Mit stählerner Faust

 
  • Deutscher Titel: Mit stählerner Faust
  • Original-Titel: Death Warrant
  •  
  • Regie: Deran Serafian
  • Land: USA
  • Jahr: 1990
  • Darsteller:

    Jean-Claude van Damme (Louis Burke), Robert Guillaume (Hawkins), Cynthia Gibb (Amanda Beckett), George Dickerson (Tom Vogler), Art LaFleur (Sgt. DeGraf), Patrick Kilpatrick (Naylor, „der Sandmann“), Joshua John Miller (Douglas Tisdale), Conrad Dunn (Konefke), Abdul Salaam El Razzac (Priest), Armin Shimerman (Dr. Gottesman), Al Leong (Bruce)


Vorwort

Vor 16 Monaten hat der Louis Burke, Mountie auf Abwegen, in L.A. den gefürchteten Serienkiller „Sandmann“, der auch seinen Partner gemeuchelt hat, zur Strecke gebracht. Das, und die Tatsache, dass er als Kanadier den amerikanischen Ganoven unbekannt sein dürfte, macht ihn zum ausgezeichneten Kandidaten für eine gefährliche Undercover-Mission. Im Harrison-Gefängnis stapeln sich die Leichen – hauptsächlich Knackis, aber auch der stellvertretende Direktor haben ins Gras gebissen und angesichts der bevorstehenden Gouverneurs-Wahlen käme ein Skandal eher unpassend. Daher soll Burke im Dienste einer Task Force als gefährlicher Gangster direkt vor Ort Ermittlungen anstellen. Tom Vogler aus dem Gouverneurs-Büro soll die Sache leiten, dessen Protegé, die hübsche Amanda, als Liasion und Burkes Eheweib posieren.

Dass Harrison von den üblichen ethnisch geprägten Gangs kontrolliert wird und unter den ebenso üblichen korrupt-fiesen Wärtern leidet, findet Burke schnell heraus. Der alte schwarze und weise Gefangene Hawkins (so einen gibt’s immer, wird in US-Knästen wahrscheinlich serienmäßig mitgeliefert) schubst Burke in Richtung von Priest, einem weiteren Schwarzen, der sich im Keller des Knasts, weitgehend unbehelligt von den Wärtern, ein eigenes Reich mit Transen und Drogen geschaffen hat und alles beschaffen kann, was des Knackis Herz begehrt, wenn’s sein muss, auch die Akten der ermordeten Gefangenen. Damit, und mit Hilfe Amandas und des Teenage-Superhackers Tinsdale, kristallisiert sich für Burke heraus, dass Gefängnisarzt Dr. Gottesman einen schwungvollen Organhandel betreibt – und naturgemäß draußen einen einflussreichen Kontakt haben muss, der schützend die Hand über ihn hält.
Bevor sich Burke allerdings dieser Frage widmen kann, stellt sich ein unerwartetes Problem – der „Sandmann“ wird nach Harrison verlegt und der weiß n


Inhalt

Komisch, ich bezeichne mich ja selbst durchaus als van-Damme-Fan, insbesondere natürlich seiner „klassischen“ Werke, aber „Mit stählerner Faust“ habe ich tatsächlich eben zum ersten Mal gesehen. Kann daran liegen, dass ich grundsätzlich an Frauenknastfilmen interessierter bin als an Männerknastfilmen (ähm), oder auch daran, dass der Streifen seinerzeit (TM) der dritte relativ groß gestartete Knast-Actionfilm nach dem eher dramatisch ausgeprägten“Lock-Up“ und dem Buddy-Actioncomedyklopper „Tango & Cash“ innerhalb kurzer Zeit war und ich damals das Genre ein wenig Leid hatte. Aber wurscht – auch wenn ich mir nicht ganz erklären kann, warum ich den Film nicht mal auf Video sehen wollte, jetzt ist er ja innerhalb der „Action Cult Uncut“-Reihe erschienen und da bestell ich ja immer mal gern eine Scheibe mit, wenn ich eh schon bei amazon was ordere…

„Mit stählerner Faust“ datiert aus der Phase der van Dammeschen Karriere, in der er langsam den Übergang von reinen Martial-Arts-Filmen wie „Bloodsport“ oder Kickboxer hin zum eher, äh, plot-getriebenen Actionfilm und Richtung A-Lister hin machte – noch umgaben ihn die üblichen Verdächtigen wie Sheldon Lettich oder Mark DiSalle, aber der Kram wurde schon von größeren Verleihern ins Programm genommen und international in die Kinos gehievt (auch „Mit stählerner Faust“ wurde von einer guten halben Million Deutscher in Lichtspieltheatern gesichtet).
DiSalle, Produzent von „Bloodsport“ und „Kickboxer“, finanzierte denn auch diesen Film. Das Drehbuch lieferte David S. Goyer, heutzutage ’ne große Nummer (u.a. Scripts für „The Crow“, „Dark City“, „Blade“ oder Chris Nolans „Batman“-Trilogie), der sich damals aber gerade erste Sporen verdiente – „Death Warrant“ ist sein erstes verfilmtes Script, dem unmittelbar dach zwei Full-Moon-Arbeiten folgten: „Demonic Toys“ und Arcade.
Als Regisseur verpflichtete DiSalle Deran Sarafian, Sohn des ebenfalls der Filmregie frönenden Richard Sarafian, und Trashfans nicht nur seiner soliden Mittelklasseactionschotterregiearbeiten wie „Roadflower“ oder „Gunmen“ wegen ein Begriff, sondern vor allem als Hauptdarsteller des unsäglichen Fulci/Mattei-Patchworkprodukts „Zombi 3“ bekannt.

Bei einem Debütscript, noch dazu einem, das sich in der harten Welt hinter Gittern ansiedelt, ist kein Shakespear zu erwarten, und Goyer hält sich demzufolge auch weitestgehend an die Basics – die Charaktere sind kaum mehr als Schablonen aus dem Baukasten (der potentiell interessanteste Charakter, der Sandmann, ist dann auch der verschwendetste. Der Bursche scheint eine ziemlich schräge Motivation zu haben, aber der Film schweigt sich darüber völlig aus), der Plot einerseits trendy mit seiner Organhandelthematik, in sich aber weitgehend unschlüssig und auf die offensichtlichsten „Twists“ hin konzipiert (wer der böse Bösewicht ist sollte nach ungefähr 10 Minuten jedem klar sein, der nicht erst gestern von dem Konzept narrativer Erzählung erfahren hat) und hin und wieder kollidiert der, hihi, Anspruch, ein einigermaßen realistisches Knastleben zu zeichnen mit dem typischen over-the-top-Cartoon-Approach des 80er-Actionfilms (Priest hat im Knastkeller sein mystisches eigenes Reich, in dem sich kein Wärter – auch nicht der obersadistische DeGraf – freiwillig blicken lässt und hält sich dort Transen-Nutten? Oookeeeeh…).
Manche Einfälle sind drollig (wie Burke zum Frankokanadier zu machen, um van Dammes französischen Akzent zu decken – ohne ein Wort darüber zu verlieren, warum ein Mountie offenkundig in L.A. dienst schiebt), andere dem Zeitgeist geschuldet (van Dammes Zivilkamotten lassen eigentlich nur den Schluss zu, dass er nebenberuflich Mitglied bei Spandau Ballet war), wieder andere sind einfach nur Resultate schlampigen Storytellings (nachdem Burke den Sandmann vermeintlich erledigt hat – warum er später kerngesund wieder auftaucht, obwohl Burke ihm ein halbes Magazin in die Plauze gejagt hat, ist auch ungeklärt -, folgt eine „16 Monate später“-Karte, und das erste Bild ist dann das von Burke, der mit großem Hallo und unter allgemeinem Abklatschen und Händeschütteln, als hätte er gerade den entscheidenden Touchdown-Pass im Superbowl geworfen, durch sein [?] Polizeirevier schreitet und die Huldigungen von Kollegen und Vorgesetzten entgegennimmt. Wofür? Ohne die Zeiteinblendung täte das noch Sinn ergeben…).
Die Dialoge sind schauderhaft und einige Klischees (wie der geile picklige Teenie-Hacker) waren, glaub ich, schon 1990 jenseits von Gut und Böse.

Aber es ist die alte Story – mehr als eine viertelwegs plausible Ausrede zur Aneinanderreihung von Kloppeszenen muss ein van-Damme-Filmscript ja nicht sein. Komisch nur, dass der Film – vermutlich durchaus in beabsichtigter Abkehr von der bis dahin etablierten Formel für van-Damme-Martial-Arts-Filme – sich in Sachen knackige Fights ziemlich zurückhält. Die meisten Kampfszenen sind relativ kurze Angelegenheiten, in denen van Damme seinen Kontrahenten um Lichtjahre überlegen ist, so dass sich nicht wirklich Excitement einstellen kann. Recht schnuffig ist ein größerer Fight mit unser aller Lieblings-asiatischen-Henchmen Al Leong zu Beginn des zweiten Aktes, aber das ist dann auch das Highlight – der Schlussfight laboriert daran, dass Patrick Kilpatrick kein sonderlich versierter Kampfsportler ist und die Choreographie (und die Kameraführung) die sehr offensichtlich geschlagenen Luftlöcher kaum übertünchen kann (wobei die Szene eh schon mit dem Glaubwürdigkeitsproblem kämpft, dass ich mir kaum vorstellen kann, wie hunderte Häftlinge WÄHREND EINES GOTTVERDAMMTEN RIOTS sich die Zeit nehmen, zuzukucken, wenn der Sandmann und ein Undercover-Cop sich die Visagen polieren. Aber der Sandmann, öh, SPOILER, krabbelt auch brennend aus einem Ofen, um van Damme zu verprügeln).
Sarafian (dem man immerhin zubilligen muss, dass alles wesentlich schlimmer hätte ausfallen können, berücksichtigt man, dass er unter frickin‘ Bruno Mattei „lernen“ konnte), kämpft auch damit, dass sich die van-Damme-im-Knast-Plotline und die Auflösung des eigentlichen Krimi-Mysterys (wer nun draußen die Fäden zieht) im Schlussakt nicht wirklich zusammenlaufen. Mit knapp 80 Nettominuten ist die Chose immerhin kurz genug, um auch in ihren „dramatischen“ Passagen nicht zu sehr zu abzustinken.

Sarafian bietet van Damme ein paar Möglichkeiten, ernstlich zu schauspielern (da war er nach Pyun und „Cyborg“ einer der ersten) – mit unterschiedlichem Erfolg („Highlight“ ist sicherlich die große Leidensszene, wenn van Damme nackt und in Ketten – don’t ask – in Einzelhaft vor sich hin wimmert), dafür aber darf er keinen Spagat zeigen…
Ein Kuriosum, das mir auffiel – normalerweise hat van Damme eine recht eigenständige Screen-Persönlichkeit, doch hier ist er, vom Bürstenhaarschnitt über Mannerismen bis hin zu Gesichtsausdrücken erstaunlich hart auf Arnold Schwarzenegger getrimmt. Wer weiß, vielleicht war das mal ein ursprünglich für Arnie gedachtes Projekt, das umgebaut wurde, als der in die A-Liste wechselte. Jean-Claude kommt hier wesentlich weniger „likeable“ rüber als in den meisten anderen Filmen, und das würde durchaus Sinn ergeben, wenn man ihn in eine Rolle bzw. eine Screen-Personality gestopft hat, die nicht die seine ist.

Bis auf den großen Schlussfight, der einige Ruppigkeiten aufweist, ist „Mit stählerner Faust“ für einen 80er-Actionfilm der B-Kategorie in Sachen Gewalttätigkeit einigermaßen zurückhaltend – FSK 16 ist okay. Da wir uns im Männerknast aufhalten, ist mit nackten Tatsachen auf dem Gebiet weiblicher Anatomie nicht zu rechnen…

Schauspielerschelte… zu van Damme hab ich mich ja schon ein wenig ausgelassen. Die Rolle bzw. die Interpretation, die man ihm hier abnötigt (oder die er selbst gewählt hat, man weiß es ja nicht), wirkt einfach unpassend. Er müht sich allerdings redlich in seinen dramatischen Passagen, aber ein herausragendes Exemplar der belgischen Schauspielkunst ist die Performance nicht.
Cynthia Gibb („Nummer 5 gibt nicht auf“, „Fame“) ist als Naivchen irgendwie überzeugender denn als Powerfrau (und schmerzhaft sind ihre Szenen mit Joshua John Miller…); Robert Guillaume („Die Ausgeflippten“, „Superfly T.N.T.“ und gefragter voice-actor u.a. für Disney) spielt die 08/15-Rolle des schwarzen Sidekicks auf 08/15-Weise; George Dickerson („Blue Velvet“, Space Raiders) macht auf Robert Vaughn für Arme.
Abdul Salaam El Razaac („Terminator 2“, „Malcolm X“) sorgt für ein paar willkommene over-the-top-Momente zur Aufheiterung, der spätere „Deep Space Nine“-Quark Armin Shimerman hat als böser Dr. Gottesman viel zu wenig zu tun, um auf sich aufmerksam zu machen, dafür erfüllt Art LaFleur („Trancers 1/2“) seine Rolle als sadistischer Wärter mit beneidenswertem Gusto.
Beeindruckend intensiv agiert auch Patrick Kilpatrick als Sandmann, dumm halt nur, dass „Mit stählerner Faust“ kein Serienkiller-Thriller ist, wo er fulminante Wirkung hätte erzielen können, sondern ein Äktschnfuim, und auch wenn er physisch durchaus was her macht, Kampfszenen sind nicht seine Welt. Kilpatrick ist auch in „Remo – Unbewaffnet und gefährlich“, „Anthony II – Die Bestie kehrt zurück“, „Die Klasse von 1999“, „Best of the Best 2“ oder „American Karate Tiger“ zu sehen (was darauf hindeutet, dass er oder sein Agent das mit den „Action ist nich‘ so sein Ding“ offenkundig anders sahen als ich).

Bildqualität: Auch wenn die Action-Cult-Serie natürlich prinzipiell ’ne gute Idee ist – nicht alles daran ist pures Gold. So z.B. der anamorphe 1.85:1-Transfer, den man sicherlich mit ein bissl gutem Willen und digitaler Hexerei etwas aufmöbeln hätte können. So ist das ganze stellenweise doch arg körnig, nur mittelprächtig scharf und von durchschnittlichem Kontrast. Das geht durchaus besser. Und sollte vor allem bei einem Majorlabel wie Fox nicht passieren.

Tonqualität: Englisch, Deutsch, Spanisch, Französisch in Dolby 2.0 Surround, Italienisch in Dolby 2.0 Mono. Die deutsche und die englische Spur sind nicht gerade Ausbünde an Dynamik, reichen gerade eben so für den Hausgebrauch. Untertitel werden in diversesten Sprachen geliefert.

Extras: Nur der Trailer.

Fazit: Tja, die Bildungslücke wäre geschlossen, aber ehrlich… ich hatte nicht sooo viel verpasst. „Mit stählerner Faust“ ist kein besonders guter oder wenigstens in irgendeiner Form „auffälliger“ früher van Damme. Es mag ein notwendiger Schritt für den ollen Belgier vom reinen Kampfsportler hin zum „legitimen“ Actionstar, dem man auch mal zutrauen darf, dass er bei einer dreiminütigen Dialogszene nicht völlig aus dem Leim geht und der auch mal einen Film mit respektablem Budget tragen kann, gewesen sein (und damit essentiell für Gassenhauer wie „Timecop“ oder „Sudden Death“, die ich nicht missen möchte), aber… das Ding ist auch nicht aufwendiger, tiefschürfender oder aktionsgelandener als ein beliebiger Don-The-Dragon-Wilson-Klopper von Roger Corman (und mit Bloodfist 3 – Zum Kämpfen verurteilt bietet sich ja ein Knast-basierter Vergleichsfilm direkt an) ist der Kram nicht, eher ’ne Nummer vorhersehbarer und langweiliger. LaFleur als scenery chewer erster Güte und Kilpatrick als beängstigender Serienkiller im – sprichwörtlich – falschen Film scoren Punkte, der Rest ist eher forgettable.

2/5
(c) 2012 Dr. Acula


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