Kameraeinstellungen schamlos bei „Matrix“ abgekupfert (Zeitraffer/SlowMo-Kombinationen für besonders „stilvolle“ Auftritte der handelnden Personen, aber zum Glück wenigstens keine „bullet time“) und im Großen und Ganzen relativ viel Zeit totgeschlagen, ohne dass dabei was für den Zuschauer lohnenswertes rumkommt.

Jetzt könnte man noch auf viele schöne Telekinese-Effekte hoffen, aber ich bitte dabei nicht zu vergessen, dass ein Fernsehfilm wie dieser praktisch nichts kosten darf. Demzufolge gibt’s zwar „Effektshots“ zuhauf, d.h. wir können unheimlich oft bewundern, wie die Telekineten mit purer Geisteskraft Türen öffnen oder Gegenstände durch die Luft fliegen lassen (wobei das meistens mit dem äußerst primitiven Trick „wir lassen den Gegenstand von jemandem hochheben, der außerhalb des Frames steht“ bewerkstelligt wird, good ole‘ Eddie Wood wäre stolz), und wenn die Effekte dann mal etwas, naja, wuchtiger wirken sollen, wird’s gerne peinlich (besonders drollig finde ich den vollkommen mißlungenen Effekt, mit dem gleich am Anfang ein Geldtransporter „telekinetisch umgeworfen“ wird). Wie gesagt, die Effekte sind technisch äußerst schlicht und wenig beeindruckend, vor allem, wenn man mal einen beliebigen der „X-Men“-Filme gesehen haben sollte (okay, die haben vermutlich auch knapp das Hundertfache gekostet…).

Der ganze Film bewegt sich handwerklich und formal her auf einem zwar routinierten, aber höchst biederen, wenig ambitionierten TV-Niveau, kommt nie auf Tempo und nervt nicht nur durch die sperrangelweit offengelassene Tür zum Sequel oder zur Serie, sondern auch durch die selten langweilige Musik.

Wie bei TV-Movies dieser Art häufig der Fall, sind die topgebillten Stars, mit denen man den Schmu ins Ausland verkaufen will, eher die Nebendarsteller. Louis Gossett jr., der noch besonders wählerisch wahr, was seine Rollen anging, casht mal locker im Vorbeigehen und ohne größere darstellerische Anstrengung einen Gagenscheck ein (ob er sich auf „alt“ – angeblich soll er in dem Film 95 sein – hat schminken lassen, um den Film mit dem geringstmöglichen Aufwand bestreiten zu können, lasse ich mal dahingestellt). Teri Hatcher, die wie ihr einstmaliger Serienkollege Dean Cain (beide aus „Lois & Clark“) in Ermangelung anderer Angebote ihre Karriere mit DTV- und TV-Filmchen dieser Art bestreitet, muss sich wohl damit abfinden, dass die Zeiten, in denen sie als Sexgöttin in Posterform Teenie-Wände schmückte, langsam, aber sicher, vorbei sind. Sie bemüht sich zwar, ihrer Rolle ein wenig Tiefgang zu geben und hat auch einige der besseren Dialoge, aber eine Vorstellung für die Ewigkeit ist das auch nicht. Die eigentliche Hauptrolle spielt Grayson McCouch (Claim to fame: er gehörte zu Bruce Willis‘ Weltenretterteam in „Armageddon“). In einigen Szenen befleißigt sich Genosse McCouch tatsächlich des Schauspiels, aber meistens macht er ein ausdrucksloses Gesicht. Den Obermutanten Geiger mimt mit Michael Massee – immerhin einigermaßen charismatisch, auch wenn sich das Script nicht so recht einig zu sein scheint, in welche Richtung es seinen Charakter nun entwickeln soll – der bedauernswerte Akteur, der dereinst beim „The Crow“-Dreh Brandon Lee unabsichtlich erschoss. In einer Mini-Nebenrolle verschleisst sich einmal mehr Ex-„Gremlins“-Star Zach Galligan.

Bildqualität: Es hätte mich schwer gewundert, wenn ich bei einem aktuellen mcOne-Release da wirklich was substantielles zu meckern hätte. Der Film wird in unmaskiertem 4:3-Vollbild präsentiert (die mitgelieferten Trailer sind allerdings in Widescreen, müßte noch mal nachprüfen, ob die maskiert waren), wobei, was man bei einem Film Baujahr 2003 aber auch erwarten darf, keinerlei Bildstörungen das Sehvergnügen stören und die Kanten- und Detailschärfe voll überzeugen können. Dito die Kompression, die auch bei höheren Zoomfaktoren keinerlei Blockrauschen aufkommen lässt. In der ein oder anderen Szene wäre vielleicht ein wenig mehr Kontrast wünschenswert gewesen, aber das bewegt sich im minimalsten Bereich.

Tonqualität: Auch für Filme, die’s eigentlich nicht verdient haben, legt sich mcOne akustisch ins Zeug – den deutschen und englischen Ton gibt’s jeweils in Dolby 5.1- und 2.0-Mix, wobei alle vier Tonspuren absolut rauschfrei sind. In den englischen Sprachfassungen könnten die Dialoge etwas kräftiger sein, und die Musik war entweder wirklich so langweilig, dass ich sie teilweise gar nicht mehr wahrgenommen habe, oder sie ist sehr weit in den Hintergrund gemischt. An knalligen Soundeffekten gibt’s nicht viel zu erwarten und zu bestaunen. Ich blieb letztendlich beim englischen 5.1er-Mix hängen, der durchaus solide gelungen ist.

Extras: Lobend erwähnen möchte ich erst mal die Untertitel – mcOne erfreut mit deutschen und englischen Untertiteln (optional). Als Extras gibt’s eine unkommentierte Sammlung deleted scenes (in englischer Sprache, ohne Untertitel), die sich größtenteils im Sekundenbereich bewegen und wenig zur Sache tun. Gravierend ist lediglich das Treatment, das Teri Hatchers Charakter widerfahren ist – ihren Background als „Heldin“ (auf den sie im Film immer wieder angesprochen wird) hat man komplett gestrichen (wie oben erwähnt, vermutlich weil’s Parallelen zu 9/11 gab und man das dem US-Publikum ersparen wollte) hat man komplett ausgeblendet, was ihre „Abschlusszeile“ im Film vollkommen unverständlich werden lässt. Insgesamt umfassen diese Szenen knapp 6 Minuten. Des weiteren findet sich der Trailer in deutscher und englischer Sprachfassung, Biographien für die vier Hauptdarsteller sowie eine Trailershow auf insgesamt 17 weitere mcOne-Titel.

Fazit: „Momentum“ – dessen Tagline „Wenn Gedanken töten können“ sich recht unverhohlen an den Cronenberg-Klassiker „Scanners“ anlehnt – verdient die Bezeichnung „Thriller“ eigentlich nicht. Der Streifen ist träge, unspannend, unspektakulär und langatmig. Die telekinetischen Mätzchen wirken erstens aufgesetzt und zweitens auf die Dauer eher ermüdend, das Kopieren diverser „Matrix“-Spielereien bringt ebensowenig Frohsinn. Kurz und gut: ein Streifen, der wie gemalt fürs Fernsehen ist; irgendein anspruchsloser Privatsender wird den Film sicher bald kaufen und verschämt in seinem Programm unterbringen. Und da man also davon ausgehen kann, dass man den Film vermutlich schon bald für lau in der Glotze sehen kann, wüsste ich nicht, warum man vorab Geld in eine DVD investieren sollte. mcOne allerdings kann man keinen Vorwurf machen – die Disc ist technisch ausgezeichnet gelungen (wenngleich etwas schmal an Extras, sofern mir nicht einmal mehr eine abgespeckte Rental-Version vorliegt, daher diesbezügliche Angaben ohne Gewähr) und verfügt über ein schniekes Cover. Kaufgrund genug ist das wohl allerdings nicht.

2/5
(c) 2004 Dr. Acula


mm
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